TE Lvwg Erkenntnis 2018/2/21 LVwG-2017/26/1408-12

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Veröffentlicht am 21.02.2018
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Entscheidungsdatum

21.02.2018

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §52 Abs2
AVG §76 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Aicher über die Beschwerde

a) des AA sowie

b) der BB m.b.H.,

beide vertreten durch Rechtsanwälte Dr. CC und Mag. DD, Adresse 1, Z, gegen den Kostenbescheid der Bürgermeisterin der Gemeinde Y vom 25.04.2017, Zl ****, betreffend die Vorschreibung von Sachverständigengebühren als Barauslagen nach dem Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, nach Durchführung zweier öffentlicher mündlicher Verhandlungen,

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

1)   Vorgeschichte:

Mit Eingabe vom 06.07.2016 zeigten der nunmehrige Beschwerdeführer AA und die nunmehr beschwerdeführende BB m.b.H. bei der Bürgermeisterin der Gemeinde Y als Baubehörde dem Abbruch der Gebäude „Bauernhof samt Stall und freistehendem Schuppen“ auf den Grundstücken ****, **** sowie ****, jede KG Y, an.

Mit Bescheid der Bürgermeisterin der Gemeinde Y vom 02.11.2016 wurde auf der Rechtsgrundlage des § 42 Abs 3 TBO 2011 die Ausführung des Abbruches untersagt (Spruchpunkt I.), dies mit der Begründung, dass an der Erhaltung der Gebäude ein besonderes landeskulturelles Interesse bestehe und deren Instandhaltung oder Instandsetzung wirtschaftlich vertretbar sei.

Gegen diese Entscheidung wurde von den nunmehrigen Rechtsmittelwerbern Beschwerde erhoben, wobei ua als Mangel releviert wurde, dass keinerlei Fachstellungnahmen und Beweisergebnisse zur Frage der wirtschaftlichen Vertretbarkeit einer Instandhaltung bzw Instandsetzung der verfahrensgegenständlichen Gebäude vorliegen würden.

In der Folge ließ die belangte Behörde von Architekt DI EE ein Gutachten zu den fachlichen Fragestellungen des § 42 Abs 3 TBO 2011 erstellen und entschied auf dessen Grundlage mit Bescheid vom 27.01.2017 über die vorstehend angeführte Beschwerde dahingehend, dass diese als unbegründet abgewiesen wurde (Beschwerdevorentscheidung nach § 14 Abs 1 VwGVG).

In Bezug auf diese Beschwerdevorentscheidung der Bürgermeisterin der Gemeinde Y vom 27.01.2017 brachten die beiden Rechtsmittelwerber den Vorlageantrag vom 01.02.2017 ein.

2)

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid der Bürgermeisterin der Gemeinde Y vom 25.04.2017 wurde Herrn AA und der BB m.b.H. gemäß § 76 AVG 1991 die Zahlung der Gebühren des beigezogenen Sachverständigen DI EE im Betrag von insgesamt Euro 975,00 als Barauslagen aufgetragen, wobei die Fälligkeit dieses Betrages mit der Rechtskraft des Bescheides festgesetzt wurde.

Zur Begründung dieser Entscheidung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass im Zuge des von den beiden Beschwerdeführern eingeleiteten Abbruchverfahrens nach der TBO 2011 die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich geworden sei. Die in diesem Zusammenhang angefallenen Kosten entsprechend der gelegten Gebührennote seien von den beiden Einschreitern zu tragen.

Die Sachverständigengebühren seien mit Bescheid vom 15.03.2017 rechtskräftig gegenüber dem Gutachter mit Euro 975,00 bestimmt worden, diesen Betrag habe die Gemeinde Y bereits am 24.04.2017 bezahlt.

Die Beschwerde der beiden Einschreiter gegen die bescheidmäßige Bestellung eines nichtamtlichen Sachverständigen sei mit Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 13.03.2017 als unzulässig zurückgewiesen worden.

Ein amtlicher Sachverständiger stehe der Gemeinde Y nicht zur Verfügung, auch eine entsprechende Nachfrage beim Amt der Tiroler Landesregierung sei ergebnislos verlaufen.

Es würden damit die Voraussetzungen für die Vorschreibung der Sachverständigengebühren als Barauslagen im Sinne des § 76 Abs 1 AVG gegenständlich vorliegen.

3)

Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Beschwerde des AA und der BB m.b.H., mit welcher die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Bescheidbehebung und Zurückverweisung der Rechtssache an die belangte Behörde zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung beantragt wurden.

Begehrt wurde die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung.

Zur Begründung des Rechtsmittels brachten die beiden Beschwerdeführer kurz zusammengefasst vor, dass der bekämpfte Bescheid an einem Begründungsmangel leide, zumal nicht näher dargetan worden sei, dass kein entsprechender Amtssachverständiger zur Verfügung gestanden hätte.

Die belangte Behörde könne selbstverständlich auch auf Amtssachverständige anderer Behörden (Bezirkshauptmannschaft, Amt der Tiroler Landesregierung, etc) zurückgreifen.

Wenn in dem in Beschwerde gezogenen Bescheid ausgeführt werde, dass „auf Nachfrage beim Amt der Tiroler Landesregierung kein amtlicher Sachverständiger namhaft gemacht habe werden können“, so sei darauf zu verweisen, dass derartige Nachfragen nicht aktenkundig seien.

Die belangte Behörde habe auch das Recht auf Parteiengehör verletzt, habe sie die Bestellung eines nichtamtlichen Sachverständigen doch erst nach erfolgter Sachverständigenbestellung bekanntgegeben und das Gutachten des nichtamtlichen Sachverständigen überhaupt erst mit der Beschwerdevorentscheidung zugestellt.

Der Anspruch der belangten Behörde auf Barauslagenersatz sei dadurch jedenfalls verwirkt worden.

Das erstinstanzliche Verfahren sei bereits mit Bescheid der belangten Behörde vom 02.11.2016 abgeschlossen gewesen, sodass die belangte Behörde ihr Verfahren nach Beschwerdeerhebung nicht einfach fortsetzen und in diesem Verfahrensstadium einen nichtamtlichen Sachverständigen bestellen hätte dürfen.

Auch aus diesem Grund sei der bekämpfte Gebührenbescheid zu Unrecht ergangen.

Begehrt wurde die Einholung des Aktes des Landesverwaltungsgerichts Tirol zu Zl LVwG-**** und die Einvernahme eines näher bezeichneten Gemeindemitarbeiters als Zeugen.

4)

Das Landesverwaltungsgericht Tirol nahm am 11.07.2017 eine erste mündliche Beschwerdeverhandlung vor, in deren Rahmen zwei Auskünfte der Bezirkshauptmannschaft X einerseits und des Amtes der Tiroler Landesregierung zur Frage, ob bautechnische Sachverständige dieser Behörden den Gemeinden Tirols zur Verfügung gestellt werden können, dargetan wurden.

Von den Rechtsmittelwerbern wurde bei dieser Verhandlung der zusätzliche Beweisantrag gestellt, zu erheben, ob Amtssachverständige der Bezirkshauptmannschaft X und des Amtes der Tiroler Landesregierung aus den Fachbereichen der Ortsbildpflege und der Revitalisierung alter Bausubstanz den Gemeinden Tirols zur Verfügung stehen würden.

Die hierauf vom erkennenden Verwaltungsgericht einholten Auskünfte des Bezirkshauptmannes von X vom 13.07.2017 sowie des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 20.07.2017, wie auch das allgemeine Rundschreiben des Landesamtsdirektors vom 29.08.2017 wurden mit Schreiben des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 04.10.2017 dem Parteiengehör unterzogen.

Entsprechend der dazu ergangenen Stellungnahme der beiden Rechtsmittelwerber vom 18.10.2017 wurde vom entscheidenden Verwaltungsgericht auch noch eine Anfrage an das Bundesdenkmalamt gerichtet, ob amtliche Sachverständige des Bundesdenkmalamtes für die Erstellung von Gutachten zu den Fragestellungen des § 42 Abs 3 TBO 2011 den Gemeinden Tirols zur Verfügung gestellt werden können.

In der Folge wurde die von den beiden Beschwerdeführern mit Eingabe vom 18.10.2017 weiters beantragte mündliche Rechtsmittelverhandlung vorgenommen, dies am 16.01.2018.

II.      Sachverhalt:

Mit Eingabe vom 05.07.2016 (eingelangt bei der belangten Behörde am 06.07.2016) zeigten die nunmehrigen Rechtsmittelwerber der belangten Behörde den beabsichtigten Abbruch der Gebäude auf den Grundstücken ****, **** sowie ****, je KG Y, an, also den geplanten Abbruch des auf den genannten Grundstücken befindlichen Bauernhofes samt Stall sowie des dort freistehenden Schuppens.

Die belangte Behörde führte aufgrund dieser Abbruchanzeige ein Verfahren nach § 42 der Tiroler Bauordnung 2011 durch. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 02.11.2016 wurde der angezeigte Abbruch auf der Rechtsgrundlage des § 42 Abs 3 TBO 2011 untersagt.

In einem Verfahren nach § 42 Abs 3 TBO 2011 sind die fachlichen Fragestellungen zu prüfen und zu beantworten,

-    ob die Instandhaltung oder Instandsetzung des abbruchgegenständlichen Gebäudes oder Gebäudeteiles wirtschaftlich vertretbar ist und

-    an der Erhaltung des Gebäudes oder Gebäudeteiles ein besonderes landeskulturelles Interesse besteht.

Nachdem von den beiden Beschwerdeführern in ihrem Rechtsmittel, welches sie gegen den den Abbruch untersagenden Bescheid einbrachten, bemängelten, dass die Fragstellungen des § 42 Abs 3 TBO nicht ordnungsgemäß geklärt worden seien, holte die belangte Behörde ein entsprechendes Fachgutachten von einem nichtamtlichen Sachverständigen ein und erließ – gestützt auf dieses Sachverständigengutachten – die Beschwerdevorentscheidung vom 27.01.2017 mit dem Inhalt, dass die Beschwerde als unbegründet abgewiesen wurde.

Zur Klärung der relevanten Fragestellungen des § 42 Abs 3 TBO 2011 standen der belangten Behörde keine eigenen und auch keine amtlichen Sachverständigen der Bezirkshauptmannschaft X, des Amtes der Tiroler Landesregierung sowie des Bundesdenkmalamtes in Tirol zur Verfügung.

Der nichtamtliche Sachverständige wurde für das verfahrensgegenständliche Abbruchverfahren mit Bescheid der belangten Behörde vom 23.12.2016 bestellt. Eine dagegen von den Rechtsmittelwerbern erhobene Beschwerde wurde mit Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 13.03.2017 als unzulässig zurückgewiesen.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 15.03.2017 wurden die Gebühren des nichtamtlichen Sachverständigen, der das Fachgutachten für die Fragestellungen gemäß § 42 Abs 3 TBO 2011 im strittigen Abbruchverfahren erstellte, mit Euro 975,00 bestimmt. Dieser Betrag wurde von der Gemeinde Y am 24.04.2017 an den nichtamtlichen Sachverständigen bezahlt.

III.     Beweiswürdigung:

Im Wesentlichen ergeben sich die vorstehenden Feststellungen aus den grundsätzlich unbestritten gebliebenen Aktenunterlagen der belangten Behörde.

In Streit wurde von den Rechtsmittelwerbern diesbezüglich nur gezogen, ob seitens der belangten Behörde wirklich entsprechende Nachfragen beim Amt der Tiroler Landesregierung unternommen worden seien, um in Erfahrung zu bringen, ob Amtssachverständige des Landes Tirol für das gegenständliche Abbruchverfahren herangezogen hätten werden können. Von den Beschwerdeführern wurde bezweifelt, dass tatsächlich entsprechend den Ausführungen der belangten Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides derartige Nachfragen geschehen seien, zumal solche nicht aktenkundig gemacht worden seien.

Die Feststellung, dass der belangten Behörde zur Klärung der Fragestellungen des § 42 Abs 3 TBO 2011, mithin der Fragen

-    der wirtschaftlichen Vertretbarkeit einer Instandhaltung oder Instandsetzung der zum Abbruch angezeigten Gebäude und

-    des besonderen landeskulturellen Interesses an der Erhaltung dieser Gebäude,

keine Amtssachverständigen der Bezirkshauptmannschaft X, des Amtes der Tiroler Landesregierung und des Bundesdenkmalamtes in Tirol zur Verfügung gestanden haben, gründet auf die entsprechenden Auskünfte dieser Behörden auf Nachfrage durch das Landesverwaltungsgericht Tirol.

IV.      Rechtslage:

Die im vorliegenden Beschwerdefall maßgeblichen Rechtsvorschriften des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl Nr 51/1991, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl I Nr 161/2013, haben folgenden Wortlaut:

„§ 52. AVG

Sachverständige

(1) Wird die Aufnahme eines Beweises durch Sachverständige notwendig, so sind die der Behörde beigegebenen oder zur Verfügung stehenden amtlichen Sachverständigen (Amtssachverständige) beizuziehen.

(2) Wenn Amtssachverständige nicht zur Verfügung stehen oder es mit Rücksicht auf die Besonderheit des Falles geboten ist, kann die Behörde aber ausnahmsweise andere geeignete Personen als Sachverständige (nichtamtliche Sachverständige) heranziehen.

(3) …

§ 76. AVG

(1) Erwachsen der Behörde bei einer Amtshandlung Barauslagen, so hat dafür, sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht auch diese Auslagen von Amts wegen zu tragen sind, die Partei aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat. Als Barauslagen gelten auch die Gebühren, die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehen. Kosten, die der Behörde aus ihrer Verpflichtung nach § 17a erwachsen, sowie die einem Gehörlosendolmetscher zustehenden Gebühren gelten nicht als Barauslagen. Im Falle des § 52 Abs. 3 hat die Partei für die Gebühren, die den nichtamtlichen Sachverständigen zustehen, nur soweit aufzukommen, als sie den von ihr bestimmten Betrag nicht überschreiten.

(2) …

V.       Erwägungen:

1)

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes „stehen“ den Gemeindebehörden die einer Landesregierung oder der örtlich zuständigen Bezirkshauptmannschaft beigegebenen Amtssachverständigen auch bei der Vollziehung im eigenen Wirkungsbereich gemäß § 52 Abs 1 AVG „zur Verfügung“, wobei eine Mitwirkung eines solchen Sachverständigen aber dann unterbleiben kann, wenn es die einem amtlichen Sachverständigen im Bereich jener Behörde, der er beigegeben ist, übertragenen Aufgaben nicht mehr gestatten, weitere Verpflichtungen der anderen Behörden zu übernehmen, ohne dass gegen die in § 39 Abs 2 AVG formulierten Grundsätze (Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit) verstoßen würde (VwGH 25.02.2010, Zl 2005/06/0370).

War das Bemühen der Behörde erster Instanz gegenüber dem Amt der Landesregierung, Amtssachverständige zur Verfügung gestellt zu erhalten, ohne Erfolg, liegen die Voraussetzungen für die Heranziehung notwendiger nichtamtlicher Sachverständiger gemäß § 52 Abs 2 AVG vor (VwGH 29.04.2015, Zl 2013/06/0023, und 06.09.2011, Zl 2008/05/0242).

Fallbezogen hat nun die belangte Behörde in dem in Beschwerde gezogenen Bescheid in der Begründung ausgeführt, dass auf Nachfrage beim Amt der Tiroler Landesregierung auch kein amtlicher Sachverständiger für das gegenständliche Verfahren genannt habe werden können. Ebenso hat die belangte Behörde begründungsweise dargelegt, dass ihr selbst kein Amtssachverständiger zur Verfügung stehe.

Letzteren Umstand, also dass der Gemeinde Y keine geeigneten Amtssachverständigen für das streitverfangene Abbruchverfahren zur Verfügung stehen, haben die Rechtsmittelwerber vorliegend gar nicht in Abrede gestellt, jedoch haben sie bezweifelt, dass ausreichende Ermittlungen von der belangten Behörde gepflogen worden seien, Amtssachverständige anderer Behörden für das Gegenstandsverfahren zu gewinnen. Sie wiesen darauf hin, dass entsprechende Ermittlungsschritte nicht aktenkundig und somit diesbezüglich ausreichende Beweisergebnisse nicht gegeben seien.

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat nun auf Beschwerdeebene mit Blick auf die Beschwerdeausführungen entsprechende Anfragen an die Bezirkshauptmannschaft X, das Amt der Tiroler Landesregierung und schließlich auch an das Bundesdenkmalamt in W gerichtet.

Der Bezirkshauptmann von X teilte in Beantwortung der Anfrage mit, dass der Bezirkshauptmannschaft X kein Amtssachverständiger aus den angefragten Fachgebieten beigegeben ist.

Von der Abteilung Organisation und Personal des Amtes der Tiroler Landesregierung wurde bekanntgegeben, dass grundsätzlich drei Mitarbeiter mit entsprechenden Kenntnissen auf dem Gebiet des Ortsbildschutzes beim Land Tirol tätig sind, diese allerdings aus zeitlichen Gründen im Hinblick auf die Erfordernisse des Dienstbetriebes des Landes Tirol nicht als Gutachter für Bauverfahren der Gemeinden tätig sein können.

Vom Bundesdenkmalamt in W konnte in Erfahrung gebracht werden, dass Fragen zur wirtschaftlichen Zumutbarkeit, die in der Tiefe eines Gutachtens münden, an private Gutachter ausgegeben werden, zumal für eine solche Beurteilung spezifische fachliche Kenntnisse wie auch zeitliche Ressourcen benötigt werden, die beim Bundesdenkmalamt nicht gegeben sind. Amtshilfe für Gemeinden gibt es nur im Zusammenhang mit der Beurteilung der kulturellen Bedeutung.

Schließlich gelangte dem erkennenden Verwaltungsgericht das allgemeine Rundschreiben des Landesamtsdirektors vom 29.08.2017 zur Kenntnis, wonach den Gemeindebehörden im Rahmen baurechtlicher Verfahren vom Amt der Tiroler Landesregierung und von den Bezirkshauptmannschaften keine hochbautechnischen Amtssachverständigen zur Verfügung gestellt werden können, weil dies die gegebene Personalausstattung nicht zulässt.

Angesichts dieser auf Rechtsmittelebene eingeholten Auskünfte in Frage kommender Behörden, wonach diese der belangten Behörde keinen geeigneten Amtssachverständigen zur Beantwortung der fachlichen Fragestellungen des § 42 Abs 3 TBO 2011 zur Verfügung stellen hätten können, um das von den Beschwerdeführern in Gang gesetzte Abbruchverfahren ordnungsgemäß durchführen zu können, liegen im Gegenstandsfall die Voraussetzungen des § 52 Abs 2 AVG 1991 vor, dass für das streitverfangene Abbruchverfahren ein nichtamtlicher Sachverständiger beigezogen hat werden können, um die Fragen zu klären,

-    ob die zum Abbruch angezeigten Gebäude wirtschaftlich vertretbar instand gehalten oder instand gesetzt werden können und

-    ob an der Erhaltung dieser Gebäude ein besonderes landeskulturelles Interesse besteht.

Was die Rüge der Beschwerdeführer anbelangt, aktenkundig seien von der belangten Behörde keine Ermittlungsschritte dokumentiert worden, ob Amtssachverständige anderer Behörden für das strittige Verfahren zur Verfügung gestanden wären, so mag zwar in dieser Hinsicht ein Mangel der erstinstanzlichen Aktenunterlagen gegeben sein, fordert doch auch der Verwaltungsgerichtshof in seiner Judikatur eine Dokumentierung des Bemühens einer Gemeinde, Amtssachverständige des Amtes der Landesregierung oder der Bezirkshauptmannschaft zur Verfügung gestellt zu erhalten (VwGH 06.09.2011, Zl 2008/05/0242).

Nach dem Ausweis der dem erkennenden Verwaltungsgericht vorgelegten Aktenunterlagen hat die belangte Behörde die von ihr ins Treffen geführten Nachfragen beim Amt der Tiroler Landesregierung über Amtssachverständige nicht in Form eines Aktenvermerkes dokumentiert. Entsprechend dem Vorlageschreiben vom 08.06.2017 sollen diesbezügliche Nachfragen bei der Abteilung Bau- und Raumordnungsrecht sowie bei der Abteilung Dorferneuerung des Amtes der Tiroler Landesregierung erfolgt sein, dies mit dem Ergebnis, dass kein Amtssachverständiger des Amtes der Tiroler Landesregierung namhaft gemacht habe werden können.

Diese mangelnde Dokumentierung der Nachfragen der belangten Behörde beim Amt der Tiroler Landesregierung, ob seitens des Landes Tirol für das strittige Abbruchverfahren ein Amtssachverständiger zur Beantwortung der fachlichen Fragestellungen des § 42 Abs 3 TBO 2011 zur Verfügung gestellt werden könnte, führt nun im Gegenstandsfall allerdings nicht zu einem anderen Verfahrensergebnis, insbesondere nicht dazu, dass die Voraussetzungen des § 52 Abs 2 AVG 1991 für die Beiziehung eines nichtamtlichen Sachverständigen gegenständlich nicht gegeben gewesen wären, da ein entsprechender Amtssachverständiger einer anderen Behörde der belangten Behörde zur Verfügung gestanden wäre.

Das auf Beschwerdeebene durchgeführte Ermittlungsverfahren durch das Landesverwaltungsgericht Tirol hat nämlich zweifelsfrei erbracht, dass ein entsprechender Amtssachverständiger einer anderen Behörde der belangten Behörde für das streitverfangene Abbruchverfahren nicht im Wege der Amtshilfe zur Verfügung gestellt hätte werden können.

Die mangelnde Dokumentierung der Bemühungen der belangten Behörde, einen Amtssachverständigen einer anderen Behörde für das strittige Verfahren zu gewinnen, wurde somit jedenfalls durch das Beweisverfahren des Landesverwaltungsgerichts Tirol saniert.

2)

Insoweit die beiden Beschwerdeführer eine Verletzung ihres Rechtes auf Parteiengehör geltend machen, weil das Gutachten des nichtamtlichen Sachverständigen ihnen erst mit der Beschwerdevorentscheidung übermittelt worden sei, sind sie darauf hinzuweisen, dass diese (behauptete) Verletzung des Rechtes auf Parteiengehör im Rechtsmittelverfahren gegen die Beschwerdevorentscheidung der Bürgermeisterin der Gemeinde Y vom 27.01.2017 geltend zu machen ist, vorliegend damit aber nichts zu gewinnen ist, weil die nicht bzw verspätet erfolgte Übermittlung des Gutachtens im Zusammenhang mit der Vorschreibung der Sachverständigengebühren zur Zahlung keine verfahrensmaßgebliche Bedeutung hat.

Soweit sie bemängeln, dass die belangte Behörde ihnen die Bestellung eines nichtamtlichen Sachverständigen für das von ihnen in Gang gesetzte Abbruchverfahren erst im Nachhinein (in Nichtbeachtung des Grundsatzes des Parteiengehörs) bekanntgegeben habe, ist vom erkennenden Verwaltungsgericht festzuhalten, dass ein allfälliger diesbezüglicher Verfahrensmangel der belangten Behörde aufgrund des vom Verwaltungsgericht durchgeführten Rechtsmittelverfahrens mit Vornahme zweier öffentlicher mündlicher Beschwerdeverhandlungen als saniert betrachtet werden kann, wenn man davon absieht, dass die Bestellung eines nichtamtlichen Sachverständigen den Antragstellern gegenüber lediglich eine Verfahrensanordnung darstellt und folglich der Bestellungsbescheid den Beschwerdeführern auch gar nicht zugestellt werden musste.

3)

Wenn die Rechtsmittelwerber schließlich vermeinen, das erstinstanzliche Verfahren sei bereits mit Bescheid der belangten Behörde vom 02.11.2016 abgeschlossen gewesen und hätte die belangte Behörde aufgrund ihrer Beschwerde das Verfahren nicht fortsetzen dürfen und dabei die strittige Bestellung eines nichtamtlichen Sachverständigen vornehmen, ist ihnen Folgendes entgegenzuhalten:

Eine Verwaltungsbehörde – wie vorliegend die Bürgermeisterin der Gemeinde Y als Baubehörde – ist nach § 14 VwGVG berechtigt, eine Beschwerdevorentscheidung zu treffen, wenn gegen eine behördliche Entscheidung das Rechtsmittel der Beschwerde ergriffen wird.

In diesem Verfahren zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung kann eine Behörde selbstredend auch erforderliche ergänzende Ermittlungsschritte vornehmen, ua ein Sachverständigengutachten einholen.

Die von der Beschwerdeführerseite behauptete Unzulässigkeit der Bestellung eines nichtamtlichen Sachverständigen in diesem Verfahrensstadium ist daher nicht gegeben. Infolgedessen kann – aus diesem Grund und darauf gestützt – die nachfolgende Kostenvorschreibung auch nicht unzulässig sein, jedenfalls nicht aus dem Titel der (vermeintlichen) Unzulässigkeit einer Sachverständigenbestellung im Verfahren zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung.

4)

Zu den Beweisanträgen ist festzuhalten, dass die beantragte Einholung des Aktes des Landesverwaltungsgerichts Tirol zu Zl LVwG-**** geschehen ist. Gleichermaßen wurden die beiden beantragten mündlichen Rechtsmittelverhandlungen vorgenommen.

Entsprechend den Beschwerdeausführungen wurden entsprechende Anfragen an die Bezirkshauptmannschaft X, das Amt der Tiroler Landesregierung sowie an das Bundesdenkmalamt in W gerichtet, ob diese Amtssachverständige der belangten Behörde für das strittige Abbruchverfahren zur Beantwortung der Fragestellungen des § 42 Abs 3 TBO 2011 zur Verfügung stellen hätten können.

Die Einvernahme eines Gemeindemitarbeiters der Gemeinde Y sowie die Befragung eines informierten Vertreters des Bundesdenkmalamtes mussten nicht mehr vorgenommen werden, da der entscheidungswesentliche Sachverhalt auch ohne diese Beweisaufnahmen ausreichend geklärt werden konnte.

Die Beschwerdeführer haben auch nicht näher begründet dargetan, weshalb die beantragten Befragungen unbedingt notwendig sein sollen, wenn doch durch die sonstigen vom erkennenden Verwaltungsgericht gesetzten Ermittlungsschritte – insbesondere die geschehenen Anfragen wie vorbeschrieben – der relevante Sachverhalt auch anderweitig hinreichend klargestellt werden konnte.

5)

Zusammenfassend ist in der vorliegenden Rechtssache festzustellen, dass die Beschwerdeführer von der belangten Behörde mit dem angefochtenen Bescheid zu Recht zur Kostentragung der Sachverständigengebühren für den beigezogenen nichtamtlichen Gutachter herangezogen worden sind, da sie das in Prüfung stehende Verwaltungsverfahren mittels Abbruchanzeige in Gang gesetzt haben und der belangten Behörde zur Klärung der fachlichen Fragestellungen des § 42 Abs 3 TBO 2011 weder ein eigener Amtssachverständiger beigegeben ist noch ein solcher Sachverständiger anderer Behörden zur Verfügung gestanden hat.

Die gegen die Kostenentscheidung vorgetragenen Argumente sind – wie aufgezeigt – nicht geeignet, die Zahlungspflicht der Beschwerdeführer in Frage zu stellen.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die in der gegenständlichen Beschwerdesache zu lösenden Rechtsfragen konnten anhand der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in Wien einwandfrei einer Beantwortung zugeführt werden.

An die in der vorliegenden Rechtsmittelentscheidung aufgezeigte Judikatur des Höchstgerichts hat sich das entscheidende Verwaltungsgericht auch gehalten, sodass eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Gegenstandsfall für das Landesverwaltungsgericht Tirol nicht hervorgekommen ist.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Aicher

(Richter)

Schlagworte

Barauslagen; nichtamtlicher Sachverständiger; Abbruchverfahren;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2017.26.1408.12

Zuletzt aktualisiert am

13.03.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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