TE Bvwg Erkenntnis 2018/3/7 W218 2131161-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.03.2018
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Entscheidungsdatum

07.03.2018

Norm

AlVG §25 Abs1
AlVG §38
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §33 Abs1

Spruch

W218 2131161-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Benedikta TAURER als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter KommR Karl MOLZER und Johann SCHOTZKO als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Michael CELAR, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Laxenburger Straße in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 24.06.2016, GZ: XXXX , in nichtöffentlicher Sitzung,

A)

I. beschlossen: Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird gem. § 33 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) idgF stattgegeben.

II. zu Recht erkannt: Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133 Absatz 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Laxenburger Straße (AMS, =belangte Behörde) vom 23.05.2016 hat die Beschwerdeführerin gemäß § 38 in Verbindung mit § 25 Abs. 1 Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG) idgF den Anspruch auf Notstandshilfe für den Zeitraum vom 26.08.2015 bis 31.03.2016 verloren und wurde zur Rückzahlung von EUR 5.028,57 verpflichtet.

Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin für den Zeitraum vom 26.08.2015 bis 30.04.2016 zu Unrecht die Leistung aus der Arbeitslosenversicherung bezogen habe, da sie die Lebensgemeinschaft mit Herrn XXXX nicht gemeldet habe. Daher habe das AMS die Notstandshilfe rückwirkend beurteilt und sei es zu einer rückwirkenden Anrechnung gekommen, die ihren Anspruch auf Notstandshilfe übersteige.

2. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin am 07.06.2016 fristgerecht Beschwerde, in der sie im Wesentlichen angab, dass sie zwar verheiratet sei doch getrennt lebe. Die Verpflichtung zur Meldung der Lebensgemeinschaft sei ihr nicht bekannt gewesen. Erst als sie beim neuen Termin am 26.04.2016 über ihre Schwangerschaft gefragt worden sei, habe sie die Lebensgemeinschaft bekannt gegeben. Herr

XXXX sei seit 26.08.2015 ihr Lebenspartner und Vater des zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung ungeborenen Kindes.

3. Mit Bescheid vom 24.06.2016 (=Beschwerdevorentscheidung), zugestellt am 29.06.2016, wurde die Beschwerde abgewiesen und der Bescheid des AMS vom 23.05.2016 dahingehend berichtigt, dass ein Rückersatzbetrag von nunmehr EUR 3.542,36 bestehe.

Ergänzend wurde ausgeführt, dass trotz entsprechendem Hinweis am Antragsformular für die Notstandshilfe, die Beschwerdeführerin den gemeinsamen Haushalt mit ihrem Lebensgefährten ab August 2015 nicht bekannt gegeben habe, sondern erst im Zuge der neuerlichen Antragsstellung am 15.04.2016 gemeldet habe. Das Einkommen des Lebensgefährten übersteige trotz Freigrenzenerhöhung - bedingt durch die Schwangerschaft - die der Beschwerdeführerin zustehende Notstandshilfe. Da die Beschwerdeführerin vom 07.09.2015 bis 06.11.2015 (mit Unterbrechung vom 19.10.2015 bis 20.10.2015) eine ihr zugewiesene Maßnahme absolviert habe, sei ihr ersatzweise eine Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhaltes zu gewähren und sei die offene Rückforderung gegen gerechnet worden.

4. Mit Schriftsatz vom 20.07.2016 stellte die Beschwerdeführerin an das Bundesverwaltungsgericht einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und brachte gleichzeitig einen Vorlageantrag ein. Aufgrund der Entbindung ihres Kindes am 12.07.2016 sei es ihr nicht möglich gewesen rechtzeitig einen Vorlageantrag einzubringen. Am 15.07.2016 habe sie das Krankenhaus verlassen und sei der Wiedereinsetzungsantrag daher fristgerecht.

5. Der Vorlageantrag und die Beschwerde wurden gemäß § 15 Abs. 2 letzter Satz VwGVG unter Anschluss der Akten des Verfahrens am 28.07.2016 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

6. Mit der am 12.08.2016 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangten Ergänzung zum Vorlageantrag brachte die Beschwerdeführerin vor, dass sie mit ihrem Lebensgefährten am 26.08.2015 zusammengezogen sei. Dieser habe jedoch zu ihrem Lebensunterhalt nicht beitragen können, da dieser Rückstände bei der Sozialversicherung habe und die Beschwerdeführerin ihn daher unterstützt habe. Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin ihre Schwangerschaft im Jänner 2016 mitgeteilt habe und ihren Ehemann im Antrag angeführt habe, zeuge davon, dass sie die Lebensgemeinschaft nicht vorsätzlich verschwiegen habe. Des Weiteren seien bei der Partnereinkommensanrechnung nicht alle Freigrenzen berücksichtigt worden. Die Beschwerdeführerin legte ein Schreiben über ein Verfügungsverbot vom Finanzamt, ein Konvolut an Ausgabennachweisen ihres Lebensgefährten sowie Rechnungen betreffend Schwangerschaft und Niederkunft vor.

7. Mit Schreiben vom 25.08.2016 wurde von der rechtsfreundlichen Vertretung der Beschwerdeführerin die erteilte Vollmacht bekannt gegeben.

8. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.03.2017 wurde die Beschwerdeführerin vom Ergebnis der Beweisaufnahme, wonach sich der gegenständliche Vorlageantrag nach der Aktenlage als verspätet darstelle, verständigt. Des Weiteren wurde sie aufgefordert, einen Nachweis über die Dauer des Spitalsaufenthaltes sowie eine Kopie der Geburtsurkunde vorzulegen.

9. In der Stellungnahme vom 28.03.2017 wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin durch ihre Spontangeburt am 12.07.2016 einen schweren Dammriss erlitten habe und in Folge vom 12.07.2016 bis 15.07.2016 im Spital in Pflege gestanden sei. Zum Beweis ihres Vorbringens legte die Beschwerdeführerin die angeforderten Nachweise vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Ad Spruchpunkt I:

Mit Hinterlegung vom 29.06.2016 wurde der Beschwerdeführerin die Beschwerdevorentscheidung vom 24.06.2016 zugestellt. Die Frist zur Stellung eines Vorlageantrages betrug 14 Tage und endete sohin am 13.07.2016.

Der Entbindungstermin der Beschwerdeführerin wurde von einem gynäkologischen Facharzt für den 15.07.2016 errechnet. Am 12.07.2016 kam es zu der Spontangeburt des Sohnes der Beschwerdeführerin. Aufgrund des nach der Spontangeburt erlittenen Dammrisses stand die Beschwerdeführerin vom 12.07.2016 bis 15.07.2016 im Spital in Pflege und konnte daher den Vorlageantrag nicht fristgerecht stellen. Nach ihrer Entlassung aus dem Spital brachte sie einen Wiedereinsetzungsantrag am 20.07.2016 ein und holte mit diesem die versäumte Handlung nach.

Gegenständlich ist ein unabwendbares Ereignis gegeben, durch das die Beschwerdeführerin verhindert war, die Rechtsmittelfrist einzuhalten.

Ad Spruchpunkt II:

Die Beschwerdeführerin steht seit 21.04.2015 im Bezug von Notstandshilfe. Die Beschwerdeführerin ist verheiratet, lebt aber getrennt von ihrem Ehegatten.

Im zuletzt ausgefüllten Antragsformular für die Notstandshilfe vom 07.04.2015 führte die Beschwerdeführerin ihren Ehegatten als Angehörigen an. Seit 26.08.2015 lebt die Beschwerdeführerin mit Herrn XXXX in einer Lebensgemeinschaft, die sie dem AMS jedoch nicht bekanntgab, obwohl im Antragsformular vermerkt ist, dass jede Änderung der eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse und die der Angehörigen zu melden ist.

Die Beschwerdeführerin hat die Lebensgemeinschaft erst im Zuge einer neuen Antragsstellung am 15.04.2016 gemeldet.

Der Lebensgefährte der Beschwerdeführerin arbeitet als Koch in einem Restaurant und bezieht ein gleichbleibendes Einkommen.

Der anzurechnende Betrag aus dem Einkommen des Lebensgefährten übersteigt die - ohne Anrechnung gebührende - Notstandshilfe der Beschwerdeführerin von EUR 22,42 täglich. Fest steht, dass eine Notlage daher nicht gegeben war und die Beschwerdeführerin im Zeitraum vom 26.08.2015 bis 31.03.2016 keinen Anspruch auf Notstandshilfe hat.

2. Beweiswürdigung:

Ad Spruchpunkt I.:

Dass der Vorlageantrag erst am 20.07.2026 gestellt wurde, wurde von der Beschwerdeführerin nicht bestritten.

Dass die Geburt der Beschwerdeführerin ursprünglich mit 15.07.2016 eingeschätzt wurde, ergibt sich aus dem vorgelegten Mutter-Kind-Pass. Aus dem Befund der gynäkologisch-geburtshilflichen Abteilung eines Wiener Spitales ergibt sich weiters, dass die Beschwerdeführerin eine Spontangeburt und in weiterer Folge einen Dammriss erlitt, aufgrund dessen sie noch bis zum 15.07.2016 im Spital war. Sie konnte daher nachvollziehbar nicht rechtzeitig den Vorlageantrag stellen.

Ad Spruchpunkt II.:

Das Bestehen einer Lebensgemeinschaft mit Herrn XXXX im verfahrensgegenständlichen Zeitraum ist seitens der Beschwerdeführerin gänzlich unbestritten und ergibt sich der gemeinsame Wohnsitz seit 26.08.2015 aus einer Abfrage des ZMR.

Die Feststellungen zur Beschäftigung des Lebensgefährten der Beschwerdeführerin ergeben sich aus der Lohnbescheinigung des Arbeitgebers des Lebensgefährten sowie aus den Feststellungen im Bescheid und in der Beschwerdevorentscheidung. Diese blieben im Verfahren unbestritten.

Dem Vorbringen in der Beschwerde, wonach die Beschwerdeführerin nicht gewusst habe, dass sie verpflichtet gewesen sei, die Lebensgemeinschaft zu melden, ist zu entgegnen, dass die Beschwerdeführerin bei ihrem Antrag auf Notstandshilfe auf ihre diesbezüglichen Meldepflichten (nach § 50 Abs. 1 AlVG) hingewiesen wurde. Zwar sei die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt des letzten Antrages auf Notstandshilfe am 07.04.2015 noch in keiner Lebensgemeinschaft gewesen, auf dem Antragsformular wurde jedoch die Angabe über den Personenstand und allfälliger Sorgepflichten ihres Gatten bzw. ihres Lebensgefährten verlangt und wurde ausdrücklich vermerkt, dass innerhalb einer Woche nach Eintritt des Ereignisses jede Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse und die der Angehörigen zu melden ist. Zudem wurde in den zuletzt abgeschlossenen Betreuungsvereinbarungen vom 18.08.2015 und 10.11.2015 darauf hingewiesen, dass bei Änderung der bekannt gegebenen Daten, diese dem AMS sofort zu melden sind. Die Meldung der Lebensgemeinschaft erfolgte erst zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich im Zuge der neuerlichen Antragsstellung am 15.04.2016.

Der Argumentation der Beschwerdeführerin, ihre bekanntgegebene Schwangerschaft im Jänner 2016 und das Anführen ihres Ehegatten im Antrag seien ein Indiz, dass sie nicht absichtlich Angaben verschwiegen habe, kann nicht gefolgt werden. Der Umstand alleine, dass die Beschwerdeführerin schwanger ist, lässt nicht auf das Eingehen einer Lebensgemeinschaft schließen.

Im ergänzenden Schriftsatz zum Vorlageantrag führt die Beschwerdeführerin aus, dass ihr Lebensgefährte nicht zu ihrem Lebensunterhalt beigetragen habe und sie ihn vielmehr unterstützt habe, da er aufgrund seiner selbständigen Tätigkeit hohe Rückstände bei der SVAGW habe. Zudem seien Ausgaben im Zusammenhang mit der Schwangerschaft bzw. Kosten im Zusammenhang mit der Niederkunft von der belangten Behörde nicht berücksichtigt worden. Das BVwG nahm Einsicht in diese Dokumente, aus denen hervorgeht, dass das Finanzamt Verfügungsverbote über gepfändete Forderungen des Lebensgefährten ausgesprochen hat und, dass er seit Mai 2015 monatliche Rückzahlungsraten von EUR 300,- und EUR 511,10 an die Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft begleicht. Dazu ist anzumerken, dass die Beschwerdeführerin bisher mit keinem Wort die Rückzahlungsverpflichtungen ihres Lebensgefährten erwähnt hat. Im Antrag auf Notstandshilfe vom 15.04.2016 gibt die Beschwerdeführerin unter Punkt 14 nicht an, dass in ihrem Haushalt erhöhte Aufwendungen aus Anlass von Krankheit in der Familie, Schwangerschaft, Todesfall, Rückzahlungsverpflichtungen, Hausstandsgründung usw. vorliegen. Auch in der Beschwerde macht sie bezüglich etwaiger außergewöhnlicher Aufwendungen keine Angaben. Der belangten Behörde war daher weder das Vorhandensein solcher Rückzahlungsraten, noch der Verwendungszweck bekannt. Die weiters vorgelegten Rechnungen betreffen im Wesentlichen Ausgaben, die im Zuge der Haushaltsführung und der Niederkunft großteils im Sommer 2016 angefallen sind. Diese hätten daher vor Beschwerdevorlage am 28.07.2016 noch dem AMS zur Kenntnis gebracht werden können. Da die Bekanntgabe jedoch ebenfalls unterlassen wurde, kann dem AMS nicht zur Last gelegt werden, dass diese Rückzahlungsverpflichtungen und Ausgaben in die Entscheidung nicht miteinbezogen wurden.

Selbst wenn man davon ausgeht, dass die von der Beschwerdeführerin genannten Rückzahlungsverpflichten und Aufwendungen zu berücksichtigen sind, so ergibt dies aus Sicht des erkennenden Senates aufgrund der in der rechtlichen Beurteilung angeführten Erwägungen keine Änderung der Sachlage.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Ad Spruchpunkt I. und II.

3.1. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:

§ 56 Abs. 2 AlVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Die entsprechende Anordnung einer Senatszuständigkeit enthält § 56 Abs. 2 AlVG, wonach das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat entscheidet, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.

3.2. Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht:

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.3. Prüfungsumfang und Entscheidungsbefugnis des Bundesverwaltungsgerichts:

§ 27 VwGVG legt den Prüfungsumfang fest und beschränkt diesen insoweit, als das Verwaltungsgericht (bei Bescheidbeschwerden) prinzipiell (Ausnahme: Unzuständigkeit der Behörde) an das Beschwerdevorbringen gebunden ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 1 zu § 27 VwGVG). Konkret normiert die zitierte Bestimmung: "Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen."

3.4. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:

Gem. § 33 Abs. 1 VwGVG ist ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Gem. § 33 Abs. 3 VwGVG ist in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen.

Die Frist für den Vorlageantrag endete am 13.07.2016, die Beschwerdeführerin stellte erst am 20.07.2016 den Vorlageantrag und wäre er daher verspätet eingebracht worden. Die Beschwerdeführerin konnte durch Vorlage der vom Bundesverwaltungsgericht angeforderten Unterlagen betreffend Krankenhausaufenthalt vom 12.07.2016 bis 15.07.2016 und Geburt des Kindes glaubhaft machen, dass sie durch ein unabwendbares Ereignis an der rechtzeitigen Stellung eines Antrages gehindert war. Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin zwischen der Zustellung der Beschwerdevorentscheidung und Einlieferung in das Krankenhaus am 12.07.2016 in der Lage gewesen wäre den Vorlageantrag einzubringen, schadet nicht, weil sie darauf vertrauen darf, dass ihr grundsätzlich die ganze Frist zur Verfügung steht (vgl. VwGH vom 22.02.2001, 2000/20/0495). Des Weiteren war ihr die frühzeitige Entbindung nicht vorhersehbar, wurde der Entbindungstermin doch ursprünglich mit dem 15.07.2016 eingeschätzt. Es kann der Beschwerdeführerin zudem nicht zugemutet werden, dass sie am Tage oder am darauffolgenden Tage eines schicksalträchtigen Ereignisses, das noch dazu mit einer Komplikation behaftet war, einen Vorlageantrag stellt. Da das Hindernis mit ihrer Entlassung vom Krankenhaus am 15.07.2016 wegfiel, hatte die Beschwerdeführerin bis zum 29.07.2016 Zeit die versäumte Handlung nachzuholen und ist dies mit Schreiben vom 20.07.2016 rechtzeitig geschehen.

3.5. Die im gegenständlichen Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes lauten:

"§ 24

[...]

(2) Wenn die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes gesetzlich nicht begründet war, ist die Zuerkennung zu widerrufen. Wenn die Bemessung des Arbeitslosengeldes fehlerhaft war, ist die Bemessung rückwirkend zu berichtigen. Ist die fehlerhafte Zuerkennung oder Bemessung auf ein Versehen der Behörde zurückzuführen, so ist der Widerruf oder die Berichtigung nach Ablauf von fünf Jahren nicht mehr zulässig."

"§ 25

(1) Bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. [...]"

"§ 38

Soweit in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt ist, sind auf die Notstandshilfe die Bestimmungen des Abschnittes 1 sinngemäß anzuwenden."

Einschlägige Bestimmungen im AlVG zur Berechnung der Notstandshilfe:

"§ 33. (1) Arbeitslosen, die den Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Übergangsgeld erschöpft haben, kann auf Antrag Notstandshilfe gewährt werden.

(2) Notstandshilfe ist nur zu gewähren, wenn der (die) Arbeitslose der Vermittlung zur Verfügung steht (§ 7 Abs. 2 und 3) und sich in Notlage befindet.

(3) Notlage liegt vor, wenn dem Arbeitslosen die Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse unmöglich ist.

[...]"

"§ 36 [...] (2) Bei der Beurteilung der Notlage sind die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse des (der) Arbeitslosen selbst sowie des (der) mit dem (der) Arbeitslosen im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegatten, Ehegattin, eingetragenen Partners, eingetragenen Partnerin, Lebensgefährten oder Lebensgefährtin zu berücksichtigen.

[...]

(3) [...] a) Vom Einkommen des Ehegatten, der Ehegattin, des eingetragenen Partners, der eingetragenen Partnerin, des Lebensgefährten oder der Lebensgefährtin ist bei der Anrechnung ein zur Bestreitung des Lebensunterhaltes notwendiger Betrag (Freibetrag) freizulassen, der nach der Größe der Familie verschieden bemessen werden kann. Eine Anrechnung von Einkommen des Ehegatten, der Ehegattin, des eingetragenen Partners, der eingetragenen Partnerin, des Lebensgefährten oder der Lebensgefährtin des (der) Arbeitslosen hat insoweit zu unterbleiben, als das Haushaltseinkommen durch die Einkommensanrechnung unter den für den Haushalt geltenden Mindeststandard fallen würde. Der Mindeststandard für zwei Personen entspricht dem kaufmännisch auf volle Euro gerundeten Betrag, der sich ergibt, wenn der Richtsatz gemäß § 293 Abs. 1 lit. a sublit. aa ASVG um den von einer Person, die eine Pension in dieser Höhe bezieht, jeweils einzubehaltenden Beitrag zur Krankenversicherung vermindert wird. Der Mindeststandard erhöht sich für jede im Haushalt lebende minderjährige Person, für die der (die) Arbeitslose oder die Person, deren Einkommen anzurechnen ist, Anspruch auf Familienbeihilfe hat, um einen kaufmännisch auf volle Euro gerundeten Betrag. Der Erhöhungsbetrag entspricht für die drei ältesten minderjährigen Personen jeweils 18 vH des Richtsatzes gemäß § 293 Abs. 1 lit. a sublit. bb ASVG und für jede weitere minderjährige Person jeweils 15 vH des Richtsatzes gemäß § 293 Abs. 1 lit. a sublit. bb ASVG, vermindert um den jeweils einzubehaltenden Beitrag zur Krankenversicherung. Der zu berücksichtigende tägliche Mindeststandard beträgt ein Dreißigstel des jeweiligen monatlichen Mindeststandards, kaufmännisch gerundet auf einen Cent.

[...]

(5) Eine Erhöhung der im Abs. 3 lit. B lit. a angeführten Freibeträge in berücksichtigungswürdigen Fällen, wie zB Krankheit, Schwangerschaft, Niederkunft, Todesfall, Hausstandsgründung und dgl. kann im Rahmen der vom Arbeitsmarktservice festgelegten Richtlinien erfolgen. Der Freibetrag für die das anzurechnende Einkommen beziehende Person gemäß Abs. 3 lit. B lit. a ist um 80 € anzuheben, wenn dieser nicht gemäß Abs. 3 lit. B lit. b oder c zu erhöhen ist. Der Anhebungsbetrag ist jährlich, erstmals für das Jahr 2014, mit dem Anpassungsfaktor gemäß § 108f ASVG zu vervielfachen und kaufmännisch auf einen vollen Eurobetrag zu runden."

Die Einschlägigen Bestimmungen in der Notstandshilfeverordnung idgF lauten auszugsweise:

"§ 2. (1) Notlage liegt vor, wenn das Einkommen des (der) Arbeitslosen und das seines Ehepartners (Lebensgefährten bzw. seiner Lebensgefährtin) zur Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse des (der) Arbeitslosen nicht ausreicht.

(2) Bei der Beurteilung der Notlage sind die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse des (der) Arbeitslosen selbst sowie des mit dem Arbeitslosen (der Arbeitslosen) im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehepartners (Lebensgefährten bzw. der Lebensgefährtin) zu berücksichtigen. Durch eine vorübergehende Abwesenheit (Kur-, Krankenhausaufenthalt, Arbeitsverrichtung an einem anderen Ort uä.) wird der gemeinsame Haushalt nicht aufgelöst. Gleiches gilt, wenn der (die) Arbeitslose die Hausgemeinschaft mit dem Ehepartner (Lebensgefährte bzw. der Lebensgefährtin) nur deshalb aufgegeben hat oder ihr ferngeblieben ist, um der Anrechnung des Einkommens zu entgehen.

§ 6. (1) Bei Heranziehung des Einkommens des Ehepartners (Lebensgefährten bzw. der Lebensgefährtin) des (der) Arbeitslosen für die Beurteilung der Notlage ist wie folgt vorzugehen: Von dem Einkommen ist ein Betrag freizulassen, der zur Bestreitung des notwendigen Lebensunterhaltes des Ehepartners (Lebensgefährten bzw. der Lebensgefährtin) und der allenfalls von ihm zu versorgenden Familienmitglieder bestimmt ist (Freigrenze). Der die Freigrenze übersteigende Teil des Einkommens ist auf die Notstandshilfe anzurechnen.

(2) Die Freigrenze beträgt pro Monat 430 Euro für den das Einkommen beziehenden Ehepartner (Lebensgefährten bzw. die Lebensgefährtin) und die Hälfte dieses Betrages für jede Person, für deren Unterhalt der Ehepartner (Lebensgefährte bzw. die Lebensgefährtin) auf Grund einer rechtlichen oder sittlichen Pflicht tatsächlich wesentlich beiträgt.

[...]

(8) Hat der Ehepartner (Lebensgefährte bzw. die Lebensgefährtin) ein schwankendes Einkommen, wie z.B. Akkordverdienste, regelmäßige, aber ungleiche Überstundenleistungen, so ist der Anrechnung jeweils das durchschnittliche Erwerbseinkommen der letzten drei vollen Monate für den Anspruch auf Notstandshilfe für die darauffolgenden 52 Wochen zugrunde zu legen. Zwischenzeitliche Erhöhungen oder Verminderungen des schwankenden Einkommens bewirken keine Änderung der zuerkannten Notstandshilfe. Fällt das schwankende Erwerbseinkommen zur Gänze weg, ist der Anspruch auf Notstandshilfe neu zu bemessen.

[...]"

In der Richtlinie des AMS zur Freigrenzenerhöhung (§ 36 Abs. 5 AlVG) heißt es auszugsweise wie folgt:

"I. Allgemeines:

Bei der Anwendung der nachstehenden Richtlinien gelten jedenfalls folgende allgemeine Grundsätze:

Das Ausmaß der Erhöhung der Freigrenze darf die Freigrenze gem. § 6 Abs. 2 bis 4 Notstandshilfe-Verordnung um max. 50 Prozent übersteigen.

Bei Vorliegen mehrerer Freigrenzen erhöhender Tatbestände darf die Summe der berücksichtigten Kosten die vorstehende 50 Prozent-Grenze nicht überschreiten.

[...]

II. Berücksichtigungswürdige Umstände im Sinne des § 36 Abs. 5 AlVG:

Umstände die zu einer Freigrenzenerhöhung führen können, sind:

[...]

1. Krankheit der Leistungsbezieherin/des Leistungsbeziehers sowie von im Haushalt lebenden Angehörigen, für die Sorgepflicht besteht.

2. Behinderung der Leistungsbezieherin/des Leistungsbeziehers sowie von im Haushalt lebenden Angehörigen, für die Sorgepflicht besteht.

3. Schwangerschaft der Leistungsbezieherin oder der das Einkommen beziehenden Angehörigen (Ehegattin, Lebensgefährtin).

4. Kosten im Zusammenhang mit der Niederkunft bei der/dem Einkommen beziehenden Angehörigen (Ehegattin, Lebensgefährtin).

5. Kosten im Zusammenhang mit einem Todesfall von Angehörigen in der Familie.

6. Unterhaltsverpflichtungen.

7. Darlehen für Hausstandsgründung bzw. Wohnraumbeschaffung; während des Leistungsbezuges bzw. nach Einritt der letzten Arbeitslosigkeit aufgenommene Darlehen für Hausstandsgründung bzw. Wohnraumbeschaffung können ausnahmsweise und nur dann berücksichtigt werden, wenn die damit getätigten Anschaffungen (im unbedingt notwendigen Umfang) zur Sicherung einer angemessenen Haushaltsführung im bisherigen Umfang erforderlich sind (z.B. Wohnraumsanierung, etc.).

8. Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung des Einkommens; unter diesem Titel kann ein nachgewiesener Aufwand, der im Zusammenhang mit der Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung des Einkommens entsteht, in einem das erhöhte Werbekostenpauschale übersteigenden Ausmaß berücksichtigt werden. Beispielsweise die Kosten für die Haltung eines Fahrzeuges (Mittelklassewagen), das zur Berufsausübung unbedingt erforderlich ist, sofern diese nicht in Form eines erhöhten Werbekostenpauschales bereits berücksichtigt wurden.

9. Aufwendungen durch erhöhte Kinderanzahl im Haushalt, Minderung des Einkommens durch Exekution (wegen Kosten nach Pkt. 5 - 8) und sonstige nicht von der beispielhaften Aufzählung im § 36 Abs. 5 AlVG erfasste Umstände.

In den vorstehenden Fällen kann die Freigrenze im nachgewiesenen Ausmaß der Aufwendungen bis zur Maximalgrenze von 50 Prozent erhöht werden."

3.6. Daraus ergibt sich für die gegenständliche Beschwerde:

Gemäß § 25 Abs. 1 erster Satz AlVG ist bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte.

§ 25 Abs. 1 erster Satz AlVG normiert drei Rückforderungstatbestände. Der erste umfasst eine Rückforderung aufgrund Erschleichung einer Leistung durch unwahre Angaben. Hierbei wird vom Leistungsempfänger zumindest ein mittelbarer Vorsatz (dolus eventualis) benötigt.

Der zweite Rückforderungstatbestand des § 25 Abs. 1 erster Satz AlVG betrifft das Verschweigen maßgebender Tatbestände. Dieser Tatbestand wird in der Regel durch die Verletzung der Meldepflicht nach § 50 AlVG erfüllt. Anzuzeigen ist jeder dem AMS noch nicht bekannt gegebene Umstand, der für den Anspruch und die Höhe der Leistung von Belang sein kann. Gem. § 50 AlVG ist der Leistungsbezieher verpflichtet, jede für das Fortbestehen und das Ausmaß des Anspruches maßgebende Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse ohne Verzug, spätestens binnen einer Woche der regionalen Geschäftsstelle anzuzeigen, wobei es keine Rolle spielt, ob die Meldung nach Auffassung des Arbeitslosen den Leistungsanspruch zu beeinflussen vermag oder nicht. Dadurch, dass der Arbeitslose die Meldung einer Beschäftigung unterließ, verletzte er die ihn gem. § 50 Abs. 1 AlVG treffende Verpflichtung, weshalb die Rückforderung der empfangenen Notstandshilfe zulässigerweise auf § 25 Abs. 1 erster Satz AlVG gestützt werden kann (VwGH 10.6.2009, 2007/08/0343).

Anzuzeigen ist jeder noch nicht bekannt gegebene Umstand, der für das Fortbestehen oder das Ausmaß eines Anspruches relevant sein kann. Dabei kommt es nicht darauf an, ob dieser Umstand bzw. dessen Änderung den Anspruch nach Auffassung des Arbeitslosen zu beeinflussen vermögen oder nicht (VwGH 03.10.2002, 97/08/0611).

Im gegenständlichen Fall hat die Beschwerdeführerin - wie im Rahmen der obigen Beweiswürdigung dargelegt - dem AMS den Umstand, dass sie in einer Lebensgemeinschaft lebt, nicht bekannt gegeben. Infolge dessen hat das AMS die Notstandshilfe der Beschwerdeführerin im verfahrensgegenständlichen Zeitraum in Berücksichtigung der Einkünfte ihres Lebensgefährten gemäß § 36 AlVG neu bemessen. Da aufgrund der Neubemessung der Anrechnungsbetrag den Notstandshilfeanspruch der Beschwerdeführerin übersteigt, wurde die Notstandshilfe für den Zeitraum vom 26.08.2015 bis 31.03.2016 rückwirkend aberkannt. Der Beschwerdeführerin stand noch eine Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhaltes zu, daher konnte diese mit der offenen Rückforderung des AMS gegen gerechnet werden. Insofern hat das AMS in der bekämpften Beschwerdevorentscheidung zu Recht die Bemessung rückwirkend berichtigt.

Nach Ansicht des BVwG ist im Verhalten der Beschwerdeführerin - nämlich, dass sie das Eingehen der Lebensgemeinschaft trotz der auf den Antragsformularen und Betreuungsvereinbarungen hingewiesenen Meldepflicht - unzweifelhaft ein Verschweigen maßgebender Tatsachen im Sinne von § 25 Abs. 1 AlVG zu erblicken. Vor diesem Hintergrund hat das AMS im bekämpften Bescheid die Beschwerdeführerin zu Recht zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe verpflichtet. Ob ihr sie es absichtlich oder unabsichtlich unterlassen hat, die Lebensgemeinschaft zu melden, ist unerheblich, da es nur darauf ankommt , dass der Arbeitslose die Umstände, die zu melden waren, gekannt hat bzw. hätte kennen müssen (VwGH 20.11.2002, 2002/08/0208).

Was nun das Vorbringen der Beschwerdeführerin betrifft, dass bei der Partnereinkommensanrechnung nicht alle Freigrenzen berücksichtigt worden seien, da ab Dezember 2015 lediglich € 40,- für die Schwangerschaft einberechnet worden seien, nicht jedoch auch die Kosten im Zusammenhang mit der Niederkunft, ist Folgendes auszuführen:

Gemäß § 36 Abs. 5 AlVG können die Freigrenzen in berücksichtigungswürdigen Fällen wie z.B. Krankheit oder Hausstandsgründung im Rahmen der vom Arbeitsmarktservice festgelegten Richtlinien erhöht werden. Gemäß Punkt 3. der Richtlinie des AMS zur Freigrenzenerhöhung (§ 36 Abs. 5 AlVG) führt eine Schwangerschaft der Arbeitslosen bis zur Niederkunft zu einer Freigrenzenerhöhung um einen fixen Satz von EUR 40,- monatlich. Diese Freigrenze wurde vom AMS berücksichtigt. Die Entbindung der Beschwerdeführerin fand am 12.07.2016 statt, die ersten Ausgaben betreffend das noch ungeborene Kind wurden im Juni 2016 getätigt. Da diese Ausgaben im Zusammenhang mit der Geburt außerhalb des verfahrensgegenständlichen Zeitraumes vom 26.08.2015 bis 31.03.2016 getätigt wurden, konnte die Behörde diese in ihrer Berechnung nicht zu Grunde legen.

Insoweit die Beschwerdeführerin angibt, dass die hohen Rückstände ihres Lebensgefährten bei der Sozialversicherung (Ratenzahlungen in Höhe von EUR 300 und EUR 511,10 im Zeitraum vom 03.07.2015 und 01.07.2016) nicht berücksichtigt worden seien, übersieht sie hierbei, dass die genannten Aufwendungen weder unter die Bestimmung des § 36 Abs. 5 AlVG noch unter die in der Richtlinie des AMS zur Freigrenzenerhöhung Punkt II. "Berücksichtigungswürdige Umstände im Sinne des § 36 Abs. 5 AlVG" zu subsumieren sind, zumal es sich dabei um monatliche Ratenzahlungen zur Bedienung von Beitragsschuldigkeiten an einen Sozialversicherungsträger, resultierend aus einer ehemaligen selbständigen Berufstätigkeit, handelt. Es ergeben sich keine weiteren Anhaltspunkte für einen berücksichtigungswürdigen Grund, zumal es naheliegend wäre, dass Rückzahlungen, die die Beschwerdeführerin hart treffen würden und sie dazu veranlassen ihren Lebensgefährten zu unterstützen, bei der erstbesten Gelegenheit bekannt zu geben wären und nicht erst im Zuge des Wiedereinsetzungsantrag. Über dessen Stattgabe konnte sich die Beschwerdeführerin zudem nicht gewiss sein. Diese Aufwendungen, die nicht einmal in der Beschwerde aufgelistet wurden, waren von der belangten Behörde daher nicht zu berücksichtigen.

Die belangte Behörde hat im gegenständlichen Fall zu Recht festgestellt, dass das anrechenbare Einkommen des Lebensgefährten (= gleichbleibendes Nettoeinkommen in der Höhe von monatlich EUR 1400,-

netto abzüglich der Werbekostenpauschale von EUR 11,- und der Freigrenze von monatlich EUR 634,-) ab dem 26.08.2015 EUR 755,-

betrug. Ab dem 03.12.2015 betrug das anrechenbare Einkommen, nach Bekanntgabe der Schwangerschaft EUR 715,- (= gleichbleibendes Nettoeinkommen in der Höhe von monatlich EUR 1400,- netto abzüglich der Werbekostenpauschale von EUR 11, der Freigrenze von monatlich EUR 634,- und der Freigrenzenerhöhung Schwangerschaft von EUR 40,-). Ab dem 1.1.2016 wurden neue Werte und somit ein anrechenbares Einkommen von 707,- (=gleichbleibendes Nettoeinkommen in der Höhe von monatlich EUR 1400,- netto abzüglich der Werbekostenpauschale von EUR 11, der Freigrenze von monatlich EUR 642,- und der Freigrenzenerhöhung Schwangerschaft von EUR 40,-) zu Grunde gelegt. Dabei ergibt sich ein Anrechnungsbeitrag von EUR 24,82 (EUR 755 x 12 : 365) bzw. ab dem 3.12.2015 EUR 23,51 und ab dem 1.1.2016 in Höhe von EUR 23,18 täglich.

Da die Anrechnungsbeträge den täglichen Anspruch der Beschwerdeführerin auf Notstandshilfe, die ihr in Höhe von EUR 22,42 täglich gebührt, übersteigen, erfolgte die Berechnung des AMS ordnungsgemäß.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.7. Unterbleiben der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Das Unterlassen einer mündlichen Verhandlung wird darauf gestützt, dass der Sachverhalt aus der Aktenlage hinreichend geklärt erschien. Das AMS hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und den Sachverhaltsfeststellungen wurde in der Beschwerde bzw. im Vorlageantrag nicht substantiiert entgegengetreten. Der Sachverhalt war weder in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Rechtlich relevante und zulässige Neuerungen wurden in der Beschwerde bzw. im Vorlageantrag nicht vorgetragen. Zudem liegt keine Rechtsfrage von besonderer Komplexität vor (vgl. zum Erfordernis einer schlüssigen Beweiswürdigung im erstinstanzlichen Bescheid und zur Verhandlungspflicht bei Neuerungen VwGH 11.11.1998, 98/01/0308, und 21.01.1999, 98/20/0339; zur Bekämpfung der Beweiswürdigung in der Berufung VwGH 25.03.1999, 98/20/0577, und 22.04.1999, 98/20/0389; zum Abgehen von der erstinstanzlichen Beweiswürdigung VwGH 18.02.1999, 98/20/0423; zu Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens VwGH 25.03.1999, 98/20/0475; siehe auch VfSlg. 17.597/2005; VfSlg. 17.855/2006; zuletzt etwa VfGH 18.6.2012, B 155/12). Das Bundesverwaltungsgericht hat vorliegend daher ausschließlich über eine Rechtsfrage zu erkennen (vgl. EGMR 20.6.2013, Appl. Nr. 24510/06, Abdulgadirov/AZE, Rz. 34 ff). Dem Entfall der Verhandlung stehen weder Art 6. Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen.

In der Beschwerde und im Vorlagenantrag findet sich kein Tatsachenvorbringen, welches zu einem anderen Verfahrensausgang führen könnte. Es hat sich daher aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts keine Notwendigkeit ergeben, den als geklärt erscheinenden Sachverhalt in einer mündlichen Verhandlung näher zu erörtern.

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch das AMS vorangegangen. Es wurde den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen. In der Beschwerde und im Vorlageantrag wurde kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinausgehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchteil A) wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Anrechnung, Einkommen, Entbindung, Lebensgemeinschaft, Meldepflicht,
Notstandshilfe, Rückforderung, Wiedereinsetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W218.2131161.1.00

Zuletzt aktualisiert am

15.03.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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