Entscheidungsdatum
01.03.2018Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W196 2186839-1/4Z
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. SAHLING als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , vertreten durch die ARGE Rechtsberatung, Diakonie Flüchtlingsdienst gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.01.2018, Zl. 1165107808-170976773, beschlossen:
A)
Der Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht zuerkannt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt
1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Moldawien. Über ihn wurde nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 23.08.2017 die Schubhaft angeordnet. Überdies wurde betreffend den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung bezogen auf seinen Herkunftsstaat Moldawien getroffen und mit einem auf 5 Jahre befristeten Einreiseverbot verbunden. Diese Entscheidung erwuchs am 08.09.2017 in Rechtskraft. Bereits zuvor - am 01.09.2017 - war der Beschwerdeführer freiwillig in den Herkunftsstaat zurückgekehrt.
2. Nur wenige Tage nach seiner Ausreise kehrte der Beschwerdeführer nach Österreich zurück und wurde am 19.09.2017 festgenommen. Danach befand er sich im Stande der Anhaltung und ab 22.09.2017 für gut sechs Wochen in Untersuchungshaft - ausdrücklich aufgrund von Fluchtgefahr. Eine Woche nach Beginn der Untersuchungshaft wurde ihm ein schriftliches Parteiengehör betreffend die Erlassung einer (weiteren) Rückkehrentscheidung und/oder eines Schubhaftbescheides übermittelt. Zu diesem nahm der Beschwerdeführer nicht Stellung. Am 07.11.2017 wurde er wegen (qualifizierter) Vermögensdelikte zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten, davon 17 Monate bedingt nachgesehen für die Dauer von drei Jahren, verurteilt. Am 11.12.2017 beantragte das Bundesamt die neuerliche Ausstellung eines Heimreisezertifikates.
3. Mit Bescheid vom 15.12.2017 wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung und zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Ausdrücklich wurde festgehalten, dass die Rechtsfolgen erst nach der Entlassung des Beschwerdeführers aus der Gerichtshaft eintreten würden. Begründend wurde insbesondere ausgeführt, dass der Beschwerdeführer trotz einer bestehenden (und ihm bewussten) Anordnung zur Außerlandebringung sowie eines aufrechten Einreiseverbots ins Bundesgebiet zurückgekehrt sei. Er verfüge weder über keine finanziellen Mittel zur Finanzierung seines Aufenthalts in Österreich noch über substanzielle soziale oder familiäre Anknüpfungspunkte. Mit der Anordnung des gelinderen Mittels könne angesichts des Vorverhaltens des Beschwerdeführers nicht das Auslangen gefunden werden. Insgesamt erweise sich die Schubhaft angesichts der vorliegenden "ultima-ratio-Situation" auch als verhältnismäßig. Dies insbesondere auch aufgrund der Straffälligkeit in Österreich. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 15.12.2017 durch persönliche Übergabe (gemeinsam mit der Verfahrensanordnung betreffend die Beigabe eines Rechtsberaters) in der Strafhaft zugestellt.
4. Am 19.12.2017 wurde der Beschwerdeführer aus der Strafhaft entlassen und in das Polizeianhaltezentrum überstellt. Noch am selben Tag wurde die Schubhaft effektuiert. Am 15.12.2017 wurde für den Beschwerdeführer seitens Moldawiens ein Heimreisezertifikat (HRZ) - gültig bis 15.03.2018 - ausgestellt. Am 04.01.2018 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf internationalen Schutz. Diesen begründete er damit, dass er 2016 mehrmals mit der Freundin eines ehemaligen Mithäftlings sexuell verkehrt und dieser ihn deshalb massiv bedroht habe. In Moldawien seien Auftragsmörder leicht zu engagieren und die Behörden bestechlich.
Mit Aktenvermerk vom 04.01.2018 hat das Bundesamt diesen Antrag gemäß § 76 Abs. 6 FPG als "zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt" eingestuft. Aus diesem Grund bleibe die Anhaltung in Schubhaft aufrecht. Dieser Aktenvermerk wurde dem Beschwerdeführer noch am selben Tag persönlich zur Kenntnis gebracht.
Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 22.01.2018 ergänzte der Beschwerdeführer sein Vorbringen dahingehend, dass er eines der "Räubergesetze" (nämlich das Verbot mit der Freundin eines anderen zu schlafen) gebrochen habe. Aufgrund dieser "Räubergesetze" wäre er landesweit gefährdet. Zudem bestehe die Gefahr, dass man ihn erneut ins Gefängnis stecke, wo er diesen Personen ungeschützt ausgeliefert wäre.
5. Mit Bescheid vom 23.01.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Moldawien abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Moldawien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Des Weiteren besteht gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise und sprach das BFA aus, dass einer Beschwerde gegen diese Entscheidungen über den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 18 Abs. 1 Z 3 und 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt werde. Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.
6. Der Beschwerdeführer erhob durch dessen gesetzliche Vertretung gegen diesen Bescheid des BFA am 21.02.2018 fristgerecht Beschwerde. Zudem stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Am 21.02.2018 brachte der Beschwerdeführer eine Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 23.01.2018 (Asylbescheid) ein und beantragte die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung dieser Beschwerde. Begründend wurden insbesondere die Vorwürfe der mangelhaften Ermittlung und der mangelhaften Beweiswürdigung erhoben. Beigelegt war die Vertretungsvollmacht vom 25.01.2018 - ausgestellt an den auch im gegenständlichen Verfahren bevollmächtigten Vertreter.
7. Vom BFA wurde die gegenständliche Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt, wo sie am 22.02.2018 der Gerichtsabteilung W 196 zugewiesen wurde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Anzuwendendes Verfahrensrecht
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl I 2013/33 idF BGBl I 2013/122, geregelt (§ 1 leg cit). Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl Nr 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl Nr 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl Nr 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Die allgemeinen Verfahrensbestimmungen, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten, werden durch das BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) BGBl I 2012/87, geregelt. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt (§ 1 leg cit).
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung in Senaten vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (AsylG, BFA-VG, VwGVG) nicht getroffen, es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 leg. cit. erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A) Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung:
1. Gemäß § 18 Abs. 1 Z. 2 und 6 BFA-VG kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz aberkennen, wenn der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt, oder gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist.
Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom BFA aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
2. Mit Spruchpunkt VI. des gegenständlich angefochtenen Bescheides erkannte die belangte Behörde einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 1 Z. 2 und Z. 6 BFA-VG ab.
Nach der derzeitigen Aktenlage und ausgehend vom Antrags- bzw. vom Beschwerdevorbringen besteht für das Bundesverwaltungsgericht keine Veranlassung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA -Verfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Entsprechend der nachvollziehbaren und schlüssigen Ermittlungsergebnisse der belangten Behörde, insbesondere die Feststellung dass der Beschwerdeführer mehrmals rechtskräftig verurteilt worden ist und die vorliegenden Straftatbestände eine negative Zukunftsprognose nahelegen, da sich aus dem bisherigen persönlichen Verhalten im Bundesgebiet ergibt, dass der Beschwerdeführer eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt. Darüber hinaus besteht bereits seit 03.06.2014 eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung und versuchte der Beschwerdeführer durch die Angabe verschiedener Aliasidentitäten die Behörden über seine wahre Identität zu täuschen. Auch die von ihm angegebene Bedrohungssituation durch einen Gefängniszellen-Freund wegen einer Frau ist nicht glaubwürdig.
Weder ist aus dem Beschwerdevorbringen noch aus dem Akteninhalt ein Grund hervorgekommen, dass der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Leben (Art. 2 EMRK), auf Verbot der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Bestrafung oder Behandlung (Art. 3 EMRK), auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK) oder in seinem Recht betreffend die Abschaffung der Todesstrafe sowohl in Friedens- als auch Kriegszeiten (Protokolle Nr. 6, Nr. 13 zur Konvention) ernsthaft bedroht werden würde, wenn er in seinen Herkunftsstaat Moldawien zurückkehrt und dort das Ergebnis des Verfahrens abwartet.
Auch ist weder aus dem Akteninhalt noch aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes im Herkunftsstaat abzuleiten.
Vor diesem Hintergrund ist - jedenfalls im Rahmen des gegenständlichen Provisorialverfahrens - kein Grund ersichtlich, warum der Beschwerdeführer den Ausgang des Beschwerdeverfahrens nicht auch im Ausland abwarten könne. Insofern erfolgte die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung seitens der belangten Behörde gemäß § 18 Abs. 1 Z 3 BFA-VG zu Recht.
3. Da die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 1 Z 3 BFA-VG zu Recht erfolgte und die Voraussetzungen für eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht vorliegen, war spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung, aufschiebende Wirkung - EntfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W196.2186839.1.00Zuletzt aktualisiert am
12.03.2018