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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
StVO 1960 §93 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Breunlich, über die Beschwerde des T in W, vertreten durch Dr. Wolfgang Kretschmer, Rechtsanwalt in Wien I, Wiesingerstraße 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 13. März 1998, Zl. UVS-03/P/14/01581/97, betreffend Übertretung der StVO, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565.-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 13. März 1998 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe es als Hausverwalter unterlassen, am 17. Jänner 1997 in der Zeit von 06.00 Uhr bis 12.40 Uhr, an einem näher genannten Ort in Wien für die Säuberung des Gehsteiges von Schnee und für die Bestreuung des Gehsteiges zu sorgen. Er habe dadurch § 93 Abs. 1 und 5 StVO verletzt, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs. 4 lit. h StVO eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird u.a. ausgeführt, der Beschwerdeführer sei vom Masseverwalter der Mehrheitseigentümerin zum Hausverwalter bestellt worden. Wie der Beschwerdeführer selbst angebe, sei der gegenständliche Vertrag ein "üblicher Bevollmächtigungsvertrag". Damit seien im Rahmen der ordentlichen Verwaltung (§ 14 WEG) wahrzunehmende Pflichten der Wohnungseigentümer auf den Beschwerdeführer als Verwalter übertragen worden. Der Beschwerdeführer habe die Verpflichtung übernommen, alles was eine Hausverwaltung erfordere und was gewöhnlich damit verbunden sei zu veranlassen; dazu zähle auch die "erforderliche Winterbetreuung". Der Beschwerdeführer habe keinen Dritten mit der selbständigen Durchführung der Gehsteigreinigung und -bestreuung im Sinne des § 93 Abs. 1 StVO beauftragt. Die Verpflichtung habe daher weiterhin dem Beschwerdeführer oblegen.
Dem Einwand des Beschwerdeführers - so die belangte Behörde in der Begründung weiter -, es sei ihm aufgrund der dargelegten finanziellen Situation der Mehrheitswohnungseigentümerin unmöglich gewesen, einen Hausbesorger bzw. einen Reinigungsdienst zu finanzieren, sei entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer in diesem Fall, wo er sich in seiner Pflichterfüllung behindert gesehen habe, seine Tätigkeit als Hausverwalter niederlegen hätte müssen. Da der Beschwerdeführer aber weiter als Hausverwalter tätig geblieben sei, obwohl er sich nicht in der Lage gesehen habe, die Geschäfte der ordentlichen Verwaltung zu übernehmen, wozu er nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet sei, könne er sich auch mit diesem Vorbringen nicht auf mangelndes Verschulden im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG berufen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der Beschwerdeführer bringt u.a. vor, es mangle nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs am Verschulden, wenn die dem Beschuldigten auferlegte Pflicht finanziell undurchführbar sei (vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. Juli 1986, Zl. 86/05/0046). Die belangte Behörde verwechsle offenbar den vom Beschwerdeführer vorgebrachten Entlastungsgrund der finanziellen Undurchführbarkeit mit der Einlassungs- oder Übernahmefahrlässigkeit. Der Beschwerdeführer sei aktuell und auch zum Zeitpunkt der Übernahme der Verwaltung des gegenständlichen Hauses sehr wohl aufgrund seiner Befähigung "subjektiv" zur ordnungsgemäßen Führung einer Hausverwaltung in der Lage gewesen. Es sei ihm allerdings objektiv aufgrund mangelnder finanzieller Mittel nicht möglich gewesen, seine Pflicht zur Gehsteigreinigung und Streuung zu erfüllen. Hätte er - wie ihm dies die belangte Behörde zur Pflicht mache - seine Hausverwaltertätigkeit zurückgelegt, so hätte dies nichts geändert. Weder ein allenfalls nachfolgender Hausverwalter, noch die Hauseigentümer selbst wären in der Lage gewesen, die Gehsteigreinigung und Bestreuung pflichtgemäß durchzuführen.
Die Eigentümer von Liegenschaften in Ortsgebieten, ausgenommen die Eigentümer von unverbauten, land- und forstwirtschaftlich genutzten Liegenschaften, haben nach § 93 Abs. 1 erster Satz StVO dafür zu sorgen, dass die entlang der Liegenschaft in einer Entfernung von nicht mehr als 3 m vorhandenen, dem öffentlichen Verkehr dienenden Gehsteige und Gehwege einschließlich der in ihrem Zuge befindlichen Stiegenanlagen entlang der ganzen Liegenschaft in der Zeit von 6 bis 22 Uhr von Schnee und Verunreinigungen gesäubert sowie bei Schnee und Glatteis bestreut sind.
Wird durch ein Rechtsgeschäft eine Verpflichtung nach Abs. 1 bis 3 übertragen, so tritt gemäß § 93 Abs. 5 zweiter Satz StVO in einem solchen Falle der durch das Rechtsgeschäfte Verpflichtete an die Stelle des Eigentümers.
Unbestritten ist - wie auch aus der vorliegenden Beschwerde zu ersehen ist -, dass der Beschwerdeführer im Rahmen seines Auftrags zur Verwaltung der gegenständlichen Liegenschaft die Verpflichtung zur Besorgung der Gehsteigreinigung und Bestreuung nach § 93 Abs. 1 StVO übernommen hat. Der Beschwerdeführer war daher für die Tatzeit grundsätzlich für die unterlassene Säuberung des Gehsteigs von Schnee und die unterlassene Bestreuung verantwortlich.
Bei der Verwaltungsübertretung gemäß § 93 Abs. 1 (in Verbindung mit Abs. 5) StVO handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 15. Mai 1990, Zl. 89/02/0070, m.w.N.). Der Beschuldigte hat daher nach § 5 Abs. 1 VStG glaubhaft zu machen , dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Der Einwand des Beschwerdeführers, es sei ihm aus finanziellen Gründen unmöglich gewesen, die Schneeräumung und Bestreuung des Gehsteigs vor dem gegenständlichen Objekt zu veranlassen, vermag kein mangelndes Verschulden darzutun, zumal dem Beschwerdeführer schon seit Übernahme seiner Hausverwaltungstätigkeit im Oktober 1995 die prekäre finanzielle Situation der Mehrheitseigetümerin (Konkurseröffnung laut dem den Verwaltungsakten zuliegenden Grundbuchsauszug am 2. Mai 1995) aufgrund seiner Bestellung durch den Masseverwalter bekannt gewesen sein musste. Da sich der Beschwerdeführer nach eigener Darstellung mangels finanzieller Deckung außer Stande sah, der nach § 93 StVO übernommenen und dem Schutz des Lebens und der Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer - insbesondere von Fußgängern - dienenden Verpflichtung nachzukommen, hätte er - worauf die belangte Behörde zutreffend hinweist - jedenfalls umgehend auf eine Enthebung von dieser Verpflichtung hinwirken müssen, was er jedoch unterlassen hat.
Das vom Beschwerdeführer zur Frage "mangelnden Verschuldens" bei "finanzieller Undurchführbarkeit" einer dem Beschuldigten auferlegten Pflicht zitierte hg. Erkenntnis vom 1. Juli 1987, Zl. 86/05/0046, ist vom Sachverhalt nicht vergleichbar und überdies zur Frage einer speziellen verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung einer Hausverwalterin nach § 135 Abs. 3 erster Satz der Wiener Bauordnung ergangen.
Auch mit dem Einwand, dass sich bei einer Niederlegung seines Mandates "nichts" hinsichtlich der Gehsteigreinigung und Bestreuung vor dem gegenständlichen Objekt geändert hätte, zeigt er in Bezug auf die ihn im Beschwerdefall treffende verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, kommt es doch nicht darauf an, ob in einem solchen Fall eine andere Person zur Verantwortung gezogen hätte werden können.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 27. April 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1998020169.X00Im RIS seit
12.06.2001