TE Vwgh Erkenntnis 2000/4/27 99/02/0207

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Veröffentlicht am 27.04.2000
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §82 Abs1;
StVO 1960 §99 Abs3 litd;
VStG §5 Abs1;
VStG §9 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Breunlich, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch Dr. Walter Fleissner, Rechtsanwalt in Wien I, Kärntner Straße 21, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 22. Februar 1999, Zl. UVS-03/M/27/01089/98, betreffend Übertretung der StVO, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 565.-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 22. Februar 1999 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit gemäß § 9 Abs. 1 VStG als zur Vertretung nach außen Berufener einer näher genannten Gesellschaft m.b.H. zu verantworten, dass die genannte Gesellschaft am 30. Dezember 1997 um 12.00 Uhr an einem näher genannten Ort in Wien auf dem Gehsteig einen Kiosk im Ausmaß von 2 x 3 m und eine Warenausräumung von ca. 60/60 cm (Ständer mit Ansichtskarten) betrieben habe, ohne die hiefür erforderliche Bewilligung nach der StVO erwirkt zu haben, und er habe dadurch die Straße zu verkehrsfremden Zwecken benützt. Er habe dadurch § 99 Abs. 3 lit. d in Verbindung mit § 82 Abs. 1 StVO verletzt, weshalb über ihn eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird u.a. ausgeführt, der Tatort liege zweifelsfrei auf einer Straße im Sinne des § 82 Abs. 1 StVO und es sei die Benützung von Verkaufshütten (wie der gegenständliche Zeitungsstand) jedenfalls bewilligungspflichtig. Der Beschwerdeführer habe sich im Verfahren zur Frage, ob sein Unternehmen eine Bewilligung für die Benützung des Zeitungsstandes erhalten habe, "nur undeutlich" geäußert. Eine Nachfrage der belangten Behörde beim Magistrat der Stadt Wien habe ergeben, dass für das Unternehmen des Beschwerdeführers zur Tatzeit keine Bewilligung gemäß § 82 StVO zur Benützung des Zeitungsstandes erteilt worden sei. Dass das Unternehmen des Beschwerdeführers als Pächterin des Zeitungsstandes zu dessen Benützung berechtigt gewesen sei, sei nicht behauptet worden; dass die Benützung der Straße durch einen Mitarbeiter des vom Beschwerdeführer vertretenen Unternehmens zum Tatzeitpunkt erfolgt sei, sei nicht bestritten worden. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei hinsichtlich des bei der Kontrolle angetroffenen Zeitungsverkäufers seiner Überwachungspflicht nachgekommen, sei festzustellen, dass bloß stichprobenartige Kontrollen (mehrmals wöchentlich) eines Angestellten, von dem infolge seiner geistigen Behinderung nur eine eingeschränkte Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen vorausgesetzt werden könne, keinesfalls zum Nachweis einer ausreichenden Kontrolltätigkeit, die schuldbefreiend wirken könne, geeignet sei.

Gegen den Bescheid vom 22. Februar 1999, betreffend Übertretung der StVO, richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer bringt u.a. vor, es sei das Parteiengehör gemäß § 37 AVG unterlassen worden. Der Beschwerdeführer habe seitens des "MBA 21" eine Aufforderung zur Rechtfertigung vom 30. Juni 1998 erhalten, in welchem ihm eine Frist bis 15. Juli 1998 eingeräumt worden sei. Gemeinsam mit dieser Aufforderung seien noch drei weitere Aufforderungen zur Rechtfertigung auf Grund von Verstößen gegen die Gewerbeordnung bzw. gegen das Preisauszeichnungsgesetz ergangen. Der Beschwerdeführer stehe in ständiger Geschäftsbeziehung mit dem ausgewiesenen Vertreter als dessen einzigem Rechtsanwalt. Der Rechtsvertreter sei urlaubsbedingt vom Anfang Juli bis 13. Juli 1998 ortsabwesend gewesen. Nach Rückkehr des Rechtsvertreters sei nicht mehr genug Zeit geblieben, um Akteneinsicht zu nehmen bzw. Stellungnahmen zu den vier Delikten zu verfassen, weshalb am 14. Juli 1998 an das "MBA 21" ein Antrag auf Fristverlängerung bis zum 30. August 1998 gestellt worden sei. Mit Straferkenntnis des "MBA 21" vom 20. Juli 1998 sei der Fristverlängerungsantrag zurückgewiesen worden und der Beschwerdeführer nach der Aktenlage mit einer Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) bedacht worden. Der angefochtene Bescheid habe dieses Straferkenntnis voll inhaltlich bestätigt, ohne dass zuvor eine mündliche Verhandlung durchgeführt worden sei und der Beschwerdeführer Möglichkeit zur Stellungnahme gehabt habe. Hätte der Beschwerdeführer Gelegenheit gehabt, eine ausführliche Stellungnahme abzugeben, so wäre die Behörde zu einem anderen Ergebnis gelangt und hätte das Strafverfahren eingestellt.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer nicht die Wesentlichkeit eines der belangten Behörde unterlaufenen Verfahrensmangels auf, zumal er im Zuge der erhobenen Berufung Gelegenheit hatte, alles für seinen Standpunkt Zweckdienliche vor der belangten Behörde vorzubringen, und es im Verwaltungsstrafverfahren ausschließlich um die Frage des Vorhandenseins einer entsprechenden Bewilligung nach § 82 Abs. 1 StVO für den gegenständlichen Kiosk und den Warenständer ging.

Eine Übertretung nach § 99 Abs. 3 lit. d in Verbindung mit § 82 Abs. 1 StVO 1960 ist ein so genanntes Ungehorsamsdelikt, bei dem das Gesetz das Verschulden des Täters als gegeben ansieht, aber die Glaubhaftmachung, dass den Beschuldigten kein Verschulden trifft, zulässt (§ 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG). Diesbezüglich hat der Beschuldigte selbst initiativ zu werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. November 1992, Zl. 92/02/0188).

Dass die vom Beschwerdeführer nach außen vertretene Gesellschaft m.b.H. jedoch eine solche Ausnahmebewilligung besessen hätte, vermochte der Beschwerdeführer im Hinblick auf § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens nicht darzutun.

Ferner vertritt der Beschwerdeführer die Ansicht, es treffe ihn an der Verwaltungsübertretung kein Verschulden. Die Berufungsbehörde habe lapidar dargestellt, dass man bei einem Arbeitnehmer mit einer 50%-ig geistigen Behinderung voraussetzen könne, dass dieser die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen nur eingeschränkt vornehme. Die belangte Behörde habe es unterlassen festzustellen, ob dem Arbeitnehmer tatsächlich die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften nicht zumutbar gewesen sei. Die belangte Behörde sei stillschweigend von einem Auswahlverschulden ausgegangen. Die Annahme, dass lediglich stichprobenartige Kontrollen durchgeführt worden seien, finde sich weder im Akt noch im Vorbringen des Beschwerdeführers in der Berufung bestätigt und es sei daher nicht zulässig.

Auch mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil es im Beschwerdefall angesichts des hier zu beurteilenden Tatvorwurfs nicht darauf ankommt, welche Person den gegenständlichen Kiosk zum Tatzeitpunkt "betreut" hat, sondern dass zum Tatzeitpunkt - wie unbestritten geblieben ist - eine Straße ohne entsprechende Bewilligung nach der StVO zu verkehrsfremden Zwecken benützt wurde. Wie der Beschwerdeführer in seiner Berufung an die belangte Behörde selbst ausgeführt hat, sollte die Betreuung des Kiosks "für einen kurzen Zeitraum von 1 Monat" - also im Dezember 1997 - durch einen Mitarbeiter der näher genannten Gesellschaft m.b.H. erfolgen. Damit gab aber der Beschwerdeführer gegenüber der belangten Behörde zu erkennen, dass die Benützung der Straße zu verkehrsfremden Zwecken zum Tatzeitpunkt in der Absicht dieser Gesellschaft m.b.H. lag - dies unterscheidet den vorliegenden Beschwerdefall von jenen, der dem hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 2000, Zl. 99/17/0399, zu Grunde lag und weshalb die Relevanz des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung durch die belangte Behörde nicht erkennbar ist -, weshalb schon aus diesem Grunde nicht von einem "mangelnden Verschulden" hinsichtlich der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Tat gesprochen werden kann. Es war daher weder auf ein allfälliges Auswahlverschulden in Bezug auf die dort beschäftigte Person noch auf die Art der Kontrollen durch den Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang näher einzugehen.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 27. April 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999020207.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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