TE Lvwg Erkenntnis 2018/2/20 LVwG-2018/41/0006-1

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Veröffentlicht am 20.02.2018
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Entscheidungsdatum

20.02.2018

Index

L65007 Jagd Wild Tirol;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VStG §44e Abs1
VStG §45 Abs1 Z1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Riedler über die Beschwerde des AA, vertreten durch RA BB, Adresse 1, Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Z vom 5.12.2017, Zl ****, betreffend eine Übertretung nach dem Tiroler Jagdgesetz,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang und Beschwerdevorbringen:

Mit Anzeige des Revierjägers CC der Genossenschaftsjagd F vom 17.10.2017 wurde dem nunmehrigen Beschwerdeführer vorgeworfen, er habe seit Juni 2015 „an nachweislich mindestens 5 Tagen und mehr in der Woche, zudem mit freilaufendem und laut jagendem Jagdhund, vorsätzliche Wildbeunruhigung, vorsätzliche Jagdstörung, unbefugtes Betreten von Jagdeinrichtungen und Befahren von Forststraßen ohne Genehmigung praktiziert.“

Diese Vorwürfe wurden von AA nach Aufforderung zur Rechtfertigung als Beschuldigter im Rahmen einer mündlichen Vernehmung am 6.11.2017 zurückgewiesen.

Nach zeugenschaftlicher Einvernahme des für das Jagdgebiet zuständigen Waldaufsehers DD wurde AA mit dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Z vom 5.12.2017, Zl ****, Folgendes zur Last gelegt:

„Sie haben folgende Verwaltungsübertretung begangen:

Tatzeit                   20.10.2016 bis 17.10.2017

Tatort                    Jagdgebiet F

Sie haben zur oben angeführten Tatzeit und am oben angeführten Tatort gegen das Tiroler Jagdgesetz verstoßen. Konkret haben sie im Zeitraum 20.10.2016 bis zumindest 17.10.2017, im Jagdgebiet F, Wild vorsätzlich und regelmäßig beunruhigt obwohl jede vorsätzliche Beunruhigung und jede Verfolgung von Wild, das Berühren und Aufnehmen von Jungwild sowie das Halten und Befördern von lebendem Wild durch Personen, die zur Jagdausübung nicht berechtigt sind, verboten ist.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 42 Abs 2 iVm § 70 Abs 2 Z 19 Tiroler Jagdgesetz 2004, LGBl 41/2004,

zuletzt geändert mit LGBl 26/2017 (in weiterer Folge kurz TJG)

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe (€): Gemäß:                                               Ersatzfreiheitsstrafe

200,00           § 70 Abs 2 Z 19 Tiroler Jagdgesetz 2004 idgF 72 Stunden“

Dagegen erhob AA, vertreten durch Rechtsanwalt BB, Beschwerde und beantragte, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, der Beschwerde Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos zu beheben und das Strafverfahren einzustellen, in eventu der Beschwerde Folge zu geben und eine Ermahnung auszusprechen, in eventu der Beschwerde Folge zu geben und die verhängte Strafe außerordentlich zu mildern. Zusammenfassend wurde begründend vorgebracht, dass die Erstbehörde den Tatvorwurf einzig und alleine auf die Anzeige des CC sowie die Aussage des Gemeindewaldaufsehers DD gestützt habe. Die Tatvorwürfe und Beweisergebnisse seien aber derart unkonkret, dass sich daraus keine Bestrafung rechtfertigen lasse.

Aus der Anzeige kämen keinerlei konkrete Tathandlungen hervor, durch welche er die ihm zur Last gelegte vorsätzliche Wildbeunruhigung, die vorsätzliche Jagdstörung,…usw überhaupt begangen haben soll. Lediglich das Vorhalten eines Straftatbestandes reiche nicht aus, um einen Tatvorwurf zu begründen. Tatsächlich hätte die Erstbehörde erheben müssen, welches konkrete Verhalten der Beschwerdeführer überhaupt an den Tag gelegt habe und ob dieses unter einen gesetzlichen Tatbestand zu subsumieren sei. Durch welches konkrete Verhalten der Beschwerdeführer das ihm vorgeworfene Tatbild erfüllt haben soll, gehe in weiterer Folge auch nicht ansatzmäßig aus dem Straferkenntnis oder der Anzeige hervor.

Auch der Tatzeitpunkt „seit Juni 2015 an nachweislich mindestens fünf Tagen und mehr“ sei derart unkonkret, dass sich darauf keine Bestrafung stützen lasse. Der Nachweis sei nicht erbracht worden. Von der Erstbehörde sei auf die Aussage des Waldaufsehers Herrn DD verwiesen worden. Dieser habe angegeben, dass der Beschwerdeführer „dem Berufsjäger auf Schritt und Tritt hinterher“ sei. Er habe wahrgenommen, dass der Beschwerdeführer meist alleine mit seinem nicht angeleinten Hund quer durch den Wald gehe. Der Hund sei verspielt, belle aber nicht herum. Dies stehe in krassem Widerspruch zur Anzeige, in welcher behauptet werde, dass der Beschwerdeführer die dort angezeigte Beunruhigung des Wildes mit freilaufendem „laut jagendem Jagdhund“ praktiziere. Selbst der Aussage dieses Zeugen, welchen die Erstbehörde sogar als Belastungszeugen bzw überhaupt als einziges Beweismittel heranziehen habe wollen, könne nicht ansatzweise eine vorsätzliche Wildbeunruhigung oder sonstige tatbildmäßige Handlung entnommen werden.

Mit dem gemäß § 33 ForstG verbundenen subjektiven Anspruch auf Betreten das Waldes zu Erholungszwecken sei zwangsläufig eine vermehrte Beunruhigung des Wildes verbunden, weshalb nicht jede Beunruhigung strafbar sei. Auch gebe es keinen Leinenzwang, weshalb sich aus der Aussage des Zeugen DD keine Verwaltungsübertretung ableiten lasse.

Nach § 44a Z 1 VStG habe der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung laute, (unter anderem) die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Die Umschreibung dieser Tat habe bereits im Spruch und nicht erst in der Bescheidbegründung so präzise zu erfolgen, dass der Beschuldigte seine Verteidigungsrechte wahren könne und nicht der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt sei. Auch Tatzeit und Tatort seien möglichst präzise anzugeben. Der Spruch dürfe keinen Zweifel daran bestehen lassen, wofür der Täter bestraft worden sei. Nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung bedürfe es im Bescheidspruch der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierenden Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat und die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift nötig seien. Es reiche dementsprechend nicht aus, den bloßen Gesetzeswortlaut unter Anführung der Tatzeit und des Tatortes wiederzugeben. Die Tat sei entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falls zu individualisieren, wobei der Umfang der notwendigen Konkretisierung vom einzelnen Tatbild abhänge. Diesen Erfordernissen werde das gegenständliche Straferkenntnis nicht gerecht. Weder aus Spruch noch Begründung des Straferkenntnisses gehe hervor, durch welche konkret gesetzte Verhaltensweise der Beschwerdeführer überhaupt den Tatvorwurf, nämlich vorsätzlich und regelmäßig Wild beunruhigt zu haben, verwirklicht habe. Dies habe zur Folge, dass es dem Beschwerdeführer nicht möglich sei, konkret auf die Vorwürfe und die erhobenen Beschuldigungen einzugehen und sich zu verteidigen. Damit werde dem Beschwerdeführer jeglicher Rechtsschutz von vornherein – in rechtsstaatlich bedenklicher Manier – verwehrt.

Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass auch nicht ansatzweise festgestellt worden sei, ob durch das Verhalten auch tatsächlich Wild beunruhigt worden sei. Auch hier seien von der Behörde Feststellungen unterlassen worden und entspreche das Straferkenntnis auch aus diesem Grund nicht dem § 44a VStG. Dabei wäre auch wesentlich gewesen, welches „Wild“ der Beschuldigte überhaupt durch sein (welches?) Verhalten vorsätzlich beunruhigt haben soll. Das „Wild“ werde im Tiroler Jagdgesetz unterschiedlich kategorisiert. Die Erstbehörde übersehe, dass das Wild im TJG zunächst in jagdbares und nicht jagdbares Wild eingeteilt werde. Von § 42 Abs 2 TJG seien jedoch nach einhelliger Lehrmeinung ausschließlich jagdbare Tiere umfasst. Die Erstbehörde hätte daher jedenfalls feststellen müssen, welches Wild der Beschwerdeführer vorsätzlich beunruhigt habe.

§ 44a VStG verlange darüber hinaus auch eine möglichst präzise Angabe des Tatortes. Die im angefochtenen Straferkenntnis vorgenommene Tatortbeschreibung „Jagdgebiet F“ sei letztlich zu unkonkret. Es könne dem Straferkenntnis nicht entnommen werden, ob die ihm angelasteten Taten (vorsätzlich) etwa in der Nähe von Fütterungen, Wildeinständen, Wildruhezonen, oder Ähnlichem begangen worden sein sollen. Hiezu fehle auch jegliches Beweisergebnis. Mit einer derart extensiv weiten Tatortumschreibung könne letztlich aber nicht beurteilt werden, ob die dem Beschwerdeführer angelasteten Tathandlungen überhaupt in der Lage gewesen seien, Wild zu beunruhigen. Das Gehen auf einem der vielen ausgewiesenen Wanderwegen im Jagdgebiet, bzw auch das Durchqueren des Waldes im Sinne des § 33 ForstG in unbedenklichen und vielleicht sogar durch Touristen oder Einheimische genutzten Waldflächen könne letztlich nicht zu einer Verwirklichung des Tatbildes führen.

Darüber hinaus sei auch die Tatzeit möglichst präzise anzugeben. Der von der Erstbehörde herangezogene Tatzeitraum „20.10.2016 bis 17.10.2017“ mit der Ergänzung „regelmäßig“ sei jedenfalls nicht in der Lage, dem Konkretisierungsgebot des § 44a VStG zu entsprechen. Daher sei es wiederum dem Beschuldigten nicht möglich, konkret auf die erhobenen Vorwürfe einzugehen und allenfalls nachweisen zu können, dass er (an einem konkreten Tatzeitpunkt) gar nicht am Tatort sein habe können.

Weiters sei die Begründung der Behörde nicht nachvollziehbar; falls eine solche überhaupt vorhanden sei, begnüge sich die belangte Behörde mit Scheinbegründungen, ohne sich mit den (fehlenden) Beweisergebnissen auseinanderzusetzen. Die Erstbehörde habe sich mit der Verantwortung des Beschwerdeführers nicht ansatzmäßig auseinandergesetzt und habe diese pauschal, ohne konkrete und nachvollziehbare Begründung, als Schutzbehauptung abgetan. Sie sei scheinbar auch der rechtsirrigen Auffassung, dass sich der Beschwerdeführer letztlich freibeweisen müsse. Das Ausmaß der Begründungspflicht richte sich nach dem von der Rechtsordnung anerkannten Rechtschutzinteresse der Parteien, wobei insbesondere im Verwaltungsstrafverfahren ein erhöhtes Rechtsschutzinteresse für den Beschuldigten bestehe, sodass Straferkenntnisse ausführlich zu begründen seien. Die Erfordernisse des § 60 AVG seien jedenfalls nicht erfüllt. Die Behörde begnüge sich in der Begründung mit der Scheinbegründung, dass dem Anzeiger – durch die Berufsjägerausbildung – „nicht die Fähigkeit abgesprochen werden könne, eine vorsätzliche Beunruhigung von einer unbewussten menschlichen Beunruhigung zu unterscheiden“. Weshalb man mit einer Berufsjägerausbildung in der Lage sei, die subjektive Tatseite und Vorwerfbarkeit einer Tathandlung beurteilen zu können, vermöge die Erstbehörde nicht aufzuklären. Tatsächlich handle es sich bei dieser Beurteilung um eine solche, die ausschließlich die Erstbehörde zu treffen gehabt hätte. Scheinbar habe diese lediglich die Beurteilung des Antragstellers ohne jegliche kritische Auseinandersetzung mit den unkonkreten Tatvorwürfen oder der unkonkreten Tatzeit und des unkonkreten Tatortes übernommen.

Die Erstbehörde begründe weiters, dass als vorsätzliche Beunruhigung bereits die mit dem Vorsatz der Störung der Bejagung durchgeführte Begehung von Jagdflächen oder Brunftplätzen qualifiziert werden könne. Dies sei nicht nachvollziehbar und werde noch einmal darauf hingewiesen, dass dem Beschwerdeführer im gesamten Straferkenntnis nicht ein konkretes (Fehl-)Verhalten vorgeworfen werde. Weshalb ihn daher auch die gesetzlichen Konsequenzen nach § 70 Abs 2 Z 19 TJG treffen sollten, sei nicht nachvollziehbar.

Aus der Aussage des Zeugen DD sei nicht zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer mit dem Vorsatz, Wild zu beunruhigen, durch den Wald gegangen sei. Im Gegenteil habe dieser sogar erklärt, dass der Hund nicht herumbelle und er den Beschwerdeführer nie auf jagdlichen Einrichtungen gesehen habe. Hier werde nochmals auf § 33 ForstG und das Recht, den Wald zu Erholungszwecken zu nützen, verwiesen. Wolle man die Kenntnis des Beschwerdeführers als Jäger, dass jedes Betreten des Waldes eine Beunruhigung des Wildes darstellt, so gegen ihn verwenden, dass daraus in subjektiver Sicht ein (bedingter) Vorsatz unterstellt wird, würde die Rechtsansicht der Erstbehörde ja bedeuten, dass alle Personen mit einer abgelegten Jagdprüfung, insbesondere die gesamte Jägerschaft keinen Wald mehr betreten dürfte, da ihnen immer der bedingte Vorsatz Wild zu beunruhigen unterstellt werden müsste. Dies würde § 33 ForstG jedoch ad absurdum führen.

Auch die Redewendung der Erstbehörde „als erwiesen annehmen“ zeige, dass die BH Z sich lediglich Scheinbegründungen bediene. Insgesamt werde in rechtsstaatlich bedenklicher Manier versucht, die Beweislast auf den Beschuldigten zu verschieben. Dies verstoße gegen die grundlegendsten Prinzipien des Straf- und Verwaltungsstrafverfahrens, wonach die Behörde das behauptete inkriminierende Verhalten unter Beweis zu stellen bzw von sich aus für die Durchführung aller zur Klarstellung des Sachverhaltes erforderlichen Beweisaufnahmen zu sorgen hat. Durch Würdigung der vorliegenden Beweise hätte die Erstbehörde daher zu dem Schluss kommen müssen, dass die Tatvorwürfe nicht nur unkonkret seien, sondern sich ein Tatvorwurf aus den vorliegenden Beweisergebnissen nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit ableiten lasse.

Gemäß § 24 VStG sei im Verwaltungsstrafverfahren auch § 13a AVG über die Manuduktionspflicht anzuwenden. Im Zweifel hätte die Erstbehörde den unvertretenen Beschwerdeführer zur Erhebung bestimmter Einwendungen und deren Ausgestaltung, aber auch zur richtigen Ausgestaltung eines Beweisanbots anleiten müssen. Die Erstbehörde habe aber auch im Rahmen der Amtswegigkeit und des Grundsatzes der materiellen Wahrheit auch von sich aus die der Entlastung dienlichen Umstände in gleicher Weise zu erheben und zu verwerten gehabt. Aus welchen Überlegungen die Erstbehörde den Zeugen EE nicht einvernehmen habe wollen, sei nicht erkennbar. Der Beschwerdeführer habe doch klar angegeben, dass er diesen „immer wieder in jagdlichen Angelegenheiten in der GJ F getroffen“ habe und hätte dieser dessen Angaben stützen können.

Letztlich sei auch die Geldstrafe überhöht. § 45 Abs 1 VStG würde auch wenn der Tatvorwurf berechtigt wäre, nicht zur Anwendung kommen und lägen die Voraussetzungen des § 20 VStG vor.

II.      Sachverhalt und Beweiswürdigung:

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Z, GZ **** sowie in den Akt des Landesverwaltungsgerichts Tirol, GZ 2018/41/0006. Weder in der Anzeige vom 17.10.2017, noch in der Aufforderung zur Rechtfertigung als Beschuldigter vom 20.10.2017 und im angefochtenen Straferkenntnis vom 05.12.2017 sind Tatort, Tatzeit und Tat so präzise umschrieben, dass eine Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierenden Verhaltens möglich ist. Durch welches konkrete Verhalten des Beschwerdeführers im Jagdgebiet F Wild vorsätzlich und regelmäßig beunruhigt wurde, wurde diesem gegenüber nicht gesetzeskonform vorgehalten.

Gem § 44 Abs 2 VwGVG hatte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass das mit Beschwerde angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war.

III.     Rechtslage und rechtliche Erwägungen:

Gemäß § 44a Verwaltungsstrafgesetz 1991 (kurz VStG) hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

1.   die als erwiesen angenommene Tat;

2.   die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;

3.   die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;

4.   den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;

5.   im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten.

Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG ist dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat, richtig und vollständig, in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen. Der Spruch muss geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Dafür muss die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau umschrieben sein, dass die Identität der Tat unter anderem nach Ort und Zeit unverwechselbar feststeht. Die Tat muss im Spruch so eindeutig umschrieben sein, dass kein Zweifel darüber besteht, wofür der Täter bestraft worden ist.

In der Aufforderung zur Rechtfertigung als Beschuldigter und im Spruch des Straferkenntnisses wurde von der belangten Behörde lediglich der Gesetzeswortlaut des § 42 Abs 2 TJG wiedergegeben und dabei dem Beschuldigten keine konkret umschriebene Tathandlung vorgeworfen. Durch die substanzlose Verwendung der verba legalia wird nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs noch keine Konkretisierung im Sinne der Anforderungen des § 44a Z 1 VStG vorgenommen. Denn es reicht nicht aus, den bloßen Gesetzeswortlaut unter Anführung von Tatzeit und Tatort wiederzugeben, sondern die Tat ist entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falles zu individualisieren (vgl mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] 1522, Anm 2 zu § 44a VStG).

Auch hinsichtlich des Tatorts, nämlich „Jagdgebiet F“, erfüllt das gegenständliche Straferkenntnis nicht die in § 44a VStG geforderte Bestimmtheit. Anhand der Nennung eines großen Gebietes, wie dies das Jagdgebiet der Genossenschaftsjagd F darstellt, wird keine Örtlichkeit derart bestimmt festgelegt, dass dem Beschuldigten die Möglichkeit gegeben wird, auf diesen konkreten Tatvorwurf Bezug zu nehmen und nicht der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt zu sein.

Ebenso ist der Tatzeitraum „regelmäßig vom 20.10.2016 bis 17.10.2017“ zu ungenau. Darüber hinaus lässt sich dem Straferkenntnis der belangten Behörde in keiner Weise entnehmen, wie sie auf den gegenständlichen Zeitraum, insbesondere auf den 20.10.2016, gekommen ist. Auch hinsichtlich dieses Punktes wird das Bestimmtheitsgebot demnach nicht erfüllt.

Da der Spruch somit hinsichtlich Tathandlung, Tatzeit und Tatort zu ungenau und unbestimmt ist bzw lediglich Gesetzesbestimmungen zitiert werden, entspricht das angefochtene Straferkenntnis nicht den Voraussetzungen des § 44a Abs 1 VStG, weshalb der Beschwerde sohin Folge zu geben war.

Da dem Beschwerdeführer die Begehung der Tat durch das zu wenig konkretisierte angefochtene Straferkenntnis nicht nachgewiesen werden konnte, war das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen.

IV.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Riedler

(Richter)

Schlagworte

Konkretisierungsgebot;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2018.41.0006.1

Zuletzt aktualisiert am

13.03.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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