TE Bvwg Erkenntnis 2018/3/2 W124 2187161-1

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Veröffentlicht am 02.03.2018
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Entscheidungsdatum

02.03.2018

Norm

AsylG 2005 §3
BFA-VG §18 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
FPG §55 Abs4

Spruch

W124 2187161-1/3Z

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. FELSEISEN über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, gegen Spruchpunkt IV. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird hinsichtlich des Spruchpunktes IV.

stattgegeben und diese gemäß § 18 Abs. 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, § 55 Abs. 4 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, ersatzlos behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz

(B-VG), BGBl. I Nr. 1/1930 idgF, nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein indischer Staatsangehöriger, reiste im Anfang Dezember XXXX illegal ins Bundesgebiet ein und stellte am XXXX unter den von ihm angegebenen Namen einen Antrag auf internationalen Schutz.

In der mit dem BF vor der Landespolizeidirektion Niederösterreich am XXXX aufgenommenen Niederschrift gab dieser im Wesentlichen an, dass es zwischen Familien zu Auseinandersetzungen gekommen sei und der BF im Zuge dessen geschlagen worden sei. In weiterer Folge sei der BF von dieser Familie, welche sehr reich und gute Kontakte zu den Politikern gehabt habe, bedroht worden.

Vor dem BFA erläuterte der BF in der mit ihm aufgenommenen Niederschrift vom XXXX , dass er von ein paar Mitgliedern der Alkali Partei unterstützt worden sei und dann seine Gegner eine Zeit lang weg gewesen wären. Seit die Congress Partei an der Macht gewesen sei, hätten die Drohungen wieder angefangen. Er sei von Schlägertrupps derart verprügelt worden, dass er kaum noch gehen habe können. Die Morddrohungen hätten zugenommen, weshalb er beschlossen habe nicht mehr in Indien leben zu können.

2. Mit dem nunmehr angefochtenen oben angeführten Bescheid des Bundesamtes wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 04.12.2017 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gem. § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen.

Gleichzeitig wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstatt Indien abgewiesen.

Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gem. §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen.

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgesetellt, dass die Abschiebung des BF gem. § 46 FPG nach Indien zulässig sei.

Unter Spruchpunkt IV. wurde der Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 18 Abs. 1 Z 4 BFA-VG, BGBl. Nr. 87/2012, (BFA-VG) idgF, die aufschiebende Wirkung aberkannt und ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt werde. Gemäß § 55 Abs. 1a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise.

Zu Spruchpunkt I. wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF keine Verfolgung i.S.d. GFK glaubhaft gemacht habe und solche auch nicht festgestellt werden hätten können. Zu Spruchpunkt II. wurde angegeben, dass auf Grund der Länderfeststellungen jedenfalls anzunehmen sei, dass der BF seine existenziellen Grundbedürfe so wie auch vor seiner Ausreise aus eigener Kraft durch selbständige Arbeit sichern habe können. Zudem verfüge der BF im Heimatland über familiäre Anknüpfungspunkte. Des weiteres, verfüge er über eine, wenn auch geringe, Schulbildung. Es werde davon ausgegangen, dass er in Indien Fuß fassen könne, weshalb davon auszugehen sei, dass er im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat in diesem Zusammenhang keine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 der Konvention drohe.

Darüber hinaus sei im Verfahren nichts hervorgetreten, was dazu Anlass gegeben habe, eine besondere Integration seiner Person in Österreich anzunehmen, zumal er nicht Deutsch sprechen und über keine privaten Kontakte verfügen würde, die ihn in Österreich binden würde. Auch spreche sein erst kurzer Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet gegen das Vorliegen besonderer privater Bindungen bzw. von Integration in Österreich.

Verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte würden in Österreich nicht bestehen. Alle Angehörigen würden noch in seinem Heimatland leben.

Die Abschiebung des BF sei gemäß § 50 Abs. 1 FPG zulässig, als dadurch Art 2 oder 3 EMRK bzw. das Protokoll Nr. 6 oder 13 zur Konvention zum Schutz der Menschrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe nicht verletzt werden würde.

Hinsichtlich Spruchpunkt IV. wurde § 18 Abs. 4 BFA-VG zitiert und dazu begründend ausgeführt, dass aus den Behauptungen weder ein Asylstatus noch subsidiäre Schutzberechtigung herzuleiten sei, noch jenes Vorbringen dazu geeignet sei eine begründete Furcht vor Verfolgung im Sinne der GFK glaubhaft zu machen.

Soweit das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt habe, gelte das als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundene Rückkehrentscheidung. Wie oben ausgeführt würde in ihrem Fall Z 4 vorliegen.

3. Gegen den im Spruch genannten Bescheid wurde binnen offener Frist Beschwerde gegen alle Spruchpunkte erhoben und ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gestellt. Beantragt wurde u. a. dem BF die aufschiebende Wirkung seiner Beschwerde zuzuerkennen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen und Beweiswürdigung:

Der unter Punkt I. widergegebene Verfahrensgang wird der Entscheidung als entscheidungsrelevanter Verfahrenssachverhalt zugrunde gelegt.

Der Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus dem zur im Spruch genannten Verfahrenszahl vorgelegten erstinstanzlichen Akt sowie der Beschwerdeschrift.

2. Rechtliche Beurteilung:

2.1. Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn (Z 1) der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder (Z 2) die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das

Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Zu Spruchteil A):

3.2. Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides

Gemäß § 18 Abs. 1 BFA-VG kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz aberkennen, wenn

1.

der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,

2.

schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,

3.

der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat,

4.

der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,

5.

das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,

6.

gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder

7.

der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.

Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt, so ist Abs. 2 auf diese Fälle nicht anwendbar. Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.

 

Das Bundesamt hat die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung auf § 18 Abs. 1 Z 4 BFA-VG gestützt. Die Entscheidung im bekämpften Bescheid wurde allerdings nicht nachvollziehbar begründet. Der BF führte in der mit ihm am XXXX aufgenommenen Niederschrift aus, dass es im Zuge eines Streites um ein Ackerland zu Auseinandersetzungen zwischen zwei Familien gekommen und er im Zuge dessen einmal von der gegnerischen Familie geschlagen worden sei. In weiterer Folge sei dieser von dieser Familie mit dem Tode bedroht worden. Da diese Familie sehr reich gewesen sei und Kontakte zu Politikern gehabt habe, habe er Angst bekommen und beschlossen sein Land zu verlassen.

In der vor dem BFA am XXXX aufgenommenen Niederschrift führte dieser im Wesentlichen aus, dass er im XXXX von mehreren "Typen" verprügelt und mit dem Tod bedroht worden sei. Die Morddrohungen hätten zugenommen, weshalb der BF beschlossen habe nicht mehr in Indien zu leben.

Im gegenständlichen Verfahren ist ein Vorgehen gemäß § 59 Abs. 1 letzter Satz AVG zulässig, da die Entscheidung über den Spruchpunkt IV. spruchreif ist und die Trennung auf Grund der Folgen einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung für den Betroffenen auch zweckmäßig erscheint.

Das Bundesamt hat die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung auf § 18 Abs. 1 Z 4 AsylG gestützt. Diese Entscheidung im bekämpften Bescheid ist aber nicht nachvollziehbar begründet, als der BF in seinen mit ihm aufgenommenen Niederschriften immer wieder von Verfolgungshandlungen gesprochen hat.

Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass aus den Behauptungen des BF weder ein Asylstatus noch eine subsidiäre Schutzberechtigung herzuleiten sei bzw. das Vorbringen nicht dazu geeignet sei eine begründete Furcht vor Verfolgung im Sinne der GFK glaubhaft zu machen.

Damit widerspricht sich das BVwG in seiner eigenen Argumentation, als diese den Tatbestand des § 18 Abs. 1 Z 4 AsylG herangezogen hat. Dieser kommt nur dann zum Tragen, wenn ein Asylwerber keine Verfolgungsgründe vorgebracht hat, was im gegenständlichen Fall offenkundig nicht der Fall ist, als von Seiten des BF immer wieder eine Verfolgung von Familienmitgliedern, welche über gute politische Kontakte verfügen würden bzw. diese ihn mit dem Tode bedroht hätte, behauptet wurde.

Inwieweit die im gegenständlichen Fall behaupteten Fluchtgründe von Relevanz sein können, wird das BVwG in einer eigenen Prüfung durchzuführen haben. Unabhängig vom Ergebnis dessen, ändert dies allerdings nichts an den Umstand, dass der BF sowohl in der Erstbefragung als auch vor dem BFA entsprechende Verfolgungsgründe behauptet hat.

Insoweit ist die Argumentation des BFA, dass die Behauptungen des BF nicht geeignet sind weder einen Asylstatus noch eine subsidiäre Schutzberechtigung herzuleiten bzw. eine begründete Furcht vor Verfolgung i.S.d. GFK für die Heranziehung des Tatbestandes nach § 18 Abs. 1 Z 4 AsylG irrelevant.

Selbiges gilt für die Argumentation, dass für den BF im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Menschrechtsverletzung gegeben ist.

Die Ausführung, dass dem Antrag auf internationalen Schutz keine Aussicht auf Erfolg beschieden ist und diesem auch keine sonstige reale und menschenrechtsrelevante Gefahr im Herkunftsland droht und diesem zumutbar ist den Ausgang seines Asylverfahren im Herkunkftstaat abzuwarten deutet im Gegensatz zur im Spruch angeführten Z 4 auf die Gründe des § 18 Abs. 2 Z 5 BFA-VG hin. Auch diesbezüglich enthält der Bescheid aber keine weitere Konkretisierung. Angesichts der dargetanen massiven Begründungsmängel war in der vorliegenden Konstellation daher spruchgemäß zu entscheiden.

Da der Sachverhalt diesbezüglich auch als geklärt anzusehen ist, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG auch auf eine Verhandlung verzichtet werden.

Über die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. bis III. des angefochtenen Bescheides ergeht eine gesonderte Entscheidung. Der Beschwerde kommt diesbezüglich somit gemäß § 13 Abs. 1 VwGVG aufschiebende Wirkung zu.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs.1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs.4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen

keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor (Vgl. auch VwGH 15.12.2016, Ra 2016/18/0343).

Die Revision ist sohin gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung, aufschiebende Wirkung - Entfall, Behebung der
Entscheidung, ersatzlose Behebung, Spruchpunktbehebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W124.2187161.1.00

Zuletzt aktualisiert am

12.03.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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