TE Vfgh Erkenntnis 1997/12/10 B3789/95

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Veröffentlicht am 10.12.1997
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Index

L5 Kulturrecht
L5500 Baumschutz, Landschaftsschutz, Naturschutz

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

Leitsatz

Quasi-Anlaßfallwirkung der Feststellung der Verfassungswidrigkeit des Tir NaturschutzG 1991 mit E v 05.12.97, G21/97 ua.

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Das Land Tirol ist schuldig, dem Beschwerdeführer zu Handen seines Rechtsvertreters die mit ATS 18.000,-- bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I.1. Mit Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 16. Oktober 1995, Zl. 20/148-1/1995, wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen ein Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck, mit welchem er einer Verwaltungsübertretung nach §3 liti iVm. §6 der Verordnung der Landesregierung vom 10. April 1984 über die Erklärung des Gebietes um die Serles, den Habicht und das Zuckerhütl in den Gemeinden Neustift im Stubaital, Fulpmes, Mieders, Mühlbachl, Steinach am Brenner, Trins und Gschnitz zum Landschaftsschutzgebiet, LGBl. 28/1984 iVm. §43 Abs1 litb des Tiroler Naturschutzgesetzes 1991, LGBl. 29, für schuldig erkannt und gemäß §43 Abs1 letzter Satz Tiroler Naturschutzgesetz 1991 eine Geldstrafe in der Höhe von ATS 1.000,-- unter gleichzeitiger Festsetzung einer Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.

2. In der auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde macht der Beschwerdeführer u.a. die Verletzung in Rechten durch Anwendung rechtswidriger genereller Normen, nämlich des §4 litc der Verordnung LGBl. 28/1984 iVm. §§2 Abs2 und 3 Abs1 Tiroler Naturschutzgesetz 1991 geltend.

3. Die belangte Behörde hat von der Möglichkeit der Erstattung einer Gegenschrift keinen Gebrauch gemacht.

4. Mit Erkenntnis vom 5. Dezember 1997, G21/97 ua., sprach der Verfassungsgerichtshof aus, daß das Tiroler Naturschutzgesetz 1991, LGBl. 29, verfassungswidrig war.

II.1. Gemäß Art140 Abs7 B-VG wirkt die Aufhebung eines Gesetzes auf den Anlaßfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlaßfalles so vorzugehen, als ob die als verfassungswidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrundegelegten Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte.

Dem in Art140 Abs7 B-VG genannten Anlaßfall (im engeren Sinn), anläßlich dessen das Gesetzesprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind all jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Gesetzesprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (VfSlg.10616/1985, 11711/1988).

Die nichtöffentliche Beratung im Gesetzesprüfungsverfahren fand am 5. Dezember 1997 statt. Die vorliegende Beschwerde ist beim Verfassungsgerichtshof am 11. Dezember 1995 eingelangt, war also zum Zeitpunkt des Beginns der nichtöffentlichen Beratung schon anhängig; der ihr zugrundeliegende Fall ist somit einem Anlaßfall gleichzuhalten.

Die belangte Behörde wendete bei Erlassung des angefochtenen Bescheides die als verfassungswidrig befundenen Gesetzesbestimmungen an. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß diese Gesetzesanwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war. Der Beschwerdeführer wurde somit wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt.

Der Bescheid ist daher aufzuheben.

2. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG abgesehen.

3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von ATS 3.000,-- enthalten.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1997:B3789.1995

Dokumentnummer

JFT_10028790_95B03789_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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