TE Vwgh Erkenntnis 2000/4/27 96/06/0022

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Veröffentlicht am 27.04.2000
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Index

L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Tirol;
L80007 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Tirol;
L82007 Bauordnung Tirol;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
BauO Tir 1989 §30 Abs1;
ROG Tir 1994 §42 Abs1;
ROG Tir 1994 §44 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des G in J, bei Beschwerdeerhebung vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in J, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 4. Dezember 1995, Zl. Ve1-550-1677/23, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. J in J, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in K, 2. Gemeinde Jochberg, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der erstmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren der erstmitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit Bescheid vom 23. Dezember 1991 wurde der erstmitbeteiligten Partei die Baubewilligung zur Erweiterung des bestehenden Stall- und Tennengebäudes sowie die Genehmigung der im Zuge der Bauausführung vorgenommenen planlichen Abweichungen bei dem mit Bescheid vom 16. Juni 1982 auf GP 265 und 266, KG Jochberg, genehmigten Wohn- und Wirtschaftsgebäude erteilt. Die Baubewilligung vom 16. Juni 1982 hatte sich auf ein Wohnhaus und Wirtschaftsgebäude mit einer gesamten verbauten Fläche von 238,75 m2 bezogen (Wohngebäude 115,63 m2, Wirtschaftsgebäude 112,12 m2). Die Baubehörde erster Instanz legte ihrem Bescheid vom 23. Dezember 1991 ein Gutachten eines landwirtschaftlichen Sachverständigen zu Grunde, dem zufolge die beantragte Erweiterung betriebswirtschaftlich notwendig sei. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung vertrat der Beschwerdeführer den Standpunkt, dass das gesamte Bauvorhaben keinesfalls der Erweiterung eines bereits bestehenden Stall- und Tennengebäudes als landwirtschaftliches Anwesen diene, vielmehr seien Stall und Scheune zu Zweitwohnsitzen für Ausländer umgebaut worden. Weiters wandte sich der Beschwerdeführer gegen die Anwendung des § 15 Tiroler Raumordnungsgesetz und begründete dies damit, dass das verfahrensgegenständliche Objekt bereits 1982 geplant und 1986 errichtet worden sei. Er verwies abschließend auf die ihm bzw. seinem Grundstück drohende Lärm-, Schmutz- und Abwässerbelästigung und beantragte eine neuerliche Durchführung der Bauverhandlung unter Ausschluss des Bürgermeisters, welcher gemäß § 7 Abs. 4 AVG als befangen abzulehnen sei.

Mit Bescheid vom 18. Februar 1992 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung verwies die Berufungsbehörde im Wesentlichen auf das von der Erstinstanz eingeholte Sachverständigengutachten, aus dem sich die betriebswirtschaftliche Notwendigkeit des beantragten Um- und Zubaues ergebe. Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Vorstellung, in der er im Wesentlichen sein Berufungsvorbringen wiederholte.

2. Mit Bescheid vom 10. Juni 1992 gab die belangte Behörde der Vorstellung Folge und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Berufungsbehörde zurück. Die belangte Behörde stellte fest, dass es die Gemeindebehörden im bisherigen Verfahren unterlassen hätten, Feststellungen zur Frage zu treffen, ob dem Beschwerdeführer Parteistellung zukomme.

3. Die erstmitbeteiligte Partei erhob Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen diesen Vorstellungsbescheid. Mit Beschluss vom 17. Februar 1994, Zl. 92/06/0164, wurde die Beschwerde für gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt. Begründend führte der Verwaltungsgerichtshof aus, dass zwischenzeitlich die Berufungsbehörde mit Bescheid vom 25. September 1992, infolge der Vorstellungsentscheidung der belangten Behörde neuerlich über die Berufung entschieden hätte und den bei ihr bekämpften erstinstanzlichen Bescheid aufgehoben habe. Dieser zweite Berufungsbescheid sei unbekämpft geblieben und somit in Rechtskraft erwachsen; die sich daraus ergebende Bindungswirkung (die letztlich auch für den Verwaltungsgerichtshof gelte) könne zwar vom Verwaltungsgerichtshof in diesem Verfahren noch nicht berücksichtigt werden, da der angefochtene Bescheid auf seine Rechtmäßigkeit zum Zeitpunkt seiner Erlassung zu prüfen sei, er könne aber auch der belangten Behörde keine andere Rechtsauffassung mehr überbinden als sie der Beschwerdeführer durch Unterlassung der Bekämpfung des Berufungsbescheides vom 25. September 1992 gegen sich habe gelten lassen und daher auch weiter gegen sich gelten lassen müsse.

4. Mit Bescheid des Bürgermeisters der zweitmitbeteiligten Gemeinde vom 18. April 1995 wurde sodann der erstmitbeteiligten Partei die baubehördliche Bewilligung für den unter Vorlage neuer Tekturpläne in abgeänderter Form beantragten Um- und Zubau des Wohn- und Wirtschaftsgebäudes mit einer zulässigen Fremdenzimmervermietung bis maximal zehn Betten erteilt. Die vom Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung erhobenen Einwendungen wurden unter Hinweis auf das Gutachten eines landwirtschaftlichen Sachverständigen, in dem das Vorliegen der betriebswirtschaftlichen Notwendigkeit des geplanten Um- und Zubaues festgestellt worden war, als unbegründet abgewiesen. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wandte der Beschwerdeführer erneut ein, dass eine dem Flächenwidmungsplan widersprechende Bebauung vorliege.

5. Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 2. Juni 1995 wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die Berufungsbehörde aus, die Ausführungen des Beschwerdeführers im Hinblick auf den Widerspruch zum Flächenwidmungsplan seien verfehlt, da Gegenstand und Grundlage des Bauverfahrens das von der erstmitbeteiligten Partei eingereichte Projekt sei. Das Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers befasse sich nicht mit dem in Frage stehenden Projekt, eine allfällige gesetzwidrige Verwendung nach Erteilung der Benützungsbewilligung müsse in einem gesonderten Verfahren behandelt werden. Zu einer allfälligen Bindung an den Inhalt bereits ergangener Vorstellungsbescheide führte die Berufungsbehörde aus, dass tragender Grund (und nur auf diesen erstrecke sich die Bindung) für die Aufhebung durch die Vorstellungsbehörde lediglich gewesen sei, dass Feststellungen zur Frage der Parteistellung gefehlt hätten. Unabhängig davon sei zwischenzeitlich eine Änderung der Rechtslage im Zusammenhang mit dem Erfordernis eines Bedarfsnachweises hinsichtlich des Ausmaßes der Wohnnutzfläche erfolgt. Insgesamt ergebe sich aus den Bestimmungen der §§ 42 und 44 TROG 1994, dass für Um- und Zubauten in der gegenständlichen Art und Weise keine Sonderflächenwidmung erforderlich sei. Die Beschränkung, dass bei Um- und Zubauten keine Vergrößerung der Baumasse um mehr als 25 % erfolgen dürfe, beziehe sich lediglich auf nicht land- und forstwirtschaftliche Gebäude. Hinsichtlich das landwirtschaftlichen Zubaues, der ebenfalls Gegenstand des Bauverfahrens sei, ergebe sich die betriebswirtschaftliche Notwendigkeit aus dem Amtssachverständigengutachten. Der Beschwerdeführer habe keinerlei sachliche Gründe vorgebracht, die eine Unrichtigkeit des fraglichen Gutachtens darzulegen vermögen.

6. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung machte der Beschwerdeführer seinen Anspruch auf Einhaltung des Flächenwidmungsplanes und der Vorschriften des TROG 1994 geltend. Die in Rede stehenden Fremdenzimmer seien in den Bauplänen nicht ausgewiesen und die Behörden erster und zweiter Instanz hätten bei Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens zum Ergebnis kommen müssen, dass die sachlichen Voraussetzungen des § 2 Privatzimmervermietungsgesetz von vornherein nicht gegeben seien. Die Behörde zweiter Instanz übersehe des Weiteren, dass sie bei der Entscheidung über das nur geringfügig abgeänderte Bauansuchen an die von ihr im Bescheid vom 25. September 1992 vertretene Rechtsansicht gebunden sei. Die Verwendung des gegenständlichen landwirtschaftlichen Gebäudes im Freiland als Zweitwohnstätte bzw. Freizeitwohnsitz sei auch nach der Änderung der Rechtslage unzulässig. Entgegen der Auffassung der Berufungsbehörde sei sehr wohl die Bestimmung des § 44 Abs. 3 TROG 1994 anzuwenden, die für eine Erweiterung wie die vorliegende, eine Sonderflächenwidmung vorschreibe.

7. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung des Beschwerdeführers als unbegründet ab. Sie verneinte zunächst die Parteistellung des Beschwerdeführers und begründete dies mit dem Umstand, dass "auf Grund der Erfahrungen des täglichen Lebens" davon ausgegangen werden müsse, dass das gegenständliche Projekt auf ein ca. 20 m entferntes, nicht bebautes Grundstück keinerlei Auswirkungen habe. In weiterer Folge ging die belangte Behörde jedoch inhaltlich auf das Vorstellungsvorbringen des Beschwerdeführers ein, um "im Sinne einer umfangreichen Prüfung" aufzuzeigen, warum der Vorstellung "auch dann keine Berechtigung zukäme, wenn die Nachbareigenschaft des Beschwerdeführers bejaht würde". Dabei verwies die belangte Behörde auf den Umstand, dass das Bauverfahren ein Projektgenehmigungsverfahren darstelle und eine Baubewilligung stets nur das dem jeweiligen Antrag entsprechende Recht vermitteln könne. Allfällige wie und woraus immer erschließbare Absichten des Bauwerbers, etwa hinsichtlich einer anderen als der beantragten Verwendung, ermöglichten nicht eine Versagung einer Baubewilligung. Was die Frage der widmungsgemäßen Verwendung des Grundstückes anlange, ergebe sich aus § 44 Abs. 3 TROG, dass der Zubau zum land- und forstwirtschaftlichen Wohn- und Wirtschaftsgebäude, mit dem Wohnräume geschaffen würden, außer im Falle einer Festlegungsonderfläche für Hofstellen nur errichtet werden dürfe, wenn das Gesamtausmaß der Wohnnutzfläche 300 m2 nicht übersteige. Der Zubau zum land- und forstwirtschaftlichen Wohn- und Wirtschaftsgebäude, mit dem Räume für betriebliche Zwecke geschaffen würden, dürfe nur dann errichtet werden, wenn er betriebswirtschaftlich erforderlich sei. Die betriebswirtschaftliche Erforderlichkeit ergebe sich aus dem Amtssachverständigengutachten, welches schlüssig und nachvollziehbar sei und welchem seitens des Beschwerdeführers nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten worden sei. Weiters verneinte die belangte Behörde das Vorliegen eines Verstoßes gegen § 15 TROG 1994, da die vorgesehene Privatzimmervermietung zulässig sei. Die dem Ansuchen beigeschlossenen Projektsunterlagen und die Baubeschreibung zeigten, dass der Erstmitbeteiligte selbst in dem gegenständlichen Haus wohnen werde und die Zahl der zur Beherbergung von Fremden vorgesehenen Betten zehn nicht übersteige. Die Frage der tatsächlichen Benützung der im Plan ausgewiesenen Wohnung könne in Ermangelung einer Benützungsbewilligung nicht überprüft werden. Ausgehend vom beantragten Projekt sei die Zulässigkeit der Privatzimmervermietung, die einen Ausnahmetatbestand vom Verbot von Freizeitwohnsitzen gemäß § 15 Abs. 2 TROG darstelle, zu bejahen.

8. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

9. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und ebenso wie die erstmitbeteiligte Partei eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zur Frage der Parteistellung:

Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinen Rechten insofern verletzt, als die belangte Behörde über seine Parteistellung als Nachbar abspreche und sie im Ergebnis verneine, obwohl die Baubehörden erster und zweiter Instanz das Vorliegen der Parteistellung angenommen hätten.

Dazu ist Folgendes festzustellen:

Gemäß § 30 Abs. 1 TBO 1989, die im Beschwerdefall noch anzuwenden ist, sind Nachbarn Eigentümer von Grundstücken, die zu dem zur Bebauung vorgesehenen Grundstück in einem solchen räumlichen Naheverhältnis stehen, dass durch die bauliche Anlage oder durch deren Benützung hinsichtlich der durch das Gesetz geschützten Interessen mit Rückwirkungen auf ihr Grundstück oder die darauf errichtete bauliche Anlage zu rechnen ist. Aus dem Wortlaut der Bestimmung ergab sich ebenso wie aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Nachbareigenschaft, dass es nicht darauf ankommt, dass eine konkrete Rechtsverletzung eingetreten ist; es genügt vielmehr die Möglichkeit einer solchen. Weiters ist das angesprochene räumliche Naheverhältnis nicht nur bei gemeinsamer Grundgrenze gegeben, sondern immer dann, wenn mit Rückwirkungen auf das Grundstück oder die bauliche Anlage des Nachbarn zu rechnen ist. Die Entfernung der Grundstücke voneinander dient dabei lediglich als Anhaltspunkt. Der Hinweis der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid auf das hg. Erkenntnis vom 17. April 1986, Zl. 85/06/0154, geht insofern fehl, als diesem Erkenntnis ein Sachverhalt zu Grunde lag, in dem das Grundstück des Beschwerdeführers vom Bauplatz durch zwei Fremdgrundstücke und eine öffentliche Verkehrsfläche getrennt war. Der von der belangten Behörde festgestellte Abstand von 20 m zur Grundgrenze des Grundstücks des Beschwerdeführers rechtfertigt bei einem Projekt wie dem vorliegenden nicht von vornherein die Annahme, dass sich keine baurechtlich relevanten Auswirkungen auf das Grundstück des Beschwerdeführers ergeben könnten. Der Wortlaut des § 30 Abs. 1 TBO 1989 zeigt weiters deutlich, dass es bei der Beurteilung der Parteistellung nicht darauf ankommt, ob das Nachbargrundstück bebaut ist oder nicht. Soferne der Hinweis in der Begründung des angefochtenen Bescheides auf den Umstand, dass das Grundstück des Beschwerdeführers unbebaut sei, dahin zu verstehen sein sollte, dass die belangte Behörde davon ausgehe, dass bei der Beurteilung der Parteistellung von Grundeigentümern von Nachbargrundstücken nach bebauten und unbebauten Grundstücken zu differenzieren wäre, ist darauf hinzuweisen, dass Sinn und Zweck der Bestimmung nicht nur der Schutz einer baulichen Anlage oder der Schutz von Eigentümern bebauter Grundstücke ist, sondern der Schutz vor den im Gesetz näher geregelten Auswirkungen auf das Nachbargrundstück schlechthin (dessen Nutzung - ob durch Bebauung oder nicht - dem Eigentümer anheim gestellt bleibt). Das Gesetz enthält keine Anhaltspunkte dafür, dass der Nachbarschaftsschutz nur dann eingreifen sollte, wenn ein bestimmter Aufenthalt des Eigentümers auf dem Nachbargrundstück gegeben ist (der beispielsweise durch eine Wohnbebauung indiziert werden könnte).

Die belangte Behörde hat somit die Rechtslage verkannt, wenn sie die Parteistellung des Beschwerdeführers in Abrede gestellt hat.

2. Wie in der Sachverhaltsdarstellung ausgeführt, hat die belangte Behörde jedoch das Vorbringen des Beschwerdeführers auch inhaltlich einer Prüfung unterzogen und mit eingehender Begründung im angefochtenen Bescheid dargelegt, weshalb die Vorstellung auch unter der Annahme, dass die Parteistellung gegeben wäre, nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen könnte. Die belangte Behörde hat dementsprechend auch die Vorstellung des Beschwerdeführers spruchgemäß als unbegründet abgewiesen und nicht mangels Parteistellung des Beschwerdeführers zurückgewiesen.

Der angefochtene Bescheid ist somit nicht bereits deshalb, weil die belangte Behörde die Frage der Parteistellung des Beschwerdeführers unzutreffend beurteilt hat, aufzuheben. Es ist vielmehr weiters zu prüfen, ob die Abweisung der Vorstellung des Beschwerdeführers im Hinblick darauf, dass mit dem angefochtenen Bescheid der letzten Gemeindeinstanz keine Rechte des Beschwerdeführers verletzt worden seien, zutreffend erfolgt ist.

3. Zur Anwendung der §§ 42 Abs. 1 und 44 Abs. 3 TROG 1994:

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass im Beschwerdefall - ungeachtet der Aufhebung des TROG 1994 durch den Verfassungsgerichtshof mit dem Erkenntnis vom 28. November 1996, G 195/96 - das von den Gemeindebehörden und der belangten Behörde angewendete TROG 1994 (unverändert) anzuwenden ist. Der vorliegende Beschwerdefall bildet keinen Anlassfall zu dem genannten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes. Einen Ausspruch, dass das aufgehobene Gesetz nicht mehr anzuwenden sei, enthält das genannte Erkenntnis nicht. Es ist daher im Beschwerdefall das Tiroler Raumordnungsgesetz 1994 (in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 4/1996) anzuwenden.

Der Beschwerdeführer macht geltend, dass die belangte Behörde die widmungsrechtlichen Vorschriften der §§ 42 Abs. 1 und 44 Abs. 3 TROG 1994 falsch angewendet habe.

§ 42 TROG 1994 lautet:

§ 42

Um- und Zubauten und Wiederaufbau von Gebäuden im Freiland

(1) Im Freiland sind Umbauten von land- und forstwirtschaftlichen Gebäuden und Änderungen von land- und forstwirtschaftlichen Anlagen mit Ausnahme von wesentlichen Erweiterungen zulässig. Zubauten zu land- und forstwirtschaftlichen Wohn- und Wirtschaftsgebäuden und die Änderung des Verwendungszweckes von bisher zu betrieblichen Zwecken genutzten Räumen in solchen Gebäuden zu Wohnzwecken sind nur unter den Voraussetzungen nach § 44 Abs. 3 zulässig. Zubauten zu sonstigen land- und forstwirtschaftlichen Gebäuden und wesentliche Erweiterungen land- und forstwirtschaftlicher Anlagen sind nur zulässig, wenn sie betriebswirtschaftlich erforderlich sind.

(2) Unbeschadet des § 15 Abs. 1 erster Satz sind im Freiland weiters Umbauten anderer als land- und forstwirtschaftlicher Gebäude und Zubauten zu solchen Gebäuden, mit denen die Baumasse (§ 61 Abs. 3 zweiter Satz) gegenüber dem ursprünglichen Gebäude um insgesamt höchstens 25 v.H. vergrößert wird, zulässig. Eine Änderung des Verwendungszweckes von solchen Gebäuden ist nicht zulässig. Die Änderung von baulichen Anlagen ist mit Ausnahme von wesentlichen Erweiterungen zulässig.

(3) Im Falle des Abbruches oder der sonstigen Zerstörung eines im Freiland nach den baurechtlichen Vorschriften rechtmäßig bestehenden Gebäudes darf, ..."

§ 44 TROG 1994 lautet:

"§ 44

Sonderflächen für Hofstellen

(1) Die Widmung von Grundflächen als Sonderflächen für Hofstellen ist nur zulässig, wenn

a) die Widmung der Beseitigung wirtschaftlich ungünstiger Orts- oder Hoflagen, der im Interesse der Landeskultur gelegenen Neugründung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe oder sonstigen Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur, insbesondere der Auflösung materiell geteilten Hauseigentums, dient;

b) die Widmung insbesondere den Zielen der örtlichen Raumordnung nach § 27 Abs. 2 lit. e, f, g und h nicht widerspricht;

dabei ist insbesondere auf die Entfernung zum bestehenden Siedlungsgebiet Bedacht zu nehmen;

c) die betreffenden Grundflächen für eine dem besonderen Verwendungszweck entsprechende Bebauung in gesundheitlicher, technischer und wirtschaftlicher Hinsicht geeignet sind; § 37 Abs. 1 und 2 gilt sinngemäß.

(2) Auf Sonderflächen für Hofstellen dürfen nur land- und forstwirtschaftliche Wohn- und Wirtschaftsgebäude, deren Wohnnutzfläche höchstens 300 Quadratmeter beträgt und deren betriebliche Nutzfläche unter Bedachtnahme auf die betriebswirtschaftlichen Erfordernisse des jeweiligen Betriebes angemessen ist, samt den dazugehörenden Nebenanlagen errichtet werden. In besonders begründeten Fällen kann anlässlich der Widmung als Sonderfläche für Hofstellen auch eine größere höchstzulässige Wohnnutzfläche festgelegt werden. Als Wohnnutzfläche gilt die gesamte Nutzfläche des Wohngebäudes bzw. des Wohnteiles einschließlich allfälliger der Privatzimmervermietung und des als Altenwohnteil dienender Räume mit Ausnahme von Keller- und Dachbodenräumen, soweit sie nach ihrer Ausstattung nicht für Wohnzwecke geeignet sind, von Gängen, Treppen, offenen Balkonen, Loggien und Terrassen und von Räumen, die für landwirtschaftliche Zwecke besonders ausgestattet sind.

(3) Zubauten zu land- und forstwirtschaftlichen Wohn- und Wirtschaftsgebäuden, mit denen Wohnräume geschaffen werden, dürfen außer im Falle einer Festlegung nach Abs. 2 zweiter Satz auf Sonderflächen für Hofstellen nur errichtet werden, wenn das Gesamtausmaß der Wohnnutzfläche 300 Quadratmeter nicht übersteigt. Dies gilt auch für die Änderung des Verwendungszweckes von bisher zu betrieblichen Zwecken genutzten Räumen zu Wohnzwecken. Eine solche Änderung des Verwendungszweckes ist weiters nur zulässig, wenn sie nicht im Widerspruch zu betriebswirtschaftlichen Erfordernissen steht. Zubauten zu land- und forstwirtschaftlichen Wohn- und Wirtschaftsgebäuden, mit denen Räume für betriebliche Zwecke geschaffen werden, dürfen auf Sonderflächen für Hofstellen nur errichtet werden, wenn sie betriebswirtschaftlich erforderlich sind."

Zunächst ist festzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof der belangten Behörde dahingehend folgt, dass aus § 42 Abs. 1 in Verbindung mit § 44 Abs. 3 TROG 1994 kein Gebot abzuleiten ist, dass die in § 42 Abs. 1 zweiter Satz genannten Zubauten zu land- und forstwirtschaftlichen Gebäuden nur auf Grundflächen zulässig seien, für die eine Widmung als Sonderfläche für Hofstelle im Sinne des § 44 TROG 1994 vorliegt. Der Verweis auf die Voraussetzungen nach § 44 Abs. 3 bedeutet nur, dass die in § 44 Abs. 3 genannten Voraussetzungen einzuhalten sind. Dies ist insbesondere die Begrenzung des Gesamtausmaßes der Wohnnutzfläche mit 300 m2.

Wenn in der Beschwerde in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen wird, dass sich aus den Projektsunterlagen ergebe, dass sich die Baumasse gegenüber der ursprünglichen Baubewilligung vom 16. Juni 1982 sowohl des Wohn- als auch des Wirtschaftsteiles um mehr als 25 % vergrößere, so ist dazu darauf hinzuweisen, dass § 42 Abs. 1 erster Satz TROG 1994 - auf welchen dieses Beschwerdevorbringen zielt - im Falle des vom zweiten Satz des § 42 Abs. 1 geregelten Zubaus zu land- und forstwirtschaftlichen Wohn- und Wirtschaftsgebäuden nicht maßgeblich ist. § 42 Abs. 1 zweiter Satz kann insoweit als Spezialbestimmung für die Errichtung von Zubauten zu land- und forstwirtschaftlichen Wohn- und Wirtschaftsgebäuden verstanden werden. Die Prüfung, ob eine wesentliche Erweiterung im Sinn des Abs. 1 erster Satz gegeben ist, ist jedenfalls bei der Änderung von land- und forstwirtschaftlichen Anlagen im Sinne des ersten Satzes vorzunehmen; inwieweit angesichts der Begriffsbildung im Tiroler Baurecht Umbauten von sonstigen Gebäuden dahingehend geprüft werden können, ob eine wesentliche Erweiterung vorliegt, erscheint fraglich, da bei einer Vergrößerung eines Gebäudes stets ein Zubau vorliegen wird. Im Beschwerdefall ist jedenfalls festzuhalten, dass für den Zubau zu einem land- und forstwirtschaftlichen Wohn- und Wirtschaftsgebäude wie er hier vorliegt § 42 Abs. 1 zweiter Satz TROG 1994 zur Anwendung kommt.

Wenn in der Beschwerde vorgebracht wird, dass die belangte Behörde irre, wenn sie die Auffassung vertrete, dass der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren den gutächlichen Stellungnahmen auf gleicher fachlicher Ebene entgegentreten hätte müssen, so ist dazu darauf zu verweisen, dass sich die belangte Behörde zu Recht auf die vorliegenden Sachverständigenäußerungen zur Frage, ob die Änderung im Sinne des § 44 Abs. 3 TROG "nicht im Widerspruch zu betriebswirtschaftlichen Erfordernissen" stehe, gestützt hat. Wie der Sachverständige im Gutachten vom 23. Februar 1995 festgestellt hat, wird die teilweise Verwendung des früheren Wirtschaftsteils für Wohnzwecke nach dem Umbau durch den Zubau zum Wirtschaftsgebäude kompensiert. Es ist daher nicht ersichtlich, inwieweit dem Gutachten Unschlüssigkeit im Hinblick auf die maßgebliche Rechtsfrage im Sinne des § 44 Abs. 3 TROG 1994 anzulasten wäre. Damit trifft aber auch die Auffassung der belangten Behörde zu, dass der Beschwerdeführer gehalten gewesen wäre, allfällige fachliche Einwände gegen das Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene im Verwaltungsverfahren vorzubringen.

Da somit die belangte Behörde zutreffend davon ausgegangen ist, dass mit dem gegenständlichen Projekt sowohl die Begrenzung der Wohnnutzfläche nach § 44 Abs. 3 TROG 1994 eingehalten ist als auch keine in § 44 Abs. 3 dritter Satz genannten Gründe der Änderung entgegenstehen, ist das Beschwerdevorbringen insoweit nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

4. Soweit sich die Beschwerde gegen die Anwendung des § 15 Abs. 2 TROG 1994 wendet, ist darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde zu Recht davon ausgeht, dass bei Bestimmungen wie der vorliegenden, dem Charakter des Bauverfahrens als Projektverfahren entsprechend, davon auszugehen ist, dass mit der Erteilung der Bewilligung nur jenes Recht eingeräumt wird, welches der Bewilligung entspricht. Soferne in Zukunft von Seiten des Erstmitbeteiligten die entsprechenden Sachverhaltsvoraussetzungen dafür, dass von Privatzimmervermietung gesprochen werden kann, nicht verwirklicht werden, wäre mit entsprechenden baupolizeilichen Aufträgen vorzugehen.

5. Soweit unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften die Frage der Parteistellung releviert wird, ist auf die Ausführungen unter 1. hinzuweisen.

6. Zum Vorbringen gegen die Feststellung des Sachverständigen, dass der Erstmitbeteiligte auf dem gegenständlichen Gut bisher durch Fremdenzimmervermietung einen kleinen Zuerwerb gehabt hätte, ist festzuhalten, dass es unter dem Gesichtspunkt der Beurteilung der Zulässigkeit des Projekts gemäß § 44 Abs. 3 TROG 1994 nicht maßgeblich ist, in welcher Rechtsform bis zur Erteilung der Bewilligung die Einräumung von Nutzungsrechten an Wohnungen oder Teilen von Wohnungen im Gebäude erfolgte. Die Frage, ob die Feststellung des Sachverständigen zutreffend ist oder nicht, ist daher im Beschwerdefall nicht von ausschlaggebender Bedeutung.

7. Die vorliegende Beschwerde ist damit nicht geeignet, die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

8. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens der erstmitbeteiligten Partei betrifft die in den Pauschalsätzen der genannten Verordnung bereits enthaltene Umsatzsteuer.

Wien, am 27. April 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1996060022.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

23.12.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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