TE OGH 2018/2/13 5Ob227/17v

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Veröffentlicht am 13.02.2018
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat Dr. Jensik als Vorsitzenden und die Hofrätin Dr. Grohmann sowie die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Edgar L*****, vertreten durch Mag. Heinz Kupferschmied, Mag. Gerhard Kuntner, Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagten Parteien 1. Dr. Inge Else M*****, 2. DI Peter M*****, beide *****, beide vertreten durch Mag. Georg Luckmann, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft, über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 25. Oktober 2017, GZ 4 R 97/17h-46, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Das Erstgericht gab dem Zivilteilungsbegehren des Klägers statt. Es verneinte die Teilungshindernisse der Unzeit und des Nachteils der übrigen. Die Naturalteilung sei untunlich, weil die Liegenschaft nicht ohne beträchtliche Verminderung des Werts geteilt werden könne.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge, bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 30.000 EUR übersteigend und ließ die Revision nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der Beklagten zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf.

1. Den auf die mangelnde Beiziehung eines weiteren Sachverständigen gestützten Verfahrensmangel hat das Berufungsgericht verneint. Ein in zweiter Instanz verneinter Verfahrensmangel kann in dritter Instanz aber nicht mehr geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0042963).

2.1. Die Ermittlung des Verkehrswerts eines Grundstücks gehört dem Tatsachenbereich an (RIS-Justiz RS0043704), der vom Obersten Gerichtshof nicht überprüfbar ist. Die Anwendung der von einem Sachverständigen zur Gewinnung des maßgeblichen Sachverhalts herangezogenen Erfahrungsgrundsätze betrifft die rechtliche Beurteilung nur insoweit, als dabei ein Verstoß gegen zwingende Denkgesetze und zwingende Gesetze des sprachlichen Ausdrucks unterlaufen ist (RIS-Justiz RS0043122; RS0043704 [T1, T5]). Eine Bekämpfung der eine Tatfrage darstellenden Schätzwertermittlung vor dem Obersten Gerichtshof scheidet grundsätzlich aus (RIS-Justiz RS0099292 [T3, T8]). Dies gilt auch für die Beurteilung von Werterhöhungen und Wertminderungen (10 Ob 64/02p mwN) oder einen aus dem schlichten Miteigentum an der Liegenschaft abgeleiteten Abschlag zum üblicherweise im redlichen Geschäftsverkehr zu erzielenden Preis nach § 2 Abs 2 LBG (5 Ob 122/16a).

2.2. Hier hat der Sachverständige für den Fall der Realteilung Abschläge aufgrund schwieriger und kostenintensiverer Bebaubarkeit, hinsichtlich der Teilfläche 1 auch wegen der Unmöglichkeit, die derzeitige Höchstbebauungsdichte vollinhaltlich auszunützen, vorgenommen. Ein Verstoß gegen zwingende Denkgesetze ist darin nicht zu erkennen, mangels Vorgabe einer Bewertungsmethode durch das Gericht hatte der Sachverständige gemäß § 7 Abs 1 LBG selbst die geeignete Methode auszuwählen, diese Wahl unterliegt nicht der Überprüfung des Obersten Gerichtshofs (RIS-Justiz RS0109006). Die Feststellung der Minderung des Verkehrswerts der Liegenschaft im Fall der Realteilung betrifft daher den vom Obersten Gerichtshof nicht überprüfbaren Tatsachenbereich. Dies gilt auch für die der Ermittlung dieses Abschlags vom Sachverständigen zugrunde gelegte Verpflichtung zur Abstandhaltung nach § 13 Abs 3 stmk BauG 1995. Die Beklagten selbst gestehen ja zu, im Falle, dass ein Gebäude – hier der Beklagten – Öffnungen wie Fenster oder Türen aufweise, müsse grundsätzlich nach der zitierten Bestimmung ein Abstand eingehalten werden; ob im Sinn der von ihnen ins Treffen geführten Entscheidung des VwGH im Ausnahmefall ein Anbau außerhalb des Bereichs der betreffenden Fenster genehmigt werden könnte, spielt nach der jedenfalls vertretbaren, auf das Sachverständigengutachten gestützten und nicht gegen die Denkgesetze verstoßenden Auffassung der Vorinstanzen für die Bewertung der Liegenschaft keine relevante Rolle.

3.1. Unzeit ist ein objektiver, außerhalb der Beteiligten bestehender und für alle Beteiligten in gleicher Weise wirkender Umstand, der die Teilung zwar nicht verhindert, aber zur gegebenen Zeit unzweckmäßig und für beide Teile schädigend macht. Sie liegt insbesondere vor, wenn sich kein angemessener Preis erzielen lässt. Es muss sich um einen vorübergehenden Zustand handeln, von dem zu erwarten ist, dass er in naher Zeit wegfallen wird (RIS-Justiz RS0013287; RS0013321). Die Behauptungs- und Beweislast für das Vorliegen von Teilungshindernissen trifft den Beklagten, der insbesondere auch alle Umstände zu behaupten hat, die zur Beurteilung erforderlich sind, ob das behauptete Hindernis in Bälde wegfallen wird (RIS-Justiz RS0013247 [T2]), der Beklagte muss beweisen, dass das Teilungshindernis bloß vorübergehend ist (5 Ob 8/15k = wobl 2015/131). Ob der Einwand der Unzeit zu Recht erhoben wurde, ist eine Frage des Einzelfalls (vgl RIS-Justiz RS0013292 [T8, T12]).

3.2. Die Auffassung des Berufungsgerichts, ein Ansuchen um Erstellung eines Bebauungsplans könne nicht der Kläger allein stellen, ist jedenfalls vertretbar. Nach § 40 Abs 8 stmk ROG haben die Gemeinden spätestens im Anlassfall (zB Ansuchen um Erstellung eines Bebauungsplans nach erfolgter Abklärung aller Vorfragen) Bebauungspläne zu erstellen. Der Bebauungsplan ist eine Verordnung der Gemeinde, die im eigenen Wirkungsbereich erlassen wird (Trippel/Schwarzbeck/Freiberger, Steiermärkisches Baurecht5 § 40 stmk ROG Anm 4). Ein derartiges Ansuchen ist nicht ein solches im Sinn des AVG, zumal Ansuchen bzw Anträge auf Erlassung einer Verordnung nur in sehr eingeschränkten, verfassungsrechtlich engen Grenzen zulässig sind (Trippel/Schwarzbeck/Freiberger aaO Anm 26) und einem Grundeigentümer grundsätzlich ein Rechtsanspruch auf Abänderung eines Bebauungsplans – der genereller Verwaltungsakt und nicht Bescheid ist – nicht zukommt (VwGH 24. 4. 2014, 2012/06/0204). Ein Anlassfall iSd § 40 Abs 8 stmk ROG, bei dem auf Anregung eines Eigentümers Bebauungspläne von der Gemeinde zu erstellen sind, liegt jedenfalls dann vor, wenn die Bauabsicht durch Vorlage eines konkreten Projekts nachgewiesen wird (Kleewein, Instrumente der Raumordnung – Überblick und Ausblick, bbl 2014/89 [98]). Die Vorlage von Projektunterlagen zwecks Bebauung und Ansuchens um einen Bebauungsplan ist aber eine Maßnahme, die schon nach den allgemeinen Bestimmungen des ABGB (§§ 833 ff) jedenfalls nicht dem Minderheitseigentümer zukommt. Dass die Beklagten – die die Mehrheit nach Miteigentumsanteilen repräsentieren – eine Bebauung ablehnen, die Liegenschaft weiterhin als Garten nutzen wollen und nicht bereit sind, um die Erstellung eines Bebauungsplans anzusuchen, war im Verfahren nicht strittig, auch in der Revision behaupten sie nichts Gegenteiliges. Wenn die Vorinstanzen davon ausgingen, aufgrund ihrer Weigerung, als Mehrheitseigentümer in Bezug auf die Erstellung eines Bebauungsplans initiativ zu werden, sei das Teilungshindernis nicht nur vorübergehender Natur, ist dies im Einzelfall nicht korrekturbedürftig.

3.3. Der Verweis der Beklagten auf die Entscheidung 6 Ob 819/81 (= RIS-Justiz RS0013862) geht ins Leere. Dort wurde ausgesprochen, dass die Zivilteilung unzulässig ist, wenn derzeit keine Widmung als Bauland vorliegt, mit einer solchen Widmung nicht zu rechnen ist und daher auch keine Rede davon sein kann, bei Naturalteilung würde eine erhebliche Wertminderung eintreten. Im Gegensatz dazu besteht hier für die zu teilende Liegenschaft eine rechtskräftige Widmung als allgemeines Bauland-Wohngebiet, wobei im Flächenwidmungsplan iSd § 26 Abs 4 stmk ROG das Erfordernis der Bebauungsplanung (Bebauungsplanzonierung) festgelegt wurde. Da nach der zutreffenden Auffassung des Berufungsgerichts im Anlassfall die Verpflichtung der Gemeinde zur Erstellung eines Bebauungsplans – unbeschadet der dies relativierenden erstgerichtlichen Feststellungen – gemäß § 40 Abs 8 stmk ROG besteht, kann keine Rede davon sein, aufgrund eines derzeit nicht vorliegenden Bebauungsplans sei gar nicht von einer Widmung als Bauland auszugehen.

4. Die außerordentliche Revision war daher zurückzuweisen, einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Schlagworte

;

Textnummer

E120853

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0050OB00227.17V.0213.000

Im RIS seit

13.03.2018

Zuletzt aktualisiert am

13.03.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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