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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 1991 §6 Abs1;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 97/21/0529 E 19. Mai 2000Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des C in Mödling, geboren am 20. Dezember 1960, vertreten durch Dr. Rudolf Beck, Rechtsanwalt in 2340 Mödling, Freiheitsplatz 8, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 17. April 1997, Zl. Fr 838/96, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark (der belangten Behörde) vom 17. April 1997 wurde der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, gemäß §§ 15, 17 und 19 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.
Die belangte Behörde begründete dies im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer seinen eigenen Angaben zufolge am 16. Jänner 1996 gemeinsam mit Ehegattin und Kind "illegal" über die slowenisch-österreichische Staatsgrenze in das Bundesgebiet eingereist sei. Sein Asylantrag sei mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 25. März 1996, rechtswirksam erlassen am 27. März 1996, rechtskräftig abgewiesen worden. Weil er über "keinerlei Bewilligung" nach dem Asyl-, Fremden- oder Aufenthaltsgesetz verfüge, halte er sich bereits seit seiner illegalen Einreise unberechtigt im Bundesgebiet auf.
Soweit der Beschwerdeführer in seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid ausführe, dass er zwar nicht das Aufenthaltsrecht nach den §§ 7 oder 8 Asylgesetz 1991 zuerkannt bekommen habe, jedoch Art. 31 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) zu berücksichtigen gewesen wäre, sei ihm zu entgegnen, dass es sich bei der Ausweisung nicht um eine Strafe, sondern um eine administrativ-rechtliche Maßnahme handle.
Aus dem Fehlen einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 ergebe sich, dass der Anwendung des § 17 FrG kein Hindernis entgegen stehe. Dass der Beschwerdeführer bei einer Abschiebung nach Nigeria im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG bedroht sei, hindere die Erlassung einer Ausweisung ebenso wenig. Auch müsse der Ausgang des Verfahrens nach § 54 FrG nicht abgewartet werden. Eine Ausweisung nach § 17 Abs. 1 FrG sei unabhängig davon zulässig, ob der Fremde für die Einreise in ein anderes Land eines Sichtvermerkes bedürfe oder nicht.
Richtig sei, dass der Verwaltungsgerichtshof der gegen den negativen Asylbescheid des Bundesministers für Inneres erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt habe. Das habe allerdings nicht ohne Weiteres zur Folge, dass dem Beschwerdeführer für die Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens eine Aufenthaltsberechtigung zukomme. Habe es dem Beschwerdeführer schon bisher an einer Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz ermangelt, so ändere sich daran durch die in Rede stehende Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nichts; er sei demnach weiterhin nicht zum Aufenthalt in Österreich berechtigt.
Den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch die Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein sehr hoher Stellenwert zu. Dies habe zur Folge, dass jedenfalls ein unrechtmäßiger Aufenthalt eines Fremden in Österreich, dem wie vorliegend nie ein rechtmäßiger vorausgegangen sei, eine Beeinträchtigung des bezeichneten maßgeblichen öffentlichen Interesses (näher: an einem geordneten Fremdenwesen) von solchem Gewicht darstelle, dass das "Dringendgebotensein" der Ausweisung und damit die Zulässigkeit dieser Maßnahme im Sinn des § 19 FrG zu bejahen sei. Der Beschwerdeführer sei großjährig und habe bis zu seiner rechtswidrigen Einreise nach Österreich mit seiner Familie in Nigeria gelebt. Da seine Familie (Ehegattin und Kind) ebenfalls aus dem Bundesgebiet ausgewiesen worden sei, könne "aus diesem Umstand" nicht abgeleitet werden, dass die Ausweisung des Beschwerdeführers in sein Privat- und Familienleben in relevanter Weise eingreife. Im Interesse der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Ordnung, insbesondere eines geordneten Fremdenwesens, sei es dringend geboten, Fremde, die unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet eingereist seien und sich hier unrechtmäßig aufhielten, auszuweisen.
Gegen den Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zunächst ist festzuhalten, dass dem angefochtenen Bescheid nach den wiedergegebenen unbestrittenen Sachverhaltsfeststellungen kein Bescheid zu Grunde liegt, mit dem die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung (§ 6 AufG) versagt oder mit dem der Verlust einer Aufenthaltsbewilligung (§ 8 AufG) verfügt wurde. Die Übergangsbestimmung des § 114 Abs. 5 des Fremdengesetzes 1997, BGBl. I Nr. 75, kommt vorliegend daher nicht zum Tragen.
Die Beschwerde, die ihrem Inhalt nach eher auf die Bekämpfung eines Asylbescheides denn auf die Anfechtung einer Ausweisung abzielt, tritt der behördlichen Auffassung entgegen, dass sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte. Sie verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass der gegen den negativen Asylbescheid erhobenen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 20. Mai 1996 die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden sei, sodass dem Beschwerdeführer nunmehr jene Rechtsstellung zukomme, die er als Asylwerber vor Erlassung des Asylbescheides gehabt habe. Dem angefochtenen Bescheid lasse sich in keiner Weise entnehmen, ob die belangte Behörde überprüft habe, in welcher Weise das Asylverfahren abgehandelt worden sei; in jedem Fall sei es rechtswidrig, wenn sie weiterhin von einem unrechtmäßigen Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich ausgehe und somit "der Entscheidung der Behörde im Asylverfahren" vorgreife.
Diese Ausführungen sind nicht zielführend. Zum einen wäre die erwähnte Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung und die damit verbundene Wiederherstellung der bisherigen Rechtsposition des Beschwerdeführers nur dann von Relevanz, wenn ihm bis zur Erlassung des seinen Asylantrag rechtskräftig abweisenden Bescheides des Bundesministers für Inneres vom 25. März 1996 ein vorläufiges Aufenthaltsrecht zugekommen wäre. Das ist freilich nicht der Fall, weil er unstrittig aus Slowenien und damit nicht "direkt" im Sinn des § 6 Abs. 1 Asylgesetz 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist; er hat aber auch nie behauptet, dass er in Slowenien verfolgt oder von einer Rückschiebung bedroht gewesen wäre und daher wegen des Vorliegens der im § 37 Abs. 1 oder 2 FrG genannten Gründe bei seiner Einreise nicht hätte zurückgewiesen werden dürfen, sodass ihm gemäß § 6 Abs. 2 Asylgesetz 1991 die Einreise zu gestatten gewesen wäre. In Ermangelung einer Einreise nach § 6 Asylgesetz 1991 kommt ein vorläufiges Aufenthaltsrecht nach § 7 leg. cit. aber nicht in Betracht. Zum anderen ist - liegt kein asylrechtliches vorläufiges Aufenthaltsrecht vor - der weitere Fortgang des Asylverfahrens für die Rechtmäßigkeit des inländischen Aufenthaltes des Beschwerdeführers so lange irrelevant, als ihm nicht Asyl zuerkannt wurde. Dass eine derartige Entscheidung gefällt worden sei, behauptet der Beschwerdeführer jedoch nicht einmal. Im Übrigen bestand für die belangte Behörde aber auch keine Verpflichtung, mit der Ausweisung des Beschwerdeführers bis zur "Entscheidung der Behörde im Asylverfahren" zuzuwarten (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 12. Februar 1998, Zl. 97/21/0799, und vom 5. Juni 1998, Zl. 98/21/0201).
Nach dem Gesagten hatte die belangte Behörde - vorbehaltlich einer Prüfung nach § 19 FrG - die Ausweisung des Beschwerdeführers zu verfügen. Bezugnehmend auf die letztgenannte Bestimmung erhebt die Beschwerde - unter dem Aspekt eines Begründungsmangels - den Vorwurf, dass die belangte Behörde in keiner Weise dargelegt habe, warum ein mehrmonatiger unrechtmäßiger Aufenthalt für die öffentliche Ordnung in hohem Maß gefährdend sein solle und warum folglich die Ausweisung des Beschwerdeführers zur Wahrung der öffentlichen Ordnung dringend geboten sei.
Auch dieser Einwand geht fehl. Zutreffend hat die belangte Behörde nämlich ausgeführt, dass den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. März 1999, Zl. 97/21/0486). Gegen diese Vorschriften hat der Beschwerdeführer durch seine unrechtmäßige Einreise und den daran anschließenden, zur Gänze unrechtmäßigen Aufenthalt in Österreich verstoßen. Damit liegt eine erhebliche Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens vor, sodass die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers zurückzustehen haben. Davon abgesehen hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren keine Umstände geltend gemacht, die auf eine ausgeprägte Integration im Inland hätten schließen lassen müssen. Wenn er nunmehr vorbringt, die belangte Behörde hätte diesbezüglich entsprechende Ermittlungen in die Wege leiten müssen, so verkennt er die ihn in diesem Zusammenhang treffende Mitwirkungspflicht.
Soweit der Beschwerdeführer schließlich seine Verfolgung durch den nigerianischen Staat anspricht bzw. daraus seine Flüchtlingseigenschaft abzuleiten versucht, ist ihm zu erwidern, dass mit der Erlassung der Ausweisung die Verpflichtung zur Ausreise aus dem Bundesgebiet verbunden ist, nicht jedoch darüber abgesprochen wird, dass er in ein bestimmtes Land auszureisen habe oder dass er allenfalls abgeschoben werde. Von daher gehen die in diesem Zusammenhang erhobenen Vorwürfe, die belangte Behörde habe die ihr obliegende amtswegige Ermittlungspflicht sowie die Pflicht zur Wahrung des Parteiengehörs verletzt, ins Leere. Somit vermag der Beschwerdeführer auch mit diesem Vorbringen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Seine Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 28. April 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1997210438.X00Im RIS seit
03.04.2001