Index
L82000 Bauordnung;Norm
BauO Tir 1998 §20 Abs3 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des Ing. H in I, vertreten durch Dr. J, Dr. H und Dr. H, Rechtsanwälte in I, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 17. Feber 1999, Zl. I-9034/1998, betreffend die Abweisung eines Baugesuches (mitbeteiligte Partei: Dr. I, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in I), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Die Landeshauptstadt Innsbruck hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer und die mitbeteiligte Partei sind (nebst anderen Personen) Miteigentümer einer Liegenschaft in Innsbruck, an welcher Wohnungseigentum begründet ist. Der Beschwerdeführer ist "Eigentümer" eines bestimmten Geschäftslokales; unstrittig ist, dass hiezu ein "mitparifizierter" Garten gehört (Zubehör - Wohnungseigentum). Die mitbeteiligte Partei ist ebenfalls "Wohnungseigentümerin" in diesem Objekt.
Mit Eingabe vom 29. Juni 1998 kam der Beschwerdeführer um baubehördliche Bewilligung für einen Zubau und bauliche Änderungen an bzw. in diesem Gebäude ein, wobei (unter anderem) die mitbeteiligte Partei die Zustimmung zu diesem Vorhaben verweigerte.
Mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 3. November 1998, wurde, soweit vorliegendenfalls erheblich, dem Beschwerdeführer die angestrebte Bewilligung erteilt und der "Einwand" (unter anderem) der mitbeteiligten Partei, dem gegenständlichen Bauvorhaben nicht zuzustimmen, als unbegründet abgewiesen.
In diesem Bescheid wird das Vorhaben folgendermaßen beschrieben:
"Es ist beabsichtigt, im südwestseitigen Gebäudeeck zwischen Haupthaus und Büroteil einen Zubau, entsprechend den eingereichten Plänen zu errichten.
Der Zubau hat die Grundrissabmessungen von 6,09 m x 11,40 m. Die Attikahöhe ist mit + 3,86 m, bezogen auf: +- 0,00 Fußboden Oberkante Bestand, fixiert. Die Abstände zu den Grundgrenzen betragen westseitig 4,02 m bzw. 4,00 m und südseitig 4,04 m bzw. 4,03 m. Im Untergeschoß wird eine Zweizimmerwohnung mit Nebenräumen und im Erdgeschoß ein Büroraum geschaffen. Im Erdgeschoß wird ein Erker errichtet, welcher an der Süd- und Westeite 1,25 m über die Fassade vorragt. Im Bereich des Untergeschoßes wird die Einfriedungsmauer entfernt, das Gelände abgegraben und zu den Nachbarn hin eine Böschung errichtet. An der südseitigen Grundgrenze wird eine Sockelmauer mit Maschendrahtzaun laut Einreichpläne errichtet. Für den Wohnungsabgang und den Büroaufgang werden zwei Treppen errichtet. Weiters werden Öffnungen zum Bestandsobjekt abgemauert und eine Nasseinheit im bestehenden Büroteil eingebaut. Die Ausführung der baulichen Anlage erfolgt in Massivbauweise mit einem aufgesetzten Flachdach.
Die hinzukommende Baumasse beträgt 385,70 m3, die des Bestandes 3.312 m3."
Begründend führte die erstinstanzliche Behörde aus, der geplante Zubau solle auf der südwestlich des bestehenden Gebäudes gelegenen Gartenfläche errichtet werden, die unstrittig dem dem Bauwerber gehörigen Geschäftslokal als Zubehör zugeschlagen sei.
Den Miteigentümern komme im Bauverfahren nach der Tiroler Bauordnung 1998 (TBO 1998) nur eine sehr eingeschränkte Parteistellung zu, die sich im Wesentlichen in der im § 21 Abs. 2 lit. a leg. cit. "formulierten Abgabe einer Zustimmungserklärung" erschöpfe. Vorliegendenfalls handle es sich um einen Zubau im Sinne des § 2 Abs. 8 TBO 1998, der gemäß § 20 Abs. 1 lit. a leg. cit. bewilligungspflichtig sei. Dem entsprechend habe ein diesbezügliches Ansuchen die im § 21 Abs. 2 leg. cit. angeführten Unterlagen zu umfassen. Danach müssten diese Unterlagen grundsätzlich auch die Zustimmungserklärung der Grundeigentümer enthalten. Eine Sondervorschrift bestehe jedoch bei Miteigentumsgemeinschaften, weil es nach dieser Bestimmung für Änderungen an im Wohnungseigentum stehenden Wohnungen oder sonstigen Räumlichkeiten und an damit verbundenen Liegenschaftsanteilen nicht der Zustimmung der übrigen Miteigentümer bedürfe (es folgt ein Zitat aus den Erläuternden Bemerkungen zur TBO 1998; diese werden auszugsweise im Erwägungsteil wiedergegeben).
Mit der Bezeichnung "Änderungen" im Gesetzestext seien nach Ansicht der Baubehörde I. Instanz jedenfalls auch Zubauten an eine Wohnung gemeint. Den Erläuternden Bemerkungen sei nämlich zu entnehmen, dass der Gesetzgeber mit der Neuregelung des Zustimmungserfordernisses der Miteigentümer jedenfalls eine Entlastung des Bauverfahrens angestrebt habe. Bereits nach der (früheren) TBO sei die Zustimmung der Miteigentümer lediglich bei Bewilligungen für den Neu-, Zu- und Umbau eines Gebäudes erforderlich gewesen (§ 27 Abs. 3 lit. b TBO). Bloß "interne" Änderungen von im Wohnungseigentum stehenden Räumlichkeiten hätten daher schon nach dieser früheren Gesetzeslage keiner Zustimmung der Miteigentümer im Bauverfahren bedurft. Der zugegebenermaßen nicht glücklich gewählte Begriff "Änderungen an im Wohnungseigentum stehenden Räumlichkeiten und an damit verbundenen Liegenschaftsteilen ..." im § 21 Abs. 2 lit. a TBO 1998 müsse daher auch Zubauten umfassen, "zumal diese Gesetzesbestimmung ansonsten keine Vereinfachung des Bauverfahrens darstellte". Dafür spreche auch die Formulierung im Gesetz "... und an damit verbundenen Liegenschaftsanteilen". Wie könnten Liegenschaftsanteile baurechtlich relevant anders "geändert" (im Original unter Anführungszeichen) werden als durch Errichtung eines Bauwerkes, also eines Neubaues (beispielsweise ein Gartengerätehaus oder eine Garage) oder eines Zubaues (beispielsweise ein Wintergarten, Balkonverbau)? Da dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden könne, dass er Überflüssiges habe normieren wollen, verbiete sich der von der mitbeteiligten Partei gezogene Schluss, dass "Änderungen" sich mit der im Wohnungseigentumsrecht zugewiesenen Nutzungsbefugnis (etwa beim Innenausbau einer Wohnung) decken müssten. Auch die von der mitbeteiligten Partei vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken wegen eines Eingriffes in die Bundeskompetenz "Zivilrecht" könnten nicht geteilt werden. Dem Landesgesetzgeber sei es grundsätzlich gestattet, im Rahmen des Art. 15 Abs. 9 B-VG auch zivilrechtliche Bestimmungen zu erlassen. Er sei dazu jedoch nicht verpflichtet. Dem Landesgesetzgeber wäre es daher unbenommen gewesen, überhaupt kein Zustimmungserfordernis (also auch für Bauvorhaben, die selbst "nach der jetzigen Regelung" jedenfalls der Zustimmung aller Miteigentümer bedürften wie beispielsweise Neu- oder Zubauten auf gemeinsam genutzten Anlagenteilen) zu normieren. Die baurechtliche Einschränkung des Zustimmungserfordernisses auf bestimmte (gewichtige) Eingriffe in das Miteigentum und die diesbezügliche Auslegung des § 21 Abs. 2 lit. a TBO 1998 durch die Baubehörde I. Instanz erscheine daher verfassungsrechtlich völlig unbedenklich, handle es sich doch bei einer Baubewilligung lediglich um eine Polizeierlaubnis, die es der mitbeteiligten Partei unbenommen lasse, den Zivilrechtsweg zu beschreiten, um auf diesem das Bauvorhaben zu verhindern (...).
Dass der geplante Zubau selbstredend zu einer teilweise neuen Außenfassade bzw. zu neuen Dachflächen führe, vermöge an dieser Auslegung des § 21 Abs. 2 lit. a TBO 1998 durch die Baubehörde I. Instanz nichts zu ändern, sei doch nach dieser Gesetzesstelle das einzig entscheidungsrelevante Merkmal für das Erfordernis der Zustimmung der übrigen Miteigentümer die Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit der Gartenflächen "zum Wohnungseigentum des Bauwerbers". Ausdrücklich sei darauf hinzuweisen, dass die gegenständliche Baubewilligung nicht die zivilrechtliche "Zustimmungserklärung" der Miteigentümer ersetze.
Dagegen erhob die mitbeteiligte Partei Berufung.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung Folge gegeben, den bekämpften erstinstanzlichen Bescheid behoben und das zugrundeliegende Ansuchen "mangels Nachweises der Zustimmungserklärung von grundbücherlichen Wohnungseigentümern (Grundeigentümern)" gemäß § 26 Abs. 2 TBO 1998 zurückgewiesen.
Nach zusammengefasster Darstellung des Verfahrensganges, nach Wiedergabe der Berufungsausführungen und Rechtsausführungen heißt es im angefochtenen Bescheid begründend, dem § 20 TBO 1998 sei zu entnehmen, dass der Gesetzgeber insbesondere "auch infolge der getroffenen Begriffsbestimmung im § 2" leg. cit. durchgängig die Begriffe des Neu-, Zu- und Umbaues von Gebäuden dem Begriff "der sonstigen Änderung (von Gebäuden bzw. des Verwendungszweckes)" gegenüberstelle und hiefür unterschiedliche Regelungen vorsehe. In gesetzestechnisch konsequenter Weise unterscheide der Gesetzgeber somit auch im § 21 leg. cit. bezüglich der einem Bauansuchen beizuschließenden Unterlagen zwischen Neu-, Zu- und Umbauten von Gebäuden einerseits und Änderungen von baulichen Anlagen (Wohnungen und sonstigen Räumlichkeiten) und an damit verbundenen Liegenschaftsanteilen andererseits. Systematisch korrekt verlange dabei der Gesetzgeber für Bauansuchen zum Neu-, Zu- und Umbau von Gebäuden im Falle der beabsichtigten Errichtung derartiger baulicher Anlagen auf Grundstücken, die nicht im Eigentum des Bauwerbers stünden, den Beischluss der grundbücherlichen Zustimmungserklärung des jeweiligen Grundstückseigentümers bzw. des Bauberechtigten. Lediglich in der Ausnahmeregelung des zweiten Halbsatzes der lit. a des § 21 Abs. 2 TBO 1998 befreie er den Bauwerber von der Erbringung der Zustimmungserklärung des Grundeigentümers, und zwar konkret für die (bloße) Änderung an im Wohnungseigentum stehenden Wohnungen oder sonstigen Räumlichkeiten und an damit verbundenen Liegenschaftsanteilen.
Die im Baubescheid I. Instanz vorgenommene Subsumierung des gegenständlichen Vorhabens als Zubau von Gebäuden unter das Tatbestandsmerkmal der "Änderung" an im Wohnungseigentum stehenden Wohnungen oder sonstigen Räumlichkeiten und an damit verbundenen Liegenschaftsanteilen sei nach Ansicht der belangten Behörde unzutreffend und somit rechtswidrig, weshalb der bekämpfte erstinstanzliche Bescheid zu beheben und die angestrebte Baubewilligung auf Grund der nichtvorliegenden Zustimmungserklärung der betroffenen Grundstückseigentümer als unzulässig zurückzuweisen sei.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift, ebenso wie die mitbeteiligte Partei, die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall ist die (am 1. März 1998 in Kraft getretene) Tiroler Bauordnung 1998, LGBl. Nr. 15, anzuwenden.
Nach § 2 Abs. 8 leg. cit. ist "Zubau" die Vergrößerung eines Gebäudes durch die Herstellung neuer oder die Erweiterung bestehender Räume.
Nach § 2 Abs. 9 leg. cit. ist "Umbau" die bauliche Änderung eines Gebäudes, durch die dessen Außenmaße nicht geändert werden und die geeignet ist, die mechanische Festigkeit und Standsicherheit, die Brandsicherheit oder das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes wesentlich zu berühren.
Die §§ 20 und 21 TBO 1998 lauten (letzterer auszugsweise):
"§ 20
Bewilligungspflichtige und anzeigepflichtige Bauvorhaben, Ausnahmen
(1) Einer Baubewilligung bedürfen, soweit sich aus den Abs. 2 und 3 nichts anderes ergibt:
a)
der Neu-, Zu- und Umbau von Gebäuden;
b)
die sonstige Änderung von Gebäuden, wenn dadurch allgemeine bautechnische Erfordernisse wesentlich berührt werden;
c) die Änderung des Verwendungszweckes von Gebäuden, wenn sie auf die Zulässigkeit des Gebäudes nach den bau- oder raumordnungsrechtlichen Vorschriften von Einfluss sein kann; hiebei ist vom bewilligten Verwendungszweck bzw. bei Gebäuden, für die auf Grund früherer baurechtlicher Vorschriften ein Verwendungszweck nicht bestimmt wurde, von dem aus der baulichen Zweckbestimmung hervorgehenden Verwendungszweck auszugehen; die Verwendung von bisher anderweitig verwendeten Gebäuden, Wohnungen oder sonstigen Gebäudeteilen als Freizeitwohnsitz bedarf außer im Falle der Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 15 Abs. 5 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1997 jedenfalls einer Baubewilligung;
d) die Errichtung und die Änderung von sonstigen baulichen Anlagen, wenn dadurch allgemeine bautechnische Erfordernisse wesentlich berührt werden.
(2) Die sonstige Änderung von Gebäuden sowie die Errichtung und die Änderung von sonstigen baulichen Anlagen sind, sofern sie nicht nach Abs. 1 lit. b oder d einer Baubewilligung bedürfen, der Behörde anzuzeigen. Jedenfalls sind der Behörde anzuzeigen:
a) die Anbringung und Änderung von untergeordneten Bauteilen und von Balkonverglasungen bei bestehenden baulichen Anlagen;
b) die Errichtung und Änderung von Stützmauern bis zu einer Höhe von 2 m, sofern diese nicht unter Abs. 3 lit. c fallen;
c) die Errichtung und Änderung von Terrassen, Pergolen und dergleichen sowie von Geräteschuppen, Holzschuppen und dergleichen bis zu einer Grundfläche von 10 m2 und einer Höhe von 2,80 m;
d) die Errichtung und Änderung von ortsüblichen Städeln in Holzbauweise, die landwirtschaftlichen Zwecken dienen, und von Bienenhäusern in Holzbauweise sowie die Aufstellung von Folientunnels, soweit diese nicht nach § 1 Abs. 3 lit. k vom Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgenommen sind;
e) die Errichtung und Änderung von Sportplätzen, Reitplätzen und dergleichen.
(3) Weder einer Baubewilligung noch einer Bauanzeige bedürfen:
a) Baumaßnahmen im Inneren von Gebäuden, wenn dadurch allgemeine bautechnische Erfordernisse nicht wesentlich berührt werden, sowie die Anbringung von Vollwärmeschutz und der Austausch von Fenstern und Balkontüren, wenn dadurch die äußere Gestaltung des Gebäudes nicht wesentlich berührt wird;
b) Erhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen an baulichen Anlagen, wenn dadurch allgemeine bautechnische Erfordernisse nicht wesentlich berührt werden;
c) die Errichtung und Änderung von Einfriedungen bis zu einer Höhe von insgesamt 1,50 m und von Stützmauern bis zu einer Höhe von 1 m außer gegenüber Verkehrsflächen;
d) die Errichtung, Aufstellung und Änderung von frei stehenden Werbeeinrichtungen außerhalb geschlossener Ortschaften;
e) die Anbringung von Solaranlagen bis zu einer Fläche von 20 m2 an baulichen Anlagen.
§ 21
Bauansuchen
(1) Um die Erteilung der Baubewilligung ist bei der Behörde schriftlich anzusuchen. Beim Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden ist im Bauansuchen der vorgesehene Verwendungszweck anzugeben.
(2) Dem Bauansuchen sind die Planunterlagen (§ 23) in dreifacher Ausfertigung sowie die sonstigen zur Beurteilung der Zulässigkeit des Bauvorhabens nach den bau- und raumordnungsrechtlichen Vorschriften erforderlichen Unterlagen anzuschließen. Diese haben jedenfalls zu enthalten:
a) den Nachweis des Eigentums oder des Baurechtes am Bauplatz oder, wenn der Bauwerber nicht Grundeigentümer oder Bauberechtigter ist, die Zustimmungserklärung des Grundeigentümers bzw. des Bauberechtigten; für Änderungen an im Wohnungseigentum stehenden Wohnungen oder sonstigen Räumlichkeiten und an damit verbundenen Liegenschaftsteilen bedarf es jedoch nicht der Zustimmung der übrigen Miteigentümer; bei gemeinsamem Wohnungseigentum von Ehegatten ist jedoch die Zustimmung des anderen Ehegatten erforderlich;
(...)"
In den Erläuternden Bermerkungen zur Regierungsvorlage der TBO 1998 heißt es dazu auszugsweise (wiedergegeben in Wolf, Tiroler Baurecht):
"Nach § 21 Abs. 2 lit. a hat der Bauwerber nunmehr jedenfalls seine Rechtsstellung als Eigentümer oder Bauberechtigter bzw. die Zustimmung des Grundeigentümers oder des Bauberechtigten zur Bauführung nachzuweisen. (...)
Nach § 27 Abs. 3 lit. a und b der geltenden Tiroler Bauordnung muss der Nachweis des Eigentums oder der Zustimmung des Eigentümers nur beim Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden erbracht werden. Diese Einschränkung, die in allen anderen Fällen den Grundeigentümer bzw. Bauberechtigten bei unbefugten Bauführungen letztlich auf den Zivilrechtsweg verweist, hat sich in der Praxis als unzweckmäßig erwiesen.
Neu ist in diesem Zusammenhang aber, dass es bei Änderungen an Wohnungen oder sonstigen Räumlichkeiten, die im Wohnungseigentum stehen, und an den damit verbundenen Liegenschaftsteilen nicht mehr der Zustimmung der übrigen Miteigentümer bedarf. Zwar entfällt damit in den im Wohnungseigentumsgesetz geregelten Fällen nicht das Erfordernis der Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer. Dabei handelt es sich um eine bundesrechtliche Vorschrift auf dem Gebiet des Zivilrechtes, die der Zuständigkeit des Landesgesetzgebers entzogen ist. Es muss jedoch der Bauwerber im Zuge des Bauverfahrens das Vorliegen der Zustimmung der übrigen Miteigentümer nicht mehr nachweisen. In diesem Zusammenhang entfällt auch die aus dem bisherigen § 29 Abs. 3, wonach zur Bauverhandlung unter anderem der Grundeigentümer zu laden ist, resultierende Verpflichtung zur Ladung allfälliger Miteigentümer. Erfahrungsgemäß treffen Baumaßnahmen, die auf die jeweiligen im Wohnungseigentum stehenden Räumlichkeiten und die damit verbundenen Liegenschaftsteile beschränkt sind, Interessen der übrigen Miteigentümer nicht oder nur geringfügig. Demgegenüber führt die bisherige Rechtslage speziell bei größeren Wohnungseigentumsanlagen für die Baubehörde und den Bauwerber gleichermaßen zu unverhältnismäßigen Erschwernissen. Durch die Neuregelung wird das Bauverfahren in zweifacher Hinsicht entlastet. Einerseits müssen die übrigen Miteigentümer dem Verfahren nicht mehr beigezogen werden, was gerade bei größeren Wohnungseigentumsanlagen eine erhebliche Vereinfachung bedeutet. Andererseits braucht im Bauverfahren die Frage des Vorliegens der erforderlichen Zustimmungen nicht mehr geprüft werden, was nicht nur die Baubehörde entlastet, sondern überdies den Bauwerber in die Lage versetzt, sich unabhängig vom Bauverfahren um die zivilrechtlichen Voraussetzungen für die beabsichtigte Bauführung zu bemühen. Wie dargelegt, gilt diese Neuerung nur im vorhin dargestellten Rahmen und somit nicht für die gemeinsam genutzten Anlagenteile. Es liegt auf der Hand, dass bauliche Veränderungen in diesem Bereich die Rechtsstellung der übrigen Miteigentümer unmittelbar berühren. In diesen Fällen soll daher weiter deren Zustimmung im Bauverfahren nachgewiesen werden müssen.
Ebenso soll beim gemeinsamen Wohnungseigentum von Ehegatten die Zustimmung des jeweils anderen Teils erforderlich sein, was in ihrem gemeinsamen Verfügungsrecht begründet ist:"
§ 1 des Wohnungseigentumsgesetzes 1975, BGBl. Nr. 417 (WEG), definiert den Begriff des "Wohnungseigentums" wie folgt:
"Begriff
§ 1. (1) Das Wohnungseigentum ist das dem Miteigentümer einer Liegenschaft eingeräumte dingliche Recht, eine selbstständige Wohnung oder eine sonstige selbstständige Räumlichkeit ausschließlich zu nutzen und hierüber allein zu verfügen. Zu den sonstigen Räumlichkeiten gehören besonders selbstständige Geschäftsräume, selbstständige in sich geschlossene Räume zur Einstellung von Kraftfahrzeugen sowie deutlich abgegrenzte Abstellflächen (Abstellplätze) für Kraftfahrzeuge in einer Baulichkeit, die ausschließlich zum Abstellen von Kraftfahrzeugen gewidmet und auf einer überwiegend nur diesem Zweck dienenden Liegenschaft errichtet ist.
(2) Mit selbständigen Wohnungen oder sonstigen selbständigen Räumlichkeiten können auch andere Teile der Liegenschaft verbunden sein, wie besonders offene Balkone, Terrassen, Keller- oder Dachbodenräume, Hausgärten, Lagerplätze und Abstellplätze für Kraftfahrzeuge, sofern sie von der Liegenschaftsgrenze, den allgemeinen Teilen der Liegenschaft, der Wohnung oder der sonstigen Räumlichkeit aus zugänglich und deutlich abgegrenzt sind; mehr als ein Abstellplatz für Kraftfahrzeuge je Wohnung oder sonstiger selbständiger Räumlichkeit bei der erstmaligen Begründung des Wohnungseigentums jedoch nur dann, wenn für die Wohnungen, die über keinen Abstellplatz für Kraftfahrzeuge im Wohnungseigentum - sei es in einer sonstigen selbständigen Räumlichkeit oder mit ihrer Wohnung verbunden - verfügen, noch mindestens je ein Abstellplatz für Kraftfahrzeuge verbleibt.
(3) An selbständigen Wohnungen kann Wohnungseigentum nur dann bestehen, wenn sie zumindest über eine Wasserentnahmestelle und ein Klosett im Inneren verfügen.
(4) An Teilen der Liegenschaft, die der allgemeinen Benützung dienen oder deren Zweckbestimmung einer ausschließlichen Benützung entgegensteht, wie besonders eine Hausbesorgerwohnung oder gemeinsame Wärmeversorgungsanlage, kann Wohnungseigentum nicht bestehen."
§ 13 WEG trifft nähere Bestimmungen zur "Verwaltung der im Wohnungseigentum stehenden Wohnung oder sonstigen Räumlichkeit" (darunter auch zur Berechtigung des Wohnungseigentümers, Änderungen vorzunehmen), § 14 WEG nähere Bestimmungen zur "Verwaltung der Liegenschaft".
Der Beschwerdeführer macht, aufs Wesentlichste zusammengefasst, geltend, die Auffassung der belangten Behörde, er benötige die Zustimmung der Miteigentümer der Liegenschaft zum gegenständlichen Vorhaben, sei unzutreffend, jene der Behörde I. Instanz, wonach dies nicht erforderlich sei, hingegen zutreffend. Überdies habe er die Zustimmung der Mehrheit der Wohnungseigentümer erwirkt. Die mitbeteiligte Partei, die nicht zugestimmt habe, hätte somit Gelegenheit gehabt, den zustandegekommenen Mehrheitsbeschluss durch Anrufung des Gerichtes zu bekämpfen. Dies habe die mitbeteiligte Partei bis heute unterlassen und es sei die Dreimonatsfrist (gemeint: des § 14 Abs. 3 WEG) längst abgelaufen. Wenn die mitbeteiligte Partei die Möglichkeiten, die ihm das WEG biete, ungenützt lasse, könne sie nicht im Bauverfahren argumentieren, dass das Bauvorhaben ohne ihre Zustimmung nicht bewilligt werden dürfe. Dies habe die belangte Behörde ungeprüft gelassen.
Die Beschwerde ist berechtigt.
Der Argumentation der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid ist entgegenzuhalten, dass zwar § 20 Abs. 1 in seinen lit. a bis c den Neu-, Zu- und Umbau von Gebäuden von der "sonstigen Änderung" von Gebäuden oder auch von der Änderung des Verwendungszweckes unterscheidet. Das bedeutet aber nicht, dass schon deshalb diese Unterscheidung ohne weiteres auf § 21 Abs. 2 TBO 1998 übertragen werden kann, dessen Wortlaut eine solche Unterscheidung nicht vorsieht. Nach diesem Wortlaut gilt nämlich das Erfordernis des Nachweises des Eigentums oder des Baurechtes am Bauplatz oder, wenn der Bauwerber nicht Grundeigentümer oder Bauberechtigter ist, der Zustimmungserklärung des Grundeigentümers bzw. des Bauberechtigten - sofern nicht die hier strittige Ausnahme nach Abs. 2 lit. a, 2. und 3. Halbsatz vorliegt - für Bauansuchen schlechthin und nicht bloß für Bauansuchen zwecks Neu-, Zu- und Umbau von Gebäuden (diese baulichen Maßnahmen sind "nur" im Abs. 1 leg. cit. insofern hervorgehoben, als diesfalls im Bauansuchen der vorgesehene Verwendungszweck anzugeben ist). Bedenkt man weiters, dass auch ein "Zubau" oder ein "Umbau" eine Änderung des Gebäudes bewirkt (vgl. die Formulierung "sonstige" Änderung in § 20 Abs. 1 lit. a TBO 1998), ist der Verwaltungsgerichtshof der Auffassung, dass die im Beschwerdefall maßgebliche Wortfolge des § 21 Abs. 2 lit. a,
2. Halbsatz TBO 1998 "für Änderungen an im Wohnungseigentum stehenden Wohnungen oder sonstigen Räumlichkeiten und an damit verbundenen Liegenschaftsanteilen" dahin zu verstehen ist, dass damit auch Umbauten, aber auch - das ist vorliegendenfalls strittig - Zubauten erfasst werden (zumal diese Bestimmung ihrem Wortlaut nach nicht auf bestimmte Arten von Änderungen abstellt). Der Umstand, dass der vorliegende Fall in qualitativer Hinsicht angesichts der umfänglichen Änderungen ungewöhnlich sein dürfte, vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Der Auffassung der mitbeteiligten Partei in ihrer Gegenschrift, aus den Erläuternden Bemerkungen ergebe sich, dass es sich nur um Änderungen handeln könne, in welchen Interessen der übrigen Miteigentümer nicht oder nur geringfügig betroffen seien, ist entgegenzuhalten, dass eine derartige Aussage den Erläuternden Bemerkungen nicht zu entnehmen ist, wo es vielmehr heißt, erfahrungsgemäß träfen Baumaßnahmen, die auf die in dem jeweiligen Wohnungseigentum stehenden Räumlichkeiten und die damit verbundenen Liegenschaftsanteile beschränkt seien, Interessen der übrigen Miteigentümer nicht oder nur geringfügig (was aber atypische Fälle nicht ausschließt). Vor allem betonen die Erläuternden Bemerkungen die mit der nun streitverfangenen Neuregelung verbundene Vereinfachung, wonach (insbesondere) im Bauverfahren die Frage, ob die zivilrechtlich erforderliche Zustimmung der anderen Miteigentümer (Wohnungseigentümer) vorliege, nicht geprüft werden müsse.
Dieser vom Gesetz normierte Entfall des Nachweises der Zustimmung gilt aber nur dann, wenn es sich um Änderungen "an im Wohnungseigentum stehenden Wohnungen oder sonstigen Räumlichkeiten und an damit verbundenen Liegenschaftsteilen" handelt. Dies ist vor dem Hintergrund des § 1 WEG zu verstehen; es kommt daher darauf an, ob es sich um "parifizierte" Teile handelt oder nicht. Das wird auch durch die Erläuternden Bemerkungen unterstrichen, wonach die "Neuerung ... nicht für die gemeinsam genutzten Anlagenteile" gelte (dies als Gegensatz zu "Baumaßnahmen, die auf die jeweiligen im Wohnungseigentum stehenden Räumlichkeiten und die damit verbundenen Liegenschaftsteile beschränkt sind"). Angesichts dessen ist daher für die Frage des Entfalles des Erfordernisses des Nachweises der Zustimmung (hier:) der weiteren Miteigentümer nicht von Bedeutung, ob von dieser Änderung die Fassade des Hauses bzw. Aussenmauern, Scheidewände (auch Decken) zwischen einzelnen Wohnungseigentumsobjekten, Bauteile mit allgemeinen Versorgungsleitungen oder tragende Innenwände betroffen sein sollen (was freilich zivilrechtlich bedeutsam sein kann - vgl. hiezu beispielsweise die Hinweise des Obersten Gerichtshofes in seinem Urteil vom 21. April 1998, 5 Ob 90/98s, NZ 1999, 338, WoBl 1999/37), weil eine solche Differenzierung dem Wortlaut des § 21 Abs. 2 TBO nicht zu entnehmen ist und sie überdies den in den Erläuternden Bemerkungen dargelegten Intentionen des Gesetzgebers entgegenlaufen würde, das Bauverfahren zu vereinfachen, würden sich doch für die Behörde diesbezüglich wiederum Abgrenzungsprobleme ergeben. Jedenfalls scheidet eine Deutung dahin, diese Bestimmung erfasse nur Baumaßnahmen im Inneren von Gebäuden, wenn dadurch allgemeine bautechnische Erfordernisse nicht wesentlich berührt werden, und die weiteren im § 20 Abs. 3 lit. a TBO 1998 umschriebenen Maßnahmen, von vornherein aus, weil diese Maßnahmen weder einer Baubewilligung noch einer Bauanzeige bedürfen, es hier aber gerade um baubewilligungspflichtige Maßnahmen geht.
Die Befürchtungen der mitbeteiligten Partei in ihrer Gegenschrift, - bei Verwirklichung des Bauvorhabens - würden sich baupolizeiliche Aufträge auch an sie (als Miteigentümerin) richten und sie würde auch durch die Bauführung Abgabenschuldnerin im Sinne des Verkehrsaufschließungsabgabengesetzes, LGBl. Nr. 22/1998, werden, beruhen auf einer unzutreffend eingeschränkten Betrachtung, weil dabei nicht bedacht wird, dass die in Frage stehende Bestimmung des § 21 Abs. 2 lit. a TBO 1998 nur den Nachweis der Zustimmung (hier) der weiteren Wohnungseigentümer entbehrlich macht, nicht aber eine zur Realisierung des Vorhabens zivilrechtlich erforderliche Zustimmung dieser Wohnungseigentümer, welchen es unbenommen bleibt, kraft ihres Eigentumsrechtes eine nach dem Privatrecht unzulässige Bauführung zivilrechtlich zu unterbinden, worauf die Behörde I. Instanz zutreffend hingewiesen hat. Der Umstand, dass vorliegendenfalls eine Zustimmung der mitbeteiligten Partei als weiterer Miteigentümerin nach den baurechtlichen Vorschriften nicht erforderlich ist, erscheint dem Verwaltungsgerichtshof nicht verfassungswidrig (siehe dazu das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 6. März 1997, B 3509/96-11, zu einer insofern vergleichbaren Problematik nach der früheren Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 33/1989, oder auch die hg. Erkenntnisse vom 23. Dezember 1999, Zl. 99/06/0108 (zum Salzburger Baupolizeigesetz) und vom 30. November 1999, Zl. 97/05/0262 (zur Oberösterreichischen Bauordnung)).
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, wobei dahingestellt bleiben kann, ob das Vorhaben aus zivilrechtlicher Sicht dem § 13 oder dem § 14 WEG zu subsumieren ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Kostenmehrbegehren war abzuweisen, weil Umsatzsteuer zusätzlich zum Schriftsatzaufwand nicht gebührt (siehe dazu die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 697 wiedergegebene hg. Judikatur).
Wien, am 27. April 2000
Schlagworte
Baubewilligung BauRallg6European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1999060056.X00Im RIS seit
03.05.2001