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L50003 Pflichtschule allgemeinbildend Niederösterreich;Norm
PSchG NÖ 1973 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Killian, über die Beschwerde der Marktgemeinde Jois, vertreten durch Dr. Karl-Heinz Götz und Dr. Rudolf Tobler jun., Rechtsanwälte in Neusiedl am See, Untere Hauptstraße 72, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 30. August 1999, Zl. K4-A-315/57, betreffend Schulerhaltungsbeitrag (mitbeteiligte Partei: Sonderschulgemeinde Bruck an der Leitha, vertreten durch den Obmann Stadtrat Robert Thurner), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Unter dem Datum des 15. Oktober 1998 erließ der Obmann der Sonderschulgemeinde Bruck an der Leitha einen an die beschwerdeführende Partei gerichteten Bescheid mit folgendem Spruch:
"Der Schulausschuss der Sonderschulgemeinde
Bruck an der Leitha hat in der Sitzung am 15.10.1998 den ordentlichen Voranschlag über den Schulaufwand der Sonderschule in Bruck/Leitha für das Haushaltsjahr 1999 gemäß § 48 Abs. 1 des NÖ Pflichtschulgesetzes, LGBl. 5000 in der derzeit geltenden Fassung, erstellt und die Höhe der von den zur Schulgemeinde gehörigen Gemeinden zu entrichtenden Schulumlagen sowie der von den sonstigen beteiligten Gemeinden zu entrichtenden Schulerhaltungsbeiträge ermittelt.
Der Voranschlag, welcher einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides bildet, wurde der dortigen Gemeinde gemäß § 48 Abs. 1 leg. cit. bereits übermittelt.
Für den ordentlichen Voranschlag des Haushaltsjahres 1999 ist der Schulerhaltungsbeitrag der dortigen Gemeinde - gemäß § 46 Abs. 3 leg. cit., mangels eines Übereinkommens, auf Grund des Verhältnisses der Anzahl der zum Schulbeginn eingeschriebenen Schüler zur Anzahl der aus der dortigen Gemeinde stammenden Schüler
mit S 37.000,--
festgesetzt worden.
Der Schulerhaltungsbeitrag ist gemäß § 48 Abs. 2 leg. cit. in vier gleichen Teilen zum 1. Jänner, 1. April, 1. Juli und 1. Oktober zu entrichten. Fällige Schulerhaltungsbeiträge werden bei Säumigkeit gemäß § 54 leg. cit. im Wege des Verwaltungsvollstreckungsverfahrens eingebracht."
In der Begründung heißt es, die Ermittlung des Schulerhaltungsbeitrages stütze sich auf die Erstellung des Voranschlages durch die Schulgemeinde, die Anzahl der aus der beschwerdeführenden Gemeinde stammenden Schüler und die zitierten gesetzlichen Bestimmungen.
Die beschwerdeführende Partei berief. Sie machte geltend, der bekämpfte Bescheid werde lapidar mit der "Erstellung" des Voranschlages durch die Schulgemeinde, die Anzahl der aus der Gemeinde stammenden Schüler und die zitierten gesetzlichen Bestimmungen begründet. Dies stelle eine Scheinbegründung dar. Aus dieser Begründung ergäben sich nicht die tatsächlichen Annahmen der Behörde.
Es werde daher der Antrag gestellt, den Rechtsvertretern der beschwerdeführenden Partei Akteneinsicht durch Übermittlung einer kompletten Aktenfotokopie zu gewähren und in der Sache selbst dahingehend zu entscheiden, dass der Berufung Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid ersatzlos aufgehoben, in eventu aufgehoben und zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückverwiesen werde. In eventu wolle der erstinstanzliche Bescheid dahingehend abgeändert werden, dass der Schulerhaltungsbeitrag mit jährlich maximal S 18.000,--, wie von der beschwerdeführenden Partei vorgeschlagen, festgesetzt werde.
Mit Bescheid vom 2. Dezember 1998 gab die Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha der Berufung keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.
In der Begründung heißt es nach Wiedergabe der angewendeten Gesetzesbestimmungen, auf Grund dieser Gesetzesbestimmungen könne zusammenfassend festgestellt werden, dass eine Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens und ein unrichtige rechtliche Beurteilung nicht festgestellt werden könne. Es könne auch keine mangelnde Bescheidbegründung erblickt werden, da einerseits im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides alle wesentlichen Merkmale, die auch als Begründung zu sehen seien, angeführt seien und andererseits der Voranschlag zu einem wesentlichen Bestandteil des Bescheides erklärt worden sei. Eine wörtliche und ziffernmäßige Wiedergabe dieses der beschwerdeführenden Partei bekannten Voranschlages in der Begründung des Bescheides erscheine daher nicht notwendig, "zumal darauf ausdrücklich hingewiesen ist". Der für die beschwerdeführende Partei errechnete Schulerhaltungsbeitrag von S 37.000,-- sei sachlich und rechnerisch begründet und richtig. Die Übermittlung einer Aktenfotokopie könne unterbleiben, da der Bezirkshauptmannschaft auch keine anderen Unterlagen vorlägen als die der beschwerdeführenden Partei bereits bekannten.
Die beschwerdeführende Partei berief. Sie brachte vor, der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft sei schon deswegen mangelhaft, weil eine ziffernmäßige Überprüfung des Rechenwerks, das der Vorschreibung des Schulerhaltungsbeitrages zugrunde gelegt worden sei, nicht möglich sei. Im Gegensatz zu den Ausführungen im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft sei der beschwerdeführenden Partei der ordentliche Voranschlag über den Schulaufwand der Sonderschule Bruck an der Leitha für das Haushaltsjahr 1999 nicht übermittelt worden. Auch sei ihr keine Akteneinsicht gewährt worden. Es werde daher das Ersuchen um Akteneinsicht wiederholt. Die Behörde genüge ihrer Begründungspflicht nicht, wenn sie auf irgend welche Aktenbestandteile verweise. Aufgabe der Behörde wäre es gewesen, in der Begründung des Berufungsbescheides selbst nachvollziehbar jenes Rechenwerk offen zu legen, aus dem sich die Vorschreibung des Schulerhaltungsbeitrags ableiten lässt. Aus dem Bescheid ergebe sich nicht, warum die beschwerdeführende Partei zum Schulsprengel der Sonderschulgemeinde Bruck an der Leitha oder zur Sonderschulgemeinde Bruck an der Leitha gehören solle und es ergebe sich auch nicht, warum sie in sonstiger Weise an der Schule beteiligt sein solle. Nicht entnehmbar sei dem Bescheid auch, ob ein Übereinkommen angestrebt worden oder ein solches nicht zustande gekommen sei.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 30. August 1999 gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und bestätigte den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft.
In der Begründung heißt es nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und einiger Gesetzesbestimmungen, soweit aus den Aktenunterlagen ersichtlich, habe die Sonderschulgemeinde entsprechend den rechtlichen Vorgaben den Haushaltsvoranschlag erstellt und auf Grund dessen die "Kopfquote" ermittelt. Ausgehend davon sei auch der beschwerdeführenden Partei als in sonstiger Weise beteiligter Gemeinde der entsprechende Betrag vorgeschrieben worden. Die Beteiligung in sonstiger Weise liege eben darin, dass sprengelfremde Schüler aus der beschwerdeführenden Gemeinde die Sonderschule Bruck an der Leitha besuchten. Im Übrigen werde darauf verwiesen, dass der beschwerdeführenden Partei der gesamte vorliegende Akteninhalt bekannt sei, da mit dem Bescheid der Sonderschulgemeinde Bruck auch der Voranschlag übermittelt worden sei. Dieser bilde die Grundlage des Bescheides. Im Übrigen werde auf die zutreffende Begründung der Bezirkshauptmannschaft verwiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Das Vorbringen der beschwerdeführenden Partei deckt sich im Wesentlichen mit ihrem Vorbringen im Verwaltungsverfahren.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Die mitbeteiligte Partei hat ebenfalls eine Gegenschrift
erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammen zu fassen.
Die beschwerdeführende Partei ist schon damit im Recht, wenn sie bemängelt, dass die belangte Behörde nicht in ausreichender Weise dargestellt hat, woraus sich die Beitragspflicht der beschwerdeführenden Gemeinde dem Grunde nach ergibt.
Nach § 5 Abs. 1 des Niederösterreichischen Pflichtschulgesetzes, LGBl. 5000 (NÖ PflichtschulG) haben, wenn mehrere Gemeinden zu einem Schulsprengel oder zu einer Schulgemeinde gehören oder sie in sonstiger Weise an einer Schule beteiligt sind, diese Gemeinden Schulerhaltungsbeiträge oder Schulumlagen (§§ 46 bis 53 und 65) an den gesetzlichen Schulerhalter zu leisten.
Die belangte Behörde geht offenbar davon aus, dass die beschwerdeführende Gemeinde "in sonstiger Weise" an der Sonderschule beteiligt ist.
Dem angefochtenen Bescheid ist allerdings nicht zu entnehmen, inwieweit eine eine Beitragspflicht auslösende sonstige Beteiligung der beschwerdeführenden Partei an der Sonderschule vorliegt und welchem der Beitragstatbestände der §§ 46 bis 53 PflichtschulG diese Beteiligung zuzuordnen ist.
Der angefochtene Bescheid und die unterinstanzlichen Bescheide entsprechen aber auch bezüglich der Begründung für das Ausmaß des Schulerhaltungsbeitrages nicht dem § 60.
Die belangte Behörde hat sich auf die §§ 46 und 48 NÖ PflichtschulG gestützt.
Nach § 46 Abs. 1 NÖ PflichtschulG ist der Schulaufwand durch den gesetzlichen Schulerhalter aufzuteilen.
Nach § 46 Abs. 2 leg. cit. ist der Berechnung der Schulerhaltungsbeiträge und der Schulumlagen der durch andere Einnahmen für Schulzwecke (Subventionen, Schenkungen usw.) nicht gedeckte Schulaufwand zugrunde zu legen.
Nach § 46 Abs. 3 NÖ PflichtschulG ist der in den ordentlichen Voranschlag aufgenommene Schulaufwand, sofern ein Übereinkommen nicht angestrebt wird oder nicht zustande kommt, für das jeweils folgende Kalenderjahr im Verhältnis der Anzahl der zum Schulbeginn eingeschriebenen Schüler zur Anzahl der aus der beteiligten Gemeinde stammenden Schüler aufzuteilen.
Nach § 48 Abs. 1 NÖ PflichtschulG hat der Bürgermeister der Schulsitzgemeinde - der Obmann der Schulgemeinde jedoch nach Anhören des Schulausschusses - bis 20. Oktober den Voranschlag über den Schulaufwand des folgenden Kalenderjahres zu erstellen, die auf die beteiligten Gemeinden entfallenden Schulerhaltungsbeiträge und Schulumlagen zu ermitteln und bis 1. November den beteiligten Gemeinden mit Bescheid den Voranschlag bekannt zu geben sowie die Schulerhaltungsbeiträge und Schulumlagen vorzuschreiben.
Zutreffend macht die beschwerdeführende Partei geltend, dass der Verweis auf Aktenteile, aus denen sich möglicherweise der vorgeschriebene Schulerhaltungsbeitrag errechnen lässt, nicht die Darstellung der entsprechenden Rechenoperationen und ihrer Grundlagen zu ersetzen vermag. Hiezu kommt, dass - was auch die mitbeteiligte Partei in ihrer Gegenschrift zugesteht - ein Nachweis für die nach § 48 Abs. 1 NÖ PflichtschulG vorgeschriebene Bekanntgabe des Voranschlages an die beschwerdeführende Partei fehlt. Es kann daher die Behauptung der beschwerdeführenden Partei, sie habe diese maßgebliche Grundlage des angefochtenen Bescheides nie erhalten, nicht widerlegt werden.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Zur Entrichtung der Gebühr von S 2.500,-- nach § 24 Abs. 3 VwGG war die beschwerdeführende Partei gemäß § 2 des Gebührengesetzes 1957 nicht verpflichtet. Das diesbezügliche Begehren auf Kostenersatz war daher abzuweisen.
Wien, am 27. April 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1999100247.X00Im RIS seit
20.11.2000