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L55001 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Burgenland;Norm
NatSchG Bgld 1990 §5 lita Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Killian, über die Beschwerde des A in Markt St. Martin, vertreten durch Dr. Johann Kölly, Rechtsanwalt in Oberpullendorf, Rosengasse 55, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 14. Oktober 1997, Zl. IV-B-94/7-1997, betreffend naturschutzbehördliche Bewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schriftsatz vom 11. Oktober 1993 brachte ein Naturschutzorgan bei der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf (BH) unter Anschluss von Lichtbildern zur Anzeige, dass der Beschwerdeführer auf einem näher bezeichneten, als "Grünfläche" gewidmeten Grundstück in der Gemeinde M. ohne naturschutzrechtliche Bewilligung eine Hütte errichtet habe.
In der Folge beantragte der Beschwerdeführer bei der BH die naturschutzbehördliche Bewilligung zur Errichtung eines Geräteschuppens bei seiner bestehenden Fischteichanlage und führte aus, der Schuppen sei für die - wasserrechtlich bewilligte - Fischteichanlage unumgänglich notwendig.
Die BH holte das Gutachten eines landwirtschaftlichen Amtssachverständigen ein. Diesem zufolge handelt es sich bei dem bereits errichteten Gebäude um einen Massivholzbau mit 15 cm starken Holzbohlen und einem aufgesetzten Satteldach mit Betondacheindeckung. Die Ausmaße des Gebäudes betrügen 4,97 m x 5,12 m, die Nutzfläche 23,4 m2. Der Fußboden bestehe aus Schiffbodenbrettern auf Sparschalung und Staffelhölzern. Im Raum sei bei der an Ort und Stelle am 27. Juli 1994 vorgenommenen Besichtigung ein Bett, ein Tisch, ein Sofa, mehrere Stühle, eine Küchenkommode sowie ein Kompressor eingestellt gewesen. Der Beschwerdeführer bewirtschafte auf dem gegenständlichen Grundstück zwei Fischteiche im Ausmaß von insgesamt 700 m2, die jährlich mit ca. 700 einsömmrigen Forellen besetzt würden. Der Zulauf betrage ca. 5 l/sec. Um eine Sauerstoffknappheit in den Sommermonaten zu überbrücken, benütze der Beschwerdeführer den erwähnten Kompressor. Um den betriebswirtschaftlichen Erfolg des Produktionszweiges nicht zu gefährden, wäre eine Baulichkeit von 4 - 6 m2 Größe in entsprechend einfacher Bauausführung (einfache Bretterverschalung, keine kostenintensiven Türen und Fenster, keine Isolierung) ausreichend, um die spezifischen Betriebsmittel unterzubringen. Beim gegenständlichen Bauvorhaben handle es sich allerdings um keinen landwirtschaftlichen Zweckbau; dies würde durch die Einrichtung (Bett, Tisch, Kasten usw.) bestätigt. Vielmehr würde der Bau zu Wohn- und Erholungszwecken genutzt. Es könne daher kein fachlicher und sachlicher Zusammenhang der Baumaßnahme mit der landwirtschaftlichen Nutzung gesehen werden.
Mit Bescheid der BH vom 24. Oktober 1995 wurde der Bewilligungsantrag des Beschwerdeführers mit der Begründung abgewiesen, die beantragte Baumaßnahme widerspreche dem rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde, zumal sie nach dem eingeholten Sachverständigengutachten für die der Flächenwidmung des Grundstückes "Grünfläche - Landwirtschaft" entsprechende Nutzung nicht notwendig sei.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung und brachte u.a. vor, die Baumaßnahme entspreche "voll" der widmungsgemäßen Nutzung, weil sie nur für die Bewirtschaftung der Fischteichanlage und den Verkauf der daraus gezogenen Fische diene. Die gewählte Größe und Ausgestaltung des Geräteschuppens sei für die derzeitige Nutzung notwendig. Ein Bett habe sich niemals im Raum befunden. Der Beschwerdeführer bewirtschafte auch nicht zwei, sondern vier (bewilligte) Fischteiche. Die vom Sachverständigen genannte Hüttengröße von 4 - 6 m2 sei für die Verarbeitung der Fische (Ausnehmen, Entschuppen etc.), zur Unterbringung der Futtermittel und für den Betrieb des Kompressors viel zu klein. Tisch und Stühle seien notwendig, schließlich wünsche der Kunde die fertige Aushändigung der Fische an Ort und Stelle. Die Schlussfolgerung, die an Stelle einer alten baufälligen Gerätehütte neu errichtete Hütte werde für Wohn- und Erholungszwecke genützt, müsse entschieden zurückgewiesen werden. Dieser Eindruck sei durch nichts erwiesen. Weder der Beschwerdeführer noch seine Eltern, noch fremde Personen hätten in der Hütte genächtigt oder diese gar zu Wohnzwecken genutzt.
Auf Grund eines Auftrages der Berufungsbehörde berichtete das - bereits erwähnte - Naturschutzorgan, welche Gegenstände zur Bewirtschaftung der Fischteiche sich in der Hütte befänden und bemerkte, dass außerdem ein Tisch, vier Sessel, eine Sitzbank, ein Diwan sowie zwei kleinere Kästchen vorhanden seien. Der Beschwerdeführer erklärte hiezu, es sei zur Abwehr von wiederholt vorgekommenen Fischdiebstählen notwendig, unbemerkt zu Tag- und Nachtzeiten den Fischteichbereich zu bewachen und sich dazu in der Hütte aufzuhalten.
Mit Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 7. März 1996 wurde die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.
Dieser Bescheid wurde auf Grund der vom Beschwerdeführer an den Verwaltungsgerichtshof erhobenen Beschwerde mit Erkenntnis vom 17. März 1997, Zl. 96/10/0217, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, der Bescheid sei u.a. auf § 50 Abs. 6 des Bgld. Naturschutz- und Landschaftspflegegesetzes (NG) gestützt worden, es habe jedoch der gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG (auch) aus Anlass der (damals) vorliegenden Beschwerde vom Verwaltungsgerichtshof angerufene Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 26. September 1996, G 160/96 u.a., ausgesprochen, die Wortfolge "oder dem rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde" in dieser Bestimmung sei verfassungswidrig gewesen, weil die naturschutzgesetzliche Anordnung, einen Bewilligungsantrag, der dem rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde widerspreche, ohne Durchführung eines Verfahrens abzuweisen, in das der Gemeinde durch Art. 118 Abs. 3 Z. 9 B-VG gewährleistete Selbstverwaltungsrecht eingreife.
Mit Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 14. Oktober 1997 wurde die Berufung des Beschwerdeführers neuerlich, und zwar mit der Maßgabe abgewiesen, dass der Bewilligungsantrag des Beschwerdeführers gemäß den §§ 5 lit. a Z. 1 und 56 Abs. 1 NG i.V.m. § 20 Abs. 1, 4 und 5 des Bgld. Raumplanungsgesetzes 1969 (RPG), als dem rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde widersprechend abgewiesen werde. Hiezu wurde im Wesentlichen ausgeführt, § 50 Abs. 6 NG sei zwar durch die Novelle LGBl. Nr. 66/1996 ersatzlos aufgehoben worden, doch habe die Naturschutzbehörde gemäß § 20 Abs. 1 RPG die Widmungskonformität eines Projektes (weiterhin) zu beachten. Das im vorliegenden Fall betroffene Grundstück sei im rechtsgültigen Flächenwidmungsplan der Gemeinde M. als
"Grünfläche - landwirtschaftlich genutzt" ausgewiesen. Der beigezogene landwirtschaftliche Amtssachverständige habe klar dargelegt, dass die zur Bewilligung beantragte Baumaßnahme keinen landwirtschaftlichen Zweckbau darstelle. Der Umstand, wonach sich in der Hütte Möbel wie z.B. ein Diwan befänden, erwecke vielmehr den Eindruck, dass die Baulichkeit Wohnzwecken diene, zumal eine Bewachung von Fischteichen unüblich sei. Die Größe der Baulichkeit von ca. 23 m2 stehe in einem Missverhältnis zu den bewirtschafteten Flächen, weil laut Gutachten des Amtssachverständigen für die Bewirtschaftung des Fischteiches mit einer Hütte von 4 - 6 m2 das Auslangen gefunden werden könne.
Die gegen diesen Bescheid an den Verfassungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde, nachdem dieser deren Behandlung unter Hinweis auf sein Erkenntnis vom 25. Juni 1998, G 32/98 u.a., demzufolge § 20 Abs. 1 RPG - anders als § 50 Abs. 6 NG - eine verfassungskonforme Auslegung der Art zulasse, dass die Naturschutzbehörde lediglich als Vorfrage zu beurteilen habe, ob das von ihr zu entscheidende Projekt dem Flächenwidmungsplan widerspreche oder nicht, mit Beschluss vom 25. Juni 1998, B 2838/97, abgelehnt hatte, dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abgetreten.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 20 Abs. 1 Bgld. Raumplanungsgesetz, LGBl. Nr. 18/1969 i. d.F. LGBl. Nr. 12/1994 (RPG), hat der genehmigte Flächenwidmungsplan neben der Wirkung auf den Bebauungsplan (Teilbebauungsplan) auch die Folge, dass Bauplatzerklärungen und Baubewilligungen nach der Bgld. Bauordnung sowie Bewilligungen von sonstigen sich auf das Gemeindegebiet auswirkenden Maßnahmen auf Grund landesgesetzlicher Vorschriften nur zulässig sind, wenn sie dem Flächenwidmungsplan nicht widersprechen.
Gemäß § 20 Abs. 4 RPG fallen Baumaßnahmen in Verkehrsflächen und Grünflächen, welche für die der Flächenwidmung entsprechende Nutzung notwendig sind, nicht unter die Beschränkungen des Abs. 1. Dies gilt auch für flächenmäßig nicht ins Gewicht fallende, im Zusammenhang mit der Wasser- und Energieversorgung, der Abwasserentsorgung, dem Fernmelde- und Sendewesen oder dem Sicherheitswesen erforderliche Anlagen sowie für geringfügige Bauten (z.B. Garten- und Gerätehütten, kleine Statuen), Bauten, die nur vorübergehenden Zwecken dienen und für Maßnahmen zur Erhaltung und Verbesserung des Naturhaushaltes (z.B. Biotope).
Die Notwendigkeit im Sinne des Abs. 4 ist gemäß § 20 Abs. 5 RPG dann anzunehmen, wenn nachgewiesen ist, dass
a) die Baumaßnahme in einem sachlichen oder funktionellen Zusammenhang mit der widmungsgemäßen Nutzung steht,
b) kein anderer Standort eine bessere Eignung im Hinblick auf die widmungsgemäße Nutzung bietet,
c) die Baumaßnahme auf die für die widmungsgemäße Nutzung erforderliche Größe, Gestaltung und Ausstattung eingeschränkt bleibt und
d) raumordnungsrelevante Gründe (z.B. Landschaftsbild, Zersiedelung, etc.) nicht entgegenstehen.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass die Zulässigkeit der von ihm beantragten naturschutzbehördlichen Bewilligung
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entsprechend den Annahmen der belangten Behörde - u.a. davon abhängt, dass die Hütte für die der Flächenwidmung entsprechende Nutzung notwendig im Sinne des § 20 Abs. 4 RPG ist. Er bringt vielmehr vor, die belangte Behörde habe die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Auffassung, die Hütte diene Wohn- und Erholungszwecken, nicht aber landwirtschaftlichen Zwecken, auf Grund eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens gewonnen. Die belangte Behörde habe nämlich unberücksichtigt gelassen, dass sich
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wie dem Bericht des beigezogenen Naturschutzorgans entnommen werden könne - in der Hütte kein Bett befinde, und dass der Beschwerdeführer vorgebracht habe, Tische und Stühle seien notwendig, um den Kunden eine fertige Aushändigung der von ihnen gewählten Fische zu ermöglichen. Sämtliche in der Hütte befindlichen Gegenstände dienten daher der Bewirtschaftung der Fischteiche des Beschwerdeführers in einem Ausmaß von insgesamt 700 m2. Der Diwan habe die Funktion, Diebe abzuschrecken; durch den Diwan werde bei Dieben nämlich der Eindruck erweckt, die Anlage werde auch nachts über bewacht. Der Beschwerdeführer habe jedoch niemals in der Hütte genächtigt. Die Hütte entspreche in ihren Ausmaßen im Übrigen ziemlich genau der alten Hütte, die sich vorher an dieser Stelle befunden habe.
Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf. Nach dem diesem Bescheid zugrunde liegenden Gutachten eines landwirtschaftlichen Amtssachverständigen steht die zur Bewilligung beantragte Hütte nämlich in Ansehung ihrer Größe als auch in Ansehung ihrer Bauausführung in einem Missverhältnis zur Bewirtschaftung von Fischteichen im Ausmaß von insgesamt 700 m2. Diesen sachverständigen Ausführungen ist der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren auf gleicher fachlicher Ebene nicht entgegen getreten. Vielmehr hat er sich auf die nicht näher begründete Behauptung beschränkt, die von ihm ausgeübte Fischteichwirtschaft erfordere Größe und Gestaltung der beantragten Hütte.
Wenn die belangte Behörde daher die Ausführungen des landwirtschaftlichen Amtssachverständigen durch diese Behauptung in ihrem Beweiswert als nicht erschüttert erachtete, so ist das unter Schlüssigkeitsgesichtspunkten nicht zu beanstanden.
Konnte die belangte Behörde solcherart aber zu Recht davon ausgehen, die Voraussetzungen des § 20 Abs. 5 RPG seien insofern nicht erfüllt, als die Hütte nicht auf die für die angegebene Nutzung erforderliche Größe und Gestaltung eingeschränkt sei, so erweist sich die behördliche Beurteilung, die Hütte sei im Sinne des § 20 Abs. 4 RPG für die der Flächenwidmung entsprechende Nutzung nicht notwendig, als frei von Rechtswidrigkeit. Ob auf Grund der Einrichtung der Hütte eine Nutzung für Wohn- und Erholungszwecke anzunehmen ist oder nicht, kann dahingestellt bleiben.
Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wird im Übrigen auch mit dem Hinweis, die BH habe mit Bescheid vom 18. März 1998 gemäß § 16 Abs. 2 des Bgld. Baugesetzes die Geringfügigkeit des in Rede stehenden Bauvorhabens festgestellt, nicht aufgezeigt. Ein solcher Bescheid könnte nämlich allenfalls einen Grund für die Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 69 Abs. 1 Z. 3 AVG bilden. Er besagt aber nichts über die Rechtmäßigkeit dieser Beurteilung durch die Naturschutzbehörde.
Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 27. April 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1998100342.X00Im RIS seit
20.11.2000