Entscheidungsdatum
21.02.2018Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §73Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Schaber über die Beschwerde der AA und des BA, wohnhaft in der Adresse 1, Z, beide vertreten durch CC Rechtsanwälte OG, nunmehr Adresse 2, Y, gegen den Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde Z vom 19.06.2017, ohne Zahl, betreffend die Zurückweisung eines Devolutionsantrages
zu Recht:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang (Sachverhalt), Beweiswürdigung:
Mit Eingabe vom 04.10.2016 ersuchten AA und BA, wohnhaft in Adresse 1, Z, beide vertreten durch CC Rechtsanwälte OG, den Bürgermeister der Stadtgemeinde Z unter anderem um Auskünfte zu einem „Durchschlag eines behördlichen Auftrages an den Vorbesitzer der Wohnung der Eheleute A, ausgestellt an Herrn DD, datiert vom 21. Mai 1975“.
Mit Schreiben vom 10.10.2016 teilte der Bürgermeister der Stadtgemeinde Z dem Rechtsvertreter der AA und des BA mit, dass sich der angesprochene Durchschlag in einem Akt betreffend „Feuerbeschau“, welcher Herrn DD betraf, befindet. Gleichzeitig übermittelte der Bürgermeister dem Rechtsvertreter eine PDF-Ablichtung von diesem Durchschlag.
Mit Eingabe vom 02.11.2016, gerichtet an den Bürgermeister der Stadtgemeinde Z retournierten AA und BA die PDF-Ablichtung des Durchschlags verbunden mit dem Antrag, das „… retounierte Dokument, in eventu einen physischen Ausdruck dieses Dokuments, in eventu eine Ablichtung des im vorbezeichneten Akt erliegenden Dokuments, gemäß § 4 BeglV zu beglaubigen und die entsprechende beglaubigte Ausfertigung den Antragstellern zu Handen ihres Rechtsvertreters zuzustellen.“
Mit Schreiben vom 21.11.2016 teilte der Bürgermeister der Stadtgemeinde Z dem Rechtsvertreter der AA und des BA replizierend auf deren Eingabe vom 02.11.2016 mit, dass kein Rechtsanspruch auf die begehrte Beglaubigung bestehe.
Mit Eingabe vom 24.11.2016 wiesen die Beschwerdeführer den Bürgermeister der Stadtgemeinde Z auf seine Verpflichtung hin, im Falle der Nichtstattgebung des Ersuchens vom 02.11.2016 einen Bescheid zu erlassen.
Mit als Devolutionsantrag gemäß § 73 Abs 2 AVG betitelter Eingabe an den Stadtrat der Stadtgemeinde Z vom 04.05.2017 stellten AA und BA den Antrag, „… der Stadtrat der Stadtgemeinde Z wolle anstelle des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Z über ihren Antrag vom 02.11.2016 entscheiden und das am 02.11.2016 an den Bürgermeister der Stadtgemeinde Z elektronisch retounierte Dokument, in eventu einen physischen Ausdruck dieses Dokuments, in eventu eine Ablichtung des im vorbezeichneten Akt erliegenden Dokuments, gemäß § 4 BeglV beglaubigen und die entsprechende beglaubigte Ausfertigung den Antragstellern zu Handen ihres Rechtsvertreters zustellen.“
Mit Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde Z vom 19.06.2017, ohne Zahl, wurde der Devolutionsantrag gemäß § 73 Abs 2 AVG zurückgewiesen. Begründend führt die belangte Behörde aus, dass mangels Vorliegens eines Antrages auf Erlassung eines Bescheides eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegen könne. Ein Übergang der Entscheidungspflicht an die belangte Behörde komme daher nicht in Betracht.
In der fristgerecht dagegen erhobenen Beschwerde brachten AA und BA nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensablaufes vor, dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig sei, zumal die Beschwerdeführer entgegen den Ausführungen des Stadtrates einen Rechtsanspruch auf eine bescheidmäßige Erledigung ihres Antrages vom 02.11.2016 hätten und die belangte Behörde somit (im Devolutionswege) eine Sachentscheidung zu treffen gehabt hätte.
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in von der belangten Behörde vorgelegter Akten, das sind die Eingaben der Beschwerdeführer an den Bürgermeister der Stadtgemeinde Z vom 04.10.2016, vom 02.11.2016 und vom 24.11.2016, die Schreiben des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Z an die Beschwerdeführer vom 10.10.2016 und 21.11.2016, der Devolutionsantrag vom 04.05.2017, der in Beschwerde gezogene Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde Z vom 19.06.2017 und insbesondere der Durchschlag jenes Schriftstückes aus dem Jahre 1975, dessen beglaubigte Ausfertigung begehrt wird.
All die obangeführten Aktenteile sind den Beschwerdeführern nachweislich bekannt, wurden entweder von diesen selbst verfasst oder an diese nachweislich übermittelt und nehmen die Beschwerdeführer in ihrer Beschwerde auf all diese Aktenteile auch ausdrücklich Bezug. Das gilt insbesondere auch auf die von der belangten Behörde dem Landesverwaltungsgericht vorgelegte Abschrift jenes Schriftstückes aus dem Jahre 1975, dessen beglaubigte Ausfertigung von den Beschwerdeführern begehrt wird. Dieses Schriftstück wurde den Beschwerdeführern nachweislich eingescannt als PDF-Datei übermittelt. Das Original dieses Schriftstückes findet sich nicht in den vorgelegten Aktenteilen, was sich zwanglos erklären ließe, wenn dieses Schreiben im Original tatsächlich an Herrn DD ergangen sein sollte und die Stadtgemeinde Z nur eine „Pause“ davon zurückbehielt.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die im Übrigen auch nicht beantragt wurde, konnte aufgrund des § 24 Abs 4 VwGVG abgesehen werden. Der maßgebliche Sachverhalt steht unbestritten fest. Es waren keinerlei Fragen der Beweiswürdigung sondern ausschließlich Rechtsfragen zu klären und haben die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art 47 der Charter der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.
II. Wesentliche Rechtsgrundlagen:
Im Gegenstandsfall ist folgende Bestimmung der Tiroler Gemeindeordnung, BGBl Nr LGBl. Nr. 36/2001 idF LGBl. Nr. 77/2017, von Relevanz:
„§ 17
Besorgung des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde; Ausschluss des Instanzenzuges
(1) Die Gemeinde hat die Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches im Rahmen der Gesetze und Verordnungen des Bundes und des Landes, in eigener Verantwortung, frei von Weisungen und unter Ausschluss eines Rechtsmittels an Verwaltungsorgane außerhalb der Gemeinde zu besorgen.
(2) Gegen Bescheide der Gemeinde in den landesgesetzlich geregelten Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches ist unbeschadet des § 31 Abs. 2 die Berufung ausgeschlossen. Die in den verfahrensrechtlichen Bestimmungen vorgesehenen oberbehördlichen Befugnisse werden vom Gemeindevorstand ausgeübt.“
Im Gegenstandsfall ist weiters folgende Bestimmung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes – AVG, BGBl Nr 51/1991 idF BGBl I Nr 161/2013, von Relevanz:
„§ 73
(1) Die Behörden sind verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Sofern sich in verbundenen Verfahren (§ 39 Abs. 2a) aus den anzuwendenden Rechtsvorschriften unterschiedliche Entscheidungsfristen ergeben, ist die zuletzt ablaufende maßgeblich.
(2) Wird ein Bescheid, gegen den Berufung erhoben werden kann, nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen, so geht auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die Berufungsbehörde über (Devolutionsantrag). Der Devolutionsantrag ist bei der Berufungsbehörde einzubringen. Er ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.
(3) Für die Berufungsbehörde beginnt die Entscheidungsfrist mit dem Tag des Einlangens des Devolutionsantrages zu laufen.
III. Rechtliche Erwägungen:
Die Beschwerdeführer haben mit Eingabe an den Stadtrat der Stadtgemeinde Z vom 04.05.2017 den Antrag gestellt, „… der Stadtrat der Stadtgemeinde Z wolle anstelle des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Z über ihren Antrag vom 02.11.2016 entscheiden und das am 02.11.2016 an den Bürgermeister der Stadtgemeinde Z elektronisch retounierte Dokument, in eventu einen physischen Ausdruck dieses Dokuments, in eventu eine Ablichtung des im vorbezeichneten Akt erliegenden Dokuments, gemäß § 4 BeglV beglaubigen und die entsprechende beglaubigte Ausfertigung den Antragstellern zu Handen ihres Rechtsvertreters zustellen.“
Diese Eingabe wurde ausdrücklich als Devolutionsantrag gemäß § 73 Abs 2 AVG betitelt.
Dieser Devolutionsantrag wurde vom Stadtrat der Gemeinde Z mit Bescheid vom 19.06.2017, ohne Zahl, als unzulässig zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführer sehen darin eine rechtlich unzulässige Verweigerung einer Sachentscheidung (über den im Devolutionswege an den Stadtrat der Gemeinde Z zur Entscheidung herangetragenen Antrag vom 02.11.2016).
Diese Rechtsansicht der Beschwerdeführer wird vom Landesverwaltungsgericht nicht geteilt, wenn auch aus einem anderen Grund, als von der belangten Behörde in ihrer Begründung ausgeführt.
Der Devolutionsantrag ist eine in § 73 AVG 1991 normierte Möglichkeit, bei Verletzung der Entscheidungspflicht einer Behörde in einem Verfahren, in dem gegen den erlassenen Bescheid das Rechtsmittel der Berufung erhoben werden kann („administrativer Instanzenzug“), den Übergang der Zuständigkeit auf die Berufungsbehörde zu verlangen.
Seit Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 gibt es den administrativen Instanzenzug grundsätzlich nur mehr in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde. Ein solcher Instanzenzug kann in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde jedoch vom zuständigen (Bundes- oder Landes-)Gesetzgeber ausgeschlossen werden.
Der Gesetzgeber in Tirol hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und in § 17 Abs 2 Tiroler Gemeindeordnung normiert, dass gegen Bescheide der Gemeinde in den landesgesetzlichen Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches unbeschadet des § 31 Abs 2 die Berufung ausgeschlossen ist. Damit steht aber auch fest, dass für einen Devolutionsantrag nach § 73 AVG 1991 gegen Bescheide der Gemeinde in landesgesetzlichen Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches keine rechtliche Basis besteht. Bei einer Verletzung der Entscheidungspflicht durch das in erster Instanz zuständige Gemeindeorgan kann stattdessen Säumnisbeschwerde an das Landesverwaltungsgericht erhoben werden.
Der Instanzenzug in verfahrensrechtlichen Angelegenheiten richtet sich in Ermangelung einer ausdrücklichen anderen Regelung nach dem Instanzenzug in der Sache (vgl. die Nachweise bei Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht, S 252; VwGH vom 28.02.2005, 2001/10/0223).
Sache des dem in Beschwerde gezogenen Bescheides zu Grunde liegenden Verwaltungsverfahrens war der Antrag der Beschwerdeführer vom 02.11.2016 auf Übermittlung einer beglaubigten Ausfertigung eines mit 21.5.1975 datierten Schriftstückes, welches sich als Abschrift im Verwaltungsaktenbestand der Stadtgemeinde Z findet und in welchem einem DD, Adresse 3, Z, Maßnahmen im Zusammenhang mit einem Heizraum und darin gelagertem Heizöl vorgeschrieben werden (siehe dazu die Punkte 1. bis 4. des mit 21.5.1975 datierten Schriftstückes). Es geht in der Sache also offenkundig um eine Heizungsanlage und dessen Betrieb, sodass gegenständlich die Bestimmungen des Tiroler Gas-, Heizungs- und Klimaanlagengesetz 2013 zur Anwendung kommen. Der Instanzenzug in gegenständlicher Angelegenheit richtet sich daher nach dem Instanzenzug, welcher für Verfahren nach dem TGHGK 2013 vorgesehen ist.
Beim TGHKG 2013 handelt es sich gemäß § 41 leg cit um eine Angelegenheit, welche zum eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde zählt.
Wie bereits eingangs erwähnt, ist gemäß § 17 Abs 2 Tiroler Gemeindeordnung die Berufung gegen Bescheide der Gemeinden in den landesgesetzlichen Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches und damit auch der Rechtsbehelf des Devolutionsantrages ausgeschlossen.
Die bescheidmäßig erfolgte Zurückweisung des Devolutionsantrages durch die belangte Behörde erfolgte daher zu Recht.
Der Vollständigkeit halber wird noch angemerkt, dass für eine Umdeutung des Devolutionsantrages in eine Säumnisbeschwerde an das Landesverwaltungsgericht kein Anlass bestand, zumal die anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer ausdrücklich einen Devolutionsantrag beim Stadtrat der Stadtgemeinde Z eingebracht haben und diesen Rechtsbehelf das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz grundsätzlich nach wie vor kennt, auch wenn er im vorliegenden Fall vom Gericht als nicht zulässig erachtet wurde.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.
Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Mag. Gerald Schaber
(Richter)
Schlagworte
Devolutionsantrag; eigener Wirkungsbereich der Gemeinde;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2017.42.1783.6Zuletzt aktualisiert am
13.03.2018