TE Vwgh Beschluss 2018/1/25 Ra 2017/06/0216

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Veröffentlicht am 25.01.2018
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Index

L82007 Bauordnung Tirol;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §59 Abs1;
BauO Tir 2011 §39 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Dr. Bayjones und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Lechner, über die Revision des G W in L, vertreten durch die Pendl Mair Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Annagasse 8-10, Top 2/09, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 10. August 2017, LVwG-2017/36/0385-1, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadtgemeinde Landeck, vertreten durch Dr. Ewald Jenewein, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Brixner Straße 2; weitere Partei: Tiroler Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde die Beschwerde des Revisionswerbers gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bürgermeisters der Stadtgemeinde L. vom 30. Jänner 2015, mit welchem ihm gemäß § 39 Abs. 1 Tiroler Bauordnung 2011 (TBO 2011) aufgetragen worden war, den mit Bescheid des Bürgermeisters vom 13. November 2007 bewilligten Aufbau mit den fix und fertigen Grundmaßen von 10,90 m x 8,80 m (Grundmaße der fertigen Umfassungen (wärmegedämmt und verkleidet)) binnen 12 Wochen ab Rechtskraft des Bescheides herzustellen, als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

5 Zur Zulässigkeit der Revision führt der Revisionswerber aus, das Verwaltungsgericht sei von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Bestimmtheit von Leistungsbefehlen abgewichen, da es weder im Spruch noch in der Begründung konkretisiert habe, ob das Bauvorhaben oder nur einzelne Teile im Widerspruch zum "gesetzlichen" Konsens stehe und daher saniert werden müsse. Aus dem ihm erteilten Auftrag lasse sich nicht folgern, ob nur einzelne Teile (etwa die Dämmung oder einzelne Wände) oder die bauliche Anlage in ihrer Gesamtheit zu sanieren sei.

6 Weiters bringt der Revisionswerber vor, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht keinen Sachverständigen beigezogen, obwohl die mit der Bauvollendungsanzeige eingereichten Pläne zumindest für einen Laien offenkundig widersprüchlich seien. Zwar ließen sich im Vergleich zu den bewilligten Plänen hinsichtlich der Längenangaben Vergrößerungen erkennen. Die Flächenangaben für die einzelnen Räume seien hingegen in beiden Plänen ident und hinsichtlich des Spielzimmers sogar kleiner. Dies stehe im Widerspruch zu den Feststellungen, wonach das gegenständliche Bauprojekt jedenfalls größer ausgeführt worden sei. Zudem seien Ermittlungen zu der Frage unterlassen worden, welche Teile des gegenständlichen Bauwerkes angeblich konsenswidrig ausgeführt worden seien. Schließlich wäre auch zur Durchführung einer durch § 39 TBO 2011 angeordneten Verhältnismäßigkeitsprüfung die Beiziehung eines Sachverständigen notwendig gewesen, da nur so die möglichen bautechnischen Maßnahmen zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes zumindest im Groben hätten bestimmt werden können.

7 Darüber hinaus habe das Verwaltungsgericht "trotz aktenkundiger Divergenzen in der Auffassung um die Sach- und Rechtslage zwischen dem Verwaltungsgericht und dem Revisionswerber" von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung abgesehen. Es fehle an einer substantiierten Begründung, weshalb der Revisionswerber mit seiner Parteieneinvernahme nicht zur Klärung des Sachverhaltes hätte beitragen können.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Revisionswerber keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf.

8 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss in einem Bauauftrag der zu erreichende Zustand bestimmt festgelegt sein, nicht aber mit welchen Mitteln und mit welchem Kostenaufwand dies geschehen könnte. Ein Bauauftrag ist daher jedenfalls ausreichend bestimmt, wenn er die Herstellung baulicher Anlagen derart anordnet, dass diese dem mit dem Baubewilligungsbescheid genehmigten Plan entsprechen (vgl. VwGH 16.2.2017, Ro 2014/05/0018, mwN, sowie VwGH 23.9.2010, 2010/06/0120, zur Tiroler Bauordnung).

9 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde dem Revisionswerber der Auftrag erteilt, den Aufbau gemäß dem bestehenden Konsens herzustellen, sodass die Grundmaße der fertigen Umfassungen 10,90 m x 8,80 m betragen. Ein solcher Auftrag ist unter Zugrundelegung der oben dargestellten Judikatur ausreichend bestimmt. Mit welchen Mitteln und auf welche Art und Weise die Herstellung des der Baubewilligung entsprechenden Zustandes zu bewerkstelligen ist, muss im Bauauftrag demnach nicht festgelegt sein.

10 Auch die Beiziehung eines Sachverständigen zur Klärung der in der Zulässigkeitsbegründung dargestellten Fragen war entgegen der Ansicht des Revisionswerbers nicht erforderlich. Dies zum einen deshalb, weil kein für die vorliegende Entscheidung relevanter Widerspruch zwischen den genannten Plänen besteht, zumal unbestritten ist, dass die bewilligten Grundmaße der Umfassungen des Aufbaues überschritten wurden und es auf die Flächenangaben für die einzelnen Räume in diesem Zusammenhang nicht ankommt. Zum anderen wurde seitens des Verwaltungsgerichtes die Herstellung des bewilligten Zustandes und nicht die vollständige Beseitigung des Aufbaues und die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes des Bauplatzes aufgetragen, sodass auch die für einen solchen Auftrag erforderlichen Voraussetzungen nicht zu prüfen waren.

11 Der Vorwurf des Revisionswerbers, das Verwaltungsgericht habe in Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen, ist nicht berechtigt. Der Revisionswerber hat im Beschwerdeverfahren die von der Baubehörde getroffenen, entscheidungsrelevanten Tatsachenannahmen nicht bestritten und keinen neuen maßgeblichen Sachverhalt behauptet. Insbesondere ist der Revisionswerber in seiner Beschwerde den Feststellungen zu den Abweichungen von den bewilligten Grundmaßen der Umfassungen des Aufbaues nicht entgegengetreten, welche im Übrigen auch in den Zulässigkeitsgründen nicht bestritten werden. Fragen der Beweiswürdigung sind daher für das Verwaltungsgericht insoweit nicht aufgetreten und es hat auch keine neuen Sachverhaltsfeststellungen getroffen. Es ist daher nicht zu erkennen, dass eine mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht eine weitere Klärung der Rechtssache im Sinn des § 24 Abs. 4 VwGVG hätte erwarten lassen. Der EGMR hat im Übrigen mit Blick auf Art. 6 EMRK die Auffassung vertreten, dass eine Verhandlung nicht in jedem Fall geboten ist, und zwar insbesondere dann nicht, wenn - wie hier - keine Fragen der (maßgeblichen) Beweiswürdigung auftreten oder die (maßgeblichen) Tatsachenfeststellungen nicht bestritten sind, sodass eine Verhandlung nicht notwendig ist und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden kann (vgl. VwGH 29.3.2017, Ra 2017/05/0036, mwN).

Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 25. Jänner 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017060216.L00

Im RIS seit

12.03.2018

Zuletzt aktualisiert am

13.03.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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