TE Lvwg Erkenntnis 2018/1/26 LVwG-2017/37/2869-1

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Veröffentlicht am 26.01.2018
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Entscheidungsdatum

26.01.2018

Index

83 Naturschutz Umweltschutz;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AWG 2002 §1
AWG 2002 §2
AWG 2002 §15
AWG 2002 §79
VwGVG §44
VwGVG §50
VwGVG§52

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Hirn über die Beschwerde des AA, Adresse 1, **** Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 08.11.2017, Zl ****, betreffend eine Übertretung nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (belangte Behörde: Bezirkshauptmannschaft Y),

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe in der Höhe von Euro 1.000,--, im Fall der Uneinbringlichkeit 40 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, auf Euro 700,--, im Fall der Uneinbringlichkeit 28 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, herabgesetzt wird, im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

2.       Der Beschwerdeführer hat einen Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verwaltungsstrafverfahrens in der Höhe von Euro 70,-- zu leisten.

3.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz
(B-VG) nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.         Verfahrensgang:

Mit Schriftsatz vom 18.08.2017, Zl ****, hat die Polizeiinspektion (PI) X Anzeige gegen AA, geboren am XX.XX.XXXX, Adresse 1, **** Z, wegen des Verdachts einer Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs 2 Z 3 in Verbindung mit (iVm) § 15 Abs 3 Z 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) erstattet. Diese Anzeige umfasste neben einem Bericht über die durchgeführten Ermittlungen auch die Lichtbildbeilage vom 18.08.2017, Zl ****.

Mit Schriftsatz vom 29.09.2017, Zl ****, hat die Bezirkshauptmannschaft Y den Beschwerdeführer aufgefordert, sich zu der ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretung, nämlich Abfälle gesetzeswidrig gelagert zu haben, zu rechtfertigen. Dazu hat sich der Beschwerdeführer im Schriftsatz vom 01.10.2017 geäußert und mitgeteilt, mit den Renovierungsarbeiten noch nicht ganz fertig zu sein, einen Großteil der Abfälle aber bereits entsorgt zu haben.

Die PI X hat in der gegenständlichen Angelegenheit mit Schriftsatz vom 08.11.2017,
Zl ****, einen weiteren Bericht erstattet und darin auf die nach wie vor vorhandenen Lagerungen von Bauschutt etc auf dem Gst Nr **1, GB **** Z, hingewiesen.

Mit Straferkenntnis vom 08.11.2017, Zl ****, hat die Bezirkshauptmannschaft Y AA, geb am XX.XX.XXXX, Adresse 1/1, **** Z, zur Last gelegt, zwischen dem 01.07.2017 bis 08.11.2017 auf dem Gst Nr **1, GB **** Z, und sohin außerhalb von hiefür genehmigten Deponien Abfälle und Bauschutt, wie Ziegel, Betonziegel, Betonteile etc, gelagert zu haben, obwohl Abfälle außerhalb von hiefür genehmigten Anlagen oder für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden dürfen, und dadurch die Rechtsvorschrift des § 79 Abs 2 Z 3 in Verbindung mit (iVm) § 15 Abs 3 Z 1 und 2 AWG 2002 verletzt und folglich eine Verwaltungsübertretung begangen zu haben.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung hat die Bezirkshauptmannschaft Y über AA eine Geldstrafe in Höhe von Euro 1.000,--, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 40 Stunden, verhängt und die Kosten des behördlichen Verfahrens mit Euro 100,-- bestimmt.

Gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 08.11.2017, Zl ****, hat AA, Adresse 1, **** Z, Beschwerde erhoben und ersucht, „von einer Strafe abzusehen“. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung hat der Beschwerdeführer nicht beantragt.

Mit Schriftsatz vom 18.12.2017, Zl ****, hat die Bezirkshauptmannschaft Y den Gegenstandsakt dem Landesverwaltungsgericht Tirol zur Entscheidung über die Beschwerde des AA gegen das Straferkenntnis vom 08.11.2017, Zl ****, vorgelegt. Im Begleitschreiben wird auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ausdrücklich verzichtet.

II.       Beschwerdevorbringen:

Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, der zuständige Beamte der PI X habe ihn am 18.08.2017 angerufen und mitgeteilt, dass er den widerrechtlich abgelagerten Bauschutt innerhalb einer Woche zu entfernen habe, ansonsten würde eine Anzeige erstattet werden. Der Beschwerdeführer betont, dass er noch am selben Tag den Abtransport des Bauschuttes durch die Firma Dietrich veranlasst habe und verweist in diesem Zusammenhang auf die seinem Rechtsmittel beigefügten Bestätigungen. Es sei daher unverständlich, dass die PI X am 18.08.2017 eine Frist von einer Woche zum Abtransport gewähre, am selben Tag jedoch noch eine Anzeige erstatte.

Der Beschwerdeführer stellt ergänzend fest, dass bei den während des ganzen Sommers durchgeführten Renovierungsarbeiten Bauschutt angefallen sei, den er vorübergehend auf seiner Grundparzelle zwischengelagert habe, „um dann bei einer größeren Vorratsmenge (1 LKW) den Abtransport in eine Deponie zu veranlassen“. Da in der Nähe der Gemeinde Z keine Deponie existiere, könne ein Abtransport aus Kostengründen nicht jeden Tag organisiert werden.

Unter Hinweis auf den von ihm unmittelbar nach der Aufforderung durch die PI X veranlassten Abtransport des Bauschutts und die große Entfernung der Deponie ersucht der Beschwerdeführer, von einer Strafe abzusehen.

Abschließend erklärt der Beschwerdeführer, den restlichen noch vorhandenen Bauschutt im kommenden Frühjahr zu entfernen.

III.      Sachverhalt:

Während des Sommers 2017 hat der Beschwerdeführer in seinem Bauernhaus Renovierungsarbeiten (Umbauarbeiten) durchführen lassen. Bei diesen Arbeiten fiel immer wieder Bauschutt, bestehend aus Betonziegeln, Betonteilen, gebrannten Ziegeln etc, an. Der Beschwerdeführer lagerte diesen Bauschutt vorübergehend auf dem in seinem Eigentum stehenden Gst Nr **1, GB **** Z. Ab Erreichen einer bestimmten Menge veranlasste er den Abtransport zu einer Deponie.

Bis zur Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses war der gesamte angefallene Bauschutt noch nicht entfernt. Geplant ist, diesen im Frühjahr 2018 entfernen zu lassen.

Die Lagerung des bei den Renovierungsarbeiten anfallenden Bauschutts erfolgte auf dem Gst Nr **1, GB **** Z, unmittelbar rechts neben der unbenannten Gemeindestraße im Ortsteil V, und zwar im Kreuzungsbereich der Gemeindestraße mit der Zufahrt zu den sogenannten W. Der sich aus verschiedenen Materialien zusammengesetzte Bauschutt wurde direkt auf dem angeführten Grundstück und nicht in einem Baucontainer gelagert. Der Bereich der Bauschuttlagerung war frei zugänglich.

Bereits am 18.08.2017 hat BB, PI X, den Beschwerdeführer telefonisch kontaktiert, auf die gesetzlichen Bestimmungen im Zusammenhang mit der Ablagerung von Abfällen hingewiesen und die sofortige Entfernung des gelagerten Bauschutts aufgetragen.

IV.       Beweiswürdigung:

Die Lagerung des bei Renovierungsarbeiten anfallenden Bauschutts durch den Beschwerdeführer auf dem in seinem Eigentum stehenden Gst Nr **1, GB **** Z, ergibt sich aus der Anzeige der PI X vom 18.08.2017, Zl ****, samt der Lichtbildbeilage vom 18.08.2017, Zl ****, und dem Bericht der PI X vom 08.11.2017, Zl ****. Die Lichtbildbeilage dokumentiert, dass die Lagerung des Bauschutts nicht in einem Container erfolgt ist und eine Absicherung gegen den Zutritt unbefugter Personen nicht bestanden hat.

Den Angaben der PI X hat der Beschwerdeführer in seinen Stellungnahmen vom 01.10.2017 und 16.10.2017 nicht widersprochen. In seiner Beschwerde heißt es sogar ausdrücklich:

„Da ich den ganzen Sommer über in meinem Bauernhaus Renovierungsarbeiten durchführte, fiel immer wieder Bauschutt an, den ich vorübergehend auf meiner Grundparzelle zwischenlagerte, um dann bei einer größeren Vorratsmenge (1 Lkw) den Abtransport in eine Deponie zu veranlassen. […]“

Dass Bauschutt auch noch zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses am angegeben Ort gelagert war, ergibt sich aus der nachfolgenden, vom Beschwerdeführer in seinem Rechtsmittel getroffenen Aussage:

„Im Weiteren erkläre ich den restlichen, noch vorhandenen, Bauschutt im Frühjahr sofort zu entfernen.“

Auf das am 18.08.2017 geführte Telefonat hat der zuständige Beamte der PI X in der Anzeige vom 18.08.2017, Zl ****, hingewiesen. Dessen Angaben hat der Beschwerdeführer in seinem Rechtsmittel im Wesentlichen bestätigt.

Ausgehend von den angeführten Ermittlungsergebnissen trifft das Landesverwaltungsgericht Tirol die Feststellungen in Kapitel III. des gegenständlichen Erkenntnisses.

V.         Rechtslage:

1.         Abfallwirtschaftsgesetz 2002:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002
(AWG 2002), BGBl I Nr 102/2002 in der Fassung (idF) BGBl I Nr 70/2017, lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:

„Ziele und Grundsätze

§1. […]

(3) Im öffentlichen Interesse ist die die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich, wenn andernfalls

1.  die Gesundheit der Menschen gefährdet oder unzumutbare Belästigungen bewirkt werden können,

2.  Gefahren für Wasser, Luft, boden, Tiere oder Pflanzen und deren natürlichen Lebensbedingungen verursacht werden können,

3.  die nachhaltige Nutzung von Wasser oder Boden beeinträchtigte werden kann,

4.  die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden kann,

5.  Brand- oder Explosionsgefahren herbeigeführt werden können,

6.  Geräusche oder Lärm im übermäßigen Ausmaß verursacht werden können,

7.  das Auftreten oder die Vermehrung von Krankheitserregern begünstigt werden können,

8.  die öffentliche Ordnung und Sicherheit gestört werden kann oder

9.  Orts- und Landschaftsbild sowie Kulturgüter erheblich beeinträchtigt werden können.

[…]

Begriffsbestimmungen

§ 2. (1) Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes sind bewegliche Sachen,

1.  deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder

2.  deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs 3) nicht zu beeinträchtigen.

[…]                                                                

(6) Im Sinne dieses Bundesgesetzes

1.  ist ‚Abfallbesitzer‘

a) der Abfallerzeuger oder

b) jede Person, welche die Abfälle inne hat

2.  ist ‚Abfallerzeuger‘

a) jede Person, durch deren Tätigkeit Abfälle anfallen (Abfallersterzeuger), oder

b)  jede Person, die vor Behandlungen, Mischungen oder andere Arten der Abfallbehandlung vornimmt, die eine Veränderung der Natur oder der Zusammensetzung dieser Abfälle bewirken;

[…]“

„Allgemeine Behandlungspflichten für Abfallbesitzer

§ 15. […]

(3) Abfälle dürfen außerhalb von

1.  hiefür genehmigten Anlagen oder

2.  für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten

nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden. Eine Ablagerung von Abfällen darf nur in hiefür genehmigten Deponien erfolgen.

[…]“

„Strafhöhe

§ 79. […]

(2) Wer

[…]

2.  nicht gefährliche Abfälle entgegen § 15 Abs 1, 3 oder 4 sammelt, befördert, lagert, behandelt oder beim sonstigen Umgang mit nicht gefährlichen Abfällen entgegen § 15 Abs 1 die Ziele und Grundsätze nicht beachtet oder die Beeinträchtigungen der öffentlichen Interesse nicht vermeidet oder entgegen § 15 Abs 2 vermischt oder vermengt, […]

begeht ? sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist ? eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 450 € bis 8.400 € zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, mit einer Mindeststrafe von 2.100 € bedroht.

[…]“

2.         Verwaltungsstrafgesetz 1991:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG), BGBl Nr 52/1991 idF BGBl I Nr 120/2016, lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:

„Schuld

§ 5. (1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder der Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

[…]“

„Strafbemessung

§ 19. (1) Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

(2)      Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.“

„Außerordentliche Milderung der Strafe

§ 20. Überwiegen die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich oder ist der Beschuldigte ein Jugendlicher, so kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden.“

„§ 45. (1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

1.  die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;

2.  der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;

3.  Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen;

4.  die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind;

5.  die Strafverfolgung nicht möglich ist;

6.  die Strafverfolgung einen Aufwand verursachen würde, der gemessen an der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat unverhältnismäßig wäre.

Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

[…]“

3.         Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz:

Die für das gegenständliche Verfahren entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl I Nr 33/2013 idF BGBl I Nr 24/2017, lauten auszugsweise samt Überschriften wie folgt:

„Verhandlung

§ 44. (1) Das Verwaltungsgericht hat eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

[…]

(3) Das Verwaltungsgericht kann von einer Verhandlung absehen, wenn

1. in der Beschwerde nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder

2. sich die Beschwerde nur gegen die Höhe der Strafe richtet oder

[…]

und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Der Beschwerde hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

[…]“

„Erkenntnisse

§ 50. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen und das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gem Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden.

[…]“

„Kosten

§ 52. (1) In jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, ist auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

(2)      Dieser Beitrag ist für das Beschwerdeverfahren mit 20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit zehn Euro zu bemessen; bei Freiheitsstrafen ist zur Berechnung der Kosten ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100 Euro anzurechnen. Der Kostenbeitrag fließt der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand des Verwaltungsgerichtes zu tragen hat.

[…]

(8) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind dem Beschwerdeführer nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.

[…]“

VI.       Erwägungen:

1.         Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde:

Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG, BGBl Nr 1/1930 idF BGBl I Nr 101/2014, vier Wochen.

Das angefochtene Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer am 13.11.2017 durch Hinterlegung zugestellt. Die vom Rechtsmittelwerber am 11.12.2017 bei der Bezirkshaupt-mannschaft Y eingebrachte Beschwerde ist daher fristgerecht.

2.         In der Sache:

2.1.      Zum Abfallbegriff:

Der Beschwerdeführer hatte eindeutig die Absicht, sich des im Zuge der Renovierungsarbeiten anfallenden Bauschutts ? Betonziegel, Betonfertigteile etc ? zu entledigen. Die Zwischenlagerung dieser Materialien auf seinem Grundstück sollte nur vorübergehend bis zum Abtransport auf eine dafür geeignete Deponie erfolgen.

Bei den vom angefochtenen Straferkenntnis erfassten Gegenständen ? Betonziegel etc ? handelt es sich daher um Abfall im Sinn des § 2 Abs 1 Z 1 AWG 2002. Diese Abfälle sind allerdings keiner gemäß der Abfallverzeichnisverordnung, BGBl II Nr 570/2003 idF BGBl II
Nr 498/2008, als gefährlich einzustufenden Abfallart zuzuordnen. Sie gelten daher als nicht gefährliche Abfälle.

2.2.      Zum Begriff des Abfallbesitzers:

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers ist klar zu entnehmen, dass er jene Renovierungsarbeiten veranlasst hat, bei denen die vom angefochtenen Straferkenntnis erfassten Materialien ? Bauschutt, Betonziegel etc – angefallen sind. Der Beschwerdeführer ist daher deren Abfallbesitzer im Sinn des § 2 Abs 6 Z 1 lit a und Z 2 lit a AWG 2002.

2.3.      Zur Verwaltungsübertretung gemäß § 79 Abs 2 Z 3 iVm § 15 Abs 3 AWG 2002:

2.3.1.    Zur objektiven Tatseite:

Der Begriff „lagern“ im AWG 2002 beutet etwas Vorübergehendes, der Begriff „ablagern“ hingegen etwas Langfristiges. Unter der Lagerung von Abfällen im Sinn des § 15 Abs 3 AWG 2002 ist daher die vorübergehende Lagerung von Abfällen zu verstehen (VwGH 15.09.2011, Zl 2009/07/0154 mit weiteren Hinweisen).

Das AWG 2002 unterwirft jede Lagerung von Abfällen den Vorschriften des § 15 Abs 3 AWG 2002, auch die Lagerung von Abfällen über kurze Zeiträume. Eine Ausnahmebestimmung für „besonders kurzfristige“ Lagerungen von Abfällen ist dem AWG 2002 nicht zu entnehmen. Auch für Lagerungen „aus einer faktischen Notwendigkeit heraus“ gelten die allgemeinen Pflichten von Abfallbesitzern. Ergibt sich eine solche faktische Notwendigkeit einer Abfalllagerung, so hat diese ebenfalls an einem für die Sammlung geeigneten Ort zu erfolgen. Auch eine kurzfristige Lagerung von Abfällen entgegen der Vorschrift des § 15 Abs 3 AWG 2002 verwirklicht somit den Straftatbestand des § 79 Abs 2 Z 3 AWG 2002 (VwGH 15.09.2011, Zl 2009/07/0154).

Die vom Beschwerdeführer vorgenommene zeitweilige Lagerung der bei den von ihm veranlassten Renovierungsarbeiten angefallenen Abfälle ? Bauschutt, Betonziegel ? auf seinem Grundstück bis zur endgültigen Entsorgung ist daher als „Lagerung“ im Sinn des § 15 Abs 3 AWG 2002 zu qualifizieren.

Allerdings ist gemäß dem Wortlaut des § 15 Abs 3 AWG 2002 nicht von vornherein auszuschließen, dass eine Lagerung von Abfällen keiner behördlichen Bewilligung bedarf. Dies ergibt sich aus der Bestimmung des § 15 Abs 3 Z 2 AWG 2002 (vgl VwGH 21.04.2014, Zl 2013/07/0269).

Im gegenständlichen Fall hat der Beschwerdeführer den im Zuge der von ihm veranlassten Renovierungsarbeiten anfallenden Bauschutt auf seinem Grundstück ? und damit auf dem Gelände der Entstehung ? bis zur endgültigen Entsorgung zwischengelagert. Eine derartige zeitweilige Lagerung bedarf keiner abfallrechtlicher Genehmigung [Scheichl/Zauner/Berl, AWG 2002 (2015) § 15 Rz 19].

Entscheidend ist daher, ob die vom Beschwerdeführer vorgenommene Zwischenlagerung auf einem geeigneten Ort im Sinn des § 15 Abs 3 Z 2 AWG 2002 stattgefunden hat. Davon ist nicht auszugehen, da der Beschwerdeführer den anfallenden Bauschutt nicht in einem Behälter/Container, sondern unmittelbar angrenzend an die Gemeindestraße direkt auf seinem Grundstück aufgebracht hat. Durch diese Form der Lagerung war jedenfalls nicht sichergestellt, dass die Schutzgüter im Sinn des § 1 Abs 3 AWG 2002 nicht beeinträchtigt werden können. Der Anforderung im Sinn des § 15 Abs 3 Z 2 AWG 2002 hätte die Zwischenlagerung in einem auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmten Container Rechnung getragen.

Die vom Beschwerdeführer vorgenommene Lagerung des verfahrensgegenständlichen Bauschutts auf seinem Grundstück widerspricht daher der Vorschrift des § 15 Abs 3 Z 1
und 2 AWG 2002. Diese § 15 Abs 3 Z 1 und 2 AWG 2002 widersprechende Lagerung ist als Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs 2 Z 3 AWG 2002 zu qualifizieren. Der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Einwand, er habe am 18.08.2017 den sofortigen Abtransport des zum damaligen Zeitpunkt zwischengelagerten Bauschutts nach Aufforderung durch die PI X veranlasst, ändert nichts am Vorliegen der Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs 2 Z 3 AWG 2002. Der Abtransport des Bauschutts beseitigt nicht die Strafbarkeit der bereits vorgenommenen vorschriftswidrigen zeitweiligen Lagerung. Die Bezirkshauptmannschaft Y hat dem Beschwerdeführer auch nicht zur Last gelegt, Aufträge oder Anordnungen gemäß § 73, § 74, § 82 Abs 4 oder § 83 Abs 3 AWG 2002 nicht befolgt und damit eine Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs 2 Z 21 AWG 2002 begangen zu haben. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wird dem Beschwerdeführer eine § 15 Abs 3 AWG 2002 widersprechende Lagerung von nicht gefährlichen Abfällen vorgeworfen. Darüber hinaus wurde eine solche die Rechtsvorschrift des § 15 Abs 3 Z 1 und 2 AWG 2002 verletzende Lagerung von Abfällen erneut am 07.11.2017 festgestellt, die für sich alleine wiederum den Tatbestand des § 79 Abs 2 Z 3 AWG 2002 erfüllt. Dies gilt umso mehr, als es sich bei dieser Verwaltungsübertretung um ein Ungehorsamsdelikt handelt.

Durch sein Verhalten hat der Beschwerdeführer die Rechtsvorschrift des § 15 Abs 3 Z 1 und 2 AWG 2002 verletzt und damit eine Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs 2 Z 3 AWG 2002 begangen. Die Umschreibung der Tatzeit im angefochtenen Straferkenntnis ist nicht zu beanstanden und erfasst das gesamte vor dem Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses liegende strafbare Verhalten.

2.3.2.    Zur subjektiven Tatseite:

Bei der Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs 2 Z 3 AWG 2002 handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt, bei dem gemäß § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG das Verschulden des Täters vermutet wird, sofern er nicht glaubhaft macht, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich gewesen sei (VwGH 25.02.2009, Zl 2008/07/0182).

Beim Beschwerdeführer ist von Fahrlässigkeit auszugehen. Er hat keine Umstände glaubhaft gemacht, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich gewesen wäre. Darüber hinaus musste dem Beschwerdeführer spätestens nach der telefonischen Kontaktaufnahme durch die PI X am 18.08.2017 die Rechtswidrigkeit der von ihm vorgenommenen Zwischenlagerung des bei seinen Renovierungsarbeiten anfallenden Bauschutts bekannt sein.

Die vom Beschwerdeführer zu vertretende Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs 2 Z 3 AWG 2002 ist diesem folglich auch subjektiv vorwerfbar.

2.4.      Zur Strafbemessung:

Der Beschwerdeführer hat keine Angaben zu seinen Einkommens- und Vermögens-verhältnissen gemacht, obwohl im dazu die belangte Behörde die Möglichkeit eingeräumt hat. Folglich ist von durchschnittlichen Einkommensverhältnissen auszugehen.

Für das dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Verhalten besteht gemäß § 79 Abs 2 letzter Absatz AWG 2002 ein Strafrahmen von Euro 450,-- bis Euro 8.400,--. Die belangte Behörde hat eine Geldstrafe in Höhe von Euro 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 40 Stunden) verhängt und somit den vorgegebenen Strafrahmen mit 12 % ausgeschöpft.

Die Bezirkshauptmannschaft Y hat zu Recht keinen Umstand als mildernd, demgegenüber eine einschlägige Vormerkung als erschwerend angenommen. Die Voraussetzungen für eine außerordentliche Milderung der Strafe gemäß § 20 VStG liegen somit nicht vor.

Die belangte Behörde bewertet den Unrechtsgehalt der gegenständlichen Übertretung zu Recht als erheblich, da § 15 Abs 3 AWG 2002 dem Schutz der Umwelt dient.

Die Verhängung einer Geldstrafe ist erforderlich, da der Beschwerdeführer das vorschriftswidrige Verhalten über einen längeren Zeitraum gesetzt und auch noch am 07.11.2017 Bauschutt am angegebenen Ort gelagert war. Unter Berücksichtigung des hohen Strafrahmens erachtet das Landesverwaltungsgericht Tirol im gegenständlichen Fall allerdings eine Strafe im Ausmaß von Euro 700,-- (Ersatzfreiheits-strafe 28 Stunden) und damit knapp weniger als 10 % der zulässigen Höchststrafe als ausreichend, um dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung angemessen Rechnung zu tragen sowie den Beschwerdeführer von der Begehung weiterer gleichgearteter Straftaten abzuhalten.

3.         Schlussfolgerungen:

Die Bezirkshauptmannschaft Y hat für einen ausreichend bestimmten Zeitraum dem Beschwerdeführer zu Recht eine Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs 2 Z 3 AWG 2002 zur Last gelegt. Die verhängte Strafe konnte allerdings auf Euro 700,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 28 Stunden) herabgesetzt werden. Dementsprechend lautet Spruchpunkt 1. des gegenständlichen Erkenntnisses.

Infolge der Herabsetzung der verhängten Geldstrafe war der Beitrag zu den Kosten des Behördenverfahrens gemäß § 64 VStG mit Euro 70,-- (anstatt Euro 100,--) neu zu bestimmen. Dementsprechend lautet Spruchpunkt 2. des gegenständlichen Erkenntnisses.

Da das Landesverwaltungsgericht Tirol das angefochtenen Straferkenntnis bezüglich der Strafhöhe abgeändert hat, war gemäß § 52 Abs 8 VwGVG von der Vorschreibung eines Kostenbeitrages für das Beschwerdeverfahren abzusehen.

4.         Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

In der Rechtsmittelbelehrung des Straferkenntnisses vom 08.11.2017, Zl ****, heißt es ausdrücklich:

„In der Beschwerde kann die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht beantragt werden.“

Der Beschwerdeführer hat in seinem Rechtsmittel die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt.

Die belangte Behörde hat in dem an das Landesverwaltungsgericht Tirol gerichteten Schreiben vom 18.12.2017, Zl ****, ausdrücklich auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Der Beschwerdeführer hat in seinem Rechtsmittel den von der belangten Behörde festgestellten und angenommenen Sachverhalt nicht bestritten. Seine Ausführungen richten sich gegen die Höhe der verhängten Strafe, allenfalls lässt sich aus ihnen der Beschwerdegrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung ableiten. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 44 Abs 3 Z 1 und 2 VwGVG konnte daher die öffentliche mündliche Verhandlung entfallen.

VII.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren war ein außer Streit stehender Sachverhalt anhand der relevanten Bestimmungen des AWG 2002 und des VStG zu beurteilen. Insbesondere war zu klären, ob die dem Beschwerdeführer vorgeworfene Zwischenlagerung von Bauschutt der Rechtsvorschrift des § 15 Abs 3 AWG 2002 widerspricht.

Die gegenständliche Entscheidung weicht weder von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung. Die zu erörternden Rechtsfragen wurden in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungs-gerichtshofes einheitlich beantwortet.

Dementsprechend erklärt das Landesverwaltungsgericht Tirol die ordentliche Revision für nicht zulässig (Spruchpunkt 3. des gegenständlichen Erkenntnisses).

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,-- zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Hinweis:

Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Hirn

(Richter)

Schlagworte

Abfall; nicht gefährlicher Abfall; Abfallbesitzer; Abfallerzeuger; subjektiver Abfallbegriff; Lagern; Ablagern;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2017.37.2869.1

Zuletzt aktualisiert am

13.03.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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