TE Bvwg Erkenntnis 2018/2/15 W103 2173983-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.02.2018
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Entscheidungsdatum

15.02.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

W103 2173983-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Auttrit als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX, geb. XXXX alias XXXX, StA. Ukraine, vertreten durch Rechtsanwalt XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.09.2017, Zl. 1032416405-140035004, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 57, 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie §§ 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, 46, 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Ukraine und Angehörige der ukrainischen Volksgruppe, stellte am 03.10.2014 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz, nachdem sie zuvor in das österreichische Bundesgebiet eingereist und im Zuge einer fremdenpolizeilichen Kontrolle am genannten Datum festgenommen worden war. Anlässlich ihrer niederschriftlichen Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am folgenden Tag gab die Beschwerdeführerin zunächst an, im Besitz eines gültigen polnischen Schengenvisums eingereist zu sein und aus der Stadt XXXX zu stammen, welche sie Ende September 2014 verlassen hätte. Hinsichtlich ihres Fluchtgrundes gab die Genannte zu Protokoll, sie habe nach Österreich wollen, da in der Ukraine alle "kämpfen und trinken" würden. Ihr Ex-Mann, mit welchem sie vier Jahre zusammengelebt hätte, habe sie andauernd belästigt.

Mit Eingabe vom 09.10.2014 wurde das im Spruch ersichtliche Vollmachtsverhältnis bekannt gegeben.

Am 23.05.2017 wurde die Beschwerdeführerin im Beisein einer geeigneten Dolmetscherin und ihres bevollmächtigten Vertreters niederschriftlich vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen. Eingangs bestätigte die Beschwerdeführerin, sich mit der anwesenden Dolmetscherin gut verständigen zu können, sich körperlich und geistig zur Durchführung der Einvernahme in der Lage zu fühlen und an keinen gröberen gesundheitlichen Problemen zu leiden.

Die weitere Befragung der Beschwerdeführerin vernahm in ihren gegenständlich relevanten Teilen den folgenden Verlauf:

"(...) LA: Nennen Sie bitte Ihren Familiennamen, Ihren Vornamen, Ihr Geburtsdatum und Ihre Nationalität.

VP: Ich heiße XXXX und bin am XXXXgeboren. Ich habe die weiße Karte erst später bekommen und nicht gleich gesehen, dass auf der weißen Karte mein Geburtsdatum um 10 Jahre jünger gemacht wurde und auch mein Familiennamen falsch geschrieben wurde. Bei der Erstbefragung habe ich meine Daten richtig bekannt gegeben.

LA: Besitzen Sie irgendwelche Dokumente, die Ihre Identität bestätigen könnten?

VP: Nein.

LA: Wo befindet sich Ihr Reisepass derzeit?

VP: Ich habe meinen Reisepass verloren. Ich habe am 22.09.2014 in der Ukraine ein Visum bekommen. Ein Woche darauf, es war der Montag, 29.09.2014, bin ich nach Österreich gekommen. Am 30.09.2014 war ich im XXXX, am Tag darauf suchte ich zu Hause meinen Reisepass, deshalb weiß ich nicht mehr, ob mir dieser gestohlen wurde oder ob ich diesen verloren habe. Am 3.10.2014 war ich auf der XXXX und wurde kontrolliert, da habe ich der Polizei gesagt, dass ich meinen Reisepass nicht mehr habe.

LA: Haben Sie einen Verlustanzeige gemacht?

VP: Nein. Ich habe gedacht ich finde den Reisepass noch.

LA: Warum haben Sie noch immer keine Verlustanzeige gemacht?

VP: Ich habe dann nicht mehr gesucht, ich habe keine Absicht gehabt auszureisen und hierzubleiben, deshalb habe ich den Reisepass nicht vermisst. Ich wollte hier arbeiten und leben. Wir haben eine Firma aufgemacht, ich wollte arbeiten. Ich habe ein Gewerbe angemeldet.

LA: Gehören Sie in der Ukraine einer Minderheit an (Volksgruppe)?

VP: Nein.

LA: Welcher Religion gehören Sie an?

VP: Ich bin katholisch.

LA: Wo sind Sie geboren, wo sind Sie aufgewachsen, wo haben Sie vor Ihrer Ausreise gelebt?

VP: Ich bin in der Stadt XXXX geboren und aufgewachsen und habe bis zu meiner Ausreise immer nur dort gelebt.

LA: Welche Schulen haben Sie in der Ukraine besucht?

VP: Ich habe in XXXX 9 Jahre die Grundschule besucht und 4 Jahre die Mittelschule und 1 Jahr Sportcollege in XXXX besucht.

LA: Sind Sie verheiratet, haben Sie Kinder?

VP: Ich bin geschieden, ich habe keine Kinder.

LA: Wer von Ihren Familienangehörigen befand sich zum Zeitpunkt Ihrer Ausreise in der Ukraine?

VP: Meine Eltern, mein Bruder, meine Großeltern mütterlicherseits.

LA: Wann hatten Sie zuletzt Kontakt zu Ihrer Familie?

VP: Ich hatte vor einer Woche Kontakt zu meinem Vater.

LA: Wo befinden sich Ihre Familienangehörigen derzeit?

VP: Meine Familie befindet sich nach wie vor in der Ukraine.

LA: Wie haben Sie in Ihrem Herkunftsland den Lebensunterhalt bestritten?

VP: Ich arbeitete ein Jahr als Lehrerein für Turnunterricht. Dann war ich 8 Jahre lang Schwimmtrainerin.

LA: Haben Sie bzw. Ihre Familienangehörigen noch Besitztümer in der Ukraine, wie z.B. Häuser oder Grundstücke?

VP: Meine Eltern besitzen eine 1-Zimmer-Eigentumswohnung, ansonsten besitzen wir nichts. Nachgefragt gebe ich an, dass ich vor meiner Ausreise bei meinen Eltern wohnte.

LA: Wann genau haben Sie die Ukraine verlassen?

VP: Am 28.09.2014 verließ ich die Ukraine.

LA: Wo waren Sie die letzte Nacht vor Ihrer Ausreise?

VP: Zu Hause bei meinen Eltern.

LA: Woher hatten Sie das Geld für Ihre Ausreise?

VP: Aus meinen Ersparnissen.

LA: Wann genau sind Sie nach Österreich gekommen?

VP: Am 29.09.2014 bin ich nach Österreich gekommen.

LA: Sie haben bei der Erstbefragung angegeben, die Ukraine legal verlassen zu haben. Wann genau und wo haben Sie Ihr Visum beantragt?

VP: In XXXX beim polnischen Konsulat, ich habe dort am 22.09.2014 ein Schengenvisum beantragt.

LA: Sie haben bei der Erstbefragung angegeben, über Polen und der Slowakei nach Österreich gereist zu sein. Weder in Polen, noch sofort bei Ihrer Ankunft in Österreich haben Sie einen Asylantrag gestellt. Warum haben Sie in Österreich erst zu dem Zeitpunkt einen Asylantrag gestellt, als Sie einer Personenkontrolle durch den polizeilichen Streifendienst unterzogen wurden?

VP: Ich wollte die Stadt anschauen, anschauen wie es ist. Ich wollte herkommen, wollte mir die Stadt anschauen, wollte ich die Möglichkeit prüfen, ob ich lernen bzw. studieren kann. Ich wollte mir anschauen, ob ich hier bleiben kann, ob ich hier für mich eine Grundlage zum Bleiben habe.

LA: Im Zuge dieser Personenkontrolle wurden zwei Mobiltelefone, eine Eintrittskarte für Wiener Bäder aus dem Jahr 2013 und eine Eintrittskarte für das XXXX Fitnessstudio vorgefunden. Wie lange hielten Sie sich zum Zeitpunkt der Personenkontrolle tatsächlich bereits in Österreich auf?

VP: Ich war bereits im Jahr 2013 da, damals bin ich eine Woche geblieben und wieder zurück gefahren.

LA: Wie oft haben Sie die Ukraine schon verlassen?

VP: Ich war ca. 8 Mal in Polen, jeweils für ein oder zwei Tage. Nachgefragt gebe ich an, dass ich keinen Asylantrag in Polen stellen wollte, weil ich hier her kommen wollte.

LA: Wie oft waren Sie bereits in Österreich?

VP: Im Jahr 2013 war ich zwei Mal in Österreich, im Jahr 2014 das dritte Mal.

LA: Sie haben bei Ihrer Erstbefragung angegeben, bei einer Bekannten namens XXXX in XXXX gewohnt zu haben, bevor sie von der Polizei angehalten wurden und in weiterer Folge einen Asylantrag stellten. Wer genau ist diese Frau namens XXXX?

VP: Ich kannte sie, sie ist auch aus der Ukraine, ich habe sie hier kennen gelernt. Nachgefragt gebe ich an, dass ich über Freunde ihre Adresse bekam und ich wusste, dass man bei ihr übernachten kann. Ich bin zu XXXX gegangen, um für die eine Woche zu übernachten, in der ich hier bleiben wollte.

LA: Was war der eigentliche Grund für Ihre Reise nach Österreich?

VP: Ich wollte sozusagen als Tourist nach Österreich reisen, um mich hier umzusehen, ob hier für mich eine Lebensgrundlage besteht.

LA: Wie bestreiten Sie hier in Österreich Ihren Lebensunterhalt?

VP: Ich habe ein Gewerbe angemeldet und bin als Reinigungskraft tätig und zahle Sozialabgaben.

LA: Schildern Sie bitte alle Gründe, warum Sie in Österreich einen Asylantrag gestellt haben.

VP: ich will Asyl, weil ich nicht nach Hause fahren will. Ich war ja verheiratet, ich lebte vier Jahre mit meinem Mann, ich hatte ja ständige Probleme mit ihm, er wollte mit mir, ich nicht, er drohte mir. Er wollte nicht, dass ich mit anderen Leuten weggehe, er drohte mir. Er verfolgte mich und er drohte mir. Ich habe Angst vor ihm. Ich möchte ein geordnetes Leben führen, ich habe Angst vor ihm, er droht mir.

LA: Seit wann sind Sie von dem Mann geschieden?

VP: Wir haben im Jahr 2006 geheiratet und im Jahr 2010 wurde unsere Ehe geschieden. Auch nach der Scheidung gab es massive Probleme, er verfolgte mich, schlug mich, erhob die Hand gegen mich, er quälte mich körperlich und seelisch, er stalkte mich.

LA: Wo haben Sie mit Ihrem Mann während der aufrechten Ehe gewohnt?

VP: Wir hatten eine Wohnung in XXXX, nach der Scheidung bin ich zu meinen Eltern zurückgekehrt.

LA: Haben Sie polizeiliche Anzeige gegen Ihren Exgatten erstattet?

VP: Ja, aber das half nicht. Er kannte dort jeden, es sind seine Bekannten. Deswegen bekam ich seitens der Polizei keine Hilfe.

LA: Hätten Sie die Möglichkeit außerhalb Ihrer Heimatstadt in einem anderen Teil der Ukraine zu leben?

VP: Nein, es wäre für ihn kein Problem auszuforschen, wo ich bin und mir das Leben schwer zu machen.

LA: Wie viele Einwohner hat die Hauptstadt der Ukraine?

VP: Das weiß ich nicht.

LA: Warum glauben Sie, dass Sie Ihr Exmann beispielsweise in der Hauptstadt der Ukraine überall finden könnte?

VP: Weil er nicht abgelassen hat, er hat gesagt, er will mit mir leben, er wird verhindern, das ich mit jemanden anderen glücklich werden.

LA: Was genau ist nach Ihrer Scheidung im Jahr 2010 bis zu Ihrer Ausreise im Jahr 2014 genau passiert?

VP: Er stalkte mich, schaute wann ich arbeiten gehe, war ständig hinter mir.

LA: Wie oft ist das passiert?

VP: Einmal hat er gearbeitet, einmal nicht, wenn er Zeit hatte, verfolgte er mich mindestens drei Mal in der Woche.

LA: Was genau passierte, wenn er Sie verfolgte?

VP: Nichts ist passiert, ich habe Angst gehabt, ich war nicht bei der Polizei, weil ich Angst hatte, weil er jeden kannte. Ich sagte immer, ich gehe zur Polizei. Sie sprachen mit ihm, sie gingen zu ihm und sprachen mit ihm, aber es hat nichts genutzt, es ist immer gleichgeblieben. Nach der Arbeit wartete er auf mich und drohte mir.

LA: Was macht Ihr Exmann beruflich?

VP: Das weiß ich nicht, irgendwo in einer holzverarbeitenden Firma, er war auch als Busfahrer tätig, er ging verschiedenen Tätigkeiten nach.

LA: Ist Ihr Exmann eine einflussreiche Person? Ist er politisch aktiv? Erklären Sie bitte den Einfluss Ihres Exmannes bei der Polizei?

VP: Nein, er ist keine einflussreich Person, er ist ein normaler Mensch.

LA: Warum glauben Sie, dass Sie Ihr Exmann im gesamten Gebiet der Ukraine finden könnte?

VP: Das weiß ich nicht. Er sagte, er findet mich immer und überall. Und wenn ich zurückkomme wird er mich auch finden. Er weiß nicht, dass ich hier bin. Das jetzt er erkundigt sich nach mir, die Leute sagten mir, er sucht mich. Er sucht und fragt nach mir.

LA: Wie oft haben Sie Anzeige gegen Ihren Exmann erstattet?

VP: Ich habe keine Anzeige erstattet, ich habe mich nur bei der Polizei beschwert, ungefähr vier Mal.

LA: Ist Ihr Exmann nach Ihrer Scheidung auch ins Haus Ihrer Eltern gekommen?

VP: Öfter, wenn die Eltern nicht zu Hause waren.

LA: Wie ist Ihr Vater zu diesem Problem gestanden?

VP: Ich habe meinem Vater nicht alles erzählt, er hätte sich gekränkt. Ich hatte Angst meinen Eltern mit diesen Problemen zu belasten, ich versuchte alleine die Probleme in den Griff zu bekommen. Nachgefragt gebe ich an, dass mein Vater auch ein Gespräch mit ihm suchte, aber er ließ sich von meinem Vater nicht einschüchtern.

LA: Was genau ist konkret nach Ihrer Scheidung bis zu Ihrer Ausreise passiert?

VP: Auch nach der Scheidung schlug er mich, als er nach der Arbeit auf mich wartete. Nachgefragt gebe ich an, dass ich mich nicht mehr erinnern kann, wie oft das passierte.

LA: Warum haben Sie nie Anzeige erstattet, wenn er Sie geschlagen hat?

VP:

Anmerkung: Die VP gibt keine Antwort.

LA: Warum sind Sie nicht von Ihrer Heimatstat in einen anderen Teil

VP: Ich hatte eine gute Arbeit, ich wollte arbeiten, ich wollte nicht in eine andere Stadt. Er würde mich überall finden, das sagte er mir.

LA: Hatten Sie außer den geschilderten Problemen weitere Probleme in Ihrem Herkunftsstaat?

VP: Nein.

LA: Hatten Sie jemals Probleme mit den Behörden Ihres Herkunftslandes?

VP: Nein.

LA: Waren Sie in der Ukraine jemals politisch aktiv?

VP: Nein.

LA: Hatten Sie in der Ukraine jemals Probleme aufgrund Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit oder Ihrer Religion?

VP: Nein.

LA: Haben Sie im Herkunftsland, oder hier Strafrechtsdelikte begangen?

VP: Nein.

LA: Haben Sie sämtliche Gründe, welche Sie zum Verlassen Ihres Herkunftsstaates veranlasst haben, vollständig und ausführlich geschildert?

VP: Ich habe meine Gründe erzählt, ich will meine Ruhe haben, eine Familie gründen, arbeiten, in Ruhe leben und ein neues Leben anfangen.

LA: Was genau haben Sie bei einer Rückkehr in die Ukraine zu befürchten?

VP: Ich will dort nicht mehr hinfahren, ich will hier ein neues Leben leben und will hier in Anonymität leben, ohne dass er etwa erfährt ein neues Leben anfangen.

LA: Haben Sie Familienangehörige oder sonstige Verwandte in Österreich?

VP: Nein.

LA: Leben Sie mit jemand in Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft?

VP: Ich lebe mit meinem Freund seit ca. 2 Jahren im gemeinsamen Haushalt in XXXX.

LA: Welchen Aufenthaltstitel hat Ihr Freund in Österreich?

VP: Er ist anerkannter Flüchtling in Österreich. Nachgefragt gebe ich an, dass mein Freund XXXX heißt, am XXXX geboren und Staatsangehöriger der Ukraine ist.

LA: Wann und wo haben Sie Ihren Freund kennen gelernt?

VP: In der Ukraine haben wir uns flüchtig gekannt, dann trafen wir uns hier wieder und so kamen wir zusammen.

LA: Haben Sie in Österreich Kurse oder sonstige Ausbildungen absolviert?

VP: Nein, aber ich will einen Deutschkurs machen.

LA: Wie schätzen Sie Ihre Deutschkenntnisse ein?

VP: Ich verstehe das Notwendigste, aber ich muss auf alle Fälle einen Kurs machen.

LA: Sind bzw. waren Sie in Österreich Mitglied in irgendwelchen Vereinen oder Organisationen?

VP: Nein.

LA: Können Sie irgendwelche sonstigen Gründe namhaft machen, die für Ihre Integration in Österreich sprechen?

VP: Es gefällt mir hier sehr. Ich will weiterhin hier arbeiten.

LA: Möchten Sie zu Ihren Fluchtgründen noch etwas angeben, was Ihnen besonders wichtig erscheint?

VP: Nein, ich habe alles gesagt, ich will hier bleiben, ich will hier arbeiten, ich will hier Familie gründen und eine Möglichkeit bekommen, um hier bleiben zu können.

(...)"

Abschließend bestätigte die Beschwerdeführerin, alles vorgebracht und die Dolmetscherin einwandfrei verstanden zu haben; nach Rückübersetzung ihrer Angaben bestätigte sie die Richtigkeit und Vollständigkeit der aufgenommenen Niederschrift durch ihre Unterschrift.

Mit Schreiben vom 07.08.2017 wurde dem rechtsfreundlichen Vertreter der Beschwerdeführerin das durch die Behörde herangezogene Länderberichtsmaterial zur Ukraine übermittelt und eine dreiwöchige Frist zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt.

2. Mit Bescheid vom 15.09.2017, Zl. 1032416405-140035004, hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz vom 03.10.2014 bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und den Antrag gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ukraine abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen und wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG unter einem festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin in die Ukraine gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise der Beschwerdeführerin zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

Die Behörde stellte die Staatsbürgerschaft und die legale Einreise der Beschwerdeführerin, nicht jedoch deren präzise Identität fest (Bescheid, Seite 10) und legte ihrer Entscheidung ausführliche Feststellungen zur aktuellen Situation im Herkunftsstaat der Beschwerdeführerin zu Grunde (Bescheid, Seiten 13 ff). Nicht festgestellt werden könne, dass der Beschwerdeführerin unter Zugrundelegung ihres Vorbringens in der Ukraine Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Gesinnung drohe. Im Falle der Beschwerdeführerin könne eine Verfolgung ebensowenig wie eine sonstige Bedrohung im Fall einer Rückkehr festgestellt werden. Die Beschwerdeführerin sei selbsterhaltungsfähig und lebe mit ihrem Lebensgefährten, in Bezug auf welchen nicht habe festgestellt werden können, dass es sich bei ihm um einen anerkannten Flüchtling handle, in einem gemeinsamen Haushalt. Darüber hinausgehende Anknüpfungspunkte an Österreich, bestünden nicht, in der Ukraine verfüge die Beschwerdeführerin nach wie vor über familiäre Anknüpfungspunkte.

In Bezug auf die Fluchtgründe der Beschwerdeführerin wurden im Wesentlichen die folgenden beweiswürdigenden Erwägungen getroffen:

"(...) Insgesamt ist es Ihnen nicht gelungen, durch ein in sich stimmiges Vorbringen einen asylrelevanten Sachverhalt glaubhaft zu machen und den Nachweis einer Wahrscheinlichkeit zu erbringen, aus dem eine relevante individuelle Bedrohung oder aktuelle Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention abgeleitet werden kann.

So brachten Sie als Fluchtgrund vor, nicht nach Hause fahren zu wollen und Asyl zu begehren, da Sie mit Ihrem Exmann ständig Probleme gehabt hätten. Sie würden ein geordnetes Leben führen wollen und hätten Angst vor Ihrem Exmann, der Sie bedroht und verfolgt habe und nicht gewollt hätte, dass Sie sich mit anderen Leuten treffen.

Es obliegt Ihnen, die in Ihrem Rahmen gelegenen Umstände Ihres Vorbringens einigermaßen nachvollziehbar und genau zu schildern. Aus Ihren Angaben lässt sich jedoch keine lineare Handlung erkennen, die objektiv geeignet wäre, einen asylrelevanten Verfolgungsgrund zu verwirklichen.

Unter Verfolgung ist zudem ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Bei der begründeten Furcht vor Verfolgung muss es sich um eine solche handeln, die aus objektiver Sicht begründet ist und einen weiteren Verbleib des Asylwerbers in seinem Heimatland unerträglich erscheinen lässt.

Für die Asylgewährung kommt es nicht auf die subjektive Einschätzung einer Situation an, sondern darauf, ob nach objektiven Kriterien aus den vom Asylwerber vorgetragenen Umständen die Gefahr einer Verfolgung glaubhaft gemacht wurde.

Es ist Ihnen auf weitere Befragung nicht gelungen, die von Ihnen behauptete Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung glaubhaft zu machen. Nachgefragt brachten Sie in der niederschriftlichen Einvernahme am 23.05.2017 vor, nach der Scheidung im Jahr 2010 wieder bei Ihren Eltern untergekommen zu sein. Zudem gaben Sie auf Befragung an, Ihr Exmann habe Sie mindestens drei Mal in der Woche verfolgt. Aufgefordert, das Ausmaß der von Ihnen behaupteten Verfolgung näher zu beschreiben, gaben Sie zuerst an, dass außer der Verfolgung nichts passiert sei. Im Widerspruch dazu brachten Sie auf spätere Befragung vor, Ihr Exmann habe Sie im Zuge der Verfolgung auch geschlagen, waren jedoch nicht in der Lage diesen neuen Sachverhalt näher zu erläutern und gaben lediglich an, sich nicht mehr erinnern zu können, wie oft Sie geschlagen worden seien.

Hinsichtlich der Frage einer eventuell erfolgten Strafanzeige waren Sie ebenfalls nicht in der Lage, konkrete und nachvollziehbare Angaben zu machen. Einerseits ließen Sie die Frage, warum Sie keine Anzeige erstatteten, zumal Sie behaupten von Ihrem Exmann geschlagen worden zu sein, unbeantwortet. Andererseits ergaben sich Ungereimtheiten zu der Frage hinsichtlich einer Strafanzeige aufgrund der behaupteten permanenten Verfolgung von Seiten Ihres Exmannes, zumal es Ihnen nicht gelungen ist, diesbezüglich gleichlautende und nachvollziehbare Angaben zu tätigen. So brachten Sie an einer Stelle vor, nicht bei der Polizei gewesen zu sein und keine Anzeige erstattet zu haben, an anderer Stelle gaben Sie an, polizeiliche Anzeige erstattet zu haben, dies aber nichts geholfen habe. An weiterer Stelle brachten Sie vor, sich bei der Polizei gegen Ihren Exmann ca. vier Mal beschwert, jedoch keine Anzeige erstattet zu haben.

Als Begründung hinsichtlich der Version, Sie hätten polizeiliche Anzeige erstattet und keine Hilfe von Seiten der Polizei erhalten, brachten Sie zudem vor, dass Ihr Gatte jeden gekannt habe. Sie waren jedoch nicht in der Lage, den behaupteten Einfluss Ihres Exmannes auf die Polizei näher zu begründen und brachten lediglich vor, Ihr Exmann sei nie politisch aktiv und keine einflussreiche Person gewesen.

Ebenso konnten Sie die Behauptung, Ihr Exmann könne Sie im gesamten Gebiet der Ukraine ausfindig machen, nicht näher begründen. Zudem brachten Sie auf die Frage, warum Sie nicht in einem anderen Teil der Ukraine leben hätten können, lediglich vor, in Ihrer Heimatstadt eine gute Arbeit gehabt zu haben und in keiner anderen Stadt leben hätten wollen.

Somit war Ihr subjektives Bedrohungsempfinden in Verbindung mit Ihrem Exmann offenkundig nicht derart stark, dass Sie Ihre Heimatstadt nicht gleich verließen und versuchten, in einem anderen Teil der Ukraine Schutz vor Ihrem Exmann zu suchen. Diese Vorgangsweise widerspricht jeglicher Lebenserfahrung und vermochten Sie mit dieser die Behörde auch nicht von einer konkreten Bedrohungsgefahr zu überzeugen.

Das Bundesamt geht zudem aufgrund Ihrer unplausiblen, widersprüchlichen und vagen Angaben davon aus, dass das gesamte Vorbringen nicht der Realität entspricht und nur dazu diente, einen Fluchtgrund zu konstruieren, um einen Aufenthalt in Österreich durch Stellung eines unberechtigten Asylantrages zu begründen.

Selbst wenn es Ihnen gelungen wäre Ihre Fluchtgeschichte glaubhaft zu machen, wird an dieser Stelle angeführt, dass es einer allenfalls stattgefundenen Verfolgung durch Private überdies an einem ausreichenden Zusammenhang mit einem Konventionsgrund fehlt. Eine auf kriminellen Motiven beruhende private Verfolgung Ihrer Person durch eine Privatperson, kann keinem der in Artikel 1 A Z 2 GFK genannten Konventionsgründen zugeordnet werden. Eine Furcht vor Verfolgung kann nur dann als wohlbegründet im Sinne der GFK angesehen werden, wenn die Verfolgung von der Staatsgewalt ausgeht, wenn die Verfolgung zwar nur von einem Teil der Bevölkerung ausgeübt, aber durch die Behörden und Regierung gebilligt wird oder wenn Behörden und Regierung außer Stande sind, die Verfolgten zu schützen (VwGH 19.09.1990, 90/01/0104).

Das bedeutet, dass es in Ihrem Falle in der Ukraine nicht möglich sein müsste, Sie vor den Verfolgungshandlungen durch Privatpersonen zu schützen, um die gegenüber Ihnen gesetzten Feindseligkeiten als Verfolgung im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK werten zu können. In Ihrem Fall konnte aufgrund Ihrer widersprüchlichen Angaben nicht festgestellt werden, ob Sie sich aufgrund der behaupteten Verfolgung seitens Ihres Exmannes an die Polizei oder sonstige Behörden gewandt haben. Es hätte nämlich durchaus die Möglichkeit bestanden, bezüglich der behaupteten Drohungen durch Ihren Exmann Anzeige bei der lokalen Polizei zu erstatten oder sich an übergeordnete Stellen zu wenden.

In diesem Zusammenhang wird auf die aktuellen Länderfeststellungen verwiesen, die besagen, dass Ihr Herkunftsstaat sehr wohl willens und in der Lage ist, Gesetzesübertretungen zu ahnden und seine Bürger vor Übergriffen Privater zu schützen. Die Verfassung schreibt zudem die Gleichberechtigung von Männern und Frauen ausdrücklich vor, auch im Übrigen gibt es keine rechtlichen Benachteiligungen. Nach ukrainischem Arbeitsrecht genießen Frauen die gleichen Rechte wie Männer. Das Sozialministerium gibt zudem an, in einem halben Jahr ca. 38.000 Verwarnungen und Schutzbefehle wegen häuslicher Gewalt ausgestellt zu haben. Etwa 65.000 Personen sind wegen solcher Vergehen unter Polizeibeobachtung. Staatliche Schutzzentren haben 2016 bis Juli 423 Familien mit 3.934 Personen unterstützt. Sozialzentren überwachen Familien in Zusammenhang mit Missbrauch und NGOs betreiben zusätzliche Zentren in einigen Regionen.

Sie schlossen im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme am 23.05.2017 auf Befragung aus, aus Gründen der Genfer Flüchtlingskonvention verfolgt worden zu sein. Nachgefragt brachten Sie zudem vor, nicht in die Ukraine zurückkehren zu wollen, da Sie hier arbeiten und eine Familie gründen wollen.

Eine konkret gegen Ihre Person gerichtete Verfolgungsgefahr auf Grund der Rasse, Religion, Nationalität, politischen Gesinnung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe wurde von Ihnen nicht behauptet, sogar auf Befragung dezidiert ausgeschlossen. Auch sonst sind im gesamten Verfahren keinerlei Anhaltspunkte hervorgekommen, die auf eine mögliche Asylrelevanz der behaupteten Furcht vor Verfolgung im Herkunftsstaat hindeuten würden. Es ist folglich davon auszugehen, dass eine asylrelevante Verfolgung nicht existiert.

Glaubhaft ist, dass Sie mit dem Wunsch auf Migration nach Österreich reisten und Ihr Herkunftsland in der Hoffnung nach besseren wirtschaftlichen Verhältnissen verließen, zumal Sie auf Befragung in der niederschriftlichen Einvernahme am 23.05.2017 vorbrachten, erst im Rahmen einer polizeilichen Personenkontrolle einen Asylantrag gestellt zu haben, da Sie zuvor die Stadt anschauen und die Möglichkeit prüfen wollten, hier zu studieren bzw. ob die Grundlage zum Bleiben gegeben sei. Zudem brachten Sie vor, bereits zum dritten Mal nach Österreich gereist zu sein und Polen bereits acht Mal besucht zu haben. Nachgefragt gaben Sie an, in Polen keinen Asylantrag gestellt zu haben, da Sie nach Österreich kommen wollten. Der Grund für Ihre dritte Österreichreise sei der gewesen, sich hier um eine geeignete Lebensgrundlage umzusehen.

Zusammenfassend ist es Ihnen somit nicht gelungen, die Behörde von der Glaubwürdigkeit hinsichtlich einer konkret gegen Ihre Person gerichteten asylrelevanten Bedrohung zu überzeugen. Wie bereits dargelegt wurde, brachten Sie Verfolgung aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung nicht vor und es kann daher nicht abgeleitet werden, dass Ihnen in Ihrem Herkunftsland asylrelevante Verfolgung droht.

Zudem wird ausgeführt, dass das Verlassen des Herkunftsstaates aus persönlichen Gründen oder wegen der dort vorherrschenden prekären Lebensbedingungen keine relevante Verfolgung im Sinne der GFK darstellt. Auch Nachteile, die auf die in einem Staat allgemein vorherrschenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen zurückzuführen sind, stellen keine Verfolgung im Sinne der GFK dar. Der Wunsch nach Emigration in der Erwartung auf bessere Lebensbedingungen rechtfertigt daher nicht die Gewährung von Asyl. (...)"

Bezüglich der Rückkehrsituation der Beschwerdeführerin wurde darüber hinaus insbesondere erwogen, dass diese an keinen Erkrankungen leide, ihr eine Teilnahme am Erwerbsleben uneingeschränkt möglich sei und sie nach wie vor über familiäre Bezugspunkte in ihrem Herkunftsstaat verfüge.

In rechtlicher Hinsicht wurde von der Erstinstanz ausgeführt, eine asylrelevante Verfolgung habe von der Beschwerdeführerin nicht glaubhaft gemacht werden können. Auch aus dem sonstigen Ergebnis des Ermittlungsverfahrens ergäben sich keine Hinweise auf das Vorliegen eines Sachverhaltes, der gemäß Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK zur Gewährung von Asyl führe. Den Angaben der Beschwerdeführerin hinsichtlich ihrer Fluchtgründe hätte keine Glaubwürdigkeit beschieden werden können, da sie eine individuelle asylrelevante Gefährdungslage nicht glaubhaft machen habe können.

Zu Spruchpunkt II. wurde nach Wiedergabe des § 8 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 3 AsylG 2005 ausgeführt, dass sachliche Gründe für die Annahme sprechen müssten, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen müssten, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichten nicht aus. Nach der Judikatur des EGMR obliege es der betroffenen Person, die eine Verletzung von Art. 3 EMRK im Falle einer Abschiebung behaupte, so weit als möglich Informationen vorzulegen, die den innerstaatlichen Behörden und dem Gerichtshof eine Bewertung der mit einer Abschiebung verbundenen Gefahr erlaubten (EGMR 5.7.2005, Said gg. die Niederlande). Bezüglich der Berufung auf eine allgemeine Gefahrensituation im Heimatstaat, hätte die betroffene Person auch darzulegen, dass ihre Situation schlechter sei, als jene der übrigen Bewohner des Staates (EGMR 26.7.2005, N. gg. Finnland). Dabei könne bei der Prüfung von außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegender Gegebenheiten nur dann in der Außerlandesschaffung des Antragstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK liegen, wenn außergewöhnliche, exzeptionelle Umstände, glaubhaft gemacht seien (EGMR 6.2.2001, Bensaid v United Kingdom; VwGH 21.8.2001. 2000/01/0443).

Die Beschwerdeführerin habe während des gesamten Verfahrens keinerlei glaubhaften Indizien oder Anhaltspunkte aufzuzeigen vermocht, welche die Annahme hätten rechtfertigen können, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit konkret Gefahr laufen würde, im Falle ihrer Rückkehr in den Heimatsstaat, der Gefahr einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder Todesstrafe unterworfen zu werden.

Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels und zur ausgesprochenen Rückkehrentscheidung führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nach Wiedergabe der entsprechenden rechtlichen Grundlagen und auf Art. 8 EMRK bezugnehmender höchstgerichtlicher Judikatur aus, dass weder ein ungerechtfertigter Eingriff in das Familienleben vorliege, noch der Eingriff in das Privatleben ungerechtfertigt wäre, zumal sie sich zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung erst seit einem vergleichsweise kurzen Zeitraum in Österreich aufgehalten habe und sie in dieser Zeit keine nennenswerten wirtschaftlichen oder sozialen Kontakte aufgenommen habe. Sie sei illegal eingereist und seien keine für einen Verbleib in Österreich sprechenden Gründe vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gefunden worden.

Mit Verfahrensanordnung vom 27.09.2017 wurde der Beschwerdeführerin amtswegig eine Rechtsberatungsorganisation für das Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.

3. Mit Schriftsatz vom 18.10.2017 wurde durch den rechtsfreundlichen Vertreter der Beschwerdeführerin fristgerecht die verfahrensgegenständliche Beschwerde eingebracht. Begründend wurde zusammenfassend dargelegt, die Beschwerdeführerin sei aus der Ukraine geflüchtet, da sie von ihrem Ex-Ehegatten verfolgt und massiv geschlagen worden wäre. Sie habe sich vorerst nicht getraut, Anzeige gegen diesen zu erstatten, da er sehr einflussreich sei und gute Kontakte zur Polizei habe. Als sie den Schritt einer Anzeige bei der Polizei schließlich gewagt hätte, sei diese ohne Erfolg geblieben, die Polizei sei untätig geblieben und die Beschwerdeführerin sei weiterhin massiven Bedrohungen durch ihren Ex-Ehegatten ausgesetzt gewesen. Sie habe furchtbare Angst um ihr Leben gehabt und sei aus diesem Grund geflüchtet. Dem Vorwurf unterschiedlicher Identitätsangaben sei zu entgegnen, dass die Beschwerdeführerin in der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ihren tatsächlichen Namen und ihr Geburtsdatum explizit angegeben hätte. Zum Vorwurf fehlender Deutschkenntnisse sei darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdeführerin für ihre Tätigkeit als Reinigungskraft Deutschkenntnisse besitzen müsse, zudem sei sie aufgrund dieser Tätigkeit selbsterhaltungsfähig. In Bezug auf ihren Reisepass habe sie keine Verlustanzeige erstattet, da sie angenommen hätte, sie werde diesen noch finden. Zudem habe sie ein Visum erhalten, mit welchem sie legal nach Österreich eingereist wäre, sodass nicht von ihrer Unglaubwürdigkeit auszugehen wäre. Entgegen der Ansicht der Behörde erweise sich die Fluchtgeschichte der Beschwerdeführerin als glaubwürdig und nachvollziehbar. Sie habe sowohl anlässlich der Erstbefragung als auch der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgebracht, furchtbare Angst vor ihrem gewalttätigen Ex-Ehegatten zu haben. Wäre die Polizei in der Lage gewesen, ihr zu helfen, wäre sie jetzt nicht hier. Dass ihre Angaben zu den Schlägen widersprüchlich wären, sei darauf zurückzuführen, dass sich die Beschwerdeführerin dafür furchtbar schäme und es ihr schwer falle, Fremden von den erlittenen Misshandlungen zu erzählen. Ungenauigkeiten in ihrer Fluchtgeschichte seien daher auf diesen Umstand zurückzuführen. Die UNHCR-Richtlinien bezüglich geschlechtsspezifischer Verfolgung würden jedenfalls auch Opfer häuslicher Gewalt erfassen, sofern der Staat nicht in der Lage sei, die von privater Seite ausgehende Verfolgung zu unterbinden. Die vom Ex-Gatten der Beschwerdeführerin ausgehende Verfolgung könne durch den ukrainischen Staat nicht unterbunden werden, die Polizei sei machtlos und aufgrund des derzeit in der Ukraine herrschenden Bürgerkrieges sehr ineffektiv, wie sich auch aus den dem Bescheid zugrunde liegenden Länderberichten ergebe. Abgesehen davon erweise sich die Angst vor einer Verfolgung als ausreichend. Auch ein objektiver Beobachter in der Lage der Beschwerdeführerin würde sich vor weiterer Verfolgung ihres Ex-Ehegatten fürchten, vor allem, da der ukrainische Staat momentan nicht in der Lage sei, Gewalttätigkeiten zu unterbinden, weshalb die Behörde der Beschwerdeführerin jedenfalls Asyl gewähren hätte müssen. Ebenso erweise sich die Ansicht der Behörde, wonach sich die Beschwerdeführerin in einem anderen Teil der Ukraine niederlassen könnte, als verfehlt. Auch dort würde sie ihr Ex-Ehegatte finden, dieser habe sehr gute Kontakte zum ukrainischen Staat und zur Polizei, weshalb dies so sei, wisse die Beschwerdeführerin nicht. Von ihren Eltern könnte die Beschwerdeführerin nicht abermals unterstützt werden, da sich deren wirtschaftliche Lage als Rentner prekär erweise. Auch aus diesem Grund hätte die Beschwerdeführerin sich nicht einfach in einem anderen Teil der Ukraine niederlassen können, da sie in ihrer Heimatstadt einer Erwerbstätigkeit nachgegangen wäre, und nicht ersichtlich sei, wie sie anderswo ihre Existenzgrundlage ausreichend hätte sichern können. Entgegen der Ansicht der Behörde habe es für die Beschwerdeführerin daher keine andere Alternative gegeben, als ihre Heimat zu verlassen. Abgesehen davon habe sie durch die massiven Schläge durch ihren Ex-Ehegatten ein Trauma erlitten, weshalb die Behörde sie zwecks Untersuchung an einen Facharzt hätte überweisen müssen. Die Beschwerdeführerin würde gerne eine Therapie machen, um ihr erlittenes Trauma verarbeiten zu können; in der Ukraine fehle es diesbezüglich an ausreichend geschultem psychosozialem und medizinischem Personal. Unter Verweis auf Berichtsmaterial zu den kriegerischen Auseinandersetzungen im Osten der Ukraine wäre der Beschwerdeführerin aber zumindest der Status einer subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen gewesen.

4. Die Beschwerdevorlage des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl langte am 19.10.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Auf Grundlage des Verwaltungsaktes der belangten Behörde und der in diesem Verfahren herangezogenen Hintergrundberichte zur aktuellen relevanten Lage in der Ukraine, wird seitens des Bundesverwaltungsgerichtes Folgendes festgestellt:

1.1. Zur Person

Die Beschwerdeführerin, deren präzise Identität nicht zweifelsfrei feststeht, ist Staatsangehörige der Ukraine, Angehörige der ukrainischen Volksgruppe und bekennt sich zum christlichen Glauben. Die Beschwerdeführerin reiste im Besitz eines Schengenvisums in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 03.10.2014 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Die Beschwerdeführerin stammt aus der Stadt XXXX im Westen der Ukraine, wo sie bis zu ihrer Ausreise lebte und wo sich nach wie vor enge Familienangehörige der Beschwerdeführerin aufhalten. Der Beschwerdeführerin war im Herkunftsstaat eine eigenständige Bestreitung ihres Lebensunterhaltes durch ihren erlernten Beruf als Sportlehrerin respektive Schwimmtrainerin problemlos möglich.

Die Beschwerdeführerin leidet an keiner akuten oder lebensbedrohlichen psychischen oder physischen Erkrankung, welche ein Hindernis für eine Rückführung in die Ukraine darstellen würde.

Nicht festgestellt werden kann, dass die Beschwerdeführerin ihren Herkunftsstaat aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung verlassen hat oder nach einer allfälligen Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Übergriffe zu befürchten hätte oder dass ihr eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK oder der Prot. Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit droht.

Die Beschwerdeführerin hat nicht glaubhaft gemacht, in der Ukraine eine Verfolgung durch staatliche Behörden befürchten zu müssen, in eine hoffnungslose Lage zu kommen, einem realen Risiko einer sonstigen Verfolgung oder einer Verletzung ihrer Rechte auf Leben, nicht unmenschlicher Behandlung oder Folter unterworfen zu werden und/oder nicht der Todesstrafe zu unterliegen und als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes unterworfen zu sein.

Die Beschwerdeführerin lebt seit Oktober 2014 in Österreich und bestreitet ihren Lebensunterhalt eigenständig durch ihre Tätigkeit als Reinigungskraft. Die Beschwerdeführerin gab an, in Österreich seit rund zwei Jahren eine Lebensgemeinschaft mit einem ukrainischen Staatsbürger zu führen. Darüber hinaus verfügt die Beschwerdeführerin über keine besonderen Anknüpfungspunkte zu Österreich. Sie eignete sich während ihres Aufenthaltes keine nachgewiesenen Deutschkenntnisse an, absolvierte auch keine sonstigen Ausbildungen, sie engagierte sich nicht ehrenamtlich oder in einem Verein und knüpfte keine Kontakte zur österreichischen Gesellschaft. Der bislang unbescholtenen Beschwerdeführerin kam nach Ablauf ihres zu Tourismuszwecken ausgestellten Visums zu keinem Zeitpunkt ihres Aufenthaltes in Österreich ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zu.

Es besteht in Österreich kein schützenswertes Privat- oder Familienleben im Sinne des Artikels 8 EMRK.

1.2. Hinsichtlich der entscheidungsrelevanten Situation in der Ukraine wird unter der Heranziehung der im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Länderberichte Folgendes festgestellt:

1. Politische Lage

Die Ukraine ist eine parlamentarisch-präsidiale Republik. Ihr Staatsoberhaupt ist seit 7.6.2014 Präsident Petro Poroschenko. Regierungschef ist seit 14.4.2016 Ministerpräsident Wolodymyr Hroisman. Das Parlament (Verkhovna Rada) der Ukraine besteht aus einer Kammer; 225 Sitze werden über ein Verhältniswahlsystem mit Listen vergeben, 225 weitere Sitze werden in Mehrheitswahl an Direktkandidaten in den Wahlkreisen vergeben. 27 Mandate bleiben aufgrund der Krim-Besetzung und des Konflikts in der Ost-Ukraine derzeit unbesetzt. Im Parlament sind folgende Fraktionen und Gruppen vertreten (mit Angabe der Zahl der Sitze):

Block von Petro Poroschenko (Blok Petra Poroschenka)

142

Volksfront (Narodny Front)

81

Oppositionsblock (Oposyzijny Blok)

43

Selbsthilfe (Samopomitsch)

26

Radikale Partei von Oleh Ljaschko (Radykalna Partija Oleha Ljaschka)

20

Vaterlandspartei (Batkiwschtschyna)

20

Gruppe Wolja Narodu

19

Gruppe Widrodshennja

24

Fraktionslose Abgeordnete

48

(AA 2.2017a)

Der nach der "Revolution der Würde" auf dem Kiewer Maidan im Winter 2013/2014 und der Flucht von Wiktor Janukowytsch mit großer Mehrheit bereits im ersten Wahldurchgang zum Präsidenten gewählte Petro Poroschenko verfolgt seither mit unterschiedlichen Koalitionen eine europafreundliche Reformpolitik. Zu den Schwerpunkten des Regierungsprogramms gehören die Bekämpfung der Korruption sowie eine Verfassung- und Justizreform. Die Parteienlandschaft ist pluralistisch und reflektiert alle denkbaren Strömungen von national-konservativ bis links-sozialistisch. Die kommunistische Partei ist verboten. Die Regierung Hrojsman, die seit April 2016 im Amt ist, setzt den euroatlantischen Integrationskurs der Vorgängerregierung unter Arseni Jazenjuk fort und hat trotz zahlreicher koalitionsinterner Querelen und zum Teil großer Widerstände wichtige Reformen erfolgreich durchführen können. Gleichwohl sind die Erwartungen der Öffentlichkeit zu Umfang und Tempo der Reformen bei weitem nicht befriedigt (AA 7.2.2017).

Die Präsidentenwahlen des Jahres 2014 werden von internationalen und nationalen Beobachtern als frei und fair eingestuft (USDOS 3.3.2017a).

Ukrainische Bürger können seit 11. Juni 2017 ohne Visum bis zu 90 Tage in die Europäische Union reisen, wenn sie einen biometrischen Pass mit gespeichertem Fingerabdruck besitzen. Eine Arbeitserlaubnis ist damit nicht verbunden. Die Visabefreiung gilt für alle EU-Staaten mit Ausnahme Großbritanniens und Irlands (DS 11.6.2017).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (7.2.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine, https://www.ecoi.net/file_upload/4598_1488455088_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-ukraine-stand-januar-2017-07-02-2017.pdf, Zugriff 31.5.2017

-

AA - Auswärtiges Amt (2.2017a): Ukraine, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/01-Nodes_Uebersichtsseiten/Ukraine_node.html, Zugriff 31.5.2017

-

DS - Der Standard (11.6.2017): Ukrainer feierten Aufhebung der Visapflicht für die EU,

http://derstandard.at/2000059097595/Ukrainer-feierten-Aufhebung-der-Visapflicht-fuer-die-EU, Zugriff 19.6.2017

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017a): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Ukraine, https://www.ecoi.net/local_link/337222/480033_de.html, Zugriff 31.5.2017

2. Sicherheitslage

Der nach der "Revolution der Würde" auf dem Kiewer Maidan im Winter 2013/2014 und der Flucht von Wiktor Janukowytsch vom mit großer Mehrheit bereits im ersten Wahlgang am 07.06.2014 direkt zum Präsidenten gewählte Petro Poroschenko verfolgt eine europafreundliche Reformpolitik, die von der internationalen Gemeinschaft maßgeblich unterstützt wird. Diese Politik hat zu einer Stabilisierung der Verhältnisse im Inneren geführt, obwohl Russland im März 2014 die Krim annektierte und seit Frühjahr 2014 separatistische "Volksrepubliken" im Osten der Ukraine unterstützt (AA 7.2.2017).

Die ukrainische Regierung steht für einen klaren Europa-Kurs der Ukraine und ein enges Verhältnis zu den USA. Das 2014 von der Ukraine unterzeichnete und ratifizierte Assoziierungsabkommen mit der EU ist zum Jahresbeginn 2016 in Kraft getreten und bildet die Grundlage der Beziehungen der Ukraine zur EU. Es sieht neben der gegenseitigen Marktöffnung die Übernahme rechtlicher und wirtschaftlicher EU-Standards durch die Ukraine vor. Das Verhältnis zu Russland ist für die Ukraine von zentraler Bedeutung. Im Vorfeld der ursprünglich für November 2013 geplanten Unterzeichnung des EU-Assoziierungsabkommens übte Russland erheblichen Druck auf die damalige ukrainische Regierung aus, um sie von der EU-Assoziierung abzubringen und stattdessen einen Beitritt der Ukraine zur Zollunion/Eurasischen Wirtschaftsgemeinschaft herbeizuführen. Nach dem Scheitern dieses Versuchs und dem Sturz von Präsident Janukowytsch verschlechterte sich das russisch-ukrainische Verhältnis dramatisch. In Verletzung völkerrechtlicher Verpflichtungen und bilateraler Verträge annektierte Russland im März 2014 die Krim und unterstützt bis heute die bewaffneten Separatisten im Osten der Ukraine (AA 2.2017c).

Die sogenannten "Freiwilligen-Bataillone" nehmen offiziell an der "Anti-Terror-Operation" der ukrainischen Streitkräfte teil. Sie sind nunmehr alle in die Nationalgarde eingegliedert und damit dem ukrainischen Innenministerium unterstellt. Offiziell werden sie nicht mehr an der Kontaktlinie eingesetzt, sondern ausschließ

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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