TE Lvwg Erkenntnis 2018/3/7 LVwG-440-1/2018-R7

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.03.2018
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Entscheidungsdatum

07.03.2018

Norm

GSpG 1989 §56a Abs1
GSpG 1989 §56a Abs3
AVG §57 Abs1

Text

Im Namen der Republik!

Erkenntnis

Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch sein Mitglied Dr. Schlömmer über die Beschwerde des S D, G, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Patrick Ruth, Innsbruck, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft F vom 18.12.2017, zu Recht erkannt:

Gemäß § 28 Abs 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.

Begründung

1.   Im angefochtenen Bescheid wurde Folgendes entschieden:

„Am 27.09.2017 wurde um 21.10 Uhr beim Lokal „Café M“ in F, F Straße, eine Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz durchgeführt. An der Kontrolle beteiligt waren Beamte der Polizeiinspektion F, des BPK F, des KKD F, der EKO Cobra, der Polizeiinspektion F und Vertreter der Bezirkshauptmannschaft F.

Im Anschluss an die genannte Kontrolle wurde durch den Behördenvertreter die Schließung des Lokals „Café M“ verfügt, die Eingangstür sowie zwei Seitentüren versiegelt sowie das Schloss der Eingangstüre ausgetauscht.

Mit Bescheid vom 24.10.2017 wurde die Schließung des „Café M“ in F, F Straße, angeordnet. Gegen diesen Bescheid haben Sie rechtzeitig Vorstellung erhoben. Über Ihre eingebrachte Vorstellung ergeht folgender

Spruch

I.

Gemäß § 57 AVG (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz) wird Ihre Vorstellung gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft F vom 24.10.2017, eingebracht am 08.11.2017, abgewiesen.

II.

Gemäß § 56a Abs. 1 und Abs. 3 des Glücksspielgesetzes (GSpG), BGBl. Nr. 620/1989 i.d.g.F., wird die Schließung des „Café M“ in F, F Straße, angeordnet.“

2.   Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde erhoben. In dieser wird Folgendes vorgebracht:

IV. Beschwerdegründe

1.

Es ist abermals darauf zu verweisen, dass eine Betriebsschließung nicht vorliegt.

Für die Erlassung eines Mandatsbescheides besteht im GSpG keine gesetzliche Grundlage.

Zunächst festzuhalten, dass die Schließung eines Betriebes auf der Grundlage des GSpG in Form eines Mandatsbescheides unzulässig ist. Für die Erlassung eines Mandatsbescheides bestand keine gesetzliche Grundlage.

1.1

Die Erlassung eines Mandatsbescheides ist gemäß § 57 Abs. 1 AVG (nur) zulässig, wenn es sich um die Vorschreibung von Geldleistungen nach einem gesetzlich, statutarisch oder tarifmäßig feststehenden Maßstab oder bei Gefahr im Verzug um unaufschiebbare Maßnahmen handelt.

Diese Voraussetzungen liegen evident nicht vor; worin eine Gefahr im Verzug erblickt wird, wird weder von der Behörde dargelegt noch ist dies sonst erkennbar.

1.2

Die Erlassung eines Betriebsschließungsbescheides ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens - wie dies die Erlassung eines Mandatsbescheides indiziert - ist auf der Hand liegend gesetzwidrig, wenn nicht sogar willkürliches Behördenagieren. In der Konzeption des GSpG wurde die mündlich vor Ort zu verfügende Betriebsschließung analog eines Mandatsbescheides ausgestaltet, nicht jedoch wurde eine Ermächtigung zur Anordnung einer (bis zu) einjährigen Betriebsschließung ohne die Durchführung jedweden Ermittlungsverfahrens normiert.

Bei einer Betriebsschließung handelt es sich um einen äußerst schwerwiegenden Eingriff in verfassungsrechtlich gewährleistete Rechte. Zur Führung des Ermittlungsverfahrens wurde eine einmonatige Frist gesetzlich statuiert, ansonsten die mündlich ausgesprochene Betriebsschließung ex lege als aufgehoben gilt. Diese Frist kann seitens der belangten Behörde nicht durch die Erlassung eines Mandatsbescheides ausgehöhlt werden; das Vorgehen der belangten Behörde entbehrt sohin einer gesetzlichen Grundlage.

Gegenständliches Lokal ist somit bis heute überhaupt nicht rechtswirksam geschlossen, da innerhalb der in § 56a Abs. 3 GSpG vorgesehenen Frist ein (ordentlicher) Bescheid gerade nicht erlassen und die vor Ort ausgesprochene Betriebsschließung bereits ex lege als aufgehoben gilt.

2.

Gegenständliches Lokal ist bis heute überhaupt nicht rechtswirksam geschlossen, da innerhalb der in § 56a Abs. 3 GSpG vorgesehenen Frist ein (ordentlicher) Bescheid gerade nicht erlassen und die vor Ort ausgesprochene Betriebsschließung bereits ex lege als aufgehoben gilt.

Die Betriebsschließung wurde am 27.09.2017 mündlich verfügt; der nunmehr erlassene Betriebsschließungsbescheid wurde am 27.12.2017 zugestellt. Der angefochtene Bescheid ist damit schon allein aus diesem Grund rechtswidrig.

Da eine Betriebsschließung nicht vorliegt, geht auch der nunmehr angefochtene Bescheid ins Leere.

3.

Im Übrigen findet das durch die Versiegelung und Sperrung der Betriebsstätte bewirkte absolute Betretungs- und Nutzungsverbot für Betriebsräume keine Grundlage in § 56a GSpG, da sie über eine bloße „Schließung des Betriebs" hinausgeht.

4.

Ein Verstoß gegen Bestimmungen des GSpG liegt nicht vor !

Tatsächlich wurden keine Glücksspiele angeboten.

Bei den in Rede stehenden Computern handelt es nicht um Glücksspieleinrichtungen sondern um handelsübliche PCs ohne jegliche zusätzliche Hard- und Software, etwa und insbesondere mit irgendwelchem glücksspielrechtlichem Bezug.

Über diese PCs wurden keine Glücksspiele angeboten.

5.

Gemäß § 56a Abs. 1 zweiter Satz ist von einer Betriebsschließung Abstand zu nehmen, wenn eine weitere Gefährdung der Interessen des Glückspielmonopols durch andere geeignete Vorkehrungen, wie die Stilllegung von Einrichtungen, Beschlagnahmen oder sonstige Maßnahmen, mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Warum die belangte Behörde davon ausgeht, dass mit anderen geeigneten Mitteln eine weitere Gefährdung des Glücksspielmonopols des Bundes nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann, wird im angefochtenen Bescheid nicht näher dargelegt und begründet.

Eine Betriebsschließung stellt einen massiven Eingriff in das Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums dar. Außerdem ist dem klaren Wortlaut der Bestimmung des § 56a Abs. 1 zweiter Satz GSpG zu entnehmen, dass von einer Betriebsschließung Abstand zu nehmen ist, wenn andere den Zweck erfüllende Vorkehrungen möglich sind. Die Behörde hat das gelindeste Mittel zur Zweckerreichung anzuwenden.

Offenkundig hätte es gelindere Mittel gegeben, einen - falls überhaupt vorhandenen

- fortgesetzten Eingriff in das Glücksspielmonopol mit Sicherheit zu verhindern. Eine Beschlagnahme stellt sich gegenständlichenfalls als eindeutig ausreichendes Mittel dar, dies insbesondere im Hinblick auf den überaus drastischen Eingriff in das Eigentumsrecht des Eigentümers, der mit einer Betriebsschließung unweigerlich einhergeht.

Dies bereits evident im Hinblick darauf, dass gegenüber dem Beschwerdeführer noch nie ein gelinderes Mittel als eine Betriebsschließung zur Anwendung gebracht wurde.

6.

Der angefochtene Bescheid ist auch in keiner Weise nachvollziehbar.

So wird die verfügte Betriebsschließung vom 27.09.2017 mit einer Amtshandlung vom 19.01.2016 begründet, wobei zu diesem Zeitpunkt ein Dritter Betriebsinhaber gewesen war. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern ein (vermeintlicher) Verstoß eines Dritten zur nunmehrigen Schließung des Betriebes führen können sollte.

Schließlich ist in rechtlicher Hinsicht jedoch wie folgt anzumerken:

7.

Die Vornahme einer Betriebsschließung gemäß § 56a GSpG stellt eine gegen das unionrechtlich begründete Anwendungsverbot verstoßende Sanktion dar; diesbezügliche strafbewehrte Verbote sind nicht anwendbar:

7.1

Es ist ständige Rsp. des EuGH, dass jede Monopol- oder Konzessionsregelung eine Beschränkung der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit darstellt und daher grundsätzlich den unmittelbar anwendbaren Grundfreiheiten widerspricht und nicht anwendbar ist, sofern diese Beschränkung nicht vom Mitgliedstaat ausnahmsweise gerechtfertigt werden kann.

Der EuGH hat in seiner ab dem Jahr 2010 ergangenen Judikatur im Bereich des Glücksspiels ein sehr präzises Prüfprogramm entwickelt, unter welchen Voraussetzungen ausnahmsweise eine Monopol- oder Alleinkonzessionsregelung als solche - die ja als solche schon eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs darstellt - zulässig ist.

Wie der EuGH im Zusammenhang mit dem Glücksspiel in Auslegung des Art. 56 AEUV bereits mehrfach entschieden hat (verb. Rs. C-316/07, C-358/07 bis C-360/07, C-409/07 und C-410/07, Stoß, Rz. 83; Rs. C-347/09, Dickinger und Ömer, Rz. 54; Rs. C-212/08, Zeturf, Rz. 58), ist eine so restriktive Maßnahme wie die Errichtung eines Monopols zur Beurteilung ihrer Vereinbarkeit mit dem freien Dienstleistungsverkehr hinsichtlich ihrer Verhältnismäßigkeit im Zuge der Prüfung der Geeignetheit von den nationalen Gerichten und Behörden zwingend auf folgende drei (K U M U L A T I V zu bejahende) Fragen zu prüfen:

    Kann vom Mitgliedstaat der Nachweis geführt werden, dass die kriminellen und betrügerischen Aktivitäten im Zusammenhang mit den Spielen und die Spielsucht im betreffenden Mitgliedstaat ein Problem waren und nur eine Ausweitung der zugelassenen und geregelten Tätigkeiten diesem Problem hätte abhelfen können?

    Kann vom Mitgliedstaat weiters der Nachweis geführt werden, dass die Geschäftspolitik des Konzessionärs - und insbesondere seine Werbeaktivitäten - maßvoll und begrenzt sind? Dies, so der EuGH, ist z.B. dann nicht der Fall, wenn „verführerisch bedeutende Gewinne in Aussicht“ gestellt werden.

    Genügt das Gesamtsystem der innerstaatlichen Glücksspielregelungen vor dem Hintergrund der konkreten Anwendungspraxis den Vorgaben des EuGH hinsichtlich seiner (rechtlichen und praktischen) Kohärenz?

Das österreichische Glücksspielmonopol genügt diesen Voraussetzungen offenkundigst nicht.

Was die Rechtsfolge einer Unionsrechtswidrigkeit einer gesetzlichen Bestimmung ist, ist ebenso klar.

Der Anwendungsvorrang von Unionsrecht ist von jeder nationalen Behörde zu beachten.

7.2

Mit Urteil des EuGH vom 30.04.2014 in der Rs. C-390/12, Pfleger, wurde bereits klargestellt, dass das österreichische Glücksspielmonopol unionsrechtswidrig ist. Der erkennende Richter des vorlegenden Gerichts des UVS OÖ ist nämlich nach den vom EuGH aufgestellten Vorgaben bei seiner Ansicht geblieben (EuGH v. 30.4.2014 C-390/12 RZ 55: ,,Sollte das vorlegende Gericht bei dieser Auffassung bleiben, müsste es zu dem Ergebnis kommen, dass die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung nicht mit dem Unionsrecht vereinbar ist").

Auf Basis des Urteils in der Rs. C-390/12, Pfleger, ist ua das LVwG OÖ in seinen

erlassenen Erkenntnissen wiederholt zur Unionsrechtswidrigkeit des Monopolsystems gelangt. So etwa aktuell für viele LVwG OÖ vom 24.04.2017, ZI. LVwG-411787/6/Gf/Mu-411788/2).

So auch etwa im Erkenntnis des LVwG OÖ vom 08.08.2016 ZI. LVwG-

411506/5/Gf/Mu (vgl RIS-LVwG):

"3.4.3. Gesamtwürdigung

3.4.3.1. Um den Anforderungen des Art. 56 AEUV zu entsprechen, müsste insgesamt besehen mindestens einer der in der Judikatur des EuGH anerkannten, einen Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit rechtfertigenden zwingenden Gründe des Allgemeininteresses (Spielerschutz, Kriminalitätsbekämpfung, effektive und systematische Verringerung der Anreize und Gelegenheiten zum Spiel o.Ä.) jene Ziele, die in ungerechtfertigter Weise mit den

Eingriffsbefugnissen einhergehen, tatsächlich und eindeutig überwiegen.

Angesichts dieses Prüfungsmaßstabes ergibt sich nach Überzeugung des erkennenden Richters des LVwG OÖ allerdings, dass das in den §§ 3 ff GSpG normierte System des Glücksspielmonopols deshalb in Art. 56 AEUV keine Deckung findet und somit dem Unionsrecht widerspricht, weil dieses einerseits tatsächlich nicht auf einem durch die Rechtsprechung des EuGH anerkannten zwingenden Grund des Allgemeininteresses wie etwa dem Verbraucherschutz (in Form des Spielerschutzes und der Suchtvorbeugung) oder der Kriminalitätsbekämpfung und der Kriminalitäts-, insbesondere Betrugsprävention, oder der effektiven und systematischen Verringerung der Anreize und Gelegenheiten zum Spiel - basiert, sondern de facto primär der Sicherung einer verlässlich kalkulierbaren Quote an Staatseinnahmen (in Höhe von 0,4% der jährlichen Gesamteinnahmen des Bundes) dient sowie andererseits - und unabhängig davon - auch die konkrete Ausgestaltung des Monopolsystems (Privatisierung durch Übertragung der zwar sowohl strengen Antrittsvoraussetzungen als auch einer rigiden staatlichen Kontrolle unterliegenden Ausübungsbefugnisse nicht auf eine unbeschränkte, sondern - im Sinne einer Bedarfsprüfung - auf eine bloß limitierte Anzahl von Konzessionären) und die den staatlichen Behörden zur Abwehr von Beeinträchtigungen dieses Monopols gesetzlich übertragenen Eingriffsermächtigungen (Betretungs-, Einschau-, Informations- und Überprüfungsrechte; vorläufige und/oder endgültige Beschlagnahme, Einziehung und nachfolgende Vernichtung der Eingriffsgegenstände; Verwaltungsstrafe; Betriebsschließung) Insbesondere mangels der gänzlich fehlenden Bindung an eine vorhergehende richterliche Ermächtigung jeweils unverhältnismäßig sind.

Denn:

    Dass in Österreich 64.000 Personen spielsüchtig sind, hat sich als eine bloße Mutmaßung erwiesen;

    Gleiches gilt für die nicht näher verifizierbare Behauptung, dass in Österreich eine dazu affine Kriminalität vorherrscht;

    Selbst wenn man die diesbezüglich ins Treffen geführten, statistisch hochgerechneten Zahlen als vorbehaltlos zutreffend unterstellen würde, ließe sich angesichts deren Geringfügigkeit keine sachliche Rechtfertigung für den gegenwärtig zu konstatierenden legistischen und administrativen Aufwand finden;

*    Und selbst wenn eine solche bestünde, würde sich dennoch das konkret institutionalisierte System schon als solches als unverhältnismäßig erweisen, weil sich die Intentionen eines effizienten Spielerschutzes und einer effizienten Kriminalitätsvorbeugung jedenfalls auch im Wege einer zahlenmäßig nicht beschränkten Konzessionsvergabe erreichen ließen;

*    Schließlich lässt sich auch keine sachliche Rechtfertigung dafür finden, weshalb über die bspw. bereits im FinStrG und in der BAO enthaltenen Berechtigungen hinaus im GSpG behördliche Maßnahmen vorgesehen und auch tatsächlich erforderlich sind, die bereits zu einem Zeitpunkt, zu dem die Unionsrechtskompatibilität des im GSpG normierten Monopolsystems noch gar nicht verbindlich festgestellt ist, jeweils ohne eine vorangehende richterliche Ermächtigung massive Eingriffe in die Grundrechtssphäre von potentiellen Interessenten für eine Konzession - wie z.B. Beschlagnahmen, Verwaltungsstrafen, Verfall, Einziehungen, Betriebsschließungen - ermöglichen.

3.4.3.2. Mit diesem Resultat soll keineswegs eine - erst recht keine vollständigen - Liberalisierung des Glücksspielmarktes propagiert werden; weil aber Österreich ein Mitgliedsstaat der Europäischen Union ist, muss aus rechtlicher Sicht nachdrücklich betont werden, dass sich jegliche Beschränkung des Glücksspielangebotes insbesondere in Gestalt eines (Quasi·)Monopolsystems - stets nur im Rahmen der von EuGH-Judikatur abgesteckten Grenzen des Art. 56 AEUV bewegen kann."

Und auch in den an den Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 267 AEUV gestellten Vorabentscheidungsersuchen des LVwG OÖ vom 16.11.2016 zur Zahl LVwG- 411593/3/Gf/Mu ua., protokolliert beim EuGH zur RS Filippi u.a., C-589/16, wie auch im Vorabentscheidungsersuchen des LVwG OÖ protokolliert beim EuGH RS Gmalieva u.a. C-79/17, wie auch im jüngsten Vorabentscheidungsersuchen des LVwG OÖ vom 30.10.2017 zur Zahl LVwG-411664 protokolliert beim EuGH RS Gmalieva und Naderhirn C-633/17 wird die Unionsrechtswidrigkeit des Monopolsystems detailliert dargestellt und bekräftigt.

Den Ausführungen des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich, wonach insbesondere aus den vom LVwG OÖ dargelegten Gründen das im GSpG verankerte Monopolsystem nur vordergründig das Ziel des Spielerschutzes und nicht wirklich das Ziel der Kriminalitätsbekämpfung, sondern in erster Linie vielmehr das Ziel einer Maximierung der Staatseinnahmen verfolgt, sind notorisch.

7.3

Unvereinbarkeit mit Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC):

Ganz unabhängig von der Unvereinbarkeit der Monopolregelung des GSpG mit dem Unionsrecht erweisen sich auch die in §§ 50 ff. GSpG normierten konkreten Eingriffsbefugnisse als unionsrechtswidrig und daher unanwendbar, und zwar aufgrund ihrer Unvereinbarkeit mit den Vorgaben aus der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC).

Das entgeltliche Anbieten der Teilnahme an einem Glücksspiel fällt unstreitig unter die unionsrechtlich gewährleistete Dienstleistungs- bzw. die Niederlassungsfreiheit des AEUV (vgl. Schwartz/Wohlfahrt, GSpG² (2006) § 3 Rz. 2).

Damit ist auch der Anwendungsbereich der EU-Grundrechte-Charta gern. Art. 51 Abs. 1 GRC eröffnet.

Im Verhältnis zwischen Unionsrecht und staatlichem Verfassungsrecht nimmt die GRC eine bedeutende Rolle ein. Grundrechte der Charta gelten nach der Rechtsprechung des VfGH als „verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte" (Grundlegend VfSlg. 19.632/2012).

Als solche treten sie sowohl bei Normenkontrollverfahren gemäß Art. 139 und 140 B-VG als auch in Bescheidbeschwerdeverfahren gemäß Art, 144 B-VG zum verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab hinzu.

Die Garantien aus der GRC wirken damit sowohl als unmittelbar anwendbares Primärrecht der EU (Art. 6 Abs. 1 EUV - und führen im Falle widersprechendem nationalen Recht zu dessen von jeder Behörde wahrzunehmenden Unanwendbarkeit), als auch als vom VfGH geschütztes verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht.

Die §§ 50 ff. GSpG sehen umfassende Eingriffsbefugnisse der Finanzbehörden (Finanzämter), aber auch der ihnen zugeordneten Exekutivorgane (Finanzpolizei) vor; hierzu zählen neben den weitläufigen Verwaltungsstrafdrohungen (vgl. § 52 Abs. 1 Z. 1 bis Z. 11 GSpG) auch detaillierte Betretungs-, Einschau-, Informations- und Überprüfungsbefugnisse (§ 50 Abs. 4 GSpG), die Berechtigung zur Vornahme einer vorläufigen und/oder endgültigen Beschlagnahme (§ 53 GSpG) oder Einziehung (§ 54 GSpG) sowie die Anordnung einer Betriebsschließung (§ 56a GSpG).

Im Urteil im Fall „Pfleger" wurde vom EuGH betont, dass die §§ 50 ff. GSpG durchaus eine Einschränkung der Berufsfreiheit, der unternehmerischen Freiheit sowie des Eigentumsrechts (Art. 15-17 GRC) darstellen können (vgl. EuGH, Rs. C- 390/12, Pfleger, Rz. 57).

Zudem sind diese umfassenden Eingriffsbefugnisse im Hinblick auf die Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 7 GRC) und den Schutz personenbezogener Daten (Art. 8 GRC) bedenklich (vgl. LVWG OÖ 29.5.2015, LVwG-410287/42/Gf/Mu, 3.2.5.1).

Nach Art. 52 Abs. 1 GRC muss eine solche Einschränkung, damit sie zulässig ist, gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Freiheiten und Rechte achten. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit darf sie außerdem nur vorgenommen werden, wenn sie erforderlich ist und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entspricht (vgl. EuGH, Rs. C-390/12, Pfleger, Rz. 58),

Bei der Prüfung der Frage, wann solch weittragende Eingriffe wie in den §§ 50 ff. GSpG vorgesehen, auf das absolut Notwendige beschränkt sind, ist nach st.Rsp. des EuGH die vorherige Kontrolle durch ein Gericht oder eine unabhängige Verwaltungsstelle, deren Entscheidung den Eingriff auf das zur Erreichung des verfolgten Ziels absolut Notwendige beschränken soll, unumgänglich (vgl. (zu Art. 7 GRC) zuletzt EuGH, verb. Rs. C-293/12 und C-594/12, Digital Rights lreland Ltd, Rz. 62).

Im Ergebnis erweisen sich daher die in §§ 50 ff. GSpG normierten Eingriffsbefugnisse als unverhältnismäßig, weil diese zum Zwecke der Abwehr von Monopolbeeinträchtigungen eingerichteten weit reichenden Eingriffsermächtigungen vor allem im Hinblick auf die fehlende Notwendigkeit vorangehender richterlicher Ermächtigungen in ihrer Gesamtheit betrachtet jedenfalls überschießend sind (vgl. bspw LVwG OÖ vom 08.08.2016, LVwG-411506/5/Gf/Mu; EuGH RS Filippi ua. C-589/16).“

3.   Wesentlicher Verfahrensverlauf:

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 27.06.2017 an den Beschwerdeführer wurde diesem mitgeteilt, dass die Behörde darüber informiert worden sei, dass im Café M in F, F Straße, Glücksspiele entgegen den Vorschriften des Glücksspielgesetzes veranstaltet oder durchgeführt würden. Der Beschwerdeführer wurde als Gewerbeinhaber dieser Betriebsstätte zur sofortigen Einstellung der in diesem Lokal veranstalteten und durchgeführten verbotenen Glücksspiele aufgefordert, anderenfalls eine Betriebsschließung nach § 56a Abs 1 Glücksspielgesetz in Betracht gezogen werde.

Aus dem Bericht der Polizeiinspektion F vom 27.09.2017 betreffend einer Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz im Café M, F, F Straße, am 27.09.2017 in der Zeit von 21.00 bis 22.30 Uhr ergibt sich Folgendes:

„Bis dato bestanden bereits mehrere Verdachtsmomente, dass in dem Lokal illegale Glücksspielautomaten aufgestellt und in Betrieb waren. Diese Verdachtsmomente ließen sich bereits mehrfach durch diverse Kontrollen der Bundespolizei als auch der Bezirkshauptmannschaft bestätigen. Durch die Bezirkshauptmannschaft F wurde die Betriebsschließung bereits mehrfach angedroht.

Der Bezirkshauptmannschaft F wurden weiterhin Hinweise betreffend eines laufenden Betriebes der Glücksspielgeräte zugetragen, weshalb eine Kontrolle am 27.09.2017 durch die Bezirkshauptmannschaft F in Zusammenarbeit mit der Bundespolizei anberaumt wurde.

Um 21:10 Uhr wurde das Lokal umstellt und eine Außensicherung aufgebaut. Eine sofortige Lautsprecherdurchsage durch den Behördenvertreter, Mag. H V, mit der Aufforderung zur freiwilligen Öffnung der versperrten Eingangstüre sowie die anschließende Androhung der zwangsweisen Öffnung der versperrten Eingangstüren, blieb ohne Reaktion. Sämtliche zum Lokal führenden Eingangstüren konnten nur versperrt vorgefunden werden. Trotz wiederholter Androhung um 21:11 Uhr wurden diese Türen durch die Betreiber nicht geöffnet. Anschließend wurde um 21:11 Uhr durch den Behördenvertreter eine zwangsweise Öffnung der westlich gelegenen Nebeneingangstüre zum Lokal (aus Gründen der Verhältnismäßigkeit; Haupteingangstüre bestehend aus zwei nacheinander folgenden Eingangstüren - Schleuse) angeordnet. Die zwangsweise Öffnung wurde durch das Einsatzkommando Cobra begonnen. Noch während der zwangsweisen Türöffnung wurde die südlich gelegene Haupteingangstüre um 21:13 Uhr durch die Bedienstete, A K, von Innen geöffnet. Es konnte im Inneren des Lokals festgestellt werden, dass sich ein weiterer Raum hinter einer verschlossenen Türe befindet. Den Kontrollbeamten war aufgrund früherer Hinweise bekannt, dass sich die Glücksspielautomaten hinter der versperrten Türe befinden.

Die Angestellte, K, wurde daraufhin durch den Behördenvertreter mehrfach aufgefordert, die versperrte Türe freiwillig zu öffnen bzw. den dafür vorgesehen Schlüssel auszuhändigen. K gab dabei an, nichts mit diesem Raum zu tun zu haben und händigte den Schlüssel der Türe ebenso nicht aus. Eine zwangsweise Öffnung durch das Einsatzkommando Cobra war daraufhin um 21:14 Uhr ebenfalls notwendig, welches zuvor durch den Behördenvertreter angeordnet wurde.

Beim Betreten des Raumes konnten vier augenscheinliche Glücksspielautomaten (Desktopcomputer) festgestellt werden. Die Desktopcomputer befanden sich allesamt im ausgeschalteten Zustand. Ebenso befand sich keine Person mehr im Raum und das Licht war ausgeschaltet. Es konnte festgestellt werden, dass sich die Bildschirme der Desktopcomputer noch im betriebswarmen („handwarmen") Zustand befanden. Bei einer durchgeführten Überprüfung nach 20 Minuten konnte festgestellt werden, dass die Bildschirme bereits spürbar abgekühlt waren.

Eine Stromversorgung des Raumes (Steckdosen) war nicht mehr vorhanden, was auf eine zentrale Abschaltung der Stromversorgung hindeutete. Mittels externer Stromversorgung (Kabeltrommel) konnten die Desktopcomputer wieder hochgefahren werden. Das System selbst ließ sich jedoch nicht mehr starten.

Des Weiteren wurden zwei Trinkgläser (nicht eingetrockneter Restflüssigkeit) sowie frisch ausgedrückte Zigarettenstummel in jeweils zwei Aschenbecher in diesem Raum vorgefunden.

Videoüberwachung:

Das gesamte Lokal inkl. Außenbereich, mit Ausnahme des zuvor versperrten Nebenraumes mit den Desktopcomputern, verfügt über eine professionell ausgestattete und in Betrieb befindliche Videoanlage.

Automatisch ferngesteuerte Türöffner:

Die Haupteingangstüre ist durch ein abgesetztes funkferngesteuertes Bedienteil, welches durch die Bedienung im Barbereich betätigt werden kann, ausgestattet. Eine Öffnung der Türe von außen ist somit nur durch aktives Betätigen des Bedienteiles möglich.

Betriebsschließung:

Um 22:23 Uhr wurde die Betriebsschließung - aufgrund der bereits angedrohten Schließung - durch den Behördenvertreter verfügt und durchgeführt. Die Eingangstüre wurde durch die Bezirkshauptmannschaft versiegelt.

Anzeigeerstattunq:

Anzeigeerstattungen nach dem Glücksspielgesetz (Verstoß gegen die Mitwirkung) werden der BH F gesondert erstattet.“

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 24.10.2017, welcher an den Beschwerdeführer ergangen ist, wurde angeordnet, dass gemäß § 56a Abs 1 und Abs 3 des Glücksspielgesetzes iVm § 57 Abs 1 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes die Schließung des Café M in F, F Straße, angeordnet werde. Im genannten Bescheid führte die belangte Behörde in der Begründung ua aus wie folgt:

„Wenn es sich um die Vorschreibung von Geldleistungen nach einem gesetzlich, statutarisch oder tarifmäßig feststehenden Maßstab oder bei Gefahr im Verzug um unaufschiebbare Maßnahmen handelt, ist die Behörde gemäß § 57 Abs. 1 AVG berechtigt, einen Bescheid auch ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren zu erlassen.

Wie oben ausgeführt, fand im gegenständlichen Lokal bereits am 19.01.2016 eine Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz statt, im Zuge derer neun Glücksspielgeräte vorläufig beschlagnahmt und anschließend rechtskräftig beschlagnahmt und eingezogen wurden. Seither sind bei unserer Behörde, bei der Finanzpolizei und bei der Polizeiinspektion F mehrere Meldungen eingelangt, wonach im „Café M“ illegale Glücksspiele veranstaltet oder durchgeführt werden.

Das Recht zur Durchführung von Glücksspielen kommt dem Gewerbeinhaber nicht zu und es besteht der begründete Verdacht, dass im Rahmen der betrieblichen Tätigkeit Glücksspiele entgegen den Vorschriften des Glücksspielgesetzes veranstaltet oder durchgeführt wurden. Weiters ist anzunehmen, dass eine Gefahr der Fortsetzung besteht. Diese Annahme stützt sich auf die bereits festgestellten Glücksspielgeräte am 19.01.2016. Trotz der damals durchgeführten Beschlagnahme wird aufgrund der eingelangten Meldungen davon ausgegangen, dass nach wie vor illegale Glücksspiele in diesem Lokal angeboten werden.

Auch die Vorgehensweise der anwesenden Bediensteten (keine Türöffnung trotz Ankündigung der Kontrolle und Androhung der zwangsweisen Türöffnung sowohl bei der Außentüre als auch beim Innenraum) lässt auf diese Annahme schließen. Bei der Kontrolle am 27.09.2017 anwesende Gäste haben angegeben, dass sie die laute Ankündigung und Androhung per Lautsprecherdurchsage durch unsere Behörde deutlich wahrgenommen haben. Nach den bisherigen Erfahrungen stellt eine solche Vorgehensweise gerade die „klassische“ Art dar, einen Eintritt der Kontrollorgane zu verzögern und die Kontrolle dadurch zu verhindern, indem die verdächtigen Geräte ausgeschaltet und Nebenräume abgeschlossen werden. Aufgrund der oben ausgeführten Umstände ist jedoch sehr wohl davon auszugehen, dass sich kurz vor Zutritt durch die Erhebungsorgane noch Personen in diesem Innenraum aufgehalten haben. Die Angaben der Angestellten wonach sie mit diesem Raum nicht zu tun hätte, werden daher als Schutzbehauptung angesehen.

Und auch die vorgefundene Situation – versperrte massive Eingangstüre, Schleuse, Überwachung des Außenbereichs um das Gebäude mit zahlreichen Kameras, auch Überwachung der Innenräume durch Kameras, wobei die Bilder dieser Kameras auf dem Bildschirm hinter dem Tresen gezeigt werden – bestärkt den Verdacht, dass in dieser Betriebsstätte illegale Glücksspiele veranstaltet oder durchgeführt werden.

Die schriftliche Androhung vom 27.06.2017 reichte nicht aus, um das illegale Glücksspiel in der gegenständlichen Betriebsstätte zu beenden. Die Behörde hat daher davon auszugehen, dass bei Nichtunterbinden des Betriebes weitere Übertretungen nach dem Glücksspielgesetz stattfinden werden. Eine weitere Gefährdung der Interessen des Glücksspielmonopols durch andere geeignete Vorkehrungen, wie die Stilllegung von Einrichtungen, Beschlagnahmen oder sonstige Maßnahmen, kann nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, da die bereits erwähnte Beschlagnahme vom 19.01.2016 nicht dazu führte, dass illegale Glücksspiele nicht mehr angeboten werden. Auch ist davon auszugehen, dass eine Schließung des Innenraums nicht ausreichen wird, die illegale Durchführung von Glücksspielen zu unterbinden, da den Kontrollorganen der Zutritt zu dieser Betriebstätte nicht ermöglicht wird. Es wird davon ausgegangen, dass eine Folgekontrolle wiederum nur mittels Zwangsgewalt und zeitverzögert stattfinden kann. Die Behörde kommt daher zur Ansicht, dass eine andere Form als die Betriebsschließung in diesem Fall nicht ausreicht, um Übertretungen nach dem Glücksspielgesetz zu verhindern.

Zwar besteht an dem angeführten Standort eine Gewerbeberechtigung, wodurch durch die Betriebsschließung in ein bestehendes Recht eingegriffen wird. Der Gewerbeinhaber wurde mit Schreiben vom 27.06.2017 nachweislich auf den bestehenden Verdacht hingewiesen, was offenbar nicht zu einer Einstellung der veranstalteten oder durchgeführten illegalen Glücksspiele geführt hat. Es wird daher davon ausgegangen, dass die Betriebsschließung zur Hintanhaltung des illegalen Glücksspiels erforderlich ist.

Es war daher die Betriebsschließung zu verfügen. Der gegenständliche Bescheid war mit dem Hinweis auf § 56a Abs. 3 GSpG in Verbindung mit § 57 AVG wegen Gefahr im Verzug ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren zu erlassen.“

Der Beschwerdeführer brachte mit Schreiben vom 08.11.2017 Vorstellung gegen den Bescheid vom 24.10.2017 ein. Neben dem Vorbringen, dass die Schießung eines Betriebes auf Grundlage des Glücksspielgesetzes in Form eines Mandatsbescheides unzulässig sei bzw für die Erlassung eines Mandatsbescheides keine gesetzliche Grundlage bestanden habe, wurden vor allem Vorbringen im Zusammenhang mit einer vorliegenden Unionsrechtswidrigkeit aufgrund der zur Anwendung kommenden Glücksspielbestimmungen dargebracht.

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 20.11.2017 an den Beschwerdeführer wurde diesem in der Anlage des Aktes eine Kopie des gegenständlichen Verwaltungsakt übermittelt und ihm mitgeteilt, dass beabsichtigt werde, die eingebrachte Vorstellung abzuweisen. Schlussendlich wurde auf die Möglichkeit hingewiesen, eine schriftliche Stellungnahme binnen zwei Wochen ab Erhalt dieses Schreibens bei der belangten Behörde einzubringen.

Im nun gegenständlich bekämpften Bescheid vom 18.12.2017 führte die belangte Behörde im Zusammenhang mit dem Mandatsbescheid vom 24.10.2017 ua aus, dass der Bescheid vom 24.10.2017 nach den Bestimmungen des § 56a Abs 1 und Abs 3 Glücksspielgesetz iVm § 57 Abs 1 AVG erlassen worden sei, da es sich aus Sicht der Behörde bei dieser Betriebsschließung um eine unaufschiebbare Maßnahme handle. Sie (gemeint: die Betriebsschließung) sei als erforderlich angesehen worden, um dem Beschwerdeführer die Möglichkeit zum fortgesetzten Betrieb des illegalen Glücksspiels abzuschneiden. Aus § 56a Glücksspielgesetz könne nicht entnommen werden, dass die Erlassung eines Mandatsbescheides nicht zulässig wäre, solange die Voraussetzungen des § 57 AVG vorliegen würden.

4.   Folgender Sachverhalt steht fest:

Am 27.09.2017 von 21.00 bis 22.30 Uhr wurde im Café M, F Straße, F, eine Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz durch Bedienstete der Bezirkshauptmannschaft F ua in Zusammenarbeit mit der Polizei durchgeführt. Die Eingangstüren des Lokales wurden versperrt vorgefunden und es erfolgten daher zwei Aufforderungen durch den Behördenvertreter mittels Lautsprecherdurchsage die Türen zu öffnen, ansonsten die zwangsweise Öffnung der versperrten Eingangstüren angedroht wurde. Schließlich wurde die Zwangsöffnung einer Nebeneingangstüre angeordnet und währenddessen durch Bedienstete des Lokals von innen die Haupteingangstüre geöffnet. Im Lokal befand sich ein versperrter Raum, in welchem – aufgrund früherer Hinweise – Glücksspielautomaten aufgestellt waren. Nach Zwangsöffnung des besagten versperrten Raumes wurden vier augenscheinliche Glücksspielautomaten (Desktopcomputer) festgestellt. Die Desktopcomputer befanden sich allesamt im ausgeschalteten Zustand, es konnte jedoch festgestellt werden, dass sich die Bildschirme der Desktopcomputer noch im betriebswarmen (handwarmen) Zustand befunden haben. Um circa 22.23 Uhr wurde die Betriebsschließung durch den Behördenvertreter verfügt und durchgeführt. Die Eingangstüre sowie zwei Seitentüren wurden versiegelt, sowie das Schloss der Eingangstüre ausgetauscht.

Mit Bescheid (Mandatsbescheid) vom 24.10.2017, der rechtlichen Vertretung des Beschwerdeführers am 27.10.2017 zugestellt, wurde gemäß § 56a Abs 1 und Abs 3 des Glücksspielgesetzes iVm § 57 Abs 1 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes die Schließung des „Café M“ in F, F Straße, angeordnet. In der Begründung des Bescheides wurde von der belangten Behörde festgehalten, dass ua bei Gefahr in Verzug es sich um eine unaufschiebbare Maßnahme handelt, die Behörde gemäß § 57 Abs 1 AVG berechtigt ist, einen Bescheid auch ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren zu erlassen. Die Behörde kommt sodann zum Schluss, dass die Betriebsschließung daher zu verfügen sowie der gegenständliche Bescheid mit dem Hinweis auf § 56a Abs 3 Glücksspielgesetz iVm § 57 AVG wegen Gefahr in Verzug ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren zu erlassen war.

Die rechtliche Vertretung des Beschwerdeführers brachte mit Schreiben vom 08.11.2017 das Rechtsmittel der Vorstellung bei der belangten Behörde ein. In dieser Vorstellung wurde ua ausgeführt, dass für die Erlassung eines Mandatsbescheides keine gesetzliche Grundlage bestand.

5.   Dieser Sachverhalt ergibt sich bereits aus der Aktenlage. Darüber hinaus ist er unbestritten.

6.   Gemäß § 56a Abs 1 Glücksspielgesetz (GSpG) BGBl Nr 620/1989, idF BGBl I Nr 118/2016, kann, so der begründete Verdacht besteht, dass im Rahmen einer betrieblichen Tätigkeit Glücksspiele entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes veranstaltet oder durchgeführt werden, und mit Grund anzunehmen ist, dass eine Gefahr der Fortsetzung besteht, die Behörde ohne vorausgegangenes Verfahren, aber nicht ohne vorher zur Einstellung der entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes veranstalteten oder durchgeführten Glücksspiele aufgefordert zu haben, an Ort und Stelle die gänzliche oder teilweise Schließung des Betriebes verfügen. Von einer Betriebsschließung ist Abstand zu nehmen, wenn eine weitere Gefährdung der Interessen des Glücksspielmonopols durch andere geeignete Vorkehrungen, wie die Stilllegung von Einrichtungen, Beschlagnahmen oder sonstige Maßnahmen, mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann.

Gemäß Abs 2 leg cit sind bei der Erlassung einer Verfügung nach Abs 1 bestehende Rechte soweit zu schonen, als dies ohne Gefährdung der Ziele dieses Bundesgesetzes möglich ist. Eine Verfügung nach Abs 1 ist unverzüglich aufzuheben, wenn feststeht, dass der Grund für ihre Erlassung nicht mehr besteht.

Gemäß Abs 3 leg cit ist über eine Verfügung nach Abs 1 binnen eines Monats ein schriftlicher Bescheid zu erlassen, widrigenfalls die Verfügung als aufgehoben gilt. Ein Bescheid gilt auch dann als erlassen, wenn eine Zustellung an den Verfügungsberechtigten an dessen Unternehmenssitz oder an der Betriebsstätte nicht möglich ist. Die Zustellung des Bescheides kann in einem solchen Fall durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen.

Gemäß Abs 4 leg cit können in einem Bescheid nach Abs 3 auch andere nach Abs 1 zulässige Maßnahmen angeordnet werden.

Gemäß Abs 5 leg cit kommt ordentlichen Rechtsmitteln gegen Bescheide über die Verfügung nach Abs 1 keine aufschiebende Wirkung zu.

Gemäß Abs 6 leg cit treten die Bescheide gemäß Abs 3, wenn sie nicht kürzer befristet sind, mit Ablauf eines Jahres außer Wirksamkeit. Durch einen Wechsel in der Person des Inhabers der von den einstweiligen Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen betroffenen Anlagen, Anlagenteile oder Gegenstände wird die Wirksamkeit dieser Bescheide nicht berührt.

Gemäß Abs 7 leg cit, wenn die Voraussetzungen für die Erlassung eines Bescheides gemäß Abs 3 nicht mehr vorliegen und zu erwarten ist, dass in Hinkunft jene glücksspielrechtlichen Vorschriften, deren Nichteinhaltung für die Maßnahmen nach Abs 3 bestimmend war, von der Person eingehalten werden, die die betriebliche Tätigkeit ausüben oder die Betriebsanlage betreiben will, hat die Behörde auf Antrag dieser Person die mit Bescheid gemäß Abs 3 getroffenen Maßnahmen ehestens zu widerrufen.

Gemäß § 57 Abs 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) BGBl Nr 51/1991 ist, wenn es sich um die Vorschreibung von Geldleistungen nach einem gesetzlich, statutarisch oder tarifmäßig feststehenden Maßstab oder bei Gefahr in Verzug um unaufschiebbare Maßnahmen handelt, die Behörde berechtigt, einen Bescheid auch ohne vorangegangenes Ermittlungsverfahren zu erlassen.

Gemäß Abs 2 leg cit kann gegen einen nach Abs 1 erlassenen Bescheid bei der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, binnen zwei Wochen Vorstellung erhoben werden. Die Vorstellung hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie gegen die Vorschreibung einer Geldleistung gerichtet ist.

Gemäß Abs 3 leg cit hat die Behörde binnen zwei Wochen nach Einlangen der Vorstellung das Ermittlungsverfahren einzuleiten, widrigenfalls der angefochtene Bescheid von Gesetzeswegen außer Kraft tritt. Auf Verlangen der Partei ist das Außerkrafttreten des Bescheides schriftlich zu bestätigen.

Aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (368 der Beilagen XX. GP) betreffend des § 56a GSpG ergibt sich Folgendes:

„Der neu geschaffene § 56a gibt der Behörde die Möglichkeit, Betriebe und betriebsähnliche Einrichtungen, in denen verbotenes Glücksspiel betrieben wird, außer Betrieb zu setzen. Eine ähnliche Regelung enthält zB auch § 360 Abs 2 GewO, in dem vorgesehen ist, dass eine nicht genehmigte Betriebsanlage von der Behörde ua auch dann gänzlich oder teilweise geschlossen werden kann, wenn diese eine unzumutbare Belästigung der Nachbarn hervorruft;

Wie wohl in diesen Fällen eine unmittelbare Gefährdung für Leib und Leben gegeben ist, was im Bereich des Glücksspiels zumindest nicht unmittelbar der Fall ist, ist es im ordnungspolitischen Interesse gerechtfertigt, im Glücksspielgesetz eine vergleichbare Regelung zu schaffen. Der Verfassungsgerichtshof hat in VfSlg 12.165 vom 30.09.1989 ausdrücklich bestätigt, dass die Besonderheiten im Glücksspielbereich weitgehend die Beschränkungen der Erwerbsfreiheit zu tragen vermögen. Ausdrücklich hat der Verfassungsgerichtshof auf die Gefahr wirtschaftliche Existenzgefährdung von Menschen und der Gefahr des Eindringens krimineller Kreise in den Glücksspielbereich hingewiesen.

Neben den fiskalischen hat das Glücksspielgesetz ganz überwiegend ordnungspolitische Zielsetzungen. Die bundesweite Ausbreitung illegaler Glücksspielbetriebe dient weder den ordnungspolitischen Interessen des Bundes (Spielschutz, Hintanhaltung der Geldwäscherei, Vermeidung von Beschaffungskriminalität usw.) noch den fiskalischen Interessen des Bundes auch nur näherungsweise. Insbesondere zum Schutz des Spielpublikums, sowie zur Hintanhaltung krimineller Handlungen sind daher rasch durchgreifende Maßnahmen erforderlich. Dazu kommt, dass sich solche illegal betriebenen Glücksspielbetriebe binnen kürzester Zeit amortisieren und in der Folge hohe Gewinne für die Betreiber abwerfen. Während anhängiger Verfahren lukrieren die Betreiber beträchtliche Gewinne aus der Veranstaltung dem Bund vorbehaltener Glücksspiele. Diese illegalen Glücksspielbetriebe werden im Regelfall von kapitalschwachen juristischen Personen betrieben und ist erkennbar, dass diese nach Beendigung der anhängigen Verfahren – nach mehrjähriger Verfahrensdauer – Insolvenz anmelden werden und weder die verhängten Verwaltungsstrafen noch die Abgabenrückstände einbringlich sein werden. Es ist daher die Zielsetzung des Gesetzgebers, durch eine rasch greifende Betriebsschließungsbestimmung, das Erzielen von Gewinnen durch den illegalen Betrieb von Glücksspielen zu verhindern. Da die vorgesehenen Maßnahmen – insbesondere eine Betriebsschließung – einen erheblichen Eingriff in die Rechte der Betroffenen bedeuten, sieht Abs 1 abgestufte Möglichkeiten vor, die nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit anzuwenden sind.

Da eine nach Abs 1 verfügte Maßnahme einen erheblichen Eingriff in wichtige Rechte des Betroffenen bedeutet, soll Abs 3 einen möglichst raschen Zugang zum Rechtsschutzsystem eröffnen.“

Der § 56a Abs 3 GSpG wurde mit BGBl I Nr 118/2016 in die nun geltende Fassung abgeändert. Es wurde festgelegt, dass über eine Verfügung nach Abs 1 binnen eines Monats – zuvor drei Tage – ein schriftlicher Bescheid zu erlassen ist, widrigenfalls die Verfügung als aufgehoben gilt. Aus den diesbezüglichen Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1335 der Beilagen XXV. GP) ergibt sich dazu ua Folgendes:

„Im Vollzug zeigt sich, dass vermehrt Betriebsgesellschaften mit Sitz außerhalb Österreichs in Erscheinung treten oder Angaben zum Betreiber verschleiert werden, sodass für die Ermittlungen der Behörden und die Erlassung eines Bescheides eine Frist von drei Tagen zu kurz bemessen ist. Die Fristverlängerung auf einen Monat entspricht § 360 GewO.“

Im vorliegenden Fall stell

Quelle: Landesverwaltungsgericht Vorarlberg LVwg Vorarlberg, http://www.lvwg-vorarlberg.at
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