TE Vfgh Beschluss 2018/2/26 V2/2018 ua

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Veröffentlicht am 26.02.2018
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Index

L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art139 Abs1 Z3
Raumordnungskonzept 2002 der Landeshauptstadt Innsbruck SM-Ö36
Flächenwidmungsplan der Landeshauptstadt Innsbruck SM-F15
Bebauungsplan der Landeshauptstadt Innsbruck SM-B14

Leitsatz

Zurückweisung von Individualanträgen auf Aufhebung des örtlichen Raumordnungskonzeptes, des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes der Landeshauptstadt Innsbruck mangels unmittelbaren Eingriffs in die Rechtssphäre der antragstellenden Nachbarn

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I.       Antragsvorbringen

1.       Mit dem vorliegenden, auf Art139 Abs1 Z3 B-VG gestützten Antrag begehren die Antragsteller, "1. das örtlich[e] Raumordnungskonzept 2002 der Landeshauptstadt Innsbruck SM-Ö36 2. den Flächenwidmungsplan der Landeshauptstadt Innsbruck SM-F15 3. den Bebauungsplan und ergänzende[n] Bebauungsplan der Landeshauptstadt Innsbruck SM-B14 zur Gänze als verordnungs-, gesetz- und verfassungswidrig aufzuheben".

2.       Hinsichtlich ihrer Antragslegitimation bringen die Einschreiter vor, sie seien zu 198/360 bzw. zu 162/360 Anteilen (Mit-)Eigentümer des Grundstückes Nr 1567/2, KG Wilten, welches unmittelbar an die von den angefochtenen Verordnungen betroffenen Grundstücke Nr 1568 und 1567/4, KG Wilten angrenze. Der Verfassungsgerichtshof deutet das weitere Antragsvorbringen dahingehend, dass es sich nur gegen die durch die raumplanerischen Vorgaben ermöglichte Bebauung der Nachbargrundstücke wendet, womit ohne Bedeutung bleibt, ob und inwieweit die angefochtenen Verordnungen auch das Grundstück der Antragsteller miteinschließen (den Ausführungen des Antrages zufolge trifft dies auf den Bebauungsplan und den ergänzenden Bebauungsplan der Landeshauptstadt Innsbruck SM-B14 zu).

Die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verordnungen begründen die Antragsteller – unter anderem – damit, dass an deren Erlassung entgegen den Bestimmungen des Innsbrucker Stadtrechtes befangene Gemeinderatsmitglieder teilgenommen hätten und das Stimmergebnis nicht transparent sei. Darüber hinaus sei für den Planungsbereich in unsachlicher Weise eine höhere Bebauungsdichte festgelegt worden, welche ein stärkeres Verkehrsaufkommen und eine Verknappung an Bildungseinrichtungen sowie sozialen, kulturellen und sportlichen Einrichtungen nach sich ziehen werde, was auch die Antragsteller beeinträchtige. Generell mangle es den Planungsakten an der erforderlichen Grundlagenforschung.

II.      Zur Zulässigkeit

1.       Gemäß Art139 Abs1 Z3 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, wenn die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.

2.       Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass die bekämpfte Verordnung für den Antragsteller nicht bloß behaupteterweise, sondern tatsächlich ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist (VfSlg 8058/1977 unter Hinweis auf VfSlg 8009/1977). Zu untersuchen ist vom Verfassungsgerichtshof hierbei lediglich, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Rechtswirkungen vorliegen (VfSlg 8060/1977, 10.593/1985, 11.453/1987, 15.943/2000; VfGH 19.11.2015, V135/2015).

Nicht jedem Normadressaten kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist nämlich erforderlich, dass die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des – behaupteterweise – rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg 13.944/1994, 15.234/1998, 15.947/2000).

3.       Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes wird durch einen für ein Nachbargrundstück geltenden Flächenwidmungs- oder Bebauungsplan zwar in die Rechtssphäre des Nachbarn eingegriffen, weil diese Verordnung zur Folge hat, dass – nach Maßgabe der in Betracht kommenden Rechtsvorschriften – für Bauten auf der Nachbarparzelle baubehördliche Bewilligungen erteilt werden dürfen bzw. die Bebauung in größerem Umfang als auf Grund der früheren Rechtslage möglich ist. Eine solche Verordnung greift aber nicht unmittelbar in die Rechtssphäre des Nachbarn ein, weil ein solcher unmittelbarer Eingriff erst durch einen für das Nachbargrundstück erteilten Baubewilligungsbescheid bewirkt wird (vgl. zB VfSlg 16.425/2002; VfGH 11.6.2014, V49/2012, jeweils mwN).

4.       Vor diesem Hintergrund erweist sich der Antrag auf Aufhebung des örtlichen Raumordnungskonzeptes 2002 der Landeshauptstadt Innsbruck SM-Ö36, des Flächenwidmungsplanes der Landeshauptstadt Innsbruck SM-F15 3 sowie des Bebauungsplanes und ergänzenden Bebauungsplanes der Landeshauptstadt Innsbruck SM-B14 als unzulässig, zumal die Einschreiter nur insoweit Bedenken gegen die Verordnungen geltend machen, als sich diese auf die Nachbargrundstücke beziehen.

III.    Ergebnis

1.       Der Antrag ist daher zurückzuweisen.

2.       Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Raumplanung örtliche, Flächenwidmungsplan, Bebauungsplan, Nachbarrechte, Rechte subjektive

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2018:V2.2018

Zuletzt aktualisiert am

09.03.2018
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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