TE Lvwg Erkenntnis 2018/2/1 VGW-031/073/14843/2017

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Veröffentlicht am 01.02.2018
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Entscheidungsdatum

01.02.2018

Index

90/01 Straßenverkehrsordnung

Norm

StVO 1960 §17 Abs3 Z1
StVO 1960 §99 Abs3 lita

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Mag. Linkenhöller über die Beschwerde des Herrn Ro. R., Wien, A.-gasse, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat …, vom 26.09.2017, Zl. VStV/917300807259/2017, wegen Verwaltungsübertretung gemäß § 17 Abs. 3 Ziffer 1 StVO,

zu Recht e r k a n n t:

I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von EUR 28,-- (das sind 20% der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof durch die vor dem Verwaltungsgericht Wien belangte Behörde unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses lautet wie folgt:

Sie sind am 23.05.2017 um 07:29 Uhr in 1030 Wien, Erdbergstraße 126-130, Krzg. Lechnerstraße Richtung Baumgasse als Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen W-... an einem Fahrzeug, welches vor einem Schutzweg angehalten hatte, um Fußgängern das Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen, vorbeigefahren.

Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 17 Abs. 3 Ziffer 1 StVO

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

Geldstrafe von

falls diese uneinbringlich

ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

Freiheitsstrafe von

Gemäß

€140,00

2 Tage(n) 16 Stunde(n) 0 Minute(n)

 

§ 99 Abs. 3 II a StVO

Weitere Verfügungen (zB Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):

Ferner hat der Beschuldigte gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:

€ 14,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch mindestens 10 Euro für jedes Delikt (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich € 100,00 angerechnet).“

In der dagegen gerichteten Beschwerde wurde im Wesentlichen vorgebracht, dem Polizeibeamten sei nicht deshalb zu folgen, weil er Polizeibeamter sei. Auf sämtliches Vorbringen des Beschwerdeführers sei im Verfahren nicht eingegangen worden. Insbesondere habe der Beamte nicht darzulegen vermocht, weshalb der Beschwerdeführer die angeblich auf dem Schutzweg befindlichen Personen nicht habe sehen können. Zudem sei die Angabe des Aufenthaltsortes der erwähnten Personen nicht genau und interpretationsfähig.

Beweis wurde genommen durch Einsichtnahme in den Gesamtakt sowie Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 1.2.2018, im Zuge derer der Beschwerdeführer angab, er sei auf der Erdbergstraße Richtung Lechnerstraße gefahren, wobei er habe geradeaus fahren wollen. Kurz vor der Kreuzung Lechnerstraße befinde sich ein Zebrastreifen. Es habe Kolonnenverkehr geherrscht, vor ihm habe ein Auto auf dem Zebrastreifen gestanden. Seiner Ansicht nach habe das Auto komplett am Zebrastreifen gestanden, sodass es einem Fußgänger nicht möglich gewesen wäre, auf dem Schutzweg zu gehen. Er sei rechts an dem Auto vorbeigefahren. Der Grund, weshalb er dies getan habe, war, weil das Auto komplett am Zebrastreifen gestanden habe. Zudem habe das Auto nach links geblinkt, weil es offensichtlich in die Lechnerstraße habe einbiegen wollen. Das Auto sei daher auch etwas mehr links situiert gewesen, weshalb er rechts habe vorbeifahren können. Er habe auch nicht gesehen, dass das Auto, nachdem er daran vorbeigefahren sei, hinter ihm gewesen wäre. Er habe auch keinen Fußgänger am Zebrastreifen gesehen.

Der Zeuge T. sagte aus, er sei zum Tatzeitpunkt auf dem Gehsteig direkt auf der Höhe des Schutzweges gestanden, dort stehen sie jeden Tag an Werktagen zur Sicherung des Schutzweges. Es habe ein Fahrzeug am Schutzweg angehalten, dieses Fahrzeug habe sich teilweise am Schutzweg befunden. Der Beschwerdeführer sei währenddessen rechts an diesem Fahrzeug vorbeigefahren. Währenddessen habe sich eine Frau mit Kind auf dem Schutzweg befunden, diese sei von der anderen Seite der Lechnerstraße gekommen und ca. auf der Höhe des Fahrbahnteilers gewesen.

In seinen Schlussausführungen gab der Beschwerdeführer an, er sei immer sehr bemüht, sich an die Verkehrsregeln zu halten. Wenn er gesehen hätte, dass jemand den Schutzweg betreten hat bzw. sich darauf befunden hätte, wäre er nicht an dem Auto vorbeigefahren. Sollte er tatsächlich jemanden am Schutzweg übersehen haben, sei das keineswegs mit Absicht gewesen. Die Strafe erscheine ihm daher zu hoch. Im Übrigen sei er keinesfalls mit hoher Geschwindigkeit an dem stehenden Fahrzeug vorbeigefahren.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Aufgrund der aufgenommenen Beweise wird folgender Sachverhalt als erwiesen angenommen:

Der Beschwerdeführer fuhr am 23.5.2017 um 7:29 Uhr mit Fahrzeug mit dem Kennzeichen W-... auf der Erdbergstraße. Auf der Höhe der Hausnummer 126-130, vor der Kreuzung mit der Lechnerstraße fuhr er rechts an einem KFZ vorbei, welches vor dem Schutzweg angehalten hatte, um Fußgängern das Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen. Das KFZ hatte teilweise am Schutzweg angehalten. Auf dem Schutzweg, auf Höhe des Fahrbahnteilers, befand sich eine Frau mit Kind, welche von der gegenüber liegenden Straßenseite aus die Fahrbahn überquerte.

Diese Feststellungen ergeben sich unzweifelhaft aus der Aussage des Meldungslegers, der auch in der Verhandlung glaubhaft darlegte, zur Sicherung des Schutzweges auf dem Gehsteig neben dem Schutzweg gestanden zu haben. Er schilderte auch schlüssig, dass sich auf dem Schutzweg auf der Höhe des Fahrbahnteilers eine Frau mit Kind befand, die die Fahrbahn querte, während ein KFZ teilweise in den Schutzweg ragend angehalten hatte und der Beschwerdeführer dieses KFZ rechts überholte.

Dass der Beschwerdeführer an einem vor bzw. teilweise auf dem Schutzweg angehalten habenden KFZ rechts vorbeigefahren war, wurde nicht bestritten. Der Beschwerdeführer gab an, keine Fußgänger auf dem Schutzweg gesehen zu haben. Dies schließt jedoch das Vorhandensein ebendieser nicht aus bzw. läßt die Aussage des Meldungslegers nicht unglaubwürdig erscheinen.

Des Weiteren gab es für das erkennende Gericht keinen Grund, der in der mündlichen Verhandlung glaubwürdig vorgebrachten Aussage des Meldungslegers nicht zu folgen, zumal diese Aussage erstens in allen wesentlichen Punkten klar, schlüssig und widerspruchsfrei war, zweitens kein Grund einsichtig ist, weshalb dieser als völlig unbeteiligter Zeuge wahrheitswidrige Angaben machen hätte sollen und drittens sich aus dem Akt kein Anhaltspunkt ergibt, dass dieser durch die Angaben anlässlich der Anzeige den Beschwerdeführer (=eine diesem unbekannte Person) hätte wahrheitswidrig belasten wollen (vgl. VwGH 2.3.1994, Zl. 93/03/0203. 93/03/0276). Im Übrigen unterliegt der Meldungsleger aufgrund des von ihm abgelegten Diensteides und seiner verfahrensrechtlichen Stellung der Wahrheitspflicht, sodass ihn im Falle der Verletzung dieser Wahrheitspflicht straf- und dienstrechtliche Sanktionen treffen würden (vgl. VwGH 28.11.1990, 90/03/0172). Auch konnte ihm als qualifiziertem und eigens geschultem Organ zugebilligt werden, derartige Wahrnehmungen zu treffen und hierüber zutreffend Bericht zu erstatten (vgl. VwGH 28.11.1990, 90/03/0172).

Es wurde daher den Angaben des Meldungslegers gefolgt.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:

Gemäß § 17 Abs. 3 Z 1 StVO 1960 ist das Vorbeifahren an Fahrzeugen, die vor einem Schutzweg oder einer Radfahrerüberfahrt anhalten, um Fußgängern der Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen, verboten.

Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960 mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs. 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist.

Den obigen Ausführungen zu Folge hätte der Beschwerdeführer nicht nur nicht an dem vor dem Schutzweg angehaltenen KFZ vorbeifahren dürfen, sondern sich auch vergewissern müssen, dass sich kein Fußgänger am Schutzweg befindet.

Die Bestimmung des § 17 Abs. 3 Z 1 StVO bezweckt eine Verhinderung der Herbeiführung oder Vergrößerung der Gefahr für die Fahrbahn überquerende Fußgänger und kann als allgemein bekannt vorausgesetzt werden. Der Beschwerdeführer muss zudem als Verkehrsteilnehmer in Kenntnis der Bestimmung sein, weshalb ein unbedeutendes Verschulden nicht gegeben ist. Das Ausmaß des Verschuldens kann zudem in Anbetracht der Außerachtlassung der im gegenständlichen Fall objektiv gebotenen und dem Beschwerdeführer zuzumutenden Sorgfalt nicht als geringfügig bezeichnet werden, da weder hervorgekommen noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen war, dass die Einhaltung der verletzten Rechtsvorschriften durch den Beschwerdeführer im konkreten Fall eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder dass die Verwirklichung des jeweiligen Straftatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.

Die Tat schädigte das öffentliche Interesse an der Verkehrssicherheit, konkret dem gefahrlosen Überqueren von Schutzwegen. Aus diesem Grund war der Unrechtsgehalt nicht unbedeutend. Nicht zu vernachlässigen ist, dass das Verschulden des Beschwerdeführers im Sinne der obigen Ausführungen gegeben war.

Der Beschwerdeführer verfügt über nicht einschlägige Vorstrafen wegen Übertretungen der StVO, weshalb ihm der Milderungsgrund der Unbescholtenheit nicht zugutekommt. Sonstige Milderungsgründe sind ebenso wie erschwerende Umstände nicht hervorgekommen.

Der fehlende Vorsatz ist insofern irrelevant, als zur Verwirklichung des Deliktes Fahrlässigkeit ausreichend ist.

Aufgrund der in der Verhandlung getätigten Angaben zu seinen Einkommen-, Vermögens- und Familienverhältnissen ist von durchschnittlichen Verhältnissen auszugehen.

Unter Bedachtnahme auf die Strafzumessungsgründe sowie den für die gegenständliche Verwaltungsübertretung vorgesehenen Strafrahmen von € 726,-- erscheint die verhängte Strafe von EUR 140,-- tat- und schuldangemessen und unter Beachtung spezial- und generalpräventiver Erwägungen erforderlich. Zudem wird auf die Judikatur des VwGH verwiesen, wonach die Verhängung einer Geldstrafe auch dann gerechtfertigt ist, wenn der Bestrafte kein Einkommen bezieht und selbst das Vorliegen ungünstiger Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht bedeutet, dass Anspruch auf Verhängung der Mindeststrafe besteht (vgl. VwGH vom 1.10.2014, Ra 2014/09/0022 u.a.). Auch kann eine Strafbemessung, die von dem Gedanken getragen ist, die Einhaltung einer Verwaltungsvorschrift durch die Verhängung entsprechend einschneidender Strafen, allenfalls der gesetzlich zulässigen Höchststrafen, zu erzwingen, nicht als gesetzwidrig angesehen werden, sofern bei der Strafbemessung mildernde Umstände und die Vermögenslage des Beschuldigten mit in Betracht gezogen worden sind (vgl. VwGH vom 11.11.21985, 85/10/0118).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Fußgänger; Schutzweg; Kfz; rechts Vorbeifahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.031.073.14843.2017

Zuletzt aktualisiert am

09.03.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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