Entscheidungsdatum
15.02.2018Index
41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FrPolG 2005 §32 Abs2Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Dr. Rieser über die Beschwerde des Z-ischen Staatsangehörigen AA, vertreten durch RA BB, Adresse 1, Y, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Tirol vom 24.03.2017, Zl ****, betreffend eine Übertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz (FPG), aufgrund durchgeführter Beschwerdeverhandlung
zu Recht:
1. Der Beschwerde wird insoweit Folge gegeben, als gemäß § 45 Abs 1 Z 4 VStG von der Fortführung des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens nach dem FPG abgesehen und dem Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens eine Ermahnung erteilt wird.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Abs 4 VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Sachverhalt und rechtliche Erwägungen:
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer von der belangten Behörde folgende Verwaltungsübertretung angelastet:
„Sie haben sich als Fremder (§ 2 Abs. 4 Z 1 FPG) am 02.04.2016, um 19:35 Uhr in X, A 12, Km **** aufgehalten und Ihr Reisedokument nicht mitgeführt, obwohl Fremde verpflichtet sind, ihr Reisedokument mit sich zu führen oder in einer solchen Entfernung von ihrem jeweiligen Aufenthaltsort zu verwahren, dass seine Einholung ohne unverhältnismäßige Verzögerung erfolgen kann.
In Ihrem Fall wäre die Verzögerung für die Einholung unverhältnismäßig gewesen, da die Einholung des Reisepasses voraussichtlich länger als eine Stunde in Anspruch genommen hätte.“
Dem Beschuldigten wurde eine Verwaltungsübertretung nach § 121 Abs 3 Z 2 FPG iVm § 32 Abs 2 FPG vorgeworfen und gegen ihn gemäß § 121 Abs 3 Z 2 FPG eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 70,00 bzw eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Stunden zuzüglich Euro 10,00 Verfahrenskosten verhängt.
In der rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wurde Folgendes ausgeführt:
„Begründung:
Die Entscheidung ist in unrechtmäßiger Weise ergangen, insbesondere unter Verletzung rechtlichen Gehörs meines Mandanten. Darüber hinaus ist es auch rechtsfehlerhaft.
Wie bereits in der Äußerung meines Mandanten ausgeführt, wurde dieser bereits für das Nichtmitführen von Dokumenten bestraft, nämlich durch eine Verwarnung iSd. § 50 Abs. 5a VStG. Eine erneute Bestrafung verbietet sich daher bereits aufgrund des ne bis in idem – Grundsatzes.
Die entgegenstehende Aussage des Polizeibeamten ist schlichtweg falsch.
Dass es zu einer solchen Verwarnung kam, können die bereits benannten Zeugen bestätigen. Insbesondere können diese bestätigen, dass explizit nachgefragt wurde, ob sich die Sache damit erledigt hat, was von dem Polizeibeamten bejaht wurde.
Es ist daher notwendig die Zeugen meines Mandanten, sowie des Polizeibeamten in einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu vernehmen, was ausdrücklich beantragt wird.
Mit freundlichen Grüßen
BB
Rechtsanwalt“
Zur Sachverhaltsfeststellung wurde in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde Einsicht genommen. Weiters wurde am 29.01.2018 die beantragte öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durchgeführt. Im Rahmen der öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung wurden der Beschwerdeführer, der die Anzeige erstattende Polizeibeamte und die Zeugen CC und DD einvernommen. Der Beschwerdeführer gab zu den Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnissen an, dass er sorgepflichtig für drei minderjährige Kinder und die Ehefrau sei. Er habe ein monatliches Durchschnittseinkommen in der Höhe von ca Euro 1.800,00 bis Euro 2.000,00 und verfüge über kein nennenswertes Vermögen und keine nennenswerten Schulden. Zum Sachverhalt befragt gab der Beschwerdeführer Folgendes an:
„Ich bin Z-ischer Staatsangehöriger. Ich war erstmals 2005 ein paar Monate in W aufhältig, danach bin ich 2007 nach W gekommen. Ich habe mich eigentlich immer nur längerfristig in W aufgehalten. In einem anderen EU-Staat habe ich weder längerfristig gelebt noch gearbeitet. Im Jahre 2006 habe ich die W-ische Staatsbürgerin CC geheiratet. Ich bin dann zu ihr gezogen. Ich habe eine Aufenthaltsbewilligung als Ehegatte einer W-ischen Staatsbürgerin. Ich habe damals einen Ein-Tages-Ausflug nach Österreich gemacht. Ich war der Lenker des kontrollierten Fahrzeuges. Die Kontrolle erfolgte bei der Rückfahrt Richtung Y. Ich habe damals meinen Führerschein mitgeführt, weiters meinen EE (Z-ischer Personalausweis) und meine Aufenthaltskarte. Ich habe als Angehöriger einer EU-Bürgerin ein unbefristetes Aufenthaltsrecht und zwar eine Daueraufenthaltskarte – Familienangehöriger EU. Ich war der Meinung, dass diese Dokumente ausreichend seien für die Einreise nach Österreich und die erfolgte Wiederausreise. Auch mein Arbeitgeber hat mich nicht darauf hingewiesen, dass ein Reisepass erforderlich wäre für den Grenzübertritt zwischen Österreich und W. Ich bin Restaurantleiter in den Zügen der FF. Ich fahre mit dem Zug also auch dienstlich über die Staatsgrenze hinweg. Ich werde beim Grenzübertritt zwischen Österreich und W sporadisch überprüft, aber nicht genau, weil sie uns auch kennen.
Hinsichtlich der festgestellten Geschwindigkeitsübertretung ist ein Strafverfahren gegen mich immer noch anhängig. Der Polizeibeamte hat dann wegen des fehlenden Reisedokumentes in etwa gesagt, dass ich dieses Mal noch eine mündliche Verwarnung bekommen würde, aber das nächste Mal sollte ich den Reisepass nicht vergessen. Seither führe ich den Reisepass bei Auslandsfahrten auch mit. Bei der Kontrolle war meine Ehefrau und mein Schwiegervater DD anwesend. Wir befanden uns alle drei im Auto. Mein Schwiegervater und meine Ehefrau haben auch mit dem Polizeibeamten geredet, der uns kontrollierte.
Der Polizeibeamte hat nicht gesagt, dass noch eine Strafe kommen würde oder dass noch eine Anzeige erstattet werden würde. Wegen der festgestellten Geschwindigkeitsübertretung wurde schon angekündigt, dass da noch eine Anzeige oder eine Strafe kommt.“
Die Ehefrau des Beschwerdeführers nahm von ihrem Entschlagungsrecht nicht Gebrauch und gab zum Sachverhalt befragt wahrheitsbelehrt Folgendes an:
„Ich bin die Ehefrau des Beschwerdeführers. Ich bin glaublich seit dem Jahr 2003 W-ische Staatsbürgerin. Ich bin seit dem Jahre 2006 mit dem Beschwerdeführer verheiratet. Ich bin im Jahre 1984 mit meinen Eltern aus V kommend nach W zugezogen. Ich halte mich seither immer in W auf. Ich bin auch nur in W einer Beschäftigung nachgegangen. In einem anderen EU-Staat habe ich mich weder länger aufgehalten noch bin ich in einem anderen EU-Staat einer Beschäftigung nachgegangen. Ich kann mich an die gegenständliche Fahrt im April 2016 noch erinnern. Ich war damals Beifahrerin bei meinem Ehemann. Er lenkte das Fahrzeug. Im Auto befanden sich noch mein Vater und zwei Kinder von mir. Bei der Anhaltung in X hat uns der Polizeibeamte zuerst mitgeteilt, dass mein Mann zu schnell gefahren sei. Mein Mann hat die Geschwindigkeitsübertretung bestritten. Er fragte, ob er Beweise hierfür hätte. Der Polizeibeamte sagte, dass das gemessen wurde. Es wurde angeboten, dass wir Euro 80,-- für das „Zu-schnell-Fahren“ zahlen sollten. Mein Mann hat das angebotene Strafmandat nicht bezahlt. Der Polizeibeamte hat dann nach den Papieren gefragt. Mein Mann zeigte dann die Aufenthaltskarte vor, seinen Z-ischen Personalausweis und seine Fahrzeugpapiere. Der Polizeibeamte sagte dann, dass mein Mann den Reisepass bei sich haben sollte. Wir sagten dann in etwa, dass das für uns neu sei, weil es so immer gereicht hätte. Er sagte dann in etwa, dafür müsse er ihn verwarnen. Von einer Anzeigeerstattung war nicht die Rede.“
Der ebenfalls bei der gegenständliche Übertretung anwesende und im PKW des Beschwerdeführers mitfahrende Zeuge DD gab zum Sachverhalt befragt wahrheitsbelehrt Folgendes an:
„Ich bin der Stiefvater der Ehefrau des Beschwerdeführers. Ich war damals bei der beanstandeten Fahrt dabei. Ich bin hinten rechts im Auto gesessen. Der Beschwerdeführer, der das Fahrzeug lenkte, wurde von den Polizeibeamten angehalten. Er wurde aufgefordert, die Papiere vorzuzeigen. Meinem „Schwiegersohn“ wurde angelastet, er sei zu schnell gefahren. Ich habe mich in die Amtshandlung eingemischt, obwohl ich nur Beifahrer war. Ich sagte in etwa, dass das nicht sein könne. Ich habe mich aufgeregt, weil behauptet worden wäre, dass wir zu schnell gefahren seien. Ich kenne meinen Schwiegersohn, der fährt immer korrekt. Es wurde dann keine Strafe für das „Zu-schnell-Fahren“ von meinem Schwiegersohn bezahlt. Ich wollte dann eigentlich Beweismittel. Ich habe mich sehr aufgeregt. Mein Schwiegersohn musste die Papiere herzeigen. Die Papiere wurden dann vom Polizeibeamten im Polizeiauto kontrolliert und überprüft. Der Polizeibeamte sagte dann in etwa, die Aufenthaltserlaubnis sei nicht gültig, er würde einen Reisepass benötigen. Am Schluss sagte der Polizeibeamte in etwa, das bleibt jetzt bei einer mündlichen Verwarnung. Dann wurden die Dokumente wieder zurückgegeben und wir konnten die Fahrt fortsetzen.“
Zuletzt wurde der die Verwaltungsübertretung feststellende und die Anzeige erstattende Polizeibeamte GI GG als Zeuge einvernommen. Dieser gab wahrheitsbelehrt Folgendes an:
„Ich kann mich an den gegenständlichen Vorfall nicht mehr konkret erinnern. Der Vorfall liegt bereits sehr lange zurück. Ich bin das 18. Jahr Polizeibeamter bei der Autobahnpolizeiinspektion U. Solche Kontrollen wie im gegenständlichen Falle gehören zu unserer täglichen Arbeit. Bei dem gegenständlichen Vorfall handelte es sich um eine Lasermessung mit Nachfahrt. Es wurde zuerst eine Geschwindigkeitsübertretung festgestellt und dann nachgefahren und der Lenker angehalten und kontrolliert. Ich habe die Anzeige erstattet und ich habe auch die Amtshandlung geleitet. Da ich mich konkret nicht mehr erinnern kann, muss ich auf die Ausführungen in der Anzeige und in meiner Stellungnahme verweisen. Ich kann mit Sicherheit behaupten, dass der Lenker nicht ermahnt wurde hinsichtlich des nicht mitgeführten Reisedokuments. Wenn ich ihn abgemahnt hätte, hätte ich keine Anzeige mehr erstattet. Es kommt schon vor, dass auch einmal ausländische Touristen wegen eines vergessenen Reisedokuments auch ermahnt werden, insbesondere betrifft dies Mitfahrende oder Familienangehörige.
Auf die Frage, warum nicht angezeigt wurde, dass der Fremde ohne das erforderliche Reisedokument einreiste, gebe ich an, dass für diese Anzeige das Einreisedatum und die Einreiseuhrzeit notwendig gewesen wäre. Diese Tatzeit ist schwer ermittelbar, insbesondere, weil es sich bei der Kontrolle um die Fahrt in Richtung W gehandelt hat. Aufgrund dessen wurde eine etwaige unrechtmäßige Einreise ohne erforderliches Reisedokument nicht zur Anzeige gebracht.
Auf Fragen durch den Rechtsvertreter gebe ich an, dass die Anhaltung wegen einer festgestellten Geschwindigkeitsübertretung erfolgte. Ich habe auch die Anzeige der festgestellten Geschwindigkeitsübertretung erstattet.
Auf Frage, ob es nicht sein kann, dass ich bei der Anzeigeerstattung der Geschwindigkeitsübertretung versehentlich auch noch die Übertretung nach dem FPG angezeigt habe, gebe ich an, dass dies nicht so ist, ansonsten hätte ich es mir nicht so notiert. Wenn ich eine Ermahnung erteile, notiere ich mir das vor Ort in einem mitgeführten Notizbuch.
Auf Frage gebe ich an, dass ich natürlich auch Ermahnungen ausspreche, aber ich notiere mir die Delikte, die dann anzuzeigen sind. Bei einer erteilten Ermahnung wird das nicht separat aufgeschrieben. Aufgeschrieben werden nur die anzuzeigenden Tatbestände, speziell damit ein solcher Fall eben nicht passieren kann. Das praktiziere ich so in den letzten 25 Jahren. Es hat diesbezüglich noch nie Probleme gegeben.“
In der abschließenden Stellungnahme beantragt der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, dass der Beschwerde stattgegeben werden möge, da im Zweifel davon auszugehen sei, dass doch eine Verwarnung erteilt wurde. Einer schriftliche Entscheidungsausfertigung wurde ausdrücklich zugestimmt.
Aufgrund des durchgeführten Verfahrens vor der belangten Behörde und vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol ergibt sich folgender verfahrensrelevanter Sachverhalt:
Es ist unstrittig, dass der Beschwerdeführer zur angegebenen Tatzeit am angegebenen Tatort auf der A 12 bei km **** in der Gemeinde X auf Aufforderung ihn nicht das erforderliche Reisedokument vorzeigen konnte und dass eine Beibringung des erforderlichen Reisedokuments, im gegenständlichen Fall wäre dies zB ein gültiger Z-ischer Reisepass des Beschwerdeführers gewesen, länger als eine Stunde in Anspruch genommen hätte. Der diesbezügliche Sachverhalt wurde vom Beschwerdeführer weder im Verfahren vor der belangten Behörde noch im Beschwerdeverfahren bestritten. Zu dem im Verfahren und auch in der Beschwerdeverhandlung geltend gemachten Rechtfertigungsgrund, dass das kontrollierende Organ gemäß § 50a VStG von der Einhebung einer Geldstrafe mit Organstrafverfügung abgesehen habe und dadurch eine Anzeige an die Strafbehörde nicht mehr zu erstatten gewesen sei und der anzeigende Polizeibeamte lediglich auf die Rechtswidrigkeit des Verhaltens des Beschwerdeführers aufmerksam gemacht habe, ist auszuführen, dass der als Zeuge einvernommene Polizeibeamte eine erfolgte Abmahnung iSd § 50a VStG glaubhaft und ausdrücklich verneinte und eine solche somit nicht stattgefunden habe und die Anzeige zu Recht erfolgte. Es ist diesbezüglich nicht ausgeschlossen, dass die Wahrnehmung des Beschwerdeführers und der im Auto anwesenden einvernommenen Zeugen, die sich zumindest auch in die Amtshandlung einmischten, eine andere war und diese nach ihren Wahrnehmungen von einer „Verwarnung“ iSd § 50a VStG ausgegangen sind. Dass tatsächlich eine solche Abmahnung nach § 50a VStG und ein daraus resultierender Verzicht auf eine strafrechtliche Anzeige bzw ein Verzicht auf die Einhebung einer Organstrafverfügung vorlag, konnte nicht nachgewiesen werden. Es ist daher diesbezüglich zu keiner „Doppelbestrafung“ durch das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren gekommen.
Der objektive Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretung lag jedenfalls vor und wurde dieser auch nicht bestritten. In subjektiver Hinsicht, also hinsichtlich des persönlichen Verschuldens, ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer tatsächlich der Meinung war, dass die mitgeführten Dokumente, nämlich der mitgeführte Führerschein, die W-ische unbefristete Aufenthaltskarte als Ehegatte einer EU-Bürgerin und der Z-ische Personalausweis („EE“) ausreichend für einen Tagesausflug nach Österreich seien. Angelastet wurde dem Beschwerdeführer im Gegenstandsfall nicht die unrechtmäßige Einreise ohne das erforderliche Reisedokument, nämlich einen gültigen Z-ischen Reisepass, und auch nicht der wegen der erfolgten unrechtmäßigen Einreise unrechtmäßige Aufenthalt im Bundesgebiet. Diese Übertretungen nach § 120 Abs 1 und 1a FPG sind schwerwiegender und mit Geldstrafen von Euro 100,00 bis Euro 1.000,00 bzw von Euro 500,00 bis Euro 2.500,00 bedroht. Die angelastete Übertretung nach § 32 FPG betrifft Pflichten eines Fremden zum Nachweis der Aufenthaltsberechtigung. Diesbezüglich konnte der Beschwerdeführer zwar nicht seinen gültig Z-ischen Reisepass jedoch ausreichend Dokumente vorzeigen, die einen Rückschluss auf seine Identität und auf die vorhandene W-ische Aufenthaltsberechtigung ermöglichten. Für Z-ische Staatsbürger, die in einer ähnlichen Situation ihren Wohnsitz in Österreich hätten, wäre der mitgeführte Aufenthaltstitel oder eine Dokumentation des bestehenden Aufenthaltsrechts nach dem NAG ausreichend gewesen (§ 32 Abs 4 FPG). Weiters handelt es sich im Gegenstandsfalle um einen Ehegatten einer EU-Bürgerin. Unter die Definition des begünstigten Drittstaatsangehörigen im Sinne des FPG fällt der Beschwerdeführer gerade nicht. Die Ehegattin des Beschwerdeführers ist als V-ische Staatsangehörige in den 1980er Jahren nach W zugezogen. Da die Verleihung der W-ischen Staatsbürgerschaft bereits vor dem Beitritt Vs zur EU im Mai 2004 erfolgte, hat sie ihr unionsrechtliches Aufenthaltsrecht nicht in Anspruch nehmen können bzw genommen. Ihr Ehegatte ist deswegen auch nicht als begünstigter Drittstaatsangehöriger im Sinne der Legaldefinition des § 2 Abs 4 Z 11 FPG anzusehen. Für EU-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige sieht § 32 FPG eine günstigere Bestimmung für die Aushändigung und das Mitführen erforderlicher Dokumente, wie sie auch für österreichische Staatsbürger gelten, vor.
Der einvernommene Polizeibeamte bestätigte bei der Beschwerdeverhandlung, dass in ähnlichen Fällen auch Ermahnungen ausgesprochen werden.
Zusammenfassend lagen im gegenständlichen Falle die Voraussetzungen nach § 45 Abs 1 Z 4 VStG jedenfalls vor, da die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und vor allem das Verschulden des grundsätzlich einsichtigen und unbescholtenen Beschwerdeführers als gering anzusehen waren und konnte daher von der Fortführung eines Strafverfahrens nach dem FPG abgesehen werden. Es war nach Rechtsansicht des Landesverwaltungsgericht Tirol notwendig und geboten, den Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines gezeigten Verhaltens eine Ermahnung zu erteilen, da davon auszugehen ist, dass der Beschwerdeführer sowohl beruflich als auch zu privaten Zwecken auch zukünftig regelmäßig nach Österreich einreisen, sich dort aufhalten und wieder ausreisen wird.
II. Unzulässigkeit der Revision:
Aufgrund der Tatsache, dass im gegenständlichen Verfahren weder die Verhängung einer Geldstrafe von mehr als Euro 750,00 möglich ist noch eine Geldstrafe von mehr als Euro 400,00 ausgesprochen wurde, ist gemäß § 25a Abs 4 VwGG die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.
Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Mag. Dr. Rieser
(Richter)
Schlagworte
Ermahnung;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2017.30.2862.3Zuletzt aktualisiert am
13.03.2018