TE Lvwg Erkenntnis 2018/2/8 VGW-151/068/26024/2014

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Veröffentlicht am 08.02.2018
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Entscheidungsdatum

08.02.2018

Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

NAG §19 Abs4
AVG §13 Abs3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien e r k e n n t durch seinen Richter Mag. Hohenegger über die Beschwerde des Herrn E. S., geb. 1986, StAng. Bosnien-Herzegowina, vertreten von RA, gegen den Bescheid des Landeshauptmanns von Wien, MA 35 - Einwanderung, Staatsbürgerschaft, Standesamt - Einwanderung der Bezirke ..., vom 8.4.2014, Zl. MA35-9/2792514-08, mit welchem der Antrag vom 10.02.2014 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck "Studierender" nach dem Bundesgesetz über die Niederlassung und den Aufenthalt in Österreich (Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG) gemäß § 19 Abs. 4 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz 2005 - NAG idgF iVm § 13 Abs. 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG idgF, zurückgewiesen wurde, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15.3.2016

zu Recht:

I. Gemäß § 28 Abs. 1 i.V.m. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

I. E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.   Gang des Verfahrens:

Die belangte Behörde wies mit Bescheid vom 8.4.2014, Zl. MA35-9/2792514-08 den Verlängerungsantrag "Student" des Beschwerdeführers (BF) vom 10.2.2014 mit folgender Begründung zurück:

„Sie haben am 10.2.2014 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck „Studierender“ nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz gestellt.

Gemäß § 19 Abs. 4 NAG hat der Fremde bei der Antragstellung die erforderlichen erkennungsdienstlichen Daten zur Verfügung zu stellen und gegebenenfalls an der Ermittlung und Überprüfung diese nach Maßgabe des § 35 Abs. 3 mitzuwirken; andernfalls ist sein Antrag zurückzuweisen. Bei Verlängerungsanträgen sind erkennungsdienstliche Daten nur mehr insoweit zu ermitteln, als diese bei der Behörde nicht vorliegen oder zur Feststellung der Identität des Betroffenen erforderlich sind.

Gemäß § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel in schriftlicher Anbringung die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr vom Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einbringer die Behebung des Mangels mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Da Sie trotz Aufforderung am 10.03.2014 bei der Herstellung der oben erwähnten Daten nicht mitgewirkt haben, musste Ihr Antrag zurückgewiesen werden.“

Mit Schriftsatz vom 09.05.2014 erhob der Antragsteller und nunmehrige Beschwerdeführer folgende Beschwerde:

„ln umseitig bezeichneter Angelegenheit erhebe ich gegen den Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35 von 08.04.2014, zugestellt am 11.04.2014, Zahl: MA35-9/2792514-08 innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der

BESCHWERDE

an das Landesverwaltungsgericht Wien. Ich fechte den gesamten Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften an.

Meine Beschwerde begründe ich im Einzelnen wie folgt:

Ich habe am 10.02.2014 einen Antrag zur Verlängerung meines Aufenthaltstitels gestellt. Einen Tag davor war meine Geldbörse gestohlen worden (Anzeige wurde bei den zuständigen Sicherheitsbehörden gemacht) und ich konnte nicht alle Unterlagen rechtzeitig beilegen. Im Magistrat habe ich deswegen alle Unterlagen, die ich damals hatte, abgegeben. An dem Tag, an dem ich mein Aufenthaltstitel verlängern sollte, hat sich folgender Sachverhalt ereignet, der das ganze Ergebnis meines Verfahrens beeinflusst hatte.

Ich habe im Warteraum gewartet, dass ich aufgerufen werde. Es war unglaublich viele Menschen im Warteraum. Ich habe die ganze Zeit gewartet, aber meinen Name wurde nicht aufgerufen. Als alle Personen aufgerufen wurden, bin ich als letzter im Wartebereich geblieben. Ich bin in das Zimmer reingegangen und die Beamten haben sich entschuldigt und gesagt, dass ich einen Brief nach Hause bekommen werde mit dem bestätigt wird, dass ich den Antrag gestellt habe und welche Dokumente ich nachreichen sollte. Damals habe ich in V.-gasse gewohnt und in der Zwischenzeit in die K.-gasse umgezogen. Diesen Brief, dass die MA 35 zuschicken sollt, haben ist nie bekommen. Erst am 28.03.2014 habe ich einen Brief von der MA gekriegt, in dem stand, dass ich alle Unterlagen bis 27.03.2014 nachreichen soll. In meinem Studentenheim, wo ich wohne, sind alle Briefkasten -für Studentenpost- nicht mit Türen versperrt. Diesen Brief habe ich am Nebentisch zufällig gefunden. Aber dann war es zu spät, weil der Termin vom 27.03.2014 vorbei war. Ich habe jeden Tag den zuständigen Referenten angerufen und habe versucht auch persönlich mit ihm in der MA 35 zu sprechen.

Am 11.04.2014 habe ich den gegenständlichen Bescheid erhalten. Dann habe ich wieder versucht mit den zuständigen Referenten zu sprechen. Ich bin persönlich zum Magistrat gegangen, um zu fragen, ob ich meine Situation irgendjemand erklären kann, aber es war umsonst. Es hieß entweder die Referenten sind zu beschäftigt und haben für mich keine Zeit oder sie waren telefonisch nicht erreichbar.

Deswegen schreibe ich diese Beschwerde in der Hoffnung, das ganze Missverständnis aufzuklären. Da ich in Wien seit 7 Jahre wohne und alle Intergrationsprinzipien schon bis jetzt erfolgreich verfolgt habe, hoffe ich, in der Zukunft mein Studium in Wien beenden zu können.

ANTRAG

das Verwaltungsgericht möge

1.   mir den Aufenthaltstitel erteilen;

2.   in eventu den Bescheid aufheben und an die Erstinstanz zurückverweisen.“

2.   Festgestellter Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer, geboren am ...1986, Familienstand ledig, bosnischer Staatsangehöriger, ist schon seit mehreren Jahren aufgrund einer Aufenthaltsbewilligung „Studierender“ im Bundesgebiet aufhältig und wohnte zum Zeitpunkt des Verlängerungsverfahrens im Studentenwohnheim K.-gasse in Wien.

Der verfahrensgegenständliche Verlängerungsantrag "Student“ wurde vom Beschwerdeführer bei der belangten Behörde am 10.2.2014 persönlich eingebracht (MA 35 - AS 278). Die zuvor erteilte Aufenthaltsbewilligung “Studierender" wurde mit Aufenthaltstitel in Kartenform mit der Kartennummer ... mit einer Gültigkeit vom 10.2.2013 bis 10.2.2014 ausgestellt. Seinen Erstantrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung für den Zweck “Studierender" hatte der Beschwerdeführer am 28.12.2006 bei der ÖB Sarajevo gestellt (MA 35 – AS 1). Diese Aufenthaltsbewilligung wurde von der belangten Behörde dem Beschwerdeführer fünfmal verlängert - jeweils unter Abnahme erkennungsdienstlicher Daten, welche dem bmi übermittelt wurden.

Die belangte Behörde hat jedoch keinen Zugriff auf jene Bereiche des IZR / EKIS, wo erkennungsdienstliche Daten des Beschwerdeführers gespeichert sind.

Mit Schriftsatz vom 14.2.2014 erteilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer einen Verbesserungsauftrag mit der Aufforderung, bis zum 28.2.2014 persönlich zum Amt zu kommen, um bei der Erfassung seiner erkennungsdienstlichen Daten, die zur Herstellung seines Aufenthaltstitels erforderlich seien, mitzuwirken (MA 35 – AS 300). Die Ausfertigung des Schreibens wurde am 19.2.2014 in der Postfiliale ... Wien hinterlegt (MA 35 – AS 301) und wurde als nicht behoben an die belangte Behörde retourniert (MA 35 – AS 307). Daraufhin erfolgte mit Schreiben vom 10.3.2014 eine Unterlagenanforderung, derzufolge bis zum 27.3.2014 aktuelle Kontoauszüge, Nachweis über den Studienerfolg, eine arbeitsrechtliche Bewilligung für die Tätigkeit des Beschwerdeführers bei „A. D.", ein aktueller Nachweis über einen Krankenversicherungsschutz und eine Kreditauskunft von Beschwerdeführer vorzulegen seien (MA 35 – AS 310) und ein Verbesserungsauftrag, demzufolge der Beschwerdeführer bis zum 27.3.2014 persönlich zum Amt kommen müsse, um bei der Erfassung seiner erkennungsdienstlichen Daten, die zur Herstellung seines Aufenthaltstitels erforderlich seien, mitzuwirken (MA 35 – AS 311). Gemäß Rückschein vom 12.3.2014 wurde eine Verständigung in der Abgabeeinrichtung hinterlegt über die Bereithaltung dieser mutmaßlich gemeinsam versendeten Ausfertigungen ab 13.3.2014 bei der Postgeschäftsstelle ... (MA 35 – AS 309), obwohl die Ausfertigungen tatsächlich an die Heimleitung ausgefolgt worden waren.

Der Beschwerdeführer hat die Hinterlegungsanzeige nie erhalten, was in diesem Studentenwohnheim öfters passiert, weil die Heimbewohner bloß über offene und gemeinsame Postfächer pro Zimmer verfügen. Er bekam die Ausfertigungen der Unterlagenanforderung und des Verbesserungsauftrages erst am 28.3.2014 von der Heimleitung des Studentenwohnheims ausgefolgt. Die Entgegennahme behördlicher Schriftstücke durch die Heimleitung und spätere Ausfolgung an die Studenten durch die Heimleitung ist in diesem Studentenwohnheim gängige Praxis, wobei auch hier Fehler nicht ausgeschlossen werden können.

Weiters wird festgestellt, dass die erkennungsdienstlichen Daten des BF von der belangte Behörde sowohl vor Ausstellung der ersten Aufenthaltsbewilligung in Kartenform sowie bei jeder Verlängerung erneut abgenommen worden sind. Aufgrund von mangelnden Speicherkapazitäten werden sie jedoch alsbald bei der belangten Behörde wieder gelöscht, werden jedoch durch Einspeisung in vom bmi vorgegebenen elektronischen tools dem bmi übermittelt, wo sie in Datenbanken wie dem IZR oder EKIS Eingang finden, auf welche jedoch die belangte Behörde hinsichtlich der erkenungsdienstlichen Daten keinen Zugriff hat. An der Identität des Beschwerdeführers bestand im gegenständlichen Verlängerungsverfahren kein Zweifel und es gab auch keinen sonstigen besonderen Anlass aufgrund dessen die belangte Behörde die erkennungsdienstlichen Daten benötigt und verlangt hätte – es handelte sich lediglich um die routinemäßige Einholung der Fingerprints, welche gemäß der Behördenpraxis bei jeder Verlängerung erfolgt.

3.   Beweiswürdigung:

Soweit sich Feststellungen auf in den Akten einliegende Urkunden gründen, sind diese bereits bei den Feststellungen in Klammerform angeführt.

Die entscheidungsrelevanten Teile des Verhandlungsprotokolls lauten wie folgt:

"Der Beschwerdeführer gibt zu Protokoll:

Ich habe früher im Lokal X., P.-straße, gearbeitet. Es handelt sich um eine Cocktail- und Shishabar. Es stimmt zwar, dass ich erst seit 03.03.2014 in der K.-gasse gemeldet bin, aber ich war schon eine Woche oder eigtl. zwei Wochen vorher dort eingezogen.

Es stimmt, dass die Briefkästen im Studentenwohnheim K.-gasse keine Türen haben – es handelt sich um Fächer. Das ist nach wie vor so.

Das Schreiben von der belangten Behörde vom 10.03.2014 mit Frist bis 27.03.2014 habe ich erst am 28.03.2014 von der Heimleitung ausgehändigt bekommen, nachdem mir diese gesagt hatte, dass ein behördliches Schreiben von mir von ihnen verwahrt werde. Es ist bei uns üblich, dass die behördlichen Schriftstücke von der Heimleitung aufbewahrt werden – die gelben Zettel mit der Verständigung befinden sich dann üblicherweise in den Brieffächern der Studenten. Es gibt nur ein Fach pro Zimmer und ich wohne in einem Doppelzimmer (Nr. ...). Damals fand ich in meinem Fach keinen gelben Zettel vor, weshalb ich erst zur Heimleitung ging, nachdem mir diese gesagt hatte, dass sie noch ein nicht abgeholtes Schreiben bei ihnen im Büro hatten. Es ist bei uns schon üblich, dass mein Zimmerkollege und ich uns wechselseitig die Post ins Zimmer bringen, aber ich kann ausschließen, dass mein Kollege den gelben Zettel mir ins Zimmer gelegt hätte, ohne mich darauf hinzuweisen, weil er sehr zuverlässig ist. Der gelbe Zettel ist nie aufgetaucht.

Ich bin nach wie vor für B. inskribiert und gehe davon aus, dass ich dieses Jahr 8 Semesterstunden erbringen kann.

Mir wurde am 1.3.2016 in einem Park in der K.-g. die Geldbörse mit den verlustgemeldeten Dokumenten gestohlen als ich dort Fußball spielte und dafür die Geldbörse auf der Seite liegen ließ.

Der Beschwerdeführer legt mehrere Urkunden vor, die im Original wie folgt zum Akt genommen werden:

./A: Sammelzeugnis vom 14.03.2016

./B: Studienbestätigung für das SS 2016

./C: Studienblatt für das SS 2016

./D: Verlustbestätigung für den bosnischen Reisepass vom 15.03.2016

./E: Verlustbestätigung für die Bankomatkarte vom 15.03.2016

./F: Heimplatzbestätigung für das Studentenwohnheim K.-gasse vom 15.03.2016

./G: Mietzinsbestätigung für das Studentenwohnheim K.-gasse vom 15.03.2016

Herr F. (Heimleitung) gibt telefonisch befragt an:

Ich kann bestätigen, dass die Brieffächer der Studenten offen sind. Wenn behördliche Schreiben bei uns eintreffen, werden sie von der Heimleitung entgegengenommen und der gelbe Zettel in den offenen Postfächern der Studenten hinterlegt. Wir kümmern uns dann um die Verteilung und bringen auch diese Schreiben zu den Studenten auf die Zimmer. Es können dabei durchaus Fehler passieren – das kann ich nicht ausschließen. Ich kann mir vorstellen, dass so ein Schreiben auch ans falsche Zimmer ausgehändigt wird."

Die Aussage des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung war glaubhaft und plausibel und wurde durch die sofortige telefonische Rückfrage bei der Heimleitung vollinhaltlich bestätigt. Somit war erwiesen, dass auf den Rückschein vom 12.3.2014 (MA 35-AS 309) etwas anderes beurkundet war, als tatsächlich der Praxis in diesem Studentenwohnheim entspricht. Behördliche Schriftstücke werden von der Heimleitung verwahrt und ausgefolgt und nicht an dem im Zustellnachweis angeführten Postamt zur Abholung bereitgehalten.

Aus dem Akt der belangten Behörde ergibt sich kein Hinweis darauf, dass die Identität des Beschwerdeführers zweifelhaft war und daher eine Feststellung seiner Identität notwendig gewesen wäre, zumal es sich um die 6. Verlängerung handelt und das Hervorkommen neuer - bisher nicht bekannter - Alias- Identitäten nach so langer Zeit und häufigen Überprüfungen praktisch auszuschließen ist.

Der Umstand, dass die belangten Behörde wenige Wochen über die von ihr eingeholten erkennungsdienstlichen Daten verfügt und diese zur Schonung der Speicherkapazität der elektronischen Infrastruktur der belangten Behörde bald löscht, ist mittlerweile gerichtsbekannt aufgrund von Aussagen von Sachbearbeitern der belangten Behörde in anderen hg. Beschwerdeverfahren, die dies nach Entbindung von ihrer Amtsverschwiegenheit zeugenschaftlich ausgesagt haben. Im ggstdl. Verfahren wurden aktuelle Auskünfte vom zuständigen Referenten als auch vom ADV—Referenten des Magistrates eingeholt, welche dies bestätigten (AV v. 8.2.2018).

Dass die Aufforderung zur Mitwirkung an der Ermittlung der erkennungsdienstlichen Daten bloß routinemäßig erfolgte und nicht aufgrund dessen, dass die Identität des Beschwerdeführers festgestellt hätte werden müssen, weil Zweifel bestanden, ergibt sich einerseits aus dem Akt der belangten Behörde, in welchen sich kein Hinweis für diese Notwendigkeit findet als auch aus der Auskunft des zuständigen Referenten K. (AV vom 8.2.2018).

4.   Rechtliche Beurteilung:

§ 19 NAG lautet auszugsweise inkl. Überschrift:

„Allgemeine Verfahrensbestimmungen

[…]

(4) Bei der Antragstellung hat der Fremde die erforderlichen erkennungsdienstlichen Daten zur Verfügung zu stellen und gegebenenfalls an der Ermittlung und Überprüfung dieser nach Maßgabe des § 35 Abs. 3 mitzuwirken; andernfalls ist sein Antrag zurückzuweisen. Bei Verlängerungsanträgen sind erkennungsdienstliche Daten nur mehr insoweit zu ermitteln, als diese bei der Behörde nicht vorliegen oder zur Feststellung der Identität des Betroffenen erforderlich sind.

[…]“

Die erläuternden Bemerkungen zu BGBl. I Nr. 100/2005 hinsichtlich obiger Gesetzesstelle lauten auszugsweise:

„[…] Zur klaren Identifizierung des Fremden ist es – auch im Hinblick auf die Übermittlungsbestimmungen des § 35 Abs. 1 – erforderlich, vom Antragsteller erkennungsdienstliche Daten festzustellen (Abs. 4). Nur so kann weitest möglich sichergestellt werden, dass der Fremde nicht mit einer anderen Identität bereits einen Antrag gestellt hat, der – etwa aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit – abgewiesen wurde. Der Fremde hat an der Ermittlung der Daten mitzuwirken, andernfalls ist der Antrag nach entsprechender Belehrung zurückzuweisen. § 13 Abs. 3 AVG über Mängel bei schriftlicher Anbringen gilt selbst verständlich.

[…]

Bei Verlängerungsanträgen kann es ausnahmsweise nötig sein, erkennungsdienstliche Daten zu ermitteln; dies geschieht dann jedenfalls im Inland. […]“

Wie oben festgestellt, entsprach die Angabe des Zustellers auf dem Rückschein nicht der festgestellten tatsächlichen Praxis des Zustellers im Studentenwohnheim K.-gasse im konkreten Fall. Die Zustellung war somit mangelhaft und wurde innerhalb der gesetzten Frist nicht mehr bewirkt, da der Beschwerdeführer erst einen Tag nach Ablauf der Frist das Schreiben von der Heimleitung ausgefolgt bekam.

Allein schon aus diesem Grund war der inkriminierte Bescheid zu beheben.

Aus dem Gesetz ist im Zusammenhalt mit den erläuternden Bemerkungen klar herauszulesen, dass erkennungsdienstliche Daten bei Verlängerungsanträgen nur mehrausnahmsweise“ zu ermitteln sind, wenn diese der Behörde nicht vorliegen oder zur Feststellung der Identität erforderlich sind.

Beide Ausnahmetatbestände liegen nicht vor. Die Identität des Beschwerdeführers war unstrittig nicht zweifelhaft – eine Feststellung seiner Identität daher nicht geboten. Dass die belangte Behörde die von ihr eingeholten erkennungsdienstlichen Daten nach Ausstellung der Aufenthaltstitel in Kartenform sofort wieder löscht bzw. erst gar nicht speichert, liegt in deren eigener Verantwortung, widerspricht Skartierungsbestimmungen und den Grundsätzen ordnungsgemäßen Verwaltungshandelns und führt aufgrund der Speicherung dieser Daten über die Software der Oberbehörde z.B. im IZR oder EKIS zu keinem Nichtvorliegen dieser Daten. Dass die belangte Behörde zu wenig Speicherplatz, nur Scan- aber keine Lesegeräte und keine entsprechende Software zum Abgleich und keinen Zugang zu den in Datenbanken des bmi abgelegten Daten hat, ist ein reiner Organisationsmangel der belangten Behörde bzw. der weisungsgebenden Oberbehörde, führt es doch zu der skurrilen Situation, dass mit hohem Aufwand bei jeder Verlängerung die Fingerprints – aller zehn Finger - gescannt werden ohne die belangte Behörde in die Lage zu versetzen aufgrund dieser Daten die Identität des Antragstellers vor Erteilung des Titels jemals selbst überprüfen zu können.

Der Verbesserungsauftrag war somit zu Unrecht erfolgt.

Auch aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

II. Unzulässigkeit der Revision

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Seiner Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Ermittlung erkennungsdienstlicher Daten, Verlängerungsantrag, Verbesserungsauftrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.151.068.26024.2014

Zuletzt aktualisiert am

13.03.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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