TE Bvwg Erkenntnis 2018/3/1 W133 2157975-1

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Veröffentlicht am 01.03.2018
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Entscheidungsdatum

01.03.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §42
BBG §45
BBG §46
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W133 2157975-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Natascha GRUBER als Vorsitzende und den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, vom 04.05.2017, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin stellte am 01.03.2017 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich (in der Folge als "belangte Behörde" bezeichnet) und legte medizinische Unterlagen vor.

Die belangte Behörde holte in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 03.05.2017 ein. In diesem wurden nach einer persönlichen Untersuchung und umfassender Darstellung der Statuserhebung die Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

GdB %

1

Asthma bronchiale Unterer Rahmensatz, da stabil unter medikamentöser Dauertherapie

06.05.02

30

2

Chronisch entzündliche Veränderungen der Nasenhaupthöhle und der Nasennebenhöhlen 1 Stufe unter dem oberen Rahmensatz bei rezidivierenden Nebenhöhlenentzündungen trotz operativer Eingriffe

12.04.04

30

3

Funktionsstörung v.a. des linken Kiefergelenks 1 Stufe über unterem Rahmensatz, da ohne wesentliche Beeinträchtigung der Kaufunktion

07.02.02

20

zugeordnet und

nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 40 von Hundert (v.H.) eingeschätzt. Begründend führte der Gutachter aus, dass das führende Leiden 1 durch die übrigen Leiden um 1 Stufe erhöht werde, da das Gesamtbild maßgeblich negativ beeinflusst werde.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 04.05.2017 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) ab, da sie mit dem festgestellten Grad der Behinderung von 40 v.H. die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfülle. In der Begründung verwies die belangte Behörde auf das ärztliche Sachverständigengutachten, wonach der Grad der Behinderung 40 v.H. betrage. Das Gutachten wurde der Beschwerdeführerin als Beilage des Bescheides übermittelt.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 16.05.2017 fristgerecht eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin führt sie im Wesentlichen aus, der festgestellte Grad der Behinderung von 40% sei nicht gerechtfertigt. Sie habe im Verlauf der letzten drei Jahre 2 Operationen gehabt und von verschiedenen HNO-Fachärzten und Lungenfachärzten zahleiche Immuntherapien erhalten. Die Therapien gegen anhaltende Entzündungsprozesse hätten bis dato aber keine Besserung ihres Gesundheitszustandes gebracht. Seit ihrer chronischen Krankheit sei sie gezwungen gewesen, ihre Arbeitszeit massiv einzuschränken, da sie einen psychisch und physisch sehr anstrengenden Beruf mit hohen Stressfaktoren und nervlichen Herausforderungen als AMS-Beraterin ausübe. Ihre krankheitsbedingte Stundenreduktion gehe mit 50% Gehaltseinbußen einher. Tatsache sei, dass sie morgens unter massiven Atembeschwerden leide und nur mit viel Disziplin ihrer Arbeit weiter nachgehen könne. Dies führe zu weiteren gesundheitlichen Problemen mit der Wirbelsäule, Migräneanfälle, Gastritis, starker Beeinträchtigung der Augen durch die lange Cortisoneinnahme und einen durch Stress ausgelösten "Dikuss" im Kieferbereich. Sie habe auch zahlreiche Termine mit Psychologen, um weiter arbeiten zu können. Der Stress habe auch schon 2 Panikattacken verursacht, zuletzt im Sommer 2016 mit Einlieferung in ein Krankenhaus vom Arbeitsplatz aus. Sie ersuche, den Bescheid noch einmal zu überarbeiten. Der Beschwerde wurden keine weiteren Befunde beigelegt.

Am 19.05.2017 legte die belangte Behörde die Beschwerde und den Bezug habenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.

Am 07.11.2017, 13.12.2017, 25.01.2018 und am 20.02.2018 ersuchte die Beschwerdeführerin telefonisch beim Gericht um dringende Entscheidung. Sie teilte weiters mit, sie erwäge, einen zusätzlichen Antrag nach dem Behinderteneinstellungsgesetz zu stellen, weil sie eine Einschätzung von 50% benötige.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Die Beschwerdeführerin brachte am 01.03.2017 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bei der belangten Behörde ein.

Sie hat ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

Bei der Beschwerdeführerin bestehen folgende Gesundheitsschädigungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1) Asthma bronchiale, stabil unter medikamentöser Therapie;

2) Chronisch entzündliche Veränderungen der Nasenhaupthöhle und der Nasennebenhöhlen bei rezidivierenden Nebenhöhlenentzündungen trotz operativer Eingriffe;

3) Funktionsstörung v.a. des linken Kiefergelenks ohne wesentliche Beeinträchtigung der Kaufunktion.

Das führende Leiden 1 wird durch die übrigen Leiden um 1 Stufe erhöht, da das Gesamtbild maßgeblich negativ beeinflusst wird.

Der Gesamtgrad der Behinderung der Beschwerdeführerin beträgt aktuell 40 v. H.

Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin bestehenden einzelnen Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß, wechselseitiger Leidensbeeinflussung und medizinischer Einschätzung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im Sachverständigengutachten des Arztes für Allgemeinmedizin vom 03.05.2017 der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt; diesbezüglich wird auf die nachfolgenden beweiswürdigenden und rechtlichen Ausführungen verwiesen.

Unter Berücksichtigung der dem Gericht vorliegenden medizinischen Befunde und der Untersuchungsergebnisse im Gutachten ist eine höhere Einschätzung der festgestellten Leidenszustände zum Entscheidungszeitpunkt nicht möglich.

2. Beweiswürdigung:

Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses basiert auf dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Inland ergeben sich aus der im Akt aufliegenden Kopie der Meldebestätigung und ihren eigenen Angaben bei der Antragstellung; konkrete Anhaltspunkte dafür, dass sie ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr im Inland hätte, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Auch die belangte Behörde ging vom Vorliegen dieser Voraussetzung aus.

Der Gesamtgrad der Behinderung basiert auf dem seitens der belangten Behörde eingeholten allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachten vom 03.05.2017. In diesem Gutachten wird auf die Art der Leiden der Beschwerdeführerin und deren Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Der Gutachter setzt sich auch umfassend und nachvollziehbar mit den vorgelegten Befunden und dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im Rahmen der Untersuchung auseinander. Die getroffene Einschätzung, basierend auf den im Rahmen persönlicher Untersuchung erhobenen Befunden, entspricht auch den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen (diesbezüglich wird auch auf die oben nur auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen im Gutachten verwiesen); die Gesundheitsschädigungen wurden nach der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft.

Führendes Leiden der Beschwerdeführerin ist die Asthma bronchiale - Erkrankung, welche der Sachverständige korrekt der Positionsnummer 06.05.02 der Anlage zur Einschätzungsverordnung zugeordnet hat. Diese betrifft leichtes Asthma mit gering bis mäßig eingeschränkter Lungenfunktion. Diese Einschätzung ist auch vor dem Hintergrund der vorgelegten medizinischen Befunde richtig, da im lungenfachärztlichen Befund vom 01.12.2016 ein - in Relation zur Vitalkapazität - normaler Lungenfunktionswert dokumentiert wurde.

Auch das Leiden Nr. 2 wurde korrekt der Positionsnummer 12.04.04 der Anlage zur Einschätzungsverordnung zugeordnet. Auch die Einstufung 1 Stufe unter dem oberen Rahmensatz ist zutreffend. Der Gutachter begründete unter Berücksichtigung der vorliegenden Befunde nachvollziehbar, dass chronisch entzündliche Veränderungen der Nasenhaupthöhle und der Nasennebenhöhlen bei rezidivierenden Nebenhöhlenentzündungen trotz operativer Eingriffe bestehen. Aus dem vorgelegten Befund eines Diagnosezentrums vom 12.12.2016 ergeben sich betreffend die Polyposis lediglich mäßige, leicht polypoide Schleimhautschwellungen in der linken Kieferhöhle sowie geringe polypoide Schleimhautschwellungen im Bereich der übrigen Nasennebenhöhlen. Der obere Rahmensatz der Positionsnummer 12.04.04 durfte daher - wie vom Gutachter auch zutreffend beurteilt - nicht gewählt werden.

Auch die Einstufung des dritten Leidenszustandes erfolgte korrekt. Unter der Positionsnummer 07.02.02 der Anlage zur Einschätzungsverordnung sind Defekte des Kiefers und Funktionseinschränkungen des Kiefergelenkes einzustufen. Auch die Einordnung eine Stufe über dem unteren Rahmensatz ist richtig, da vom Gutachter keine wesentliche Beeinträchtigung der Kaufunktion festgestellt werden konnte. Eine Einstufung mit einem höheren Grad der Behinderung würde deutliche bis erhebliche Beeinträchtigungen der Artikulation und der Kaufunktion erfordern. Beides ist im Beschwerdefall nicht objektiviert.

Zu den von der Beschwerdeführerin in der Beschwerde vorgebrachten stressbedingten zweimaligen Panikattacken ist auszuführen, dass zum Entscheidungszeitpunkt nicht objektiviert ist, dass tatsächlich ein entscheidungserhebliches psychiatrisches Leiden vorliegen würde, welches zu einer maßgeblichen Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung führen könnte. In dem vorgelegten Befund vom 25.07.2016 ist lediglich ein Verdacht auf eine Panikattacke am 25.07.2016 dokumentiert. Die Beschwerdeführerin wurde in der Klinik lediglich beobachtet, da sie vor dem Eintreffen in der Klinik hyperventiliert hatte. Eine weitere Behandlung ist nicht erfolgt. Es wurden der Beschwerdeführerin ein Ausdauersport und allenfalls die Vorstellung bei einem Psychiater empfohlen.

Dass der Gutachter die Funktionseinschränkungen der Beschwerdeführerin tatsachenwidrig beurteilt hat, kann insgesamt vor dem Hintergrund der vorgelegten Befunde sowie unter Berücksichtigung der Untersuchungsergebnisse nicht erkannt werden. Die im Beschwerdevorbringen angeführten Funktionseinschränkungen wurden im angefochtenen Sachverständigengutachten entsprechend berücksichtigt. Die Funktionseinschränkungen der Beschwerdeführerin wurden umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander nachvollziehbar und richtig berücksichtigt.

Das Vorbringen der Beschwerdeführerin im Rahmen der Beschwerde ist somit nicht geeignet, das vorliegende allgemeinmedizinische Sachverständigengutachten zu entkräften und eine Änderung des Ermittlungsergebnisses herbeizuführen. Die Beschwerdeführerin ist dem Sachverständigengutachten im Rahmen der Beschwerde auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens vom 03.05.2017. Dieses wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG), BGBl. 283/1990 idF BGBl. I Nr. 155/2017, lauten auszugsweise:

"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

...

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

...

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

...

§ 45.

(1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

....

§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden."

Wie oben unter Punkt II.2. eingehend ausgeführt wurde, wird der gegenständlichen Entscheidung das schlüssige allgemeinmedizinische Sachverständigengutachten vom 03.05.2017 zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin 40 v. H. beträgt. Die Gesundheitsschädigungen wurden in dem Gutachten auch nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft; diesbezüglich wird auch auf die obigen Ausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung verwiesen. Wie ebenfalls bereits oben im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt wurde, waren die im Rahmen der Beschwerde erhobenen unsubstantiierten Einwendungen nicht geeignet, das vorliegende aktuelle Gutachten zu entkräften. Es ist daher davon auszugehen, dass der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt 40 v.H. beträgt.

Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, nicht erfüllt.

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass für das Verfahren nach § 46 Bundesbehindertengesetz eine Neuerungsbeschränkung besteht, wonach im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden dürfen. Bei einer Verschlechterung des Leidenszustandes kommt jedoch eine neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

Im gegenständlichen Fall wurde die Frage der Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die strittigen Tatsachenfragen (Schmerzen, Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen) gehören dem Bereich zu, der vom Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). Beide Parteien stellten zudem keinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird (vgl. dazu jüngst die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 09.06.2017, Zl. E 1162/2017-5).

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W133.2157975.1.00

Zuletzt aktualisiert am

13.03.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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