TE Vwgh Erkenntnis 2000/4/27 98/10/0278

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Veröffentlicht am 27.04.2000
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Index

L55006 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Steiermark;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
AVG §68 Abs1;
AVG §69 Abs1 Z2;
BaumschutzG Stmk 1989 §2a Abs1 idF 1995/042;
BaumschutzG Stmk 1989 §2a Abs6 idF 1995/042;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Killian, über die Beschwerde des I in Graz, vertreten durch Dr. Ralph Forcher, Rechtsanwalt in Graz, Hilmgasse 10, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 7. Mai 1998, Zl. A 17-K-14.569/1997-1, betreffend Baumschutz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 15. November 1995 wurde die vom Beschwerdeführer beantragte Entfernung von 11 Bäumen auf dem Grundstück Nr. 12/2 der KG Algersdorf hinsichtlich 7 näher bezeichneter Bäume gemäß § 3 Abs. 1 der Grazer Baumschutzverordnung 1995 untersagt, hinsichtlich 4 näher bezeichneter Bäume hingegen gemäß § 4 Abs. 1 lit. a dieser Verordnung genehmigt.

Gleichzeitig wurde gemäß § 5 Abs. 4 der Grazer Baumschutzverordnung 1995 vorgeschrieben, dass 4 Bäume in Baumschulqualität mit einem Stammumfang bzw. Stammumfängen von jeweils 20/25 cm, gemessen in 1 m Höhe, bei Bäumen bzw. einem Baum mit einem Kronenansatz unter 1 m Höhe an dieser Stelle, auf dem Grundstück Nr. 12/2 der KG Algersdorf zu pflanzen und zu erhalten sind, wobei als Ersatzpflanzung nur Laubbäume, keine Obstbäume mit Ausnahme von Nuß und Edelkastanie zulässig sind. Weiters wurde vorgeschrieben, dass die Ersatzpflanzung in der nächstfolgenden Pflanzperiode vorzunehmen ist.

Dieser Bescheid wurde rechtskräftig.

Mit Schreiben des Magistrates Graz - Stadtgartenamt vom 17. Oktober 1996 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, bei einer Nachkontrolle am 4. Oktober 1996 sei festgestellt worden, dass die Ersatzpflanzung nicht durchgeführt worden sei. Dem Beschwerdeführer werde eine Frist von acht Wochen eingeräumt, danach müsse das Zwangsvollstreckungsverfahren eingeleitet werden.

Mit Eingabe vom 24. Oktober 1996 beantragte der Beschwerdeführer die Genehmigung zur Entfernung des im Bescheid des Stadtsenates vom 15. November 1995 mit der Nr. 10 bezeichneten Kastanienbaumes, dessen Entfernung in diesem Bescheid untersagt worden war.

     Weiters beantragte der Beschwerdeführer eine "Änderung des

Bescheides vom 15.11.1995 ...... im Sinn des § 5 Abs. 5 Grazer

Baumschutzverordnung 1995 durch Abstandnahme von Ersatzpflanzungen".

     Diesen letztgenannten Antrag begründete der Beschwerdeführer

damit, es habe sich zwischenzeitig herausgestellt, dass offenbar

auf Grund eines besonders günstigen Kleinklimas der natürliche

Nachwuchs des Baumbestandes auf dem Grundstück Nr. 12/2 geradezu

exzessiv sei. Allein im vorigen Jahr habe das Aufkommen von

3 Nußbäumen, mehreren Eiben und unzähligen Ahorn- und

Kastanienbäumen festgestellt werden können. Dieser Umstand sei ihm

zur Zeit der Antragstellung "nicht in dem Maße" bekannt gewesen.

     Mit Bescheid des Stadtsenates vom 26. Mai 1997 wurde gemäß

§ 68 Abs. 1 AVG der Antrag des Beschwerdeführers "auf Änderung des

Bescheides vom 15.11.1995, ...... im Sinne des § 5 Abs. 5 Grazer

Baumschutzverordnung 1995 durch Abstandnahme von Ersatzpflanzungen" wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

In der Begründung heißt es, der in der Eingabe des Beschwerdeführers vom 24. Oktober 1996 gestellte Antrag auf Entfernung eines Kastanienbaumes gelte infolge Zeitablaufes als genehmigt. Der Antrag auf Abänderung des Bescheides des Stadtsenates vom 15. November 1995 bezüglich der Ersatzpflanzung sei zurückzuweisen gewesen, weil entschiedene Sache vorliege.

Der Beschwerdeführer berief.

Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens traf die belangte Behörde mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 7. Mai 1998 folgende Entscheidung:

"Spruch I

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG idgF BGBl. 1995/471 wird aus Anlass der Berufung von (Beschwerdeführer) gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 26.5.1997, GZ. A 10/5-490/1-1995, mit welchem gemäß § 68 Abs. 1 AVG idgF der Antrag von (Beschwerdeführer) 'auf Änderung des Bescheides vom 15.11.1995, GZ. A 10/5-490/1-1995, im Sinne des § 5 Abs. 5 Grazer Baumschutzverordnung 1995 durch Abstandnahme von Ersatzpflanzungen' wegen entschiedener Sache zurückgewiesen worden war, ersatzlos behoben.

Spruch II

Gemäß § 68 Abs. 2 AVG idgF BGBl. 1995/471 wird von Amts wegen der Spruch des Bescheides des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 15.11.1995,GZ. A 10/5-490/1-1995, dahingehend abgeändert, dass es im letzten Absatz des Spruches 1. Satz vor der Verfahrenskostenbestimmung lauten muss: 'Gemäß § 5 Abs. 4 bis 7 der Grazer Baumschutz-Verordnung 1995 sind, da auf dem Grundstück Nr. 12/2, EZ. 425, KG Algersdorf, ein natürliches Aufkommen von 2 Bäumen nachgewiesen wurde, nämlich einer Föhre von 45 cm Stammumfang nordöstlich einer Eibenreihe parallel zur nördlichen Hauskante und einer Tanne mit 20 cm Stammumfang im nordwestlichen Grundstücksteil, somit die Ersatzpflanzungsverpflichtung nicht zur Gänze erfüllt werden kann, zwei Bäume im Baumschulqualität mit einem Stammumfang von je 20/25 cm, gemessen in 1,00 m Höhe, bei Bäumen mit einem Kronenansatz unter 1,00 m Höhe, an dieser Stelle, auf dem vor bezeichneten Grundstück zu pflanzen und zu halten."

In der Begründung heißt es, in dem von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahren habe das Stadtgartenamt vor Ort festgestellt, dass entlang der westlichen Grundgrenze 4 Eiben mit Stammumfängen von jeweils 20 cm stockten, parallel zur nördlichen Hauskante weitere 5 Eiben mit denselben Stammumfängen, nordöstlich davon eine Föhre mit 45 cm Stammumfang vorhanden sei, im nordwestlichen Grundstücksteil eine Tanne mit 20 cm Stammumfang und eine dreistämmige Buche, wobei jeder Teilstamm einen Umfang von 20/25 cm aufweise und entlang der östlichen Grundgrenze auf Höhe des Gebäudes 2 Eiben mit Stammumfängen von 20/25 cm stünden. Weiters gebe es eine Buche mit 35 cm und im südlichen Bereich noch 2 Eiben mit denselben Ausmaßen. Entlang der Grundstücksgrenzen stockten außerdem weitere ältere Bäume verschiedener Gattung, welche auf Grund des Umfanges Jahrzehnte alt sein müssten. Die fachliche Beurteilung habe ergeben, dass sämtliche Eiben auf Grund der Pflanzenart, des Stammumfanges und der Pflanzengröße bereits älter als 5 Jahre sein müssten, ebenso wie die mehrstämmige Buche und die einstämmige Buche, in der Annahme eines natürlichen Aufkommens dieser Pflanzen. Der Beschwerdeführer habe bei der Begehung angegeben, in den letzten Jahren keine Pflanzungen vorgenommen zu haben und es handle sich daher um natürliches Aufkommen. Die Föhre und die Tanne erfüllten die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Ersatzpflanzung, da ihr Aufkommen, wie es das Gesetz verlange, weniger als 5 Jahre zurück liege.

In den rechtlichen Erwägungen führt die belangte Behörde aus, die Feststellung des Stadtgartenamtes hinsichtlich einer möglichen Anerkennung einer Föhre und einer Tanne als "Ersatzbäume" sei nicht als nachträgliche Änderung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes zu sehen, sondern als nachträgliches Hervorkommen schon vor der Bescheiderlassung 1995 bestandener Tatsachen. Das Hervorkommen solcher Tatsachen begründe keinen Anspruch auf Abänderung eines rechtskräftigen Bescheides, sondern sei allenfalls ein Wiederaufnahmegrund. Ein Wiederaufnahmeantrag sei aber nicht gestellt worden. Es hätte daher grundsätzlich eine Bestätigung des erstinstanzlichen, den Antrag auf Abänderung des Bescheides aus dem Jahr 1995 zurückweisenden Bescheides zu erfolgen. Der Behörde stehe aber nach § 68 AVG ein Abänderungsrecht zu, auf das allerdings kein Anspruch bestehe. In Ausübung dieses Abänderungsrechtes könne auch der vom Stadtgartenamt festgestellte Sachverhalt, welcher keine nachträgliche Änderung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes, sondern einen nachträglich hervorgekommenen Sachverhalt darstelle, berücksichtigt werden. Dieses Abänderungsrecht dürfe aber nicht in einem offenen Berufungsverfahren, sondern nur in einem gesonderten Verfahren ausgeübt werden.

Da sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt geändert habe, wenn sich dies freilich auch erst nachträglich herausgestellt habe, sei der erstinstanzliche Bescheid gemäß § 68 Abs. 1 AVG aus Anlass der eingebrachten Berufung zu beheben gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid

durch "rechtswidrige Anwendung der Bestimmungen des AVG sowie auch

durch rechtswidrige Anwendung der Bestimmungen des Stmk. Baumschutzgesetzes bzw. der Grazer Baumschutzverordnung" in seinen Rechten verletzt erachtet.

In der Beschwerde wird vorgebracht, die ersatzlose Behebung des erstinstanzlichen Bescheides ohne Zurückverweisung an die erste Instanz widerspreche § 66 AVG. Dadurch sei der Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt, weil über seinen Antrag vom 24. Oktober 1996 auf Änderung des Bescheides des Stadtsenates vom 15. November 1995 durch Abstandnahme von Ersatzpflanzungen nicht entschieden worden sei. Eine solche Entscheidung sei auch durch Spruchabschnitt II des angefochtenen Bescheides nicht erfolgt.

Die belangte Behörde habe ein Ermittlungsverfahren durchgeführt, dessen Ergebnis dem Beschwerdeführer aber nicht zur Kenntnis gebracht.

Mit Spruchabschnitt II des angefochtenen Bescheides werde eine Abänderung der im Bescheid des Stadtsenates vom 15. November 1995 enthaltenen Verpflichtung zur Ersatzpflanzung vorgenommen. Die in der Begründung des angefochtenen Bescheides zum Ausdruck kommende Auffassung, der auf dem Grundstück des Beschwerdeführers vorhandene Baumbestand könne nur als Ersatz für die Ersatzpflanzung von 2, nicht aber von 4 Bäumen gelten, weil dieser Bestand nicht einen Mindeststammumfang im Sinne des § 5 Abs. 2 der Grazer Baumschutzverordnung habe, sei unrichtig. § 5 Abs. 5 der Grazer Baumschutzverordnung fordere nicht, dass hinsichtlich der bereits vorgenommenen Pflanzungen oder des aufgekommenen natürlichen Baumbestandes auch ein bestimmter Stammumfang vorhanden sein müsse. Für den Fall, dass wider Erwarten die Rechtsauffassung der belangten Behörde geteilt werde, werde geltend gemacht, dass § 5 Abs. 2 der Grazer Baumschutzverordnung verfassungswidrig sei.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In dem rechtskräftig gewordenen Bescheid des Stadtsenates vom 15. November 1995 war dem Beschwerdeführer die Entfernung von 4 Bäumen bei gleichzeitiger Vorschreibung einer Ersatzpflanzung genehmigt worden.

Der Beschwerdeführer hat mit seiner Eingabe vom 24. Oktober 1996 die Abänderung dieses rechtskräftigen Bescheides mit der Begründung begehrt, es habe sich zwischenzeitlich herausgestellt, dass auf dem Grundstück Nr. 12/2 ein geradezu exzessiver natürlicher Nachwuchs vorhanden sei, was zum Zeitpunkt der seinerzeitigen Antragstellung nicht hinreichend bekannt gewesen sei.

Damit machte der Beschwerdeführer aber nicht eine nach der Erlassung des rechtskräftig gewordenen Bescheides neu entstandene Tatsache geltend, sondern offenbar eine neu hervorgekommene. Es hat auch die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die in der Beschwerde unbestrittene Feststellung getroffen, dass es sich bei den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Tatsachen nicht um neu entstandene, sondern um neu hervorgekommene handelt. Das nachträgliche Hervorkommen schon vor der Bescheiderlassung bestandener relevanter Tatsachen ändert für sich allein aber noch nichts an der grundsätzlichen Unabänderlichkeit des Bescheides. Das Hervorkommen solcher Tatsachen rechtfertigt bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 69 AVG die Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens. Einen Wiederaufnahmeantrag hat der Beschwerdeführer aber nicht gestellt. Ein Abgehen von einem rechtskräftigen Bescheid außerhalb einer Wiederaufnahme rechtfertigt ein neu hervorgekommener, bereits bei Erlassung des rechtskräftigen Bescheides vorhandener Sachverhalt aber nicht (vgl. die bei Walter-Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, 1421, angeführte Rechtsprechung).

Selbst wenn man aber den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Sachverhalt als einen nach der Erlassung des rechtskräftigen Bescheides neu entstandenen Sachverhalt wertete, hätte dieser Sachverhalt nicht zu einer Abänderung des Bescheides des Stadtsenates vom 15. November 1995 führen können.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht zwar einer neuen Sachentscheidung die Rechtskraft eines früher in derselben Angelegenheit ergangenen Bescheides dann nicht entgegen, wenn in den für die Entscheidung maßgebenden Umständen eine Änderung eingetreten ist (vgl. die bei Walter-Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, 1419, angeführte Rechtsprechung). Es führt aber nicht jede nach Eintritt der Rechtskraft einer Entscheidung sich ergebende Sachverhaltsänderung zu einem Anspruch auf eine neue Entscheidung. Ob bei einer Änderung des Sachverhaltes ein Anspruch auf eine neue Entscheidung besteht, hängt viel mehr von der anzuwendenden Verwaltungsvorschrift ab. Das Prozesshindernis der entschiedenen Sache liegt nur dann nicht vor, wenn der für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebliche Sachverhalt sich seither derart geändert hat, dass seine neuerliche Beurteilung einen im Hauptinhalt des Spruches anderslautenden Bescheid zur Folge hätte und der Wortlaut der dem Bescheid zugrunde liegenden Verwaltungsvorschrift einer neuerlichen Entscheidung derselben Sache nicht im Wege steht (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Februar 1994, 93/12/0078, und vom 14. März 1995, 94/07/0151).

Im Beschwerdefall sind das Steiermärkische Baumschutzgesetz 1989, LGBl. Nr. 18/1990 i.d.F. LGBl. Nr. 42/1995 (Baumschutzgesetz 1989) und die Grazer Baumschutzverordnung 1995, Amtsblatt der Landeshauptstadt Graz Nr. 14/1995, anzuwenden.

Nach § 1 Abs. 1 Baumschutzgesetz 1989 ist der Baumbestand in einem gemäß § 2 Abs. 1 dieses Gesetzes umschriebenen Gebiet ohne Rücksicht darauf, ob er sich auf öffentlichen oder privaten Grundflächen befindet, mit dem Ziel geschützt,

a) die heimische Artenvielfalt, das örtliche Kleinklima sowie eine gesunde Wohnumwelt für die Bevölkerung aufrecht zu erhalten und zu verbessern oder

b) das typische Orts- und Landschaftsbild der Gemeinden zu sichern.

Nach § 2 Abs. 1 erster Satz des Baumschutzgesetzes 1989 kann die Gemeinde zur Sicherstellung der in § 1 Abs. 1 genannten Ziele durch Verordnung bestimmen, dass der Baumbestand des ganzen Gemeindegebietes oder von Teilen eines Gemeindegebietes unter Schutz steht (Baumschutzzone).

Auf Grund dieser Verordnungsermächtigung wurde die Grazer Baumschutzverordnung 1995 erlassen, die in ihrem § 1 den Baumbestand im Gebiet der Stadt Graz unter Schutz stellt.

Nach § 3 Abs. 1 des Baumschutzgesetzes 1989 ist jeder Grundeigentümer (Bauberechtigter), Bestandnehmer oder sonst Verfügungsberechtigte verpflichtet, den auf seinem Grundstück stockenden Baumbestand zu erhalten, sofern dieses Grundstück in einem gemäß § 2 Abs. 1 geschützten Gebiet liegt und nicht durch Bestimmungen dieses Gesetzes Ausnahmen bestehen.

Nach § 3 Abs. 2 leg. cit. ist in einem gemäß § 2 Abs. 1 geschützten Gebiet ohne Anzeige an die Behörde und vor ihrer Entscheidung bzw. vor Ablauf der in § 2 Abs. 2 lit. b festgesetzten Frist verboten:

a) unter Schutz gestellte Bäume zu fällen, auszugraben, auszuhauen, auszuziehen, abzubrennen, zu entwurzeln oder sonstwie zu entfernen;

b) den pflanzlichen Lebensraum von unter Schutz gestellten Bäumen (Wurzel- und Kronenbereich) zum Nachteil des Bestandes zu verwenden.

Die Grazer Baumschutzverordnung 1995 bestimmt in ihrem § 2, dass derjenige, der beabsichtigt, einen gemäß § 1 unter Schutz gestellten Baum zu fällen, auszugraben, auszuhauen, auszuziehen, abzubrennen, zu entwurzeln oder sonst wie zu entfernen oder den pflanzlichen Lebensraum von unter Schutz gestellten Bäumen (Wurzel- und Kronenbereich) zum Nachteil des Bestandes zu verwenden, dies der Behörde vor Durchführung der geplanten Maßnahmen schriftlich anzuzeigen hat.

Nach § 3 Abs. 1 der Grazer Baumschutzverordnung 1995 hat die Behörde unter Beziehung eines Sachverständigen zu prüfen, ob die in der Anzeige genannten Maßnahmen nach den Bestimmungen des Steiermärkischen Baumschutzgesetzes 1989 und dieser Verordnung zulässig sind. Ergibt sich deren Unzulässigkeit bereits auf Grund der Prüfung der Pläne und Unterlagen oder aber auf Grund der Äußerung des beigezogenen Sachverständigen, so sind die geplanten Maßnahmen von der Behörde mit schriftlicher Entscheidung zu untersagen.

Erweisen sich die angezeigten Maßnahmen als zulässig und ist keine Ersatzpflanzung oder Ausgleichsabgabe vorzuschreiben, kann nach § 3 Abs. 2 der Grazer Baumschutzverordnung 1995 die Behörde von der Erlassung einer schriftlichen Entscheidung Abstand nehmen.

Die in der letztgenannten Bestimmung angesprochene Ersatzpflanzung ist im § 2a des Baumschutzgesetzes 1989 und im § 5 der Grazer Baumschutzverordnung 1995 geregelt.

Nach § 2a Abs. 1 des Baumschutzgesetzes 1989 hat die Gemeinde im Bescheid, mit dem sie eine anzeigepflichtige Maßnahme bewilligt, zur Sicherstellung der in § 1 Abs. 1 genannten Ziele die Vornahme von Ersatzpflanzungen vorzuschreiben. Die Ersatzpflanzung obliegt dem Grundeigentümer bzw. den Miteigentümern und ist auf denselben Grundstücken, auf denen sich die entfernten Bäume befunden haben, vorzunehmen. Im Bescheid sind das Ausmaß und der Zeitpunkt der Ersatzpflanzung festzulegen.

Nach § 2 Abs. 6 leg. cit. ist die Vorschreibung einer Ersatzpflanzung unzulässig, wenn der Grundeigentümer bzw. die Grundeigentümer eine bereits vorgenommene Pflanzung oder das Aufkommen eines natürlichen Baumbestandes nachweist (nachweisen), sofern dies nicht länger als 5 Jahre zurückliegt und damit den Zielsetzungen dieses Gesetzes entsprochen wird. Wird durch die vorgenommene Pflanzung oder das Aufkommen eines natürlichen Baumbestandes den Zielsetzungen dieses Gesetzes nur teilweise entsprochen, so ist dies für die Vorschreibung einer Ersatzpflanzung oder einer Ausgleichsabgabe anzurechnen.

Die Genehmigung zur Entfernung von Bäumen und die Vorschreibung einer Ersatzpflanzung sind in einer Fallkonstellation wie der vorliegenden eine untrennbare Einheit. Nach § 2a des Baumschutzgesetzes 1989 sind Entfernungsbewilligung und Ersatzpflanzungsverpflichtung im selben Bescheid auszusprechen. Dies bedeutet, dass die Behörde bereits bei der Erteilung der Entfernungsbewilligung zu prüfen hat, ob die Voraussetzungen für den Entfall einer Ersatzpflanzung gegeben sind. Dem Antragsteller ist in diesem Zusammenhang durch § 2a Abs. 6 des Baumschutzgesetzes 1989 eine Nachweispflicht auferlegt. Er muss nachweisen, dass, bezogen auf den Zeitpunkt der Genehmigung zur Entfernung von Bäumen, die Voraussetzungen für den Entfall der Ersatzpflanzung gegeben sind. Die Vorschreibung einer Ersatzpflanzung anlässlich der Genehmigung einer Baumentfernung darf nur dann entfallen, wenn der Antragsteller nachweist, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde ein entsprechender natürlicher Anflug oder eine Bepflanzung bereits vorhanden ist. Der für die Entscheidung über den Antrag auf Genehmigung zur Entfernung von Bäumen und die damit verbundene Frage einer Ersatzpflanzung maßgebliche Sachverhalt liegt also darin, dass der Antragsteller für den Zeitpunkt der Entfernungsbewilligung der Behörde das Vorliegen eines entsprechenden natürlichen Anfluges oder einer Pflanzung nachweist. Ein später aufgekommener Anflug oder eine später vorgenommene Pflanzung kann daher schon begrifflich keine Änderung des maßgebenden Sachverhaltes mehr sein, da sie nicht auf den Zeitpunkt der Erlassung des rechtskräftig gewordenen Bescheides zurückzuwirken vermag. Die bereits erteilte Bewilligung kann nicht wiederholt werden, weshalb es auch keinen auf den Zeitpunkt der Bewilligung bezogenen Nachweis des Vorhandenseins der Voraussetzungen für den Entfall der Ersatzpflanzung mehr geben kann. Der Wortlaut der anzuwendenden Normen schließt es daher aus, nachträglich vorgenommene Pflanzungen oder aufgekommenen Naturanflug als maßgebliche Änderung des Sachverhaltes zu betrachten.

Die Zurückweisung des Abänderungsantrages des Beschwerdeführers durch den Bescheid des Stadtsenates vom 26. Mai 1997 erfolgte daher zu Recht.

Nun hat allerdings die belangte Behörde diesen Bescheid behoben, für 2 Bäume den bestehenden Naturanflug als Ersatzpflanzung anerkannt und die im rechtskräftigen Bescheid aus dem Jahr 1995 vorgeschriebene Ersatzpflanzung von 4 Bäumen auf 2 Bäume reduziert. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers führt diese Entscheidung aber nicht zu einer Verletzung seiner Rechte.

Im Spruchabschnitt I ist zwar von einer "ersatzlosen" Behebung die Rede. Dass es sich dabei um die Behebung des erstinstanzlichen Bescheides vom 26. Mai 1997 handelt, ergibt sich trotz der unklaren Formulierung im Spruch eindeutig aus der Begründung, wie auch der Beschwerdeführer einräumt.

Der Ausspruch über die "Behebung" des erstinstanzlichen Bescheides darf aber nicht isoliert gesehen werden, sondern muss im Zusammenhang mit Spruchabschnitt II und der Begründung betrachtet werden.

In der Begründung vertritt die belangte Behörde die zutreffende Auffassung, dass dem Beschwerdeführer ein Anspruch auf Abänderung des rechtskräftigen Bescheides aus dem Jahr 1995 nicht zukam, dass aber die Voraussetzungen für eine amtswegige Abänderung dieses Bescheides vorlagen. Sie hätte daher statt der Behebung des erstinstanzlichen Bescheides die Berufung des Beschwerdeführers abweisen und - was sie auch getan hat - in einem eigenen Spruchabschnitt die amtswegige Änderung des Bescheides aus dem Jahr 1995 auszusprechen gehabt. Ein besseres Ergebnis als durch den angefochtenen Bescheid wäre für den Beschwerdeführer allerdings auch dann nicht zu erzielen gewesen, wenn die belangte Behörde in der dargestellten Weise vorgegangen wäre. Die belangte Behörde hat gemäß § 68 Abs. 2 AVG entschieden, dass die Ersatzpflanzungsverpflichtung des Beschwerdeführers auf zwei Bäume reduziert, jedoch nicht zur Gänze behoben wird. Dadurch wurde der Beschwerdeführer aber in keinem Recht verletzt, da er keinen Anspruch auf eine darüber hinausgehende Reduzierung der Ersatzpflanzung hatte, kam ihm doch nicht einmal ein Anspruch auf diese von der belangten Behörde vorgenommene Reduzierung zu. Erbrachte aber der angefochtene Bescheid kein inhaltlich unrichtiges Ergebnis, dann kann nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch die unrichtige Anwendung des § 66 Abs. 4 AVG nicht zur Behebung des Bescheides führen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. April 2000, 99/07/0205 und die dort angeführte Vorjudikatur).

§ 5 Abs. 2 der Grazer Baumschutzverordnung 1995 ist im Beschwerdefall nicht präjudiziell, weshalb auch eine Anfechtung beim Verfassungsgerichtshof nicht in Frage kommt.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 27. April 2000

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Maßgebender Bescheidinhalt Inhaltliche und zeitliche Erstreckung des Abspruches und der Rechtskraft Neu hervorgekommene entstandene Beweise und Tatsachen nova reperta nova producta Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde Zurückweisung wegen entschiedener Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1998100278.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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