TE Vwgh Erkenntnis 2000/4/27 99/02/0318

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Veröffentlicht am 27.04.2000
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Index

L67008 Ausländergrunderwerb Grundverkehr Vorarlberg;

Norm

GVG Vlbg 1993 §2 Abs1;
GVG Vlbg 1993 §5 Abs1 lita;
GVG Vlbg 1993 §5 Abs1 litc;
GVG Vlbg 1993 §5 Abs2 lita;
GVG Vlbg 1993 §5 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Breunlich, über die Beschwerde

1.) der P-GmbH in D und 2.) der B-KG in B, beide vertreten durch Dr. Hans Mandl u.a., Rechtsanwälte in 6800 Feldkirch, Churerstraße 3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 21. September 1999, Zl. 3-1-43/98/K4, betreffend Versagung der grundverkehrsbehördlichen Bewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Land Vorarlberg Aufwendungen zu gleichen Teilen von insgesamt S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem Bescheid der Grundverkehrs-Landeskommission vom 9. November 1998 wurde den beschwerdeführenden Parteien die grundverkehrsbehördliche Genehmigung zum Erwerb näher umschriebener Grundstücke versagt.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 21. September 1999 gab diese der dagegen erhobenen Berufung keine Folge. Berufungsgegenstand seien - wegen Rückziehung der Berufung hinsichtlich eines Grundstückes - nur mehr die Grundstücke Nr. 3208/2 und .1366 der KG G. Bei diesen handle es sich um Flächen einer ehemaligen Tankstelle, die seit ca. 20 Jahren nicht mehr als solche benutzt werde. Das Areal sei in der Folge als Imbissstube, Garage und Unterstellplatz für LKW's und Omnibusse verwendet worden. Beim Grundstück Nr. .1366 handle es sich um das ehemalige Tankstellengebäude. Das Grundstück Nr. 3208/2 sei zum Großteil asphaltiert; dabei handle es sich um die Zu- und Abfahrt der ehemaligen Tankstelle, der nordöstliche Teil sei Wiese. Beide Grundstücke wiesen ein Gesamtausmaß von 3.038 m2 auf und seien im rechtskräftigen Flächenwidmungsplan der Gemeinde G als Freifläche-Landwirtschaftsgebiet ausgewiesen. Es sei beabsichtigt, nach erfolgter Umwidmung ein Büro- und Geschäftshaus zu errichten.

In rechtlicher Hinsicht ging die belangte Behörde davon aus, dass es sich um landwirtschaftliche Grundstücke im Sinne des Grundverkehrsgesetzes (GVG) handle; gemäß § 5 Abs. 1 lit. c leg. cit. dürfe der Rechtserwerb im Falle landwirtschaftlicher Grundstücke nur genehmigt werden, wenn er zur Erfüllung öffentlicher, gemeinnütziger oder kultureller Aufgaben, zum Zwecke des Wohnbaues sowie für industrielle oder gewerbliche Anlagen erfolge und nicht das Interesse an der Erhaltung der bisherigen Nutzung des Grundstücks das Interesse an der neuen Verwendung überwiege. Zwar sei auf Grund der Ausführung des landwirtschaftlichen Sachverständigen davon auszugehen, dass bei der derzeitigen Situation beide Grundstücke vom landwirtschaftlichen Standpunkt aus beinahe wertlos seien, doch überwiege das öffentliche Interesse an der Erhaltung der bisherigen Nutzung bzw. widmungsgemäßen Nutzbarkeit das Interesse an der Verwendung als Büro- und Geschäftshaus. Nach einer Rekultivierung (Abtragung der Gebäude und des Asphalts sowie Humusierung) seien nämlich die gegenständlichen Flächen für einen etwa 200 m entfernt befindlichen Aussiedlerbetrieb landwirtschaftlich überaus wertvoll. Überdies seien die öffentlichen Interessen der Raumplanung zu berücksichtigen.

Die beschwerdeführenden Parteien bekämpfen diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Sie erachten sich in ihrem Recht "auf Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung für einen Rechtserwerb zum Zwecke des Wohnbaues sowie für industrielle oder gewerbliche Anlagen nach § 5 Abs. 1 lit. c Vorarlberger Grundverkehrsgesetzes verletzt".

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die beschwerdeführenden Parteien gehen vor dem Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass es sich bei den gegenständlichen Liegenschaften nicht um "landwirtschaftliche Grundstücke" handle (und die §§ 4 und 5 GVG gar nicht anzuwenden seien).

Ob ein Grundstück ein land- und forstwirtschaftliches Grundstück ist, ist gemäß § 2 Abs. 1 des Vorarlberger Grundverkehrsgesetzes, LGBl. Nr. 61/1993 (GVG), nicht nach der aus dem Grundsteuer- oder Grenzkataster ersichtlichen Benützungsart, sondern nach seiner Beschaffenheit und der Art seiner tatsächlichen Verwendung zu beurteilen (Satz 1). Als landwirtschaftliche Grundstücke gelten gemäß Satz 2 leg. cit. jedenfalls Grundstücke, die als Landwirtschaftsgebiet gewidmet sind.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 31. März 2000, Zl. 98/02/0376, des Näheren ausgeführt hat, kommt es sohin bei im Flächenwidmungsplan als "Freifläche-Landwirtschaftsgebiet" ausgewiesenen Liegenschaften nicht auf die tatsächliche Nutzung an. Unbestritten sind aber die hier gegenständlichen Liegenschaften als derartige Landwirtschaftsgebiete im bestehenden Flächenwidmungsplan der Gemeinde G ausgewiesen. Die belangte Behörde hatte daher vom Vorliegen landwirtschaftlicher Grundstücke im Sinne der zitierten Bestimmung des GVG auszugehen.

Daran ändert auch nichts der Umstand, dass die Gemeinde G eine Änderung der entsprechenden Flächenwidmung beabsichtigte, hatte doch die belangte Behörde die bestehende Rechtslage ihrer Entscheidung zu Grunde zu legen.

Die beschwerdeführenden Parteien bringen weiters vor, der Versagungsgrund des § 5 Abs. 2 lit. a GVG liege nicht vor "bzw."

ergebe eine Interessensabwägung nach § 5 Abs. 1 lit. c leg. cit. "klar", dass "infolge des gänzlichen Fehlens landwirtschaftlicher Interessen jedenfalls die Interessen des Wohnbaues bzw. des Baues gewerblicher oder industrieller Anlagen" als überwiegend zu beurteilen seien.

Da nach dem oben Gesagten - ungeachtet der tatsächlichen Nutzung - vom Vorliegen eines landwirtschaftlichen Grundstückes auszugehen ist, dürfte der Rechtserwerb daran gemäß § 5 Abs. 1 lit. a GVG nur genehmigt werden, wenn er dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung eines leistungsfähigen Bauernstandes entspricht und der Erwerber das Grundstück im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes selbst bewirtschaftet und im Betrieb auch seinen ständigen Wohnsitz hat oder, soweit ein solches nicht in Frage kommt, er der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden, mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes nicht widerspricht. Nach § 5 Abs. 1 lit. c leg. cit. darf der Rechtserwerb nur genehmigt werden, wenn er zur Erfüllung öffentlicher, gemeinnütziger oder kultureller Aufgaben, zum Zwecke des Wohnbaues sowie für industrielle oder gewerbliche Anlagen erfolgt und nicht das Interesse an der Erhaltung der bisherigen Nutzung des Grundstücks das Interesse an der neuen Verwendung überwiegt. Nach Abs. 2 leg. cit. sind die Voraussetzungen des Abs. 1 insbesondere dann nicht erfüllt, wenn das Grundstück ohne wichtigen Grund der landwirtschaftlichen oder forstwirtschaftlichen Nutzung entzogen würde (lit. a).

Sachverhaltsbezogen müsste daher der vorliegende Rechtserwerb dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung eines leistungsfähigen Bauernstandes entsprechen und der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden, mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes nicht widersprechen, um die Voraussetzungen gemäß § 5 Abs. 1 lit. a GVG zu erfüllen.

Soweit sich die beschwerdeführenden Parteien gegen die Ausführungen der belangten Behörde betreffend die mögliche (zukünftige) Umgestaltung der Liegenschaften wenden, so übersehen sie, dass nach dem Wortlaut des Gesetzes auch die Schaffung eines wirtschaftlich gesunden, mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes ein vom Gesetz vorgegebenes Ziel ist.

Aber selbst dann, wenn man den Begriff der "Schaffung" nicht in diesem Sinne verstehen wollte, wird doch auch von den beschwerdeführenden Parteien nicht bestritten, dass jedenfalls die Grundstücke durch den beabsichtigten Rechtserwerb einer (zukünftigen) landwirtschaftlichen Nutzung nicht zugeführt werden sollen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 23. März 1999, Zl. 97/02/0127, ausgeführt hat, bildet § 5 Abs. 1 lit. a GVG eine Generalklausel, nach der der Rechtserwerb an landwirtschaftlichen Grundstücken grundsätzlich nur dann zu genehmigen ist, "wenn er dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung eines leistungsfähigen Bauernstandes entspricht ...". Für den Fall, dass - etwa bei Rechtserwerben zu anderen Zwecken als der Landwirtschaft - ein solches allgemeines Interesse nicht in Frage kommt, wird jedoch eine "Widerspruchslösung" normiert: Die Genehmigung ist in diesem Fall schon zu erteilen, wenn der Rechtserwerb "der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden mittleren und kleinen land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes nicht widerspricht".

Wie der Verwaltungsgerichtshof weiters in dem soeben erwähnten Erkenntnis vom 23. März 1999 ausgesprochen hat, ist die Genehmigung jedenfalls und ohne weitere Prüfung nach der Generalklausel dann zu versagen, wenn einer der im § 5 Abs. 2 GVG umschriebenen besonderen Versagungsgründe vorliegt.

Die beschwerdeführenden Parteien bestreiten nun das Vorliegen eines derartigen absoluten Versagungsgrundes und verweisen darauf, dass ein wichtiger Grund für den Entzug des Grundstückes aus der landwirtschaftlichen Nutzung im Sinn des § 5 Abs. 2 lit. a GVG dann vorliege, wenn der Rechtserwerb im Sinne des Abs. 1 lit. c leg. cit. erfolge.

Selbst wenn man diese Ansicht teilen und mit den beschwerdeführenden Parteien davon ausgehen wollte, dass die beabsichtigte Nutzung als Bürogebäude "zum Zwecke des Wohnbaues sowie für industrielle oder gewerbliche Anlagen" erfolge, führt dies die Beschwerde nicht zum Erfolg. Auszugehen ist nämlich davon, dass das Interesse an der Erhaltung der bisherigen Nutzung des Grundstückes das Interesse an der neuen Verwendung nicht überwiegen dürfe. Dabei ist im Sinne der obigen Ausführungen zu § 2 Abs. 1 GVG die (mögliche) landwirtschaftliche Nutzung zu Grunde zu legen. Dass dieses Interesse aber das Interesse an der neuen Verwendung im Hinblick auf die der Sache nach unbestrittene Feststellung, dass es sich dabei nach seiner Rekultivierung um "wertvollste landwirtschaftliche Flächen" (für den näher genannten Aussiedlerbetrieb) handelt, nicht überwiegen würde, kann nicht gesagt werden. Dieser Beurteilung konnte die belangte Behörde

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entgegen der offenbaren Ansicht der Beschwerdeführer - das Gutachten des landwirtschaftlichen Sachverständigen trotz des Umstandes zugrunde legen, dass dieses Gutachten auch das dritte

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nicht mehr verfahrensgegenständliche - Grundstück erfasste, da sich dieser Schluss jedenfalls auch auf die noch verbleibenden Grundstücke bezog.

Bei dieser Sach- und Rechtslage war auf das weitere Beschwerdevorbringen betreffend die von der belangten Behörde angestellten Erwägungen nach Raumordnungsgesichtspunkten nicht näher einzugehen, ergibt sich doch schon aus den dargelegten Erwägungen, dass die beschwerdeführenden Parteien durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden sind.

Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 27. April 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999020318.X00

Im RIS seit

09.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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