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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §58 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Killian, über die Beschwerde des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau vom 20. Mai 1998, Zl. 25-31/4/98, betreffend Rodungsbewilligung (mitbeteiligte Partei: Firma P Ges.m.b.H in Obervellach), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird, soweit damit über eine Rodungsbewilligung in Ansehung des Grundstückes Nr. 288/2, KG Penk, abgesprochen wird, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau vom 20. Mai 1998 wurde der mitbeteiligten Partei die Bewilligung zur Rodung für verschiedene Teilflächen der Grundstücke Nr. 287/1 (900 m2), 288/2 (2.885 m2) und 288/3 (544 m2), alle KG P., im Gesamtausmaß von 4.329 m2, zum Zwecke der Schaffung eines Lagerplatzes zur Lagerung von Schotter und Baumaterial nach Maßgabe eines zum integrierenden Bestandteil des Bescheides erklärten Lageplanes und bei Einhaltung mehrerer Auflagen, u.a. jener erteilt, dass die Gültigkeit der Rodungsbewilligung an die ausschließliche Verwendung der Rodefläche zur Schaffung eines Lagerplatzes gebunden werde, das Grundstück Nr. 288/2, KG.P. jedoch nach Abschluss der Deponiarbeiten in weiterer Folge als Wiese genutzt werde. Jede andere Verwendung der Rodefläche führe zum Erlöschen der Rodungsbewilligung. Hiezu wurde - nach Darstellung des Ermittlungsverfahrens und der angewendeten Rechtsvorschriften - im Wesentlichen ausgeführt, es bestehe an der dringend notwendig gewordenen Verbringung von Abfall- und Abbauschuttmaterial ein öffentliches Interesse, das, wie sich aus dem Gutachten des forsttechnischen Amtssachverständigen ergebe, höher zu bewerten sei, als das öffentliche Interesse an der Erhaltung der von der Rodung betroffenen Flächen als Wald.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vom Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft gemäß § 170 Abs. 8 Forstgesetz unter Anschluss der Verwaltungsakten erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde unterließ es - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift zu erstatten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, inhaltlich jedoch nur insoweit, als damit eine Rodungsbewilligung in Ansehung des Grundstückes Nr. 288/2, KG P. erteilt wurde. Er bringt im Wesentlichen vor, es sei zwar das öffentliche Interesse an der Deponieerrichtung begründet und auch klar gestellt worden, weshalb dieses das öffentliche Interesse an der Walderhaltung übersteige. Was jedoch in Ansehung des Grundstückes Nr. 288/2, KG P. die im Anschluss an die Verwendung der Rodefläche als Deponieplatz beabsichtigte Verwendung als Wiese ("Folgenutzung") anlange, fehle es an entsprechenden Feststellungen. Werde eine Rodungsbewilligung für aufeinander folgende verschiedene Zwecke erteilt, reiche es aber nicht aus, die für die Durchführung der Interessenabwägung erforderlichen Feststellungen nur für einen - den zuerst verwirklichten - Zweck zu treffen. Vielmehr müssten für jeden Zweck, und somit für jedes diesbezüglich zu Grunde liegende öffentliche Interesse an einer Rodung auf entsprechende Ermittlungen gestützte, nachvollziehbare Feststellungen getroffen werden. Würde für die "Folgenutzung" und damit für die letztlich endgültig andere Verwendung der Rodefläche keine Interessenabwägung durchgeführt, so würde das eine Aushöhlung der Rodungsbestimmungen des § 17 Forstgesetz bedeuten.
Gemäß § 17 Abs. 1 Forstgesetz ist die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) verboten.
Unbeschadet der Bestimmung des Abs. 1 kann die gemäß § 19 Abs. 1 zuständige Behörde gemäß § 17 Abs. 2 Forstgesetz eine Bewilligung zur Rodung erteilen, wenn ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald überwiegt.
Die Rodungsbewilligung ist gemäß § 18 Abs. 1 Forstgesetz erforderlichenfalls an Bedingungen zu binden und mit Auflagen zu versehen, durch welche Gewähr leistet ist, dass die Walderhaltung über das bewilligte Ausmaß hinaus nicht beeinträchtigt wird. Insbesondere sind danach
a) ein Zeitpunkt festzusetzen, zu dem die Rodungsbewilligung erlischt, wenn der Rodungszweck nicht erfüllt wurde,
b) die Gültigkeit der Bewilligung an die ausschließliche Verwendung der Fläche zum beantragten Zweck zu binden und
c) Maßnahmen vorzuschreiben, die zur Hintanhaltung nachteiliger Auswirkungen für die umliegenden Wälder oder zum Ausgleich des Verlustes an Waldfläche (Ersatzaufforstung) geeignet sind.
Geht aus dem Antrag hervor, dass der beabsichtigte Zweck der Rodung nicht von unbegrenzter Dauer sein soll, so ist gemäß § 18 Abs. 4 Forstgesetz im Bewilligungsbescheid die beantragte Verwendung als vorübergehend zu erklären und entsprechend zu befristen, ferner die Auflage zu erteilen, dass der Waldgrund nach Ablauf der festgesetzten Frist wieder zu bewalden ist (befristete Rodung).
Gemäß § 19 Abs. 1 Forstgesetz sind Bescheide, mit denen eine Rodungsbewilligung erteilt wird, auch dann zu begründen, wenn dem Antrag vollinhaltlich Rechnung getragen wird.
Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung des Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammen zu fassen.
Ausgehend von diesen Bestimmungen ist es Sache der Forstbehörde, gestützt auf entsprechende Ermittlungsergebnisse in einer der nachprüfenden Kontrolle zugänglichen Weise darzutun, ob und inwiefern am dargelegten Rodungszweck ein öffentliches Interesse besteht und gegebenenfalls, ob und aus welchen Gründen dieses öffentliche Interesse jenes an der Erhaltung der zur Rodung beantragten Fläche als Wald überwiegt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 20. September 1999, Zl. 99/10/0131, und die hier zitierte Vorjudikatur).
Wird die Rodung für einen Rodungszweck von begrenzter Dauer und einen daran anschließenden Rodungszweck von unbegrenzter Dauer begehrt, so sind - wie in der vorliegenden Amtsbeschwerde zutreffend ausgeführt wird - von der Forstbehörde entsprechende Darlegungen sowohl betreffend den primären, als auch betreffend den daran anschließenden Rodungszweck zu treffen. Denn es werden mit der auf Grund dieses Antrages erteilten Rodungsbewilligung unter einem und daher untrennbar miteinander verbunden eine befristete Rodung für den "primären" Rodungszweck ebenso wie eine unbefristete Rodung für den Zweck der anschließenden "Folgenutzung" bewilligt.
Die belangte Behörde hat daher, indem sie es unterließ, die erforderlichen Feststellungen in Ansehung der "Folgenutzung" zu treffen, den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können, belastet. Dieser war somit im beantragten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Wien, am 27. April 2000
Schlagworte
Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete GesetzesbestimmungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1998100322.X00Im RIS seit
20.11.2000