TE Bvwg Erkenntnis 2018/3/5 W217 2179184-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.03.2018
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Entscheidungsdatum

05.03.2018

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W217 2179184-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Ulrike LECHNER LL.M sowie die fachkundige Laienrichterin Verena KNOGLER BA, MA als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, vom 25.10.2017, OB: XXXX , betreffend den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Frau XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführerin) hat am 13.07.2017 beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (im Folgenden: belangte Behörde), einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses und auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass unter Anschluss eines umfassenden Befundkonvolutes gestellt.

2. Zur Überprüfung des Antragsvorbringens hat die belangte Behörde ein medizinisches Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Facharzt für Innere Medizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 25.09.2017 mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Grad der Behinderung 60 v.H. betragen würde und die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel zumutbar sei.

Im Sachverständigengutachten vom 28.09.2017 wurde im Wesentlichen zusammengefasst Folgendes ausgeführt:

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

mäßig reduziert

Ernährungszustand:

reduziert - BMI 16.6

Größe: 170,00 cm Gewicht: 48,00 kg Blutdruck: 160/95

Klinischer Status - Fachstatus:

Kopf: Brillenträgerin, sonstiges Sensorium und HNAP frei; Zunge feucht, nicht belegt; keine Lippenzyanose; Gebiss saniert;

Hals: keine Struma, keine Einflussstauung, keine vergrößerten Lymphknoten;

Thorax: symmetrisch, seitengleiche Belüftung, sonorer Klopfschall, reines Vesiculäratmen;

Herz: Herzgröße und -konfiguration normal, Herztöne rein, rhythmisch, keine Extratöne, keine Herzgeräusche

Leib: reizlose mediane Laparotomienarbe, Bauchdecken unter Thoraxniveau, keine pathologischen Resistenzen, Leber und Milz nicht vergrößert, Nierenlager frei;

Untere Extremitäten: keine Varizen, diskrete Schwellung am linken Unterschenkel, sonst keine Ödeme, periphere Fußpulse seitengleich tastbar

Gesamtmobilität - Gangbild:

Gangbild, Standvermögen und Lagewechsel ungestört

Status Psychicus:

Orientierung zeitlich, örtlich und zur Person gegeben; Merkfähigkeit gut; Affekt adäquat;

Stimmungslage subdepressiv, klagsam

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd.Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes

Pos.Nr.

GdB %

1

Retroperitoneales Sarkom, Z.n. Resektion 6/2017 URS, da im Gesunden entfernt und kein Hinweis auf Secundärblastome

13.01.03

50

2

Zustand nach Entfernung der linken Niere ORS, da Komplettentfernung der linken Niere

08.01.01

30

3

Zustand nach Entfernung der Milz

10.03.11

10

Gesamtgrad der Behinderung 60 v.H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Leiden 1) wird durch Leiden 2) um 1 Stufe erhöht, da es eine relevante Zusatzbehinderung darstellt; Leiden 3) erhöht wegen geringer funktioneller Zusatzrelevanz nicht weiter

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Z.m. M.Hodgkin - keine Folgeschäden; Schwellneigung linkes Bein - geringe Ausprägung

X Nachuntersuchung 07/2022 weil Besserung nach Heilungsbewährung möglich

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

keine; der postoperative Schwächezustand wird voraussichtlich nicht länger als 6 Monate anhalten; auch sonst sind keine Gesundheitsschädigungen objektivierbar, die die Benützung ÖVM nicht möglich machen

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

nein (eine "Immunschwäche" ist durch medizinische Befunde nicht belegt)

Am 10.10.2017 wurde der Beschwerdeführerin ein Behindertenpass, befristet bis 01.10.2022, aufgrund einer zu diesem Zeitpunkt erforderlichen Nachuntersuchung ausgestellt.

3. Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom 25.10.2017 hat die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass das Sachverständigengutachten Dris. XXXX ergeben habe, dass die Voraussetzungen für die Vornahme der begehrten Zusatzeintragung nicht vorliegen würden. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien dem Bescheid als Beilage angeschlossen und würden einen Bestandteil der Begründung bilden. In der rechtlichen Beurteilung wurden die wesentlichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) zitiert.

4. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde und führte darin im Wesentlichen aus, dass in dem der Beschwerde beiliegenden Schreiben ihres behandelnden Arztes Dr. XXXX , Facharzt für Innere Medizin, vom 13.11.2017, fachlich begründet sei, dass bei der Beschwerdeführerin aufgrund der Entfernung der Milz wegen einer Tumorerkrankung eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vorliegen würde. Dadurch sei ein deutlich erhöhtes Risiko für einen fulminanten Verlauf von bakteriellen oder viralen Infektionen gegeben. Aus internistischer Sicht sei die Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln insbesondere in der kalten Jahreszeit wegen des erhöhten Infektionsrisikos bei der vorliegenden manifesten Immunschwäche nicht zumutbar. Es wären zahlreiche Impfungen und eine sofortige antibiotische Therapie sowie eine umgehende Spitalseinweisung bei subfebrilen Infekten zu erwarten.

5. Am 11.12.2017 langte der Beschwerdeakt beim Bundesverwaltungsgericht ein.

6. Zur Überprüfung des Beschwerdevorbringens wurde der Vorgutachter, Dr. XXXX , durch das Bundesverwaltungsgericht um eine ergänzende Stellungnahme, basierend auf der Aktenlage, unter Einbeziehung sämtlicher durch die Beschwerdeführerin vorgelegten medizinischen Beweismittel, insbesondere hinsichtlich der Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ersucht.

Dessen Stellungnahme vom 22.01.2018 lautet in den wesentlichen Punkten:

"Die Entfernung der Milz führt zu einer erhöhten Anfälligkeit gegenüber bakteriellen und parasitären (aber nicht viralen) Infektionen, bedingt durch die mangelnde Entfernung von Bakterien aus dem Blut und Störung der Antikörperbildung gegen T-Zellunabhängige Antigene.

Vor allem Streptokokken, Hämophilus influenzae und Neisseria meningitidis sind die bakteriellen Keime, für die ein erhöhtes Infektionsrisiko besteht.

Gegen all diese Keime existiert eine wirksame Impfung.

Unabhängig davon ist es nicht möglich, die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel von Aktivitäten eines normalen Alltagslebens zu trennen (z.B. Besuch von kulturellen Veranstaltungen, von Geschäften, Kirchen, Ärzten, Verwandten und Freunden).

Das Infektionsrisiko bei Benützung öffentlicher Verkehrsmittel entspricht jenem, wie es bei sonstiger Bewegung im öffentlichen Raum und bei den oben angeführten Aktivitäten auftritt. Die weitere Teilnahme an diese Aktivitäten ist für die betroffenen Personen jedenfalls wünschenswert.

Diagnosen:

1) Zustand nach Resektion eines retroperitonelaen Sarkoms

2) Zustand nach Entfernung der linken Niere

3) Zustand nach Entfernung der Milz

Abl. 6-8 beinhalten den OP-Bericht vom 23.6.2017, die OP-Freigabe und den postoperativen Kostaufbau - somit keine Sachverhalte im Zusammenhang mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.

Abl. 43 ist die ärztliche Bestätigung des FA für Innere Medizin, Dr. XXXX , vom 13.11.2017: Wie bereits angeführt, geht mit der Milzentfernung zwar ein erhöhtes Risiko für bakterielle Infekte einher (Parasitäre Infekte spielen bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel keine Rolle), es existiert aber eine wirksame Prophylaxe durch entsprechende Impfungen, und das Infektionsrisiko bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist nicht höher als bei der Teilnahme am sonstigen sozialen, beruflichen und kulturellen Leben.

Aus den obigen Ausführungen ergibt sich, dass die vorliegenden Leidenszustände zu keiner Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel führen.

Eine ärztliche Nachuntersuchung bezüglich Fragestellung "Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" ist nicht erforderlich.

Eine Nachuntersuchung bezüglich Einstufung im Behindertenpassverfahren wird für Juli 2022, nach Heilungsbewährung, vorgeschlagen."

7. Mit Schreiben vom 24.01.2018 wurden der Beschwerdeführerin und der belangten Behörde das Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit zur Stellungnahme binnen zwei wöchiger Frist im Rahmen des Parteiengehörs gewährt. Weder die Beschwerdeführerin noch die belangte Behörde haben von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Da sich die Beschwerdeführerin mit der Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass, nicht einverstanden erklärt hat, war dies zu überprüfen.

1. Feststellungen:

1.1. Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin eines bis 01.10.2022 befristeten Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 60 v.H.

1.2. Die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass liegen nicht vor.

2. Beweiswürdigung:

Zu 1.1) Die Feststellungen gründen auf dem Akteninhalt des von der belangten Behörde vorgelegten Fremdaktes.

Zu 1.2) Die Feststellungen zur Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ergeben sich aus dem durch die belangte Behörde eingeholten Sachverständigengutachten Dr. XXXX , Facharzt für Innere Medizin, vom 28.09.2017, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin, und dessen ergänzenden sachverständigen Stellungnahme vom 22.01.2018.

Das eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten Dr. XXXX ist schlüssig, nachvollziehbar und frei von Widersprüchen.

Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Auch wurde zu den Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ausführlich Stellung genommen. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen persönlicher Untersuchung der Beschwerdeführerin erhobenen klinischen Befund, entsprechen unter Berücksichtigung des erstatteten Vorbringens und der vorgelegten Beweismittel den festgestellten Funktionseinschränkungen.

Der Inhalt der Stellungnahme Dr. XXXX wurde auch im Rahmen des Parteiengehörs unbeeinsprucht zur Kenntnis genommen.

Dr. XXXX führt schlüssig und nachvollziehbar aus, dass das führende Leiden 1 durch Leiden 2 um eine Stufe erhöht wird, da dieses eine relevante Zusatzbehinderung darstellt, Leiden 3 aufgrund der geringen funktionellen Zusatzrelevanz jedoch keine Auswirkungen auf den Gesamtgrad der Behinderung erzeugt. Eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel kann dadurch jedoch nicht festgestellt werden, da der derzeit vorherrschende postoperative Schwächezustand eine Dauer von sechs Monaten nicht übersteigen wird und keine weiteren Gesundheitsschädigungen objektivierbar sind, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel verunmöglichen.

Umfassend setzt sich der Sachverständige mit dem vorgebrachten Beschwerdebild und den beigelegten medizinischen Beweismitteln auseinander und führt überzeugend aus, dass durch die Entfernung der Milz, bedingt durch die mangelnde Entfernung von Bakterien aus dem Blut und Störung der Antikörperbildung gegen T-Zell-unabhängige Antigene, eine erhöhte Anfälligkeit gegenüber bakteriellen und parasitären, nicht aber viralen, Infektionen besteht. Fachlich schlüssig begründet der Sachverständige, dass Streptokokken, Hämophilus influenzae und Neisseria meningitidis jene bakteriellen Keime sind, für die ein erhöhtes Infektionsrisiko besteht, jedoch gegen diese Keime eine wirksame Prophylaxe durch entsprechende Imfpungen existiert. Überzeugend führt der Sachverständige aus, dass das Infektionsrisiko durch die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Vergleich zu den sonstigen Bewegungen im öffentlichen Raum, wie es beim Besuch kultureller Veranstaltungen und bei Aktivitäten des täglichen Lebens - wie bei der Erledigung von Einkäufen, Besuch von Ärzten, Freunden oder Verwandten - der Fall ist, keine gesteigerten Infektionsgefahr besteht. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel stellt daher keine außergewöhnliche Gefahren- bzw. Risikoquelle für eine Ansteckung dar, sodass sich aufgrund der vorliegenden Leidenszustände keine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ableiten lässt.

Das eingeholte Sachverständigengutachten steht - auch in Zusammenschau mit dem durch die belangte Behörde eingeholten Sachverständigengutachten - mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder deren Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.

Die Angaben der Beschwerdeführerin konnten daher nicht über den erstellten Befund hinaus objektiviert werden.

Zur Erörterung der Rechtsfrage, ob der Beschwerdeführerin die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist, siehe die rechtlichen Erwägungen unter Punkt II. 3.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 17. Mai 1990 über die Beratung, Betreuung und besondere Hilfe für behinderte Menschen (Bundesbehindertengesetz - BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF, hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu Spruchpunkt A)

Gemäß § 1 Abs. 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen (Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen), BGBl. II Nr. 495/2013 idgF, ist der Behindertenpass mit einem 35 x 45 mm großen Lichtbild auszustatten und hat zu enthalten:

1. den Familien- oder Nachnamen, den Vornamen, den akademischen Grad oder die Standesbezeichnung und das Geburtsdatum des Menschen mit Behinderung;

2. die Versicherungsnummer;

3. den Grad der Behinderung oder die Minderung der Erwerbsfähigkeit;

4. eine allfällige Befristung.

Gemäß § 1 Abs. 2 Z 3 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls einzutragen:

1. die Art der Behinderung, etwa dass der Inhaber/die Inhaberin des Passes

a) überwiegend auf den Gebrauch eines Rollstuhles angewiesen ist;

diese Eintragung ist vorzunehmen, wenn die Voraussetzungen für eine diagnosebezogene Mindesteinstufung im Sinne des § 4a Abs. 1 bis 3 des Bundespflegegesetzes (BPGG), BGBl. Nr. 110/1993, vorliegen. Bei Kindern und Jugendlichen gelten jedoch dieselben Voraussetzungen ab dem vollendeten 36. Lebensmonat.

b) blind oder hochgradig sehbehindert ist;

diese Eintragung ist vorzunehmen, wenn die Voraussetzungen für eine diagnosebezogene Mindesteinstufung im Sinne des § 4a Abs. 4 oder 5 BPGG vorliegen.

c) gehörlos oder schwer hörbehindert ist;

die Eintragung gehörlos ist bei einem Grad der Behinderung von 80% entsprechend der Positionsnummer 12.02.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, bzw. einem Grad der Behinderung von 70% aufgrund der Position 643 nach der Richtsatzverordnung BGBl. Nr. 150/1965, vorzunehmen.

Die Eintragung schwer hörbehindert ist ab einem Grad der Behinderung von 50% auf der Grundlage der Positionsnummer 12.02.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung bzw. der Position 643 nach der Richtsatzverordnung, vorzunehmen.

Bei Kindern und Jugendlichen bis zum vollendeten 10. Lebensjahr muss ein Grad der Behinderung von 90%, vom 11. Lebensjahr bis zum vollendeten 14. Lebensjahr ein Grad der Behinderung von 80% entsprechend der Positionsnummer 12.02.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung vorliegen.

d) taubblind ist;

diese Eintragung ist vorzunehmen, wenn die Voraussetzungen für eine diagnosebezogene Mindesteinstufung im Sinne des § 4a Abs. 6 BPGG vorliegen.

e) TrägerIn eines Cochlear-Implantates ist;

f) Epileptiker/Epileptikerin ist;

diese Eintragung ist vorzunehmen, wenn die Diagnose entsprechend Abschnitt 04.10.02 oder 04.10.03 der Anlage zur Einschätzungsverordnung bzw. der Positionsnummer 573 oder 574 nach der Richtsatzverordnung vorliegt.

g) eine Gesundheitsschädigung gemäß § 2 Abs. 1 erster Teilstrich der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996, aufweist;

diese Eintragung ist vorzunehmen, wenn Tuberkulose, Zuckerkrankheit, Zöliakie oder Aids entsprechend einem festgestellten Grad der Behinderung von mindestens 20% vorliegt. Der Zöliakie sind die Phenylketonurie (PKU) und ähnliche Stoffwechselerkrankungen im Sinne des Abschnittes 09.03. der Anlage zur Einschätzungsverordnung gleichzuhalten.

h) eine Gesundheitsschädigung gemäß § 2 Abs. 1 zweiter Teilstrich der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen aufweist;

diese Eintragung ist bei Vorliegen einer Gallen-, Leber- oder Nierenerkrankung mit einem festgestellten Grad der Behinderung von mindestens 20% vorzunehmen.

i) eine Gesundheitsschädigung gemäß § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen aufweist;

diese Eintragung ist bei Funktionsbeeinträchtigungen im Sinne der Abschnitte 07 und 09 der Anlage zur Einschätzungsverordnung sowie bei Malignomen des Verdauungstraktes im Sinne des Abschnittes 13 der Anlage zur Einschätzungsverordnung entsprechend einem festgestellten Grad der Behinderung von mindestens 20% vorzunehmen.

j) TrägerIn von Osteosynthesematerial ist;

k) TrägerIn einer Orthese ist;

l) TrägerIn einer Prothese ist.

2. die Feststellung, dass der Inhaber/die Inhaberin des Passes

a) einer Begleitperson bedarf;

diese Eintragung ist vorzunehmen bei

? Passinhabern/Passinhaberinnen, die über eine Eintragung nach § 1 Abs. 2 Z 1 lit. a verfügen;

? Passinhabern/Passinhaberinnen, die über eine Eintragung nach § 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d verfügen;

? Bewegungseingeschränkten Menschen ab dem vollendeten 6. Lebensjahr, die zur Fortbewegung im öffentlichen Raum ständig der Hilfe einer zweiten Person bedürfen;

? Kindern ab dem vollendeten 6. Lebensjahr und Jugendlichen mit deutlichen Entwicklungsverzögerung und/oder ausgeprägten Verhaltensänderungen;

? Menschen ab dem vollendeten 6. Lebensjahr mit kognitiven Einschränkungen, die im öffentlichen Raum zur Orientierung und Vermeidung von Eigengefährdung ständiger Hilfe einer zweiten Person bedürfen, und

? schwerst behinderten Kindern ab Geburt bis zum vollendeten 6. Lebensjahr, die dauernd überwacht werden müssen (z.B. Aspirationsgefahr).

b) die Fahrpreisermäßigung nach dem Bundesbehindertengesetz in Anspruch nehmen kann;

diese Eintragung ist bei Menschen mit Behinderung, die dem Personenkreis des § 48 des Bundesbehindertengesetzes angehören, bei Vorliegen eines festgestellten Grades der Behinderung/ einer festgestellten Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 70% bzw. bei Bezug von Pflegegeld oder anderen vergleichbaren Leistungen nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften anzunehmen.

c) einen Assistenzhund benötigt;

in einem Klammerausdruck ist beizufügen, ob es sich dabei um einen Blindenführ-, einen Service- oder einen Signalhund handelt.

3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

? erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

? erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

? erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

? eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

? eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubheit nach § 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d. vorliegen.

Gemäß § 1 Abs. 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 2 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Bundessozialamtes. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigten.

Die Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II 495/2013, ist gemäß § 5 Abs. 1 mit 1. Jänner 2014 in Kraft getreten. Die Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen, BGBl. Nr. 86/1991, ist mit Ablauf des 31. Dezember 2013 außer Kraft getreten.

Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142, und die dort zitierten Erkenntnisse vom 18.12.2006, 2006/11/0211, und vom 17.11.2009, 2006/11/0178, jeweils mwN.).

Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hierbei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).

Unter Zugrundelegung des gegenständlichen Sachverständigengutachtens vom 28.09.2017 sowie der ergänzenden Stellungnahme vom 22.01.2018, die vom Bundesverwaltungsgericht als schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei gewertet werden, wurde festgestellt und ausführlich dargelegt, dass bei der Beschwerdeführerin keine Leidenszustände evident sind, die ein Ausmaß erreichen, welche die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" in den Behindertenpass rechtfertigen.

Die Beschwerdeführerin ist dem Sachverständigengutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten und hat auch im Rahmen des ihr vom Bundesverwaltungsgericht eingeräumten Parteiengehörs zur eingeholten ergänzenden Stellungnahme vom 22.01.2018 keine Stellungnahme abgegeben.

Steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).

Da aus den dargelegten Gründen die Voraussetzungen für die gegenständliche Zusatzeintragung nicht erfüllt sind, war spruchgemäß zu entscheiden.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Weiters kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

Im gegenständlichen Fall bilden die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Der Inhaberin des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass erfüllt sind, das Gutachten vom 28.09.2017 sowie die Stellungnahme vom 22.01.2018 des medizinischen Sachverständigen. Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, wurden diese als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Sohin erscheint der Sachverhalt geklärt und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben. Zudem hatte die Beschwerdeführerin im Rahmen des Parteiengehörs die Möglichkeit sich zu äußern bzw. Beweismittel vorzulegen. Die erhobenen Einwendungen waren allerdings nicht geeignet die Feststellungen des befassten Sachverständigen zu entkräften. Die Beschwerdeführerin hat keine Beweismittel vorgelegt, welche mit der gutachterlichen Beurteilung nicht in Einklang stehen.

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Behindertenpass, Sachverständigengutachten, Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W217.2179184.1.00

Zuletzt aktualisiert am

13.03.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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