TE Vfgh Beschluss 2018/2/26 G17/2018 ua

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Veröffentlicht am 26.02.2018
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Index

10/07 Verfassungs- und Verwaltungsgerichtsbarkeit

Norm

B-VG Art140 Abs1 Z1 litd
ZPO §366 Abs1
AußStrG §35
VfGG §85 Abs2

Leitsatz

Zurückweisung eines aus Anlass einer zweitinstanzlichen Gerichtsentscheidung eingebrachten Parteiantrags mangels Legitimation

Spruch

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I.       Anträge

Der Antragsteller begehrt mit seinem auf Art140 Abs1 Z1 litd B-VG gestützten Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge die Wortfolge "über die einzelnen Beweismittel mit Ausnahme der Bestimmungen über die Gemeinschaftlichkeit der Beweise" in §35 Außerstreitgesetz, BGBl I 111/2003, idF BGBl I 40/2009, und die Wortfolge "die Ablehnung eines Sachverständigen verworfen wird oder" in §366 Abs1 Zivilprozessordnung, RGBl. 113/1895, als verfassungswidrig aufheben. Ferner begehrt der – rechtsfreundlich vertretene – Antragsteller, der Verfassungsgerichtshof möge "der gegenständlichen Individualbeschwerde die aufschiebende Wirkung" zuerkennen und den "Antragsgegner bzw. das LG St. Pölten von der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der gegenständlichen Individualbeschwerde im Hinblick auf das zivilgerichtliche Rekursverfahren in Kenntnis [setzen] und dieses Rekursverfahren bis zur Entscheidung über die gegenständliche Individualbeschwerde durch den VfGH" aussetzen.

II.      Rechtslage

1.       §35 des

Bundesgesetzes über das gerichtliche Verfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen (Außerstreitgesetz – AußStrG), BGBl I 111/2003, idF BGBl I 40/2009, lautet (die angefochtene Wortfolge ist hervorgehoben):

"§35. Soweit nichts anderes angeordnet ist, sind die Bestimmungen der Zivilprozessordnung über die Verwendung technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung bei der Beweisaufnahme, über die Beweisaufnahme durch einen ersuchten oder beauftragten Richter, über die abgesonderte Vernehmung von Parteien oder Zeugen, über die Vernehmung minderjähriger Personen, über die Beweisaufnahme im Ausland und über die einzelnen Beweismittel mit Ausnahme der Bestimmungen über die Gemeinschaftlichkeit der Beweise, die Fortsetzung des Verfahrens ohne Rücksicht auf die ausstehende Beweisaufnahme sowie die eidliche Vernehmung eines Zeugen oder einer Partei sinngemäß anzuwenden."

2.       §366 des Gesetzes vom 1. August 1895, über das gerichtliche Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten (Zivilprozessordnung – ZPO), RGBl. 113/1895, lautet (die angefochtene Wortfolge ist hervorgehoben):

"Rechtsmittel

§. 366.

(1) Gegen den Beschluss, durch welchen die Ablehnung eines Sachverständigen verworfen oder eine schriftliche Begutachtung angeordnet wird, findet ein abgesondertes Rechtsmittel nicht statt.

(2) Die Entscheidung über die Anzahl der zu bestellenden Sachverständigen, der Beschluss, durch welchen die Bestellung der Sachverständigen dem beauftragten oder ersuchten Richter überlassen (§. 352) oder ein Sachverständiger wegen Ablehnung enthoben wird, die über die Beeidigung eines Sachverständigen gefassten Beschlüsse, endlich die Beschlüsse, durch welche für die Abgabe des Gutachtens gemäß §. 360 eine Tagsatzung anberaumt oder eine Frist bestimmt wird, können durch ein Rechtsmittel nicht angefochten werden."

III.    Sachverhalt und Antragsvorbringen

1.       Mit Spruchpunkt 1) seines Beschlusses vom 8. August 2017, 10 P 35/11g, wies das Bezirksgericht Scheibbs den Antrag des Einschreiters im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof auf Ablehnung eines Sachverständigen ab. Gegen diesen Spruchpunkt 1) des Beschluss des Bezirksgerichtes Scheibbs erhob der Antragsteller Rekurs, den das Landesgericht St. Pölten mit Beschluss vom 20. September 2017, 23 R 381/17m, als unzulässig zurückwies. Dieser Beschluss wurde dem Rechtsvertreter des Antragstellers am 2. Oktober 2017 durch Hinterlegung im elektronischen Rechtsverkehr zugestellt. Gegen den Beschluss des Landesgerichtes St. Pölten erhob der Antragsteller mit Schriftsatz vom 16. Oktober 2017 ein als "außerordentlichen Rekurs" bezeichnetes Rechtsmittel.

2.       Mit Schriftsatz vom 26. Jänner 2018 – der am selben Tag beim Verfassungsgerichtshof einlangte – stellte der Antragsteller den vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 litd B-VG gestützten Antrag, der mit einem Antrag verbunden ist, der "gegenständlichen Individualbeschwerde" die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und das den Antragsteller betreffende Rekursverfahren auszusetzen.

3.       In der Sache legt der Antragsteller im Einzelnen seine Bedenken gegen die Verfassungskonformität der angefochtenen Wortfolgen in §35 AußStrG und §366 Abs1 ZPO dar.

IV.      Zur Zulässigkeit

1.       Gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen "auf Antrag einer Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels".

2.       Der auf Art140 Abs1 Z1 litd B-VG gestützte Antrag ist nicht zulässig:

Bei dem Beschluss des Landesgerichtes St. Pölten vom 20. September 2017, 23 R 381/17m, handelt es sich um eine zweitinstanzliche Entscheidung eines ordentlichen Gerichtes. Der vorliegende, auf Art140 Abs1 Z1 litd B-VG gestützte Antrag wurde offenbar aus Anlass des gegen diesen Beschluss des Landesgerichtes St. Pölten mit Schriftsatz vom 16. Oktober 2017 eingebrachten "außerordentlichen Rekurses" und daher nicht aus Anlass einer "von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache" iSd Art140 Abs1 Z1 litd B-VG gestellt (vgl. VfGH 2.7.2015, G121/2015; 13.12.2016, G301/2016).

3.       Im Verfahren nach Art140 B-VG ist die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht vorgesehen. Eine analoge Anwendung des §85 VfGG kommt nicht in Betracht (vgl. VfSlg 18.398/2008 mwN). Ebensowenig besteht eine Rechtsgrundlage, die es dem Verfassungsgerichtshof ermöglichte, ein bei den ordentlichen Gerichten anhängiges Verfahren auszusetzen. Aus diesem Grund waren auch die diesbezüglichen Anträge des Antragstellers zurückzuweisen.

V.       Ergebnis

Die Anträge sind daher schon aus diesen Gründen gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG in nichtöffentlicher Sitzung als unzulässig zurückzuweisen.

Schlagworte

VfGH / Parteiantrag, VfGH / Legitimation, Wirkung aufschiebende

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2018:G17.2018

Zuletzt aktualisiert am

12.03.2018
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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