TE Bvwg Beschluss 2018/2/14 L518 2185371-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.02.2018
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Entscheidungsdatum

14.02.2018

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §34
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3

Spruch

L518 2185368-1/4E

L518 2185369-1/4E

L518 2185367-1/4E

L518 2185371-1/4E

BESCHLUSS

1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Markus STEININGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Georgien, vertreten durch RA Mag. Frühwirth, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.12.2017, Zl. XXXX , beschlossen:

A) In Erledigung der Beschwerde wird gem. § 28 Abs. 3 VwGVG,

Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBL I 33/2013 idgF der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Markus STEININGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Georgien, vertreten durch RA Mag. Frühwirth, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.12.2017, Zl. XXXX , beschlossen:

A) In Erledigung der Beschwerde wird gem. § 28 Abs. 3 VwGVG,

Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBL I 33/2013 idgF der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

3.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Markus STEININGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Georgien, vertreten durch RA Mag. Frühwirth, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.12.2017, Zl. XXXX , beschlossen:

A) In Erledigung der Beschwerde wird gem. § 28 Abs. 3 VwGVG,

Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBL I 33/2013 idgF der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

4.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Markus STEININGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Georgien, vertreten durch RA Mag. Frühwirth, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.12.2017, Zl. XXXX , beschlossen:

A) In Erledigung der Beschwerde wird gem. § 28 Abs. 3 VwGVG,

Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBL I 33/2013 idgF der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrenshergang

I.1. Die beschwerdeführenden Parteien (in weiterer Folge gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch kurz als "bP1" bis "bP4" bezeichnet), sind Staatsangehörige der Republik Georgien. Die bP 1 und 2 brachten nach rechtswidriger Einreise in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich am 27.1.2014 bei der belangten Behörde (in weiterer Folge "bB") Anträge auf internationalen Schutz ein.

I.2. Die männliche bP1 und die weibliche bP2 sind Ehegatten.

Die bP beriefen sich im Rahmen der Begründung ihrer ersten Anträge auf den Gesundheitszustand von bP1.

Nachdem die gemeinsamen Kinder der bP 1 und 2 in Österreich geboren wurden, stellten die bP für diese ebenfalls Anträge auf internationalen Schutz (bP 3 am 02.11.2015, bP 4 07.11.2017).

I.3. Die ersten Anträge der bP 1 und bP 2 auf internationalen Schutz wurden folglich mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.04.2015 gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurden gegen die bP Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach gemäß § 46 FPG zulässig sei.

Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage 14 Tage ab Rechtkraft der Rückkehrentscheidung.

Die bB begründete ihre Entscheidung mit dem Umstand, dass sich kein asylrelevanter Sachverhalt ergab, die bP, insbesondere bP1 an keinen Erkrankungen leide, welche in Georgien nicht behandelbar wären und eine Rückkehrentscheidung keine Verletzung von Art. 8 EMRK darstelle. Ebenso kam kein unter § 57 AsylG subsumierbarer Sachverhalt hervor. Die Frist für die freiwillige Ausreise ergebe sich ex lege und liege kein Grund für das Abgehen von dieser Frist vor.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.12.2015 wurde der Antrag auf internationalen Schutz der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsyG 2005 als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I.), dieser der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.) und der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 ABs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die minderjährige Drittbeschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG 2005 erlassen und gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung nach Georgien gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

I.4. Die rechtzeitig eingebrachten Beschwerden der bP 1, 2 und 3 wurde mit ho. Erkenntnissen vom 29.11.2016 in allen Spruchpunkten abgewiesen.

Festgestellt wurde - neben allgemeinen Feststellungen, insbesondere Feststellungen zur medizinischen Versorgung - aufgrund der vorgelegten medizinischen Unterlagen:

Festgestellt wird, dass beim Beschwerdeführer folgende Erkrankungen diagnostiziert wurden:

* terminale Niereninsuffizienz (chronisches Nierenversagen)

* Osteoporose (Knochenschwund)

* Nephritis (entzündliche Erkrankung der Niere)

* Arthralgien (Gelenkschmerzen)

* Problemen am rechten Auge

* Hepatitis C

* Osteodystrophie bei ausgeprägten renalen tertiären Hyperparathyreoidismus (Schilddrüsenprobleme, Stoffwechselerkrankung)

Die Zweitbeschwerdeführerin litt im Jahr 2014 bzw. Anfang 2015 an psychischen Problemen.

...

Die Beschwerdeführer leiden an keinen lebensbedrohlichen Erkrankungen (im Endstadium) bezüglich derer es keine Behandlungsmöglichkeiten in Georgien gebe.

Beweiswürdigend wurde festgehalten:

Die Feststellungen zu Georgien beruhen auf einer Vielzahl unbedenklicher, seriöser und aktueller Quellen, deren Inhalt schlüssig und widerspruchsfrei ist. Die Beschwerdeführer sind den Länderberichten nicht substantiiert entgegengetreten.

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin gaben im Verfahren übereinstimmend an, alleine aufgrund der gesundheitlichen Probleme des Erstbeschwerdeführers aus dem Heimatland ausgereist zu sein.

So brachte der Erstbeschwerdeführer in der Einvernahme vom 10.02.2015 auf seine Fluchtgründe angesprochen vor, in Georgien, abgesehen von seinen gesundheitlichen Problemen, keinerlei Schwierigkeiten gehabt zu haben. Er sei alleine aufgrund seiner Erkrankungen nach Österreich gekommen. In seiner Heimat werde er weder verfolgt, noch habe er Probleme mit der Polizei, der Regierung oder anderen Personen gehabt.

Auch die Erstbeschwerdeführerin bejahte im Zuge der Einvernahme vom 10.02.2015 die Frage, ob sie ihr Heimatland alleine aufgrund der gesundheitlichen Probleme ihres Ehemannes verlassen habe und weder sie noch ihr Ehemann jemals verfolgt oder bedroht worden seien.

Auch in der Beschwerde wurden betreffend die Gründe für die Ausreise aus dem Heimatland lediglich die gesundheitlichen Probleme des Erstbeschwerdeführers ins Treffen geführt.

Insgesamt haben die Beschwerdeführer somit zu keinem Zeitpunkt, individuelle und konkrete Verfolgungsgründe vorgebracht, sodass nicht davon auszugehen ist, dass diese in ihrem Heimatland wohlbegründete Furcht im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention zu gewärtigen hatten oder sich eine solche zukünftig ergibt.

Was die gesundheitlichen Probleme des Erstbeschwerdeführers betrifft, so ist dazu festzuhalten, dass die Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt behaupteten, dass die Erkrankungen in Georgien nicht behandelt werden könnten. Der Erstbeschwerdeführer, der vorbrachte, seit seinem 16. Lebensjahr krank zu sein, wurde über zwölf Jahre im Heimatland medizinisch behandelt. Weder der Erstbeschwerdeführer noch die Zweitbeschwerdeführerin bestritten, dass Behandlungsmöglichkeiten und Medikamente zur Verfügung stehen (was im Übrigen auch mit den Länderfeststellungen im Widerspruch stünde); ausgereist seien sie aufgrund der hohen Kosten. Hinsichtlich der Ausführungen, wonach dies nach der Judikatur des EGMR unerheblich ist, wird auf die rechtliche Beurteilung verwiesen.

Im Akt des Erstbeschwerdeführers befindet sich ein Konvolut an Arztberichten und Befunden. Aus einem Schreiben des Dialysezentrum Graz-West vom 03.02.2015 geht hervor, dass der Erstbeschwerdeführer seine Heimat in der Hoffnung, in Österreich eine Transplantatniere zu erhalten, verlassen habe. Aufgrund der derzeitigen Gesetzeslage in Österreich sei dies jedoch nicht möglich. Aus einem ärztlichen Entlassungsbrief des Landeskrankenhaus - Universitätsklinikum Graz vom 20.06.2016 geht hervor, dass beim Erstbeschwerdeführer terminale Niereninsuffizienz, Hepatitis C und Osteodystrophie bei ausgeprägten renalen teriären Hyperparathyreoidismus diagnostiziert worden seien.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 23.03.2017, Zl. Ra 2017/20/0038 die von den bP erhobene Revision zurückgewiesen. Demnach ergab sich damals die Notwendigkeit einer Nierentransplantation aus den vorgelegten Befunden nicht und wurde die Behandlungsmöglichkeit in Georgien bejaht.

I.5. Die bP 1 und 2 entsprachen ihrer gesetzlichen Verpflichtung zum Verlassen des Bundesgebietes nicht, sondern stellten sie am 11.5.2017 sowohl für sich als auch für die bP 3 einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz. Im Rahmen der Antragstellung beriefen sie sich im Wesentlichen auf ihre bisherigen Gründe und brachten ergänzend vor, der Gesundheitszustand von bP1 hätte sich verschlechtert, sie sei seit 14 Jahren Dialyse Patient und ein schwerer Fall. Insbesondere würde diese nunmehr auch an Hepatitis A leiden. Sie müsse eine Vielzahl von Medikamente einnehmen, hätte eine Operation hinter sich, in Georgien dürften toten Personen keine Organe entnommen werden bzw. habe sie keinen Spender für eine Transplantation und könne sie sich eine Behandlung in Georgien nicht leisten. Ergänzend wurde auf einen Befund verwiesen, wonach ohne die entsprechende Transplantation Lebensgefahr für die bP 1 bestehe.

Am 09.05.2017 erfolgte eine Stellungnahme des nunmehrigen Rechtsfreundlichen Vertreters der bP.

Im Rahmen einer am 9.6.2017 erfolgten Einvernahme wurde der faktische Abschiebeschutz in Bezug auf bP1 und bP2 gemäß § 12 AsylG, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF gemäß § 12a Absatz 2 AsylG aufgehoben.

Dies wurde damit begründet, dass sich die bP im Wesentlichen auf ihre bisherigen Gründe stützen, welche bereits rechtskräftig als nicht asylrelevant qualifiziert wurden.

In Bezug auf die bP 3 erfolgte keine Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gem. § 12a Abs. 2 AsylG, zumal gegenüber dieser kein entsprechender Bescheid erlassen wurde.

Die bP legten in dieser Einvernahme diverse medizinische Schreiben vor, wobei in einem Schreiben angeführt ist, dass mittelfristig eine Nierentransplantation indiziert ist. Im aus Georgien übermittelten Schreiben eines Arztes wird ausgeführt, dass in Georgien wegen Fehlens der "Leichenspende" keine Transplantationsmöglichkeit für die bP 1 bestünde.

I.6.1. Mit Erkenntnissen des BVwG vom 14.6.2017 wurden "den Beschwerden" der bP 1 und bP 2 gemäß § 12a Abs. 2 AsylG iVm. § 22 Abs. 10 AsylG 2005 sowie § 22 BFA-VG stattgegeben und die genannten Bescheide ersatzlos aufgehoben.

Das Verfahren in Bezug auf die bP 3 wurde hinsichtlich der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Aberkennung des Faktischen Abschiebeschutzes gem. § 12a Abs. 2 AsylG iVm. § 22 Abs. 10 AsylG 2005 sowie § 22 BFA-VG anlässlich der niederschriftlichen Einvernahme der Eltern der genannten Partei am 9.6.2017, Zl 1093265010-170564637 und anschließenden Aktenvorlage durch die belangte Behörde gem. § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBL I 33/2013 idgF eingestellt.

I.6.2. Festgestellt wurde in dieser Entscheidung:

Soweit die bB davon ausgeht, dass aufgrund der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat anzunehmen ist, dass die bP dort über eine entsprechende Existenzgrundlage verfügen und entsprechende Behandlungsmöglichkeiten in Georgien existieren, wird auf die Ausführungen in den in den ho., bereits in Rechtskraft erwachsenen Erkenntnisse vom 29.11.2016, W196 2107928-1/8E, W196 2107929-1/8E verwiesen.

Offen bleibt, ob und inwieweit sich der Gesundheitszustand der bP seit der letztmaligen inhaltlichen Entscheidung tatsächlich änderte iSv verschlechterte.

I.6.3. Neben Ausführungen zur Bescheiderlassung hinsichtlich der bP 3 wurde in der Beweiswürdigung festgehalten:

Ergänzend wird auch darauf hingewiesen, dass aus dem in Bezug auf bP1 erlassenen Bescheid mangels entsprechender, individueller, nachvollziehbarer Ausführungen nicht vorgeht, ob bzw. in welchem Umfang von einer Veränderung iSe Verschlechterung des Gesundheitszustandes der bP1 auszugehen ist.

I.6.4. Rechtlich wurde in den nunmehr relevanten Teilen ausgeführt:

-

Keine Änderung des maßgeblichen Sachverhalts:

Wie bereits festgestellt wurde, kann dem angefochtenen Bescheid nicht entnommen werden, ob sich der Gesundheitszustand der bP1 verschlechterte oder nicht. Sie brachte vor, eine Vielzahl von Medikamenten einnehmen zu müssen und verwies zu den bereits im Erstverfahren genannten Erkrankungen zusätzlich auf eine erfolgte Operation wegen Osteoporose und das Hinzukommen von Hepatitis A. Ebenso brachte sie vor, dass für die entsprechende Behandlungen in Armenien nicht erschwinglich sind. Da seitens der bB keine nachvollziehbare Auseinandersetzung mit dem Einwand der bP1 erfolgte, kann an dieser Stelle auch nicht gesagt werden, ob von einem -in rechtlicher Hinsicht- gleich gebliebenen Sachverhalt auszugehen ist.

-

Keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention und keine für die bP als Zivilperson ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes:

Im gegenständlichen Fall liegt die Gefahr eines Eingriffs in das durch Art. 8 EMRK geschützte Familienleben auf der Hand, zumal der faktische Abschiebeschutz nur in Bezug auf bP1 und bP2 und nicht in Bezug auf deren gemeinsames aberkannt wurde. Eine Behebung der genannten Bescheide erscheint schon allein aus diesem Grunde geboten. Nichts desto trotz wird auf den nachfolgenden Umstand hingewiesen:

Ob (nunmehr) die Abschiebung einen Eingriff in die durch Art. 2 und 3 EMRK geschützten Rechte in Bezug auf bP1 darstellen würde, kann aufgrund der bereits beschriebenen. Feststellungsmängel in Bezug auf die Frage, ob eine Änderung des maßgeblichen Sachverhalts vorliegt, nicht mit der hier geforderten Verlässlichkeit im Rahmen einer Prognoseentscheidung verneint werden. In diesem Zusammenhang verkennt das ho. Gericht zwar nicht, dass die vom EGMR gezogene Grenze zwischen einer aktuellen und konkreten Todesgefahr und einer schlichten Verkürzung der Lebenserwartung bzw. zwischen einem qualvollen Zustand und einer unter Umständen erheblichen Verschlechterung der Lebensqualität in Anwendung auf einen konkreten Einzelfall -so wie im möglicherweise hier vorliegendend- fließend und das Treffen von entsprechenden Feststellungen und die Durchführung darauf abgestimmter Subsumtionen komplex sein können, dies entbindet die bB jedoch nicht davon, sich diesem Problem zu stellen und es zu lösen. Im Lichte dieser Ausführungen unterließ die bB vor einer allfälligen essentielle Ermittlungen im Sinne des Erk. des VwGH vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063. Der globale Verweis auf Behandlungsmöglichkeiten können hier im Einzelfall unter Umständen nicht ausreichend sein.

Die bB wird letztlich einzelfallspezifische Ermittlungen durchzuführen und auf die Einwände der bP einzugehen haben. Die bB wird zu ermitteln und festzustellen haben, ob es sich bei der Erkrankung der bP vor dem Hintergrund der ihr faktisch zur Verfügung stehenden Behandlungsmöglichkeiten in Georgien um einen außergewöhnlichen, exzeptionellen Fall (vgl. Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 ["St. Kitts-Fall"]) handelt. Im Falle der Bejahung dieses Umstandes, hätte sie sich im Lichte des Urteils des EGMR Paposhvili v. Belgium (no. 41738/10, GC) vom 13 Dezember 2016 mit dem tatsächlichen Zugang der bP1 zu medizinischer Versorgung zu befassen gehabt, wobei hier festzuhalten ist, dass bloß spekulative Erwägungen in Bezug auf einen fehlenden Zugang auszublenden sind (Urteil des EGMR (Große Kammer) vom 27. Mai 2008, N. v. The United Kingdom, Nr. 26.565/05).

Der Vollständigkeit halber wird abschließend -nichtverkennend, dass den ho. Erkenntnissen vom 29.11.2016, W196 2107928-1/8E, W196 2107929-1/8E Rechtskraftwirkung zukommt- im Hinblick auf das von der bP noch zu führende Verfahren auf folgenden Umstand hingewiesen:

Ein Vergleich der LIB vom 18.11.2015 (zuletzt aktualisiert am 2.11.2016) und den LIB vom 22.3.2017 ergab sich nach deren Aktualisierung eine abweichende Berichtslage in Bezug auf die Behandlung von Dialyse, auf welche wie folgt hingewiesen wird:

LIB vom 18.11.2015:

-

"Dialyse und Nierentransplantation

a) Die Durchführung von Blutdialysen

b) Die Durchführung von Bauchfelldialysen

c) Die Bereitstellung und Verteilung von Materialien und Medikamenten, um eine Blutdialyse und Bauchfelldialyse durchführen zu können

d) Die Durchführung von Nierentransplantationsoperationen

e) Die Bereitstellung von Immunsuppressivmedikamenten für Transplantatempfänger

Die Leistungen, die von diesem Programm angeboten werden, sind vollständig abgedeckt und benötigen keine Zuzahlung durch den Patienten."

LIB vom 22.3.2017:

"Patienten müssen einen Antrag bei der Social Service Agency einbringen, um auf die Warteliste für die Dialyse gesetzt zu werden. Bei einer anstehenden Nierentransplantation muss zuerst im Krankenhaus, welches sich am staatlichen Programm beteiligt, angesucht werden, bevor die nötigen Personaldokumente der Social Service Agency unterbreitet werden. Sollten die nötigen Identitätsdokumente, die u.a. die georgische Staatsbürgerschaft nachweisen, nicht vorgelegt werden können, so gibt es für bestimmte Personengruppen eine Ausnahmeregelung. Dies sind: Kinder ohne Betreuung, Insassen von Haftanstalten und Einwohner der besetzten Gebiete [Abchasien, Südossetien].

Das Programm umfasst u.a.:

a) Die Durchführung von Blutdialysen

b) Die Durchführung von Bauchfelldialysen

c) Die Bereitstellung und Verteilung von Materialien und Medikamenten, um eine Blutdialyse und Bauchfelldialyse durchführen zu können

d) Die Durchführung von Nierentransplantationen

e) Die Bereitstellung von Immunsuppressivmedikamenten für TransplantatempfängerInnen

Die Leistungen, die von diesem Programm angeboten werden, sind vollständig abgedeckt und benötigen keine Zuzahlung durch den Patienten (SSA o.D.)."

Aus den LIB vom 22.3.2017 ergibt sich, dass ein Patient zuerst einen Antrag bei der Social Service Agency einzubringen hat, um auf die Warteliste für die Dialyse gesetzt zu werden. Hieraus ist jedoch nichts gesagt, ob jeder Patient bzw. ab wann ein Patient tatsächlich Zugang zur medizinisch notwendigen Dialyse hat, zumal es hier notorischer Weise auf wenige Tage ankommt, um zu überleben.

In einer Mehrzahl von Vorbringen wurde in Bezug auf Dialyse in Georgien übereinstimmend Folgendes -so weit ersichtlich, von der belangten Behörde bis dato in keinem Verfahren berücksichtigtvorgebracht:

-

In Georgien wird zwar formell Dialyse angeboten, diese sei jedoch von sehr schlechter Qualität, die Geräte sind veraltet, die Blutfilter sehr schlecht. Das Blut wird nur äußerst unzureichend gefiltert und führt der Umstand, Dialysepatient zu sein, in Georgien innerhalb verhältnismäßig kurzer Zeit zum Tot.

-

Formell ist Dialyse zwar unentgeltlich, es ist jedoch für notwendige Zusatzleistungen, z. B. für Medikamente, welcher z. B. zur Linderung von Nebenwirkungen erforderlich sind, aber auch für Nadeln, etc. hohe Geldbeträge zu leisten, welche die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Patienten übersteigern.

Seitens des ho. Gerichts erscheint im Lichte der herangezogenen Berichtslage unklar, welche Hürde die erforderliche Beantragung auf die Setzung der Warteliste für Dialyse für Patienten darstellt, um eine notwendige Dialyse letztlich zu erhalten, bzw. ob nachvollziehbare Berichte existieren, aus denen hervorgeht, dass die in Georgien angebotene Dialyse (nicht) von sehr schlechter Qualität ist, bzw. welche medizinische Leistungen Dialysepatienten selbst zu finanzieren haben, die mit der Dialysebehandlung im Zusammenhang stehen. Eine Klärung dieser Fragen wird im Lichte des Urteils des EGMR Paposhvili v. Belgium (no. 41738/10, GC) unausweichlich sein.

I.7. Am 20.12.2017 langte eine Mitteilung samt Antrag auf Einholung eines medizinischen Gutachtens bei der bB ein.

I.8. Am 21.12.2017 wurde die bP 1 nochmals niederschriftlich kurz einvernommen. Nachstehende Fragen wurden der bP 1 gestellt:

Sie stellen nunmehr einen Folgeantrag auf internationalen Schutz. Welcher wesentliche Sachverhalt hat sich verändert bzw. welcher Sachverhalt ist seit dem neu hinzugetreten?

Meine Hepatitis C ist derzeit in Behandlung. Ich habe auch Osteoporose. Die rechte Schulter ist deformiert. Die Osteoporose ist weiter fortgeschritten. Meine rechte Schulter hängt nun. Ich leide sehr unter meinen Krankheiten. Ich bin müde. Schuld daran ist die Dialyse. Ich lege auch eine Bestätigung aus Georgien, einen Befund des XXXX , sowie einen nicht unterfertigten Antrag meines Vertreters vor.

Leiden Sie seit dem letzten Verfahren unter einer gänzlich neuen Krankheit?

Nein. Ich bin aber seit 14 Jahren Dialysepatient. Ich möchte es vielleicht einem Richter erklären.

Wollen Sie noch weitere Gründe geltend machen?

Nein. 5 Jahre lang kämpfe ich nun in Österreich um Hilfe.

Würde Ihnen im Falle der Rückkehr in Ihrem Herkunftsland Verfolgung, unmenschliche Behandlung oder die Todesstrafe drohen?

Nein. Nie. Ich habe 14 Jahre mit der Dialyse gekämpft.

Wie oft waren Sie in Georgien zur Dialyse?

3 mal pro Woche. Das ist gleich wie in Österreich.

Mit mir werden nun die Feststellungen zur Situation in meinem Herkunftsland erörtert. Ich gebe dazu an:

Ich weiß alles auswendig. Es steht auch schwarz auf weiß, dass es nicht möglich ist mich in Georgien zu behandeln.

I.9. Die Anträge der bP 1, 2, 3 und 4 auf internationalen Schutz wurden folglich mit im Spruch genannten Bescheiden der belangten Behörde ("bB") vom 28.12.2017 gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurden gegen die bP Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Georgien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über Ihren Antrag auf internationalen Schutz wird gemäß § 18 Absatz 1 Ziffer 1 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. Nr. 87/2012, (BFA-VG) idgF, die aufschiebende Wirkung aberkannt.

I.10. Gegen die genannten Bescheide wurde innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes der Verwaltungsbehörde und der eingebrachten Beschwerde.

1. Feststellungen (Sachverhalt)

Die belangte Behörde hat die notwendigen Ermittlungen des maßgeblichen Sachverhaltes unterlassen, insbesondere die bereits vom BVwG aufgetragenen Erhebungen nicht durchgeführt, weshalb der maßgebliche Sachverhalt zum Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde nicht hinreichend feststand. Hinsichtlich des Verfahrensganges und festzustellenden Sachverhalt wird auf die unter Punkt I getroffenen Ausführungen verwiesen.

2. Beweiswürdigung

Der für die gegenständliche Zurückverweisung des Bundesverwaltungsgerichtes relevante Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage zweifelsfrei.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Abs. 3 hat, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 leg. cit nicht vorliegen, das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgeht.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A)

Bis zum 31.12.2013 war es dem Asylgerichtshof und davor dem Unabhängigen Bundesasylsenat gemäß § 66 Abs 2 AVG möglich, den angefochtenen Bescheid zu beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückzuverweisen, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft war, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erschien. Abs 3 leg cit legte fest, dass der Asylgerichtshof die mündliche Verhandlung und unmittelbarer Beweisaufnahme auch selbst durchführen konnte, wenn hiermit eine Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden war.

Diesbezüglich hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnissen vom 21.11.2002, 2002/20/0315 und 2000/20/0084, grundsätzliche Ausführungen zur Anwendbarkeit des § 66 Abs 2 AVG im Asylverfahren im Allgemeinen und durch den Unabhängigen Bundesasylsenat im Besonderen getätigt. Dabei hat er im zuletzt genannten Erkenntnis insbesondere ausgeführt, dass bei der Abwägung der für und gegen eine Entscheidung gemäß § 66 Abs 2 AVG sprechenden Gesichtspunkte auch berücksichtigt werden muss, dass das Asylverfahren nicht nur möglichst kurz sein soll. Der Gesetzgeber hat zur Sicherung der Qualität des Asylverfahrens einen Instanzenzug vorgesehen, der zum Unabhängigen Bundesasylsenat und somit zu einer gerichtsähnlichen, unparteilichen und unabhängigen Instanz als besonderem Garanten eines fairen Asylverfahrens führt. Es kommt dem Unabhängigen Bundesasylsenat in dieser Funktion schon nach der Verfassung die Rolle einer "obersten Berufungsbehörde" (Art 129c Abs 1 B-VG) zu. Diese wird aber ausgehöhlt und die Einräumung eines Instanzenzuges zur bloßen Formsache degradiert, wenn sich das Asylverfahren einem eininstanzlichen Verfahren vor der Berufungsbehörde nähert, da es das Bundesasylamt ablehnt, auf das Vorbringen sachgerecht einzugehen und brauchbare Ermittlungsergebnisse in Bezug auf die Verhältnisse im Herkunftsstaat in das Verfahren einzuführen.

Im bereits zitierten Erkenntnis vom 21.11.2002, 2000/20/0084, sowie im Erkenntnis vom 22.12.2002, 2000/20/0236, weist der Verwaltungsgerichtshof darauf hin, dass - auch bei Bedachtnahme auf die mögliche Verlängerung des Gesamtverfahrens - eine ernsthaft Prüfung des Antrages nicht erst bei der "obersten Berufungsbehörde" beginnen und zugleich bei derselben Behörde enden solle. Ein Vorgehen gemäß § 66 Abs 2 AVG ermöglicht es daher, dem Abbau einer echten Zweiinstanzlichkeit des Verfahrens und der Aushöhlung der Funktion des unabhängigen Bundesasylsenates als Kontrollinstanz entgegenzuwirken.

Zu § 28 Abs 3 VwGVG hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass die Verwaltungsgerichte grundsätzlich meritorisch zu entscheiden haben, eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen jedoch insbesondere dann in Betracht kommen wird, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063).

Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 28 Abs. 3, 2. Satz VwGVG ist Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung nach dieser Bestimmung das Fehlen relevanter behördlicher Sachverhaltsermittlungen. Hinsichtlich dieser Voraussetzung gleicht die Bestimmung des § 28 Abs. 3, 2. Satz VwGVG jener des § 66 Abs. 2 AVG, der als - eine - Voraussetzung der Behebung und Zurückverweisung gleichfalls Mängel der Sachverhaltsfeststellung normiert, sodass insofern - auch wenn § 66 Abs. 2 AVG im Gegensatz zu § 28 Abs. 3, 2. Satz VwGVG als weitere Voraussetzung der Behebung und Zurückverweisung auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraussetzt - auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Bestimmung des § 66 Abs. 2 AVG zurückgegriffen werden kann.

§ 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, wenn "die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen" hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, mit der Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auseinandergesetzt und darin folgende Grundsätze herausgearbeitet:

Die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht komme nach dem Wortlaut des § 28 Abs. 1 Z 1 VwGVG nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht. Dies wird jedenfalls dann der Fall sein, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, zumal dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt.

Der Verfassungsgesetzgeber habe sich bei Erlassung der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I 51, davon leiten lassen, dass die Verwaltungsgerichte grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden haben, weshalb ein prinzipieller Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte anzunehmen ist.

Angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems stelle die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis stehe diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht).

3.2. Einzelfallbezogen ergibt sich hieraus Folgendes:

3.2.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung des erstinstanzlichen Bescheides wurde lediglich festgehalten:

Es wird festgestellt, dass Sie an keiner neuen Erkrankung seit dem Vorfahren leiden. Das vorgelegte georgische Schreiben erscheint inhaltsgleich mit einem bereits im Vorverfahren vorgelegten Schreiben. Auch der vorgelegte, nephrologische Befund des XXXX brachte keinen neuen Sachverhalt zu Tage. Dieser empfiehlt lediglich mittelfristig eine Organtransplantation. Eine akute Veränderung Ihres Gesundheitszustandes wurde nicht festgestellt. Der Rest des Befundes beinhaltet lediglich Äußerungen Ihrer Angehörigen, welche ebenfalls Gegenstand des Vorverfahrens waren.

Sie haben keine Konventionsgründe geltend gemacht.

Daher steht fest, dass kein neuer Sachverhalt hinzugetreten ist und über Ihr Vorbringen bereits inhaltlich entschieden wurde.

...

Zu Ihrem medizinischen Vorbringen:

Wie bereits festgestellt, war und ist in Georgien eine entsprechend gute medizinische Behandlung zugänglich. Auch bleibt anzumerken, dass keine Person einen Rechtsanspruch auf eine Organspende hat, da es sich hierbei um einen Akt der Freiwilligkeit handelt.

3.2.2. Festzuhalten ist, dass tatsächlich ein willkürliches Verhalten im gegenständlichen Fall vorliegt. So hat die bB weder im Verfahrensgang noch an einer anderen Stelle in den Bescheiden den Antrag auf Erstellung eines medizinischen Gutachtens betreffend der bP 1 erwähnt und diese Problematik damit auch nicht näher erörtert. Vielmehr hat sie das Vorbringen der bP 1, dass nunmehr eine Notwendigkeit einer Nierentransplantation vorliegt, ignoriert. Dieses neue Vorbringen wäre von der belangten Behörde zu thematisieren gewesen, da dieses eben gerade nicht im ersten Asylverfahren der bP 1 und bP 2 Thema war.

Dies geht schon aus der bereits zitierten Entscheidung des VwGH in gegenständlichem ersten Asylverfahren (Damit übersieht die Revision, dass sich das BFA auf das Bestehen der für den Erstrevisionswerber notwendigen Dialysebehandlungen in Georgien stützte und ausführte, dass zwar grundsätzlich auch die Möglichkeit einer Nierentransplantation bestehe, diese aber im Fall des Erstrevisionswerbers gar nicht akut lebensnotwendig sei. Eine adäquate und lebensnotwendige Behandlung des Erstrevisionswerbers sei die Dialyse. Diesen Erwägungen traten die revisionswerbenden Parteien im Beschwerdeverfahren nicht substantiiert entgegen. Vielmehr bejahten sie die Möglichkeit der notwendigen medizinischen Behandlung in ihrem Heimatstaat, führten aber ins Treffen, dass sie sich diese nicht leisten könnten. Die Notwendigkeit einer Nierentransplantation ergibt sich aus den vorgelegten ärztlichen Befunden nicht) hervor.

Am Rande sei erwähnt, dass auch das vorgelegte Schreiben, dessen Inhalt gemäß Würdigung des BFA bereits im ersten Verfahren thematisiert worden wäre, vom 04.05.2017 und einem Professor der Georgia Association of Transplantologists stammt. Auch dieses Schreiben hätte einer Würdigung unterzogen werden müssen, insbesondere ist die Übersetzung nicht ganz eindeutig und wird dieses Schreiben einer neuerlichen Übersetzung durch die bB zuzuführen sein bzw. im Rahmen von Erhebungen mitzuberücksichtigen sein.

3.2.3. Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes mit der oben zitierten Begründung (insbesondere: Seitens des ho. Gerichts erscheint im Lichte der herangezogenen Berichtslage unklar, welche Hürde die erforderliche Beantragung auf die Setzung der Warteliste für Dialyse für Patienten darstellt, um eine notwendige Dialyse letztlich zu erhalten, bzw. ob nachvollziehbare Berichte existieren, aus denen hervorgeht, dass die in Georgien angebotene Dialyse (nicht) von sehr schlechter Qualität ist, bzw. welche medizinische Leistungen Dialysepatienten selbst zu finanzieren haben, die mit der Dialysebehandlung im Zusammenhang stehen. Eine Klärung dieser Fragen wird im Lichte des Urteils des EGMR Paposhvili v. Belgium (no. 41738/10, GC) unausweichlich sein.) ersatzlos behoben.

Den bekämpften Bescheiden kann aber nicht entnommen werden, dass das BFA den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Anforderungen entsprochen hätte, zumal das BFA nicht die aufgetragenen Ermittlungsschritte getätigt hat.

Gemäß dieser Entscheidung und den darin enthaltenen Ermittlungsaufträgen, unter Hinweis auf die relevante Judikatur, wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, nunmehr die notwendigen Ermittlungen hinsichtlich der Behandlungsmöglichkeiten in Georgien zu führen und hätte sie zu prüfen gehab, ob eine Abschiebung der bP 1 tatsächlich möglich ist.

All diesen Aufträgen ist die belangte Behörde im zweiten Rechtgang nicht nachgekommen und hat das BFA keine der ihm aufgetragenen Ermittlungsschritte erfüllt.

Fest steht sohin, dass das BFA die Aufträge im Beschluss, auf welche verwiesen wird, nicht erfüllt hat. Die belangte Behörde wird daher sämtliche im Beschluss vom 14.06.2017 beinhaltenden Aufträge nachzuholen haben (Zugang zur Dialyse, Warteliste, Kosten der Dialyse und etwaige Zusatzkosten, Widersprüche zwischen den Länderinformationen aus dem Jahr 2015 zum Jahr 2017). Auch ist festzuhalten, dass sich die belangte Behörde mit dem Antrag auf Erstellung eines medizinischen Gutachtens auseinander zu setzen und wohl bei entsprechender Aktenlage nach nochmaliger, ausführlicher Einvernahme der bP 1 bei entsprechenden Ergebnissen zu entsprechen haben wird. Jedenfalls wird auch auf die generellen Möglichkeiten und Voraussetzungen der Nierentransplantationen in Georgien (Wartelisten, wie viele Transplantationen pro Jahr, Kosten, welches System der Organentnahme [Widerspruchssystem bei Verstorbenen]) einzugehen sein.

Da der vorangegangene Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes nach wie vor dem Rechtsbestand angehört, ist im gegenständlichen Fall auch das Bundesverwaltungsgericht - zumal sich weder die Rechtsnoch die Sachlage geändert haben - an die tragende Rechtsansicht und die diesbezügliche Begründung dieses Erkenntnisses gebunden (vgl. dazu VwGH 15.09.2005, 2002/07/0094; 20.12.2001, 2001/08/0050).

Seitens des BFA wurde die Bindungswirkung des rechtskräftigen Beschlusses nicht hinreichend beachtet und wurden die als notwendig erachteten Maßnahmen bzw. Ermittlungstätigkeiten nicht durchgeführt. Die von der belangten Behörde gewählte Vorgehensweise missachtet die Bindungswirkung der rechtskräftigen Entscheidung und war daher zwingend diese Kassationsentscheidung zu treffen.

Am Rande sei abschließend erwähnt, dass das BFA in der Entscheidung festgestellt hat, dass den BF ein Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen nicht zu erteilen war. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 12.11.2015, Zl. Ra 2015/21/0101, dargelegt hat, bietet das Gesetz jedoch keine Grundlage dafür, in Fällen, in denen - wie hier - eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 FPG erlassen wird, darüber hinaus noch von Amts wegen negativ über eine Titelerteilung nach § 55 AsylG 2005 abzusprechen.

Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG kann somit nicht davon ausgegangen werden, dass der maßgebliche Sachverhalt feststeht und die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Bundesverwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wäre.

Es ist in erster Linie die Aufgabe der Verwaltungsbehörde zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung den maßgeblichen Sachverhalt vollständig zu ermitteln und diese Aufgabe nicht etwa an die Rechtsmittelinstanz auszulagern.

Anzumerken ist abschließend, dass der Inhalt des Beschwerdeschriftsatzes samt den damit vorgelegten Unterlagen nunmehr Teil des von der belangten Behörde zu berücksichtigenden Sachverhaltes ist und sich die belangte Behörde mit den dort gemachten verfahrensrelevanten Einwendungen auseinanderzusetzen haben wird.

Es wurde innerhalb der Frist des § 18 BFA-VG entschieden, weshalb sich eine Erörterung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung erübrigt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. beispielshaft Erk. d. VwGH v. 16.12.2009, GZ. 2007/20/0482; Erk. d. VwGH vom 19.11.2009, 2008/07/0167) auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Aufgrund der oa. Ausführungen war die Revision nicht zuzulassen.

Schlagworte

Familieneinheit, Familienverfahren, Kassation

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:L518.2185371.1.00

Zuletzt aktualisiert am

07.03.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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