Entscheidungsdatum
02.03.2018Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W166 2116144-1/8E
Im Namen der Republik!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA.: Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.09.2015, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 13.12.2017 zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
II. Der Antrag auf unentgeltliche Beigebung eines Verfahrenshelfers wird abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der nunmehrige Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger und stellte nach schlepperunterstützter, illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 10.12.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz.
In der Ersteinvernahme am 10.12.2013 erstattete der Beschwerdeführer folgendes sachverhaltsrelevantes Vorbringen:
Er sei in XXXX , Pakistan geboren worden und kenne sein genaues Geburtsdatum nicht. Er wisse jedoch, dass er 23 Jahre alt sei. Seine Staatsangehörigkeit sei Afghanistan, er gehöre der Volksgruppe der Pashtunen an und sei muslimischer Sunnit. Seine Muttersprache sei Pashtu. Des Weiteren spreche er die Sprachen Dari und Urdu. Er sei traditionell verheiratet. Er habe vier Jahre als Angestellter in Pakistan bei der UNICEF gearbeitet. Die Taliban hätten das nicht gewollt und den Beschwerdeführer einige Male gewarnt. Da er nicht aufgehört hätte für die UNICEF zu arbeiten, sei er angegriffen worden und weil ihn die Taliban hätten töten wollen, sei er geflüchtet.
In der Einvernahme vor dem BFA am 16.12.2014 gab der Beschwerdeführer ergänzend zu seinem bisherigen Vorbringen an, dass er zwei Jahre in die Schule gegangen sei, in welcher er das Alphabet gelernt habe. Zuletzt habe er in Pakistan, XXXX im Dorf XXXX gewohnt, dies sei an der Grenze zur afghanischen Provinz Kunar. Er sei in Pakistan geboren und aufgewachsen und sei in Afghanistan nur zwei Mal auf Besuch (in Kunar und in Kabul) gewesen. Dort würden die Cousins seines Vaters leben. Von 2009 bis zum 10. Monat im Jahr 2012 habe er im Spital XXXX in XXXX gearbeitet. Er hätte nach Absolvierung eines Trainings Kindern Polio Tropfen verabreicht. Die Taliban seien dagegen gewesen und der Beschwerdeführer hätte Drohbriefe bekommen. In den Dörfern, in denen er unterwegs gewesen sei, um die Kinder mit dem Impfstoff zu versorgen hätte es auch immer wieder Unruhen gegeben und wären die Mitarbeiter einmal fast einem Bombenattentat zum Opfer gefallen. In den Drohbriefen sei gestanden, dass sie für die Ungläubigen arbeiten und mit Polio Tropfen ihre Kinder auf den Abweg bringen würden. Die Dorfbewohner hätten ihm die Briefe vorgelesen. Die Taliban hätten die Briefe ins Dorf XXXX und auch bei ihnen zu Hause abgeworfen. Darin seien sie namentlich erwähnt worden. Der Beschwerdeführer habe seine Tätigkeit aber nicht niedergelegt. Als die Situation ernst geworden sei, sei er weggegangen. Über Befragen, warum er nicht nach Afghanistan gegangen sei, gab der Beschwerdeführer an, dass dort alles schlecht sei, die Lage sei schlecht. Was solle er dort machen, dort gebe es auch keine Gesetze.
Am 01.04.2015 sowie am 29.07.2015 fanden weitere Befragungen des Beschwerdeführers durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt, in denen er unter anderem nochmals zu seinem Fluchtgrund befragt wurde, wobei am 08.06.2015 auch eine Anfragebeantwortung der Staatendokumentation erstellt wurde.
Aus dieser geht zusammengefasst hervor, dass die Angaben des Beschwerdeführers nur teilweise bestätigt werden konnten. Die Existenz der Impfkampagne und des Spitals von XXXX konnten bestätigt werden, nicht jedoch die Tätigkeit des Beschwerdeführers in diesem Spital oder die Abhaltung irgendeines Trainings für die Verabreichung von Polio Impfungen dort. Weiters wurde angemerkt, dass das Gebiet der XXXX zu den Kerngebieten der Taliban-Bewegung zählt und die dort lebenden Afghanen auf Grund des dort vorherrschenden hohen Maßes an ideologischer Durchdringung, ausnahmslos den Sympathisanten und/oder Mitgliedern der Taliban-Bewegung zugerechnet werden müssen.
Mit angefochtenem Bescheid der belangten Behörde vom 28.09.2015 wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunk II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsgenehmigung bis zum 28.09.2016 erteilt (Spruchpunkt III.).
In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der Angaben des Beschwerdeführers im Wesentlichen aus, dass die Ermittlungen vor Ort ergeben hätten, dass niemand mit seinem Namen in diesem Spital gearbeitet hätte. Es seien sowohl der Direktor des Spitals in XXXX als auch mehrere Mitarbeiter des Spitals befragt worden. Es hätten auch keine Kurse für Polio-Impfungen stattgefunden. Da er zweifellos über Ortskenntnisse verfüge und wahrscheinlich auch in Pakistan gelebt habe, seien ihm auch die Impfaktionen und aufgrund bestehender Kontakte möglicherweise sogar Einzelheiten darüber bekannt. Es sei durchaus nachvollziehbar, dass er mit dem von ihm genannten Ortsvorsteher bekannt sei und über diesen bzw. allenfalls über dessen Sohn Informationen über die Impfkampagne bezogen habe. Konflikte mit den Taliban aufgrund dieser Tätigkeit seien daher nicht glaubhaft. Den Spruchpunkt II. des Bescheides begründete die belangte Behörde damit, dass im Fall des Beschwerdeführers von einer realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bestehe, da aus den Länderberichten der Staatendokumentation des BFA eine aktuelle prekäre Sicherheitslage in Afghanistan, insbesondere in der Provinz Kunar abzuleiten sei.
Mit Verfahrensanordnung vom 29.09.2015 wurde dem Beschwerdeführer die ARGE-Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht amtswegig zur Seite gestellt.
Gegen den oben genannten Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde gegen den Spruchpunkt I. des Bescheides vom 28.09.2015 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Inhaltlich wurde darin im Wesentlichen und zusammengefasst ausgeführt, dass die belangte Behörde ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren geführt hätte. Insbesondere sei der Beschwerdeführer nicht näher zu den genannten Drohbriefen befragt worden. Die Behörde hätte ihm auch keine Möglichkeit gegeben vermeintliche Ungereimtheiten, vor allem jene, die im Zusammenhang mit der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation aufgetreten seien, aufzuklären. Die Tätigkeit als Wachmann habe der Beschwerdeführer zu Beginn im Namen eines anderen Wachmannes ausgeübt, da dieser seinen Dienst nicht mehr verrichten hätte wollen und der Arbeit fern geblieben sei. Der Beschwerdeführer sei vom Leiter des Wachdienstes aufgefordert worden für diesen einzuspringen. Erst für seine Tätigkeit als Impfhelfer sei der Beschwerdeführer offiziell engagiert und angemeldet worden. Die getroffenen Länderfeststellungen seien zu allgemein gehalten und würden sich nicht mit der konkreten Lage des Beschwerdeführers befassen. Es fänden sich keinerlei Feststellungen zur Einstellung der Taliban gegenüber "westlichen Versorgungsleistungen" und insbesondere gegenüber "westlicher medizinischer Versorgung" wie Impfungen. Die angeführten Länderfeststellungen seien darüber hinaus unvollständig und veraltet. Des Weiteren wurde in der Beschwerde eine mangelhafte Beweiswürdigung der belangten Behörde moniert. Die Anfrage der Staatendokumentation hätte ergeben, dass die Mitarbeiter der Impfteams in der Verabreichung und Dokumentation der Impfungen geschult würden. Der Beschwerdeführer hätte vorgebracht geschult worden zu sein. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die Behörde aus der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation schlussfolgert, es hätte solche Kurse nicht gegeben. Der Beschwerdeführer habe vorgebracht für seine Tätigkeit entlohnt worden zu sein. Dieses Vorbringen decke sich mit der Anfragebeantwortung, aus der hervorgehe, dass die Mitglieder eine Aufwandsentschädigung erhalten. Darüber hinaus würden sich die Angaben des Beschwerdeführers mit der Anfragebeantwortung betreffend den Punkt seiner Rekrutierung als Impfhelfer decken. Der Beschwerdeführer hätte vorgebracht über seinen Dorfvorsteher zu seiner Arbeit als Impfhelfer gekommen zu sein. Von der belangten Behörde sei auch erörtert worden, dass diese Bekanntschaft mit dem Dorfvorsteher glaubhaft sei. Aus der Anfragebeantwortung ergebe sich, dass potentielle Mitarbeiter der Impfteams in Zusammenarbeit mit lokalen Vertretern der Gemeinschaft ausgewählt werden würden, die vor allem Jugendliche versuchen würden für die Impfprogramme zu gewinnen. In Anbetracht des jungen Alters des Beschwerdeführers sei auch dies miteinander in Einklang zu bringen. Die Klassifizierung der in der Region XXXX lebenden Afghanen als Taliban Sympathisanten entziehe sich jeglicher Grundlage. Aus der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation gehe nicht hervor, auf Basis welcher Untersuchungen diese Behauptung aufgestellt worden sei. Zudem sei die verwendete Methode der durchgeführten Erhebungen durch die Staatendokumentation zu kritisieren, da aus dem Bericht zu entnehmen sei, dass vorerst "verfügbare lokale Kontakte genutzt" worden seien, wobei nicht hervorgehe, um welche es sich dabei handle. Es sei auch nicht nachvollziehbar, warum mit den im Abschlussbericht der Staatendokumentation aufgelisteten Personen gesprochen worden sei, wenn der Beschwerdeführer doch angegeben habe, mit UNICEF direkt nicht in Kontakt gestanden zu sein, sondern mit Mittelspersonen wie XXXX im Spital XXXX . Wieso das Krankenhaus XXXX (ohne Angabe des konkret Befragten) befragt worden sei, sei ebenfalls nicht nachvollziehbar, da der Beschwerdeführer angegeben habe im Spital XXXX das Impftraining erhalten zu haben. Die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers könne insbesondere dadurch untermauert werden, dass die Existenz des von ihm genannten Spitals als auch der Impfkampagne bestätigt habe werden können.
Der Beschwerdeführer stellte einen Antrag auf unentgeltliche Beigabe eines Verfahrenshelfers sowie auf Stattgabe der Beschwerde, in eventu eine mündliche Verhandlung durchzuführen, in eventu den angefochtenen Bescheid zu beheben und an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen sowie in eventu die ordentliche Revision zuzulassen.
Die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt langte am 21.10.2015 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
Nach Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses wurde die Rechtssache der ho. Gerichtsabteilung am 10.03.2016 neu zugewiesen.
Mit Eingabe vom 24.03.2016 wurde eine Kopie der Dienstbestätigung für die Tätigkeit bei der UNICEF sowie eine Kopie des Dienstausweises übermittelt.
Mit Schreiben vom 10.10.2017 wurde der Beschwerdeführer unter gleichzeitiger Übermittlung der aktuellen Länderfeststellungen zur Lage in Afghanistan zur mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht geladen.
Die Verhandlung fand am 13.12.2017, unter Beisein des Beschwerdeführers und eines Dolmetschers für die Sprache Paschtu statt.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, hat mit der Beschwerdevorlage vom 19.10.2015 gegenüber dem Bundesverwaltungsgericht bekannt gegeben, an einer etwaig durchgeführten Verhandlung nicht teilzunehmen.
In der mündlichen Verhandlung am 13.12.2017 wurde der Beschwerdeführer nochmals zu seiner Herkunft und seinen Fluchtgründen befragt und tätigte im Wesentlichen dieselben Angaben wie in den vorherigen Einvernahmen. Genauer Befragt zu den Drohbriefen brachte er vor, dass er diese über eine Moschee, in die sie gekommen seien, erhalten habe. Der Mullah von der Moschee habe sie zu ihm geschickt. In der Moschee hätte es eine Liste mit den Briefen gegeben und sein Name sei dabei gewesen. In dem Brief sei gestanden, dass das "Haram" sei, was sie machten, sie müssten aufhören, ansonsten würden sie sie töten. Drohbriefe hätte er öfter erhalten. Cirka zwei Monate vor seiner Ausreise sei der letzte gekommen, insgesamt sei dies in etwa vier Monate gegangen. Befragt dazu, aus welchen Gründen er sich verfolgt fühle, antwortete der Beschwerdeführer: "Weil ich gegen islamisches Recht gearbeitet habe und das wird streng bestraft. Mehrere sind aus diesen Gründen ums Leben gekommen und wurden getötet. Ich musste was arbeiten und Geld verdienen aber laut ihnen, ist es gegen den Islam."
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan, gehört der Volksgruppe der Pashtunen sowie der sunnitischen Religionsgemeinschaft an und stellte am 10.12.2013 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Sein Geburtsdatum wurde mit 01.01.1990 festgesetzt.
Die Identität des Beschwerdeführers steht lediglich mit der für das Verfahren ausreichenden Sicherheit fest.
Der Beschwerdeführer wurde in Pakistan (Region XXXX ), in einer Grenzregion zu Afghanistan, geboren und ist dort aufgewachsen. Er war bisher zwei Mal in Afghanistan. Seine Muttersprache ist Pashtu und spricht er auch die Sprachen Dari und Urdu.
Der Beschwerdeführer verfügt über eine zweijährige Schulbildung in Pakistan.
In Pakistan hat der Beschwerdeführer von 2009 bis März 2012 als Impfhelfer für Polio-Impfungen gearbeitet. Bis zu seiner Ausreise aus Pakistan hat der Beschwerdeführer da und dort als Hilfsarbeiter gearbeitet. Vor der Tätigkeit als Impfhelfer war der Beschwerdeführer ebenso als Hilfsarbeiter tätig und machte das, was er gerade fand.
Seine Eltern, seine drei Brüder und seine vier Schwestern leben noch in Pakistan in der Region XXXX .
Der Beschwerdeführer hat Familienangehörige (Cousins seines Vaters), die im Distrikt Marawara in der Provinz Kunar leben. Diese bewirtschaften Grundstücke, die seiner Familie gehören.
Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer jemals einer konkret gegen seine Person gerichteten asylrechtlich relevanten Bedrohung oder Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention ausgesetzt war bzw. ihm eine solche Verfolgung im Falle seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit droht.
Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:
Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 02.03.2017 (letzte Aktualisierung am 30.01.2018):
Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen
KI vom 30.01.2018: Angriffe in Kabul (betrifft: Abschnitt 3 Sicherheitslage)
Angriffe in Kabul
Landesweit haben in den letzten Monaten Aufständische, inklusive der Taliban und des IS, ihre Angriffe auf afghanische Truppen und Polizisten intensiviert (The Guardian; vgl. BBC 29.1.2018). Die Gewalt Aufständischer gegen Mitarbeiter/innen von Hilfsorganisationen hat in den letzten Jahren zugenommen (The Guardian 24.1.2018). Die Taliban erhöhen ihre Operationen, um ausländische Kräfte zu vertreiben; der IS hingegen versucht seinen relativ kleinen Einflussbereich zu erweitern. Kabul ist in diesem Falle für beide Gruppierungen interessant (Asia Pacific 30.1.2018).
Im Stadtzentrum und im Diplomatenviertel wurden Dutzende Hindernisse, Kontrollpunkte und Sicherheitskameras errichtet. Lastwagen, die nach Kabul fahren, werden von Sicherheitskräften, Spürhunden und weiteren Scannern kontrolliert, um sicherzustellen, dass keine Sprengstoffe, Raketen oder Sprengstoffwesten transportiert werden. Die zeitaufwändigen Kontrollen führen zu langen Wartezeiten; sollten die korrekten Papiere nicht mitgeführt werden, so werden sie zum Umkehren gezwungen. Ebenso werden die Passagiere in Autos von der Polizei kontrolliert (Asia Pacific 30.1.2018).
Angriff auf die Marshal Fahim Militärakademie 29.1.2019
Am Montag den 29.1.2018 attackierten fünf bewaffnete Angreifer einen militärischen Außenposten in der Nähe der Marshal Fahim Militärakademie (auch bekannt als Verteidigungsakademie), die in einem westlichen Außendistrikt der Hauptstadt liegt. Bei dem Vorfall wurden mindestens elf Soldaten getötet und 15 weitere verletzt, bevor die vier Angreifer getötet und ein weiterer gefasst werden konnten. Der Islamische Staat bekannte sich zu dem Vorfall (Reuters 29.1.2018; vgl. NYT 28.1.2018).
Quellen zufolge operiert der IS in den Bergen der östlichen Provinz Nangarhar (The Guardian 29.1.2018); die Provinzhauptstadt Jalalabad wird als eine Festung des IS erachtet, dessen Kämpfer seit 2015 dort aktiv sind (BBC 24.1.2018). Nachdem der IS in Ostafghanistan unter anhaltenden militärischen Druck gekommen war, hatte dieser immer mehr Angriffe in den Städten für sich beansprucht. Nationale und Internationale Expert/innen sehen die Angriffe in den Städten als Überlappung zwischen dem IS und dem Haqqani-Netzwerk (einem extremen Arm der Taliban) (NYT 28.1.2018).
Angriff im Regierungs- und Diplomatenviertel in Kabul am 27.1.2018
Bei einem der schwersten Angriffe der letzten Monate tötete am Samstag den 27.1.2018 ein Selbstmordattentäter der Taliban mehr als 100 Menschen und verletzte mindestens 235 weitere (Reuters 28.1.2018; vgl. The Guardian 28.1.2018). Eine Bombe - versteckt in einem Rettungswagen - detonierte in einem schwer gesicherten Bereich der afghanischen Hauptstadt (The Guardian 27.1.2018; vgl. The Guardian 28.1.2018). Der Vorfall ereignete sich im Regierungs- und Diplomatenviertel und wird als einer der schwersten seit dem Angriff vom Mai 2017 betrachtet, bei dem eine Bombe in der Nähe der deutschen Botschaft explodiert war und 150 Menschen getötet hatte (Reuters 28.1.2018).
Die Taliban verlautbarten in einer Aussendung, der jüngste Angriff sei eine Nachricht an den US-amerikanischen Präsidenten, der im letzten Jahr mehr Truppen nach Afghanistan entsendete und Luftangriffe sowie andere Hilfestellungen an die afghanischen Sicherheitskräfte verstärkte (Reuters 28.1.2018).
Angriff auf die NGO Save the Children am 24.1.2018
Am Morgen des 24.1.2018 brachte ein Selbstmordattentäter ein mit Sprengstoff beladenes Fahrzeug am Gelände der Nichtregierungsorganisation (NGO) Save The Children in der Provinzhauptstadt Jalalabad zur Explosion. Mindestens zwei Menschen wurden dabei getötet und zwölf weitere verletzt. Zum Zeitpunkt des Angriffs befanden sich 50 Mitarbeiter/innen im Gebäude. Der IS bekannte sich zu diesem Vorfall (BBC 24.1.2018; vgl. Reuters 24.1.2018).
Der jüngste Angriff auf eine ausländische Hilfseinrichtung in Afghanistan unterstreicht die wachsende Gefahr, denen Mitarbeiter/innen von Hilfsorganisationen in Afghanistan ausgesetzt sind (The Guardian 24.1.2018).
Das Gelände der NGO Save the Children befindet sich in jener Gegend von Jalalabad, in der sich auch andere Hilfsorganisationen sowie Regierungsgebäude befinden (BBC 24.1.2018). In einer Aussendung des IS werden die Autobombe und drei weitere Angriffe auf Institutionen der britischen, schwedischen und afghanischen Regierungen (Reuters 24.1.2018).
Angriff auf das Hotel Intercontinental in Kabul am 20.1.2018
Der Angriff bewaffneter Männer auf das Luxushotel Intercontinental in Kabul, wurde von afghanischen Truppen abgewehrt, nachdem die ganze Nacht um die Kontrolle über das Gebäude gekämpft worden war (BBC 21.1.2018).Fünf bewaffnete Männer mit Sprengstoffwesten hatten sich Zutritt zu dem Hotel verschafft (DW 21.1.2018). Die exakte Opferzahl ist unklar. Einem Regierungssprecher zufolge sollen 14 Ausländer/innen und vier Afghan/innen getötet worden sein. Zehn weitere Personen wurden verletzt, einschließlich sechs Mitglieder der Sicherheitskräfte (NYT 21.1.2018). 160 Menschen konnten gerettet werden(BBC 21.1.2018). Alle Fünf Angreifer wurden von den Sicherheitskräften getötet (Reuters 20.1.2018). Die Taliban bekannten sich zu dem Angriff (DW 21.1.2018).
Wie die Angreifer die Sicherheitsvorkehrungen durchbrechen konnten, ist Teil von Untersuchungen. Erst seit zwei Wochen ist eine private Firma für die Sicherheit des Hotels verantwortlich. Das Intercontinental in Kabul ist trotz des Namens nicht Teil der weltweiten Hotelkette, sondern im Besitz der afghanischen Regierung. In diesem Hotel werden oftmals Hochzeiten, Konferenzen und politische Zusammentreffen abgehalten (BBC 21.1.2018). Zum Zeitpunkt des Angriffes war eine IT-Konferenz im Gange, an der mehr als 100 IT-Manager und Ingenieure teilgenommen hatten (Reuters 20.1.2018; vgl. NYT 21.1.2018).
Insgesamt handelte es sich um den zweiten Angriff auf das Hotel in den letzten acht Jahren (NYT 21.1.2018). Zu dem Angriff im Jahr 2011 hatten sich ebenso die Taliban bekannt (Reuters 20.1.2018).
Unter den Opfern waren ausländische Mitarbeiter/innen der afghanischen Fluggesellschaft Kam Air, u.a. aus Kirgisistan, Griechenland (DW 21.1.2018), der Ukraine und Venezuela. Die Fluglinie verbindet jene Gegenden Afghanistans, die auf dem Straßenweg schwer erreichbar sind (NYT 29.1.2018).
KI vom 21.12.2017: Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2017 (betrifft: Abschnitt 3 Sicherheitslage)
Die Sicherheitslage in Afghanistan ist nach wie vor höchst volatil - der Konflikt zwischen regierungsfeindlichen Kräften und Regierungskräften hält landesweit an (UN GASC 20.12.2017). Zur Verschlechterung der Sicherheitslage haben die sich intensivierende Zusammenstöße zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften beigetragen (SIGAR 30.10.2017; vgl. SCR 30.11.2017).
Die afghanischen und internationalen Sicherheitskräfte verstärkten deutlich ihre Luftoperationen (UN GASC 20.12.2017; vgl. SIGAR 30.10.2017), die in 22 Provinzen registriert wurden. So haben sich im Berichtszeitraum der Vereinten Nationen (UN) Luftangriffe um 73% gegenüber dem Vorjahreswert erhöht (UN GASC 20.12.2017). Der Großteil dieser Luftangriffe wurde in der südlichen Provinz Helmand und in der östlichen Provinz Nangarhar erfasst (UN GASC 20.12.2017; vgl. SIGAR 30.10.2017), die als Hochburgen des IS und der Taliban gelten (SIGAR 30.10.2017). Verstärkte Luftangriffe hatten wesentliche Auswirkungen und führten zu hohen Opferzahlen bei Zivilist/innen und regierungsfeindlichen Elementen (UN GASC 20.12.2017). Zusätzlich ist die Gewalt in Ostafghanistan auf die zunehmende Anzahl von Operationen der ANDSF und der Koalitionskräfte zurück zu führen (SIGAR 30.10.2017).
Landesweit kam es immer wieder zu Sicherheitsoperationen, bei denen sowohl aufständische Gruppierungen als auch afghanische Sicherheitskräfte Opfer zu verzeichnen hatten (Pajhwok 1.12.2017; TP 20.12.2017; Xinhua 21.12.2017; Tolonews 5.12.2017; NYT 11.12.2017).
Den Vereinten Nationen zufolge hat sich der Konflikt seit Anfang des Jahres verändert, sich von einer asymmetrischen Kriegsführung entfernt und in einen traditionellen Konflikt verwandelt, der von bewaffneten Zusammenstößen zwischen regierungsfeindlichen Elementen und der Regierung gekennzeichnet ist. Häufigere bewaffnete Zusammenstöße werden auch als verstärkte Offensive der ANDSF-Operationen gesehen um die Initiative von den Taliban und dem ISKP zu nehmen - in diesem Quartal wurde im Vergleich zum Vorjahr eine höhere Anzahl an bewaffneten Zusammenstößen erfasst (SIGAR 30.10.2017).
Sicherheitsrelevante Vorfälle
Die Vereinten Nationen (UN) registrierten im Berichtszeitraum (15.9. - 15.11.2017) 3.995 sicherheitsrelevante Vorfälle; ein Rückgang von 4% gegenüber dem Vorjahreswert. Insgesamt wurden von 1.1.-15.11.2017 mehr als 21.105 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, was eine Erhöhung von 1% gegenüber dem Vorjahreswert andeutet. Laut UN sind mit 62% bewaffnete Zusammenstöße die Hauptursache aller sicherheitsrelevanten Vorfälle, gefolgt von IEDs [Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen], die in 17% der sicherheitsrelevanten Vorfälle Ursache waren. Die östlichen Regionen hatten die höchste Anzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen zu verzeichnen, gefolgt von den südlichen Regionen - zusammen wurde in diesen beiden Regionen 56% aller sicherheitsrelevanten Vorfälle registriert. Gezielte Tötungen und Entführungen haben sich im Vergleich zum Vorjahreswert um 16% erhöht (UN GASC 20.12.2017).
Laut der internationalen Sicherheitsorganisation für NGOs (INSO) wurden vom 1.1.-30.11.2017 24.917 sicherheitsrelevante Vorfälle in Afghanistan registriert (Stand: Dezember 2017) (INSO o.D.).
Zivilist/innen
Im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des letzten Jahres registrierte die UNAMA zwischen 1.1. und 30.9.2017 8.019 zivile Opfer (2.640 Tote und 5.379 Verletzte). Dies deutet insgesamt einen Rückgang von fast 6% gegenüber dem Vorjahreswert an (UNAMA 10.2017); konkret hat sich die Anzahl getöteter Zivilist/innen um 1% erhöht, während sich die Zahl verletzter Zivilist/innen um 9% verringert hat (UN GASC 20.12.2017).Wenngleich Bodenoffensiven auch weiterhin Hauptursache für zivile Opfer waren - führte der Rückgang der Anzahl von Bodenoffensiven zu einer deutlichen Verringerung von 15% bei zivilen Opfern. Viele Zivilist/innen fielen Selbstmordattentaten, sowie komplexen Angriffen und IEDs zum Opfer - speziell in den Provinzen Kabul, Helmand, Nangarhar, Kandahar und Faryab (UNAMA 10.2017).
Zivile Opfer, die regierungsfreundlichen Kräften zugeschrieben wurden, sind um 37% zurückgegangen: Von insgesamt 849 waren 228 Tote und 621 Verletzte zu verzeichnen. Im Gegensatz dazu erhöhte sich die Anzahl ziviler Opfer, die regierungsfeindlichen Elementen zugeschrieben werden, um 7%: von den 1.150 zivilen Opfer starben 225, während 895 verletzt wurden. Die restlichen Opfer konnten keiner Tätergruppe zugeschrieben werden (UNAMA 10.2017).
High-profile Angriffe:
Am 31.10.2017 sprengte sich ein Selbstmordattentäter in der "Green Zone" der Hauptstadt Kabul in die Luft. Der angebliche Täter soll Quellen zufolge zwischen 12-13 Jahren alt gewesen sein. Mindestens vier Menschen starben bei dem Angriff und ein Dutzend weitere wurden verletzt. Dies war der erste Angriff in der "Green Zone" seit dem schweren Selbstmordattentat im Mai 2017 (BBC 31.10.2017; vgl. Telegraph 31.10.2017). der IS bekannte sich zu diesem Vorfall Ende Oktober 2017 (BBC 31.10.2017; vgl. Telegraph 31.10.2017; UN GASC 20.12.2017)
Am 20.10.2017 sprengte sich ein Angreifer in der Shia Imam Zamam Moschee in Kabul in die Luft; dabei wurden mindestens 30 Menschen getötet und 45 weitere verletzt. Der IS bekannt sich zu diesem Angriff (Independent 20.10.2017; vgl. BBC 21.10.2017; UN GASC 20.12.2017). In dem Distrikt Solaina, in der westlichen Provinz Ghor, wurde ebenso eine Moschee angegriffen - in diesem Fall handelt es sich um eine sunnitische Moschee. Die tatsächliche Opferzahl ist umstritten: je nach Quellen sind zwischen 9 und 39 Menschen bei dem Angriff gestorben (Independent 20.10.2017; vgl. NYT 20.10.2017; al Jazeera 20.10.2017).
Am 19.10.2017 wurde im Rahmen eines landesweit koordinierten Angriffes der Taliban 58 afghanische Sicherheitskräfte getötet: ein militärisches Gelände, eine Polizeistationen und ein militärischer Stützpunkt in Kandahar wären beinahe überrannt worden (Independent 20.10.2017; vgl. BBC 21.10.2017). Einige Tage vor diesem Angriff töteten ein Selbstmordattentäter und ein Schütze mindestens 41 Menschen, als sie ein Polizeiausbildungszentrum in der Provinzhauptstadt Gardez stürmten (Provinz Paktia) (BBC 21.10.2017). In der Woche davor wurden 14 Offiziere der Militärakademie auf dem Weg nach Hause getötet, als ein Selbstmordattentäter den Minibus in die Luft sprengte in dem sie unterwegs waren (NYT 20.10.2017). Die afghanische Armee und Polizei haben dieses Jahr schwere Verluste aufgrund der Taliban erlitten (BBC 21.10.2017).
Am 7.11.2017 griffen als Polizisten verkleidete Personen/regierungsfeindliche Kräfte eine Fernsehstation "Shamshad TV" an; dabei wurde mindestens eine Person getötet und zwei Dutzend weitere verletzt. Die afghanischen Spezialkräfte konnten nach drei Stunden Kampf, die Angreifer überwältigen. Der IS bekannt sich zu diesem Angriff (Guardian 7.11.2017; vgl. NYT 7.11.2017; UN GASC 20.12.2017).
Bei einem Selbstmordangriff im November 2017 wurden mindestens neun Menschen getötet und einige weitere verletzt; die Versammelten hatten einem Treffen beigewohnt, um den Gouverneur der Provinz Balkh - Atta Noor - zu unterstützen; auch hier bekannte sich der IS zu diesem Selbstmordattentat (Reuters 16.11.2017; vgl. UN GASC 20.12.2017)
Interreligiöse Angriffe
Serienartige gewalttätige Angriffe gegen religiöse Ziele, veranlassten die afghanische Regierung neue Maßnahmen zu ergreifen, um Anbetungsorte zu beschützen: landesweit wurden 2.500 Menschen rekrutiert und bewaffnet, um 600 Moscheen und Tempeln vor Angriffen zu schützen (UN GASC 20.12.2017).
Seit 1.1.2016 wurden im Rahmen von Angriffen gegen Moscheen, Tempel und andere Anbetungsorte 737 zivile Opfer verzeichnet (242 Tote und 495 Verletzte); der Großteil von ihnen waren schiitische Muslime, die im Rahmen von Selbstmordattentaten getötet oder verletzt wurden. Die Angriffe wurden von regierungsfeindlichen Elementen durchgeführt - hauptsächlich dem IS (UNAMA 7.11.2017).
Im Jahr 2016 und 2017 registrierte die UN Tötungen, Entführungen, Bedrohungen und Einschüchterungen von religiösen Personen - hauptsächlich durch regierungsfeindliche Elemente. Seit 1.1.2016 wurden 27 gezielte Tötungen religiöser Personen registriert, wodurch 51 zivile Opfer zu beklagen waren (28 Tote und 23 Verletzte); der Großteil dieser Vorfälle wurde im Jahr 2017 verzeichnet und konnten großteils den Taliban zugeschrieben werden. Religiösen Führern ist es möglich, öffentliche Standpunkte durch ihre Predigten zu verändern, wodurch sie zum Ziel von regierungsfeindlichen Elementen werden (UNAMA 7.11.2017).
ANDSF - afghanische Sicherheits- und Verteidigungskräfte
Informationen zur Stärke der ANDSF und ihrer Opferzahlen werden von den US-amerikanischen Kräften in Afghanistan (USFOR-A) geheim gehalten; im Bericht des US-Sonderbeauftragten für den Aufbau in Afghanistan (SIGAR) werden Schätzungen angegeben:
Die Stärke der ANDSF ist in diesem Quartal zurückgegangen; laut USFOR-A Betrug die Stärke der ANDSF mit Stand August 2017 etwa 320.000 Mann - dies deutet einen Rückgang von 9.000 Mann gegenüber dem vorhergehenden Quartal an. Dennoch erhöhte sich der Wert um
3.500 Mann gegenüber dem Vorjahr (SIGAR 30.10.2017). Die Schwundquote der afghanischen Nationalpolizei war nach wie vor ein großes Anliegen; die Polizei litt unter hohen Opferzahlen (UN GASC 20.12.2017).
Im Rahmen eines Memorandum of Understanding (MoU) zwischen dem afghanischen Verteidigungs- und Innenministerium wurde die afghanische Grenzpolizei (Afghan Border Police) und die afghanische Polizei für zivile Ordnung (Afghan National Civil Order Police) dem Verteidigungsministerium übertragen (UN GASC 20.12.2017). Um sogenanntem "Geisterpersonal" vorzubeugen, werden seit 1.1.2017 Gehälter nur noch an jenes Personal im Innen- und Verteidigungsministerium ausbezahlt, welches ordnungsgemäß registriert wurde (SIGAR 30.10.2017).
Regierungsfeindliche Gruppierungen:
Taliban
Der UN zufolge versuchten die Taliban weiterhin von ihnen kontrolliertes Gebiet zu halten bzw. neue Gebiete unter ihre Kontrolle zu bringen - was zu einem massiven Ressourcenverbrauch der afghanischen Regierung führte, um den Status-Quo zu halten. Seit Beginn ihrer Frühjahrsoffensive unternahmen die Taliban keine größeren Versuche, um eine der Provinzhauptstädte einzunehmen. Dennoch war es ihnen möglich kurzzeitig mehrere Distriktzentren einzunehmen (SIGAR 30.10.2017):
Die Taliban haben mehrere groß angelegte Operationen durchgeführt, um administrative Zentren einzunehmen und konnten dabei kurzzeitig den Distrikt Maruf in der Provinz Kandahar, den Distrikt Andar in Ghazni, den Distrikt Shib Koh in der Farah und den Distrikt Shahid-i Hasas in der Provinz Uruzgan überrennen. In allen Fällen gelang es den afghanischen Sicherheitskräften die Taliban zurück zu drängen - in manchen Fällen mit Hilfe von internationalen Luftangriffen. Den afghanischen Sicherheitskräften gelang es, das Distriktzentrum von Ghorak in Kandahar unter ihre Kontrolle zu bringen - dieses war seit November 2016 unter Talibankontrolle (UN GASC 20.12.2017).
Im Rahmen von Sicherheitsoperationen wurden rund 30 Aufständische getötet; unter diesen befand sich - laut afghanischen Beamten - ebenso ein hochrangiger Führer des Haqqani-Netzwerkes (Tribune 24.11.2017; vgl. BS 24.11.2017). Das Haqqani-Netzwerk zählt zu den Alliierten der Taliban (Reuters 1.12.2017).
Aufständische des IS und der Taliban bekämpften sich in den Provinzen Nangarhar und Jawzjan (UN GASC 20.12.2017). Die tatsächliche Beziehung zwischen den beiden Gruppierungen ist wenig nachvollziehbar - in Einzelfällen schien es, als ob die Kämpfer der beiden Seiten miteinander kooperieren würden (Reuters 23.11.2017).
IS/ISIS/ISKP/ISIL-KP/Daesh
Der IS war nach wie vor widerstandsfähig und bekannte sich zu mehreren Angriff auf die zivile Bevölkerung, aber auch auf militärische Ziele [Anm.: siehe High-Profile Angriffe] (UN GASC 20.12.2017). Unklar ist, ob jene Angriffe zu denen sich der IS bekannt hatte, auch tatsächlich von der Gruppierung ausgeführt wurden bzw. ob diese in Verbindung zur Führung in Mittleren Osten stehen. Der afghanische Geheimdienst geht davon aus, dass in Wahrheit manche der Angriffe tatsächlich von den Taliban oder dem Haqqani-Netzwerk ausgeführt wurden, und sich der IS opportunistischerweise dazu bekannt hatte. Wenngleich Luftangriffe die größten IS-Hochburgen in der östlichen Provinz Nangarhar zerstörten; hielt das die Gruppierungen nicht davon ab ihre Angriffe zu verstärken (Reuters 1.12.2017).
Sicherheitsbeamte gehen davon aus, dass der Islamische Staat in neun Provinzen in Afghanistan eine Präsenz besitzt: im Osten von Nangarhar und Kunar bis in den Norden nach Jawzjan, Faryab, Badakhshan und Ghor im zentralen Westen (Reuters 23.11.2017). In einem weiteren Artikel wird festgehalten, dass der IS in zwei Distrikten der Provinz Jawzjan Fuß gefasst hat (Reuters 1.12.2017).
Pashtunen
Ethnische Pashtunen sind die größte Ethnie Afghanistans. Sie sprechen Paschtu/Pashto; die meisten ihrer Regierungsvertreter sprechen auch Dari (CSR 12.1.2015). Die Pashtunen haben viele Sitze in beiden Häusern des Parlaments - nicht mehr als 50% der Gesamtsitze (USDOS 13.4.2016). Die Pashtunen sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 44% in der Afghan National Army (ANA) und der Afghan National Police (ANP) repräsentiert (Brookings 31.10.2016).
Paschtunen siedeln sich in einem halbmondförmigen Gürtel an, der sich von Nordwestafghanistan über den gesamten Süden und die Gebiete östlich von Kabul bis in den Nordwesten Pakistans erstreckt. Kleinere Gruppen sind über das gesamte Land verstreut, auch im Norden des Landes, wo Paschtunen Ende des 19. Jahrhunderts speziell angesiedelt wurden, und sich seitdem auch selbst angesiedelt haben (Staatendokumentation des BFA 7.2016).
Grundlage des paschtunischen Selbstverständnisses sind ihre genealogischen Überlieferungen und die darauf beruhende Stammesstruktur. Eng mit der Stammesstruktur verbunden ist ein komplexes System von Wertvorstellungen und Verhaltensrichtlinien, die häufig unter dem Namen Pashtunwali zusammengefasst werden und die besagen, dass es für einen Paschtunen nicht ausreicht, Paschtu zu sprechen, sondern dass man auch die Regeln dieses Ehren- und Verhaltenskodex befolgen muss. Die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Stammlinienverband bedeutet viele Verpflichtungen, aber auch Rechte, weshalb sich solche Verbände als Solidaritätsgruppen verstehen lassen (Staatendokumentation des BFA 7.2016).
Auszüge aus einem Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe "Schnellrecherche der SFH-Länderanalyse vom 14. November 2016 zu Afghanistan: Angriffe von regierungsfeindlichen Gruppen auf Mitarbeitende der Regierung, ausländischer Firmen und internationaler Streitkräfte; Drohbriefe; Rekrutierung; psychische Erkrankungen"
Verfolgung von afghanischen Zivilpersonen, welche für afghanische Regierungsstellen oder internationale Institutionen tätig sind Zivilpersonen, welche für nationale oder internationale Institutionen arbeiten, gehören einer gefährdeten Personengruppe an.
Gemäß Richtlinien des UN-Flüchtlingshochkommissariats zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender (19. April 2016) und dem Afghanistan-Update zur Sicherheitslage der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (30. September 2016) gehören Personen, welche tatsächlich oder vermeintlich mit der Regierung oder der internationalen Gemeinschaft einschließlich der internationalen Streitkräfte verbunden sind, einer gefährdeten Personengruppe an. So werden nationale und lokale politische Führungs-kräfte, Regierungsmitarbeitende, Lehrerinnen und Lehrer und andere Staatsbedienstete, Polizisten außer Dienst, Stammesälteste, religiöse Führer, Frauen im öffentlichen Leben, Zivilpersonen, die der Spionage für regierungsnahe Kräfte bezichtigt wer-den, Menschenrechtsaktivistinnen und -aktivisten, Mitarbeiter von humanitären Hilfs- oder Entwicklungsorganisationen und Bauarbeiter systematisch und gezielt von regierungsfeindlichen Kräften angegriffen. Entführungen solcher Personen nehmen zu. Afghanische Zivilpersonen, welche als Fahrer, Dolmetscher oder in anderen zivilen Funktionen für die internationalen Streitkräfte arbeiten, werden ebenfalls von regierungsfeindlichen Gruppen angegriffen. Auch ehemalige Mitarbeiter der internationalen Streitkräfte und der Regierung werden gemäß UNHCR Opfer von Angriffen. UNHCR verweist auf Angaben der Taliban, gemäß denen sich ihre Frühlingsoffensive wie bereits in den Vorjahren gegen Personen richtete, die die Regierung vertreten oder diese sowie die internationale Gemeinschaft mutmaßlich unterstützen. Neben gezielten Tötungen setzen regierungsfeindliche Kräfte auch auf Bedrohungen, Entführungen und Brandanschläge, um Personen, welche ihre Autorität und Anschauungen infrage stellen, einzuschüchtern und ihren Einfluss und ihre Kontrolle auszuweiten.
Auszüge aus den UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender - 19. April 2016
Potenzielle Risikoprofile
Personen, die tatsächlich oder vermeintlich mit der Regierung und der internationalen Gemeinschaft einschließlich der internationalen Streitkräfte verbunden sind oder diese tatsächlich oder vermeintlich unterstützen
Regierungsfeindliche Kräfte (AGEs) greifen Berichten zufolge systematisch und gezielt Zivilisten an, die tatsächlich oder vermeintlich die afghanische Regierung, die afghanische Zivilgesellschaft und die internationale Gemeinschaft in Afghanistan, einschließlich der internationalen Streitkräfte und der internationalen humanitären Hilfs- und Entwicklungsakteure, unterstützen bzw. mit diesen verbunden sind.204 UNAMA zufolge fielen 2015 1.335 Zivilisten (790 Tote und 545 Verletzte) gezielten oder versuchten gezielten Tötungen durch regierungsfeindliche Kräfte (AGEs) zum Opfer. Die Taliban übernahmen für 135 Vorfälle mit 336 zivilen Opfern (168 Tote und 168 Verletzte) die Verantwortung. Die Anzahl der zivilen Opfer stieg im Vergleich zu 2014 (mit 716 Toten und 353 Verletzten) um 25 Prozent, die Anzahl der Vorfälle, für die die Taliban die Verantwortung übernahmen, um 59 Prozent. Außerdem führten 2015 17 vorsätzliche und gezielte Angriffe, die UNAMA mit ISIS verbundenen Gruppen zurechnet, zu 26 zivilen Opfern (17 Tote und neun Verletzte). Zu den primären Zielen solcher Anschläge gehören nationale und lokale politische Führungskräfte, Regierungsmitarbeiter, Lehrer und andere Staatsbedienstete, Polizisten außer Dienst, Stammesälteste, religiöse Führer, Frauen im öffentlichen Leben, Zivilisten, die der Spionage für regierungsnahe Kräfte bezichtigt werden, Menschenrechtsaktivisten, Mitarbeiter von humanitären Hilfs - oder Entwicklungsorganisationen und Bauarbeiter. Am 22. April 2015 gaben die Taliban bekannt, dass sich die Frühlingsoffensive wie schon in den Jahren zuvor spezifisch gegen Regierungsvertreter und andere Personen richte, die mutmaßlich die Regierung und die internationale Gemeinschaft unterstützen. Trotz des erklärten Ziels der Taliban, Opfer unter Zivilisten zu reduzieren, gibt es weiter hin Berichte, denen zufolge die Taliban Zivilisten und nach humanitärem Völkerrecht geschützte Objekte gezielt angriffen. 2015 räumten die Taliban ein, dass sie für zivile Opfer durch zwei Vorfälle verantwortlich waren, gaben jedoch Berichten zufolge nicht das volle Ausmaß der Auswirkungen dieser Vorfälle auf Zivilisten an. Über gezielte Tötungen hinaus setzen die regierungsfeindlichen Kräfte Berichten zufolge Bedrohungen, Einschüchterungen, Entführungen und Brandanschläge ein, um Gemeinschaften und Einzelpersonen einzuschüchtern und auf diese Weise ihren Einfluss und ihre Kontrolle zu erweitern, indem diejenigen angegriffen werden, die ihre Autorität und Anschauungen infrage stellen. (...)
Zivilisten, die mit den internationalen Streitkräften verbunden sind oder diese vermeintlich unterstützen
Regierungsfeindliche Kräfte (AGEs) haben Berichten zufolge afghanische Zivilisten, die für die internationalen Streitkräfte als Fahrer, Dolmetscher oder in anderen zivilen Funktionen arbeiten, bedroht und angegriffen. Aus Berichten geht auch hervor, dass regierungsfeindliche Kräfte (AGEs) ehemalige Mitarbeiter der internationalen Streitkräfte und der Regierung angreifen.
Auszüge aus dem Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe:
Afghanistan Update: Die aktuelle Sicherheitslage, 30. September 2016
Mitarbeitende von nationalen und internationalen humanitären und Menschenrechtsorganisationen
Sicherheitsrelevante Vorfälle betreffend Mitarbeitende humanitärer und Menschenrechtsorganisationen haben 2015 zugenommen. Gemäß der International NGO Safety Organisation (INSO) wurden 2015 über 150 Angriffe auf Mitarbeitende von Hilfsorganisationen registriert. Mitarbeitende der UNO, Straßenarbeiter, Fahrer sowie Minenräumer gehören zu den Zielgruppen regierungs-feindlicher Gruppierungen. Entführungen und Übergriffe haben zugenommen.
Zivile Beschäftigte der afghanischen und ausländischen Sicherheitskräfte
Personen, welche die ANDSF, regierungsfreundliche Gruppierungen oder ausländische Sicherheitskräfte unterstützen oder verdächtigt werden, mit diesen zusammenzuarbeiten (etwa Fahrer oder Übersetzer), werden von regierungsfeindlichen Gruppie-rungen gezielt bedroht und getötet.
Auszüge aus dem Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe:
Afghanistan Update: Die Sicherheitslage, 30. September 2013
Im Gesundheitswesen tätige Personen
Regierungsfeindliche Gruppierungen verübten weiterhin Anschläge auf Gesundheitspersonal sowie Einrichtungen und störten Informations- und Impfkampagnen. Im Frühjahr 2013 kam es zudem zu insgesamt 11 Übergriffen afghanischer sowie internationaler Sicherheitskräfte auf Gesundheitseinrichtungen sowie Gesundheitspersonal.
Schnellrecherche der SFH-Länderanalyse vom 4. März 2016 zu Afghanistan:
Drohbriefe der Taliban
Drohbriefe der Taliban weitverbreitet. Drohbriefe der Taliban an Gemeinden und Individuen werden als "Night letters" bezeichnet. Das Immigration and Refugee Board of Canada hat im Februar 2015 einen ausführlichen Bericht zu den so genannten "Night letters" veröffentlicht. Gemäß einem im Jahr 2015 vom IRB befragten Professor der Naval Postgraduate School in California, welcher unter anderem Studien zu den Taliban in Afghanistan veröffentlich hat, werden in diesen Briefen Forderungen gestellt und mit Gewalt und Tod gedroht, sollten diese nicht erfüllt werden. Laut einem unabhängigen Afghanistanexperten (2015) dienen die Briefe dazu, Angst zu verbreiten und dafür zu sorgen, dass die Bevölkerung sich nicht in irgendeiner Weise mit der afghanischen Regierung oder der internationalen Gemeinschaft einlässt.
Gemäß verschiedenen vom IRB zitierten Quellen sind Drohbriefe eine beliebte und sehr weitverbreitete Taktik der Taliban (Professor, 2015; USDOS, 2014; UNHCR, 2012; Afghanistan Independent Human Rights Commission (AIHCR), 2012). Die Hauptzielgruppe ist gemäß dem befragten Professor (2015) die lokale Bevölkerung, insbesondere in den von Paschtunen dominierten südlichen und östlichen Provinzen Afghanistans. Gemäß verschiedenen vom IRB (2015) zitierten Quellen kommen die Briefe in sehr unterschiedlichen Formen daher (Afghanistan-Experte, 2015; AIHCR 2015; Professor, 2015; EASO 2012). Gemäß einem unabhängigen Experten (2015) sind sie jedoch oftmals kurz (eine Seite lang) und handgeschrieben und enthalten in vielen Fällen einen Briefkopf der Taliban, einige Zeilen mit kurzen klaren Aussagen dazu, was die Person falsch gemacht hat sowie Instruktionen, wie sie sich zu verhalten hat, dazu einen offiziellen Stempel und eine Unterschrift. Diese Elemente sind jedoch nicht immer vorhanden, es gibt große Variationen. So schrieb das European Asylum Support Office (EASO) im Dezember 2012, zitiert im IRB Bericht von Februar 2015, dass auf den Drohbriefen der Taliban in der Kopfzeile das Logo und der Titel "Islamisches Emirat Afghanistan" und eine Unterschrift des lokalen Taliban-Führer figurieren können, aber nicht müssen.
Die meisten Drohbriefe werden nachts an die Türe der betroffenen Person genagelt oder unter deren Türe durchgeschoben. Richtet sich der Brief an die ganze Gemeinde, wird er an der Türe der Moschee festgemacht (Afghanistan-Experte, 2015; Professor, 2015). Verschiedene Quellen gaben dem IRB (2015) an, dass die Betroffenen in vielen Fällen nicht zur Polizei gehen, da diese über ungenügende Ressourcen und Kompetenzen verfügt. Ob und wie die Behörden reagieren, hängt von vielen Faktoren wie den persönlichen Beziehungen und der Position der bedrohten Person ab. Jedoch sind die meisten Bedrohten auf sich alleine gestellt (AIHRC, 2015).
Die Folgen für Personen, welche einen Drohbrief erhalten, können schwerwiegend sein. Sie hängen gemäß verschiedenen von IRB konsultierten Experten von der Region und den verschiedenen lokalen Taliban-Gruppen ab. Die Briefe sind ernst zu nehmen, da es im Extremfall tödliche Folgen haben kann, wenn die darin enthaltenen Instruktionen nicht befolgt werden (Afghanistan-Experte, 2015; Professor, 2015; Danish Immigration Service (DIS), 2012; UNHCR, 2012).
Weitere Quellen berichten ebenfalls von den Drohbriefen der Taliban. So erhalten Journalistinnen und Journalisten in Afghanistan laut Journalism is not a Crime (25. November 2015) zum Beispiel regelmäßig Drohungen seitens der Taliban, auch durch Briefe. Amensty International erwähnt im Bericht Their Lives on the Line: Women Human Rights Defenders under Attack in Afghanistan vom 7. April 2015 verschiedene konkrete Beispiele von afghanischen Frauen, die Drohbriefe von den Taliban erhalten haben.
Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 11.02.2014 zu Afghanistan (DARAZS): Gefährdungslage für Dolmetscher,
Regierungsmitarbeiter:
Fragestellung: Sind Personen, die mit den ausländischen Kräften zusammenarbeiten tatsächlich als besonders gefährdet anzusehen?
Werden auch Leute, die ausschließlich für den afghanischen Staat (bzw. Parlamentsabgeordnete) als Dolmetscher tätig sind, als Verräter und Feinde des Islam gesehen?
Ist bekannt, dass es in diesem Zusammenhang zu Drohbriefen (mit Stempel) bzw. persönlichen Drohungen der Taliban gegenüber Angehörigen gekommen ist, mit welchen der Betroffene ermahnt und zur Aufgabe seiner Tätigkeit aufgefordert bzw. vorgewarnt wird und somit noch eine Chance erhält?
Sind solche Personen (insbesondere Dolmetscher) auch nach der Einstellung ihrer Tätigkeit weiterhin einer erhöhten Gefahr ausgesetzt (Drohbrief: "Wir werden dich bestrafen und töten. Wenn du nicht aufhörst.")?
(...)
Den nachfolgend zitierten Quellen ist zu entnehmen, dass Personen, die für ausländische Kräfte oder für den afghanischen Staat arbeiten, unter bestimmten Voraussetzungen tatsächlich als besonders gefährdet anzusehen sind. Es kann in diesem Zusammenhang auch zu Drohbriefen (mit Stempel) bzw. zu persönlichen Drohungen der Taliban gegenüber diesen Personen und auch gegenüber deren Angehörigen kommen. Wenn so eine Person ihre Regierungstätigkeit beendet und in eine andere (sichere) Gegend umsiedelt, besteht für sie -sofern keine spezifischen individuellen Umstände, welche zu einer Verfolgung führen bestehen- die Möglichkeit sich den Bedrohungen der Aufständischen zu entziehen.
Einzelquellen:
(...)
Afghanische Mitarbeiter internationaler Organisationen: Kaum eine Gefährdung, im Einzelfall aber möglich.
Internationales Militär:
(...)
Hinsichtlich des Risikos, welche beim US-Militär beschäftigte Personen haben, informierte eine unabhängige Policy-Forschungsorganisation, dass für Mitarbeiter, deren Arbeitsplatz in Kabul ist, kein hohes Risiko besteht. Aber wenn man in einer Militärbasis außerhalb Kabuls arbeitet, dann besteht die Gefahr einer Verfolgung, unabhängig von der Position und Art der Beschäftigung. Das Risiko besteht für Bauunternehmer und Servicepersonal genauso wie auch für Fahrer und (insbesondere auch) für Dolmetscher.
Auch UNHCR, IOM und AIHRC erklärten bezüglich Situation der Mitarbeiter des US-Militärs oder der ISAF, dass es jedem Mitarbeiter passieren kann, dass dieser durch die Taliban eingeschüchtert oder bedroht wird. Dolmetscher, aber auch lokale Fahrer sind gefährdet. In manchen Fällen werden auch die Familien der jeweiligen Personen eingeschüchtert oder bedroht.
Gemäß IOM werden hinsichtlich der Regierungsangestellten vor allem Menschen, welche in hohen Positionen in Kabul arbeiten, bedroht. Es gibt auch Fälle, in welchen die Familien von Regierungsangestellten entführt wurden. IOM ist bisher jedoch kein Fall bekannt, in welchem ein "Low-Profile-Regierungsmitarbeiter" in Kabul zum Ziel wurde.
Die Sicherheitslage in Kabul und den anderen großen Städten, wie Herat, Mazar-e Sharif und Faizabad ist vergleichsweise gut. UNHCR gab an, dass Kabul eine Option ist um in Sicherheit zu sein, es hängt aber von der Art des Konflikts und dem Profil der Person ab.
IOM gab an, dass ihre Mitarbeiter aufgrund der Arbeit für IOM bedroht würden. In Kabul würden die Mitarbeiter aber keine Probleme haben und hätten sie welche, würde die Polizei aktiv werden. DRC erklärte, dass Personen, die mit internationalen Organisationen (darunter NGOs und westliche Firmen) in Verbindung gebracht werden, oder für sie arbeiten, in Kabul nicht bedroht werden, sondern nur in ländlichen Gebieten. Generell würden Mitarbeiter von NGOs nicht bedroht werden, am wenigsten die, die in Kabul arbeiten.
(...)
Personen, welche für die Regierung arbeiten
Hochrangige Beamte und Beschäftigte im öffentlichen Dienst sehen sich einer realen Gefahr ausgesetzt, in allen Gebieten Afghanistans durch Aufständische eingeschüchtert oder verfolgt zu werden.
Beamte und Beschäftigte mit niedrigem Rang im öffentlichen Dienst sehen sich in unsicheren Randgebieten Afghanistans auch einer realen Gefahr ausgesetzt, durch Aufständische eingeschüchtert oder verfolgt zu werden. In den sicheren Gegenden in Afghanistan, welche nicht unter Kontrolle der Aufständischen sind (zum Beispiel die Städte Kabul, Herat und Mazar) besteht diesbezüglich nur ein geringes Risiko. Wenn so ein Beamter oder Beschäftigter seine Regierungstätigkeit beendet und in eine andere (sichere) Gegend umsiedelt, besteht für ihn -sofern keine spezifischen individuellen Umstände, welche zu einer Verfolgung führen bestehen- die Möglichkeit sich den Bedrohungen der Aufständischen zu entziehen.
Personen, welche für die IMF (International Military Forces) arbeiten
Personen, welche für die IMF [International Military Forces] arbeiten, stehen tatsächlich in Gefahr, in allen Gebieten Afghanistans durch Aufständische eingeschüchtert oder verfolgt zu werden. In der Stadt Kabul ist das Risiko geringer, jedoch könnten die einzelnen Umstände zu einem erhöhten Risiko führen.
Für Personen, welche für die IMF [International Military Forces] arbeiten, könnte es manchmal nicht ausreichen, einfach nur ihre Arbeit oder ihre Tätigkeit zu beenden, um sich den Bedrohungen und der Verfolgung durch die Aufständischen zu entziehen. Wenn so eine Person jedoch die Tätigkeit beendet und in eine andere (sichere) Gegend umsiedelt, besteht für sie -sofern keine spezifischen individuellen Umstände, welche zu einer Verfolgung führen bestehendie Möglichkeit sich den Bedrohungen der Aufständischen zu entziehen.
Personen, welche für NGOs oder sonstige internationale Organisationen arbeiten
Es gibt Hinweise, dass die Bedrohung von NGOs rückläufig ist und dass afghanische NGO - Arbeitnehmer nicht mehr systematisch von den Aufständischen verfolgt werden. Unter bestimmten Umständen kann dies dennoch der Fall sein: Arbeit für eine US-finanzierte oder eine US-Organisation oder wenn es um Aktivitäten geht die von den Aufständischen als politisch erachtet werden. Das Risiko einer derartigen Bedrohung ist jedoch in den Städten Kabul, Mazar-e Sharif und Herat gering. Es kommt jedoch auf die individuellen Umstände an.
Es ist nach den individuellen Umständen des Einzelfalls festzustellen, ob die Taliban die Person weiterhin bedrohen würden, nachdem sie ihren Job gekündigt oder die Tätigkeiten eingestellt hat. Wenn ein afghanischer Zivilist seine Arbeit für eine NGO, eine internationale Organisation oder für ein ausländisches Unternehmen beendet und in eine sichere Gegend umsiedelt besteht für ihn - sofern keine spezifischen individuellen Umstände, welche zu einer Verfolgung führen bestehen - die Möglichkeit sich den Bedrohungen der Aufständischen zu entziehen.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang ergibt sich aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des Bundesverwaltungsgerichtes.
Die getroffenen Feststellungen zur Identität, Nationalität, Volksgruppe und Religionszugehörigkeit des Beschwerdeführers beruhen auf seinen insofern unbedenklichen - da im Verfahren stets gleich bleibenden - Angaben.
Mangels Vorlage von Dokumenten steht seine Identität lediglich mit der für das Verfahren ausreichenden Sicherheit fest.
Die Feststellungen zu den beruflichen Tätigkeiten des Beschwerdeführers, insbesondere zu seiner Tätigkeit als Impfhelfer beruhen auf folgenden Erwägungen:
Der Beschwerdeführer blieb befragt zu dieser Tätigkeit stets bei den gleichen Angaben. Bereits in der Ersteinve