TE OGH 2018/2/13 14Os106/17w

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Veröffentlicht am 13.02.2018
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Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Februar 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Zach, LL.M. (WU) als Schriftführerin in der Strafsache gegen Muhamet T***** wegen des Verbrechens der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1, Abs 3 Z 1 erster Fall, Abs 4 vierter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 6. Februar 2017, GZ 12 Hv 131/16g-38, sowie über dessen Beschwerde gegen den gemeinsam mit dem Urteil gefassten Beschluss auf Widerruf einer bedingten Strafnachsicht nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Muhamet T***** je eines Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB idF BGBl 1987/605 (A/1/a) und der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB (A/2/a), jeweils mehrerer Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1, teilweise auch nach § 15 StGB (A/1/b und B), der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (A/2/b, A/3/a und C/2) und der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (A/3/b und A/4), eines Vergehens der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1 StGB (D/1) sowie eines Verbrechens der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1, Abs 3 Z 1 erster Fall, Abs 4 vierter Fall StGB (D/2) schuldig erkannt.

Danach hat er in A***** und an anderen Orten des Bundesgebiets

(A) Ganimete T*****

1) vorsätzlich am Körper verletzt und zu verletzen versucht, und zwar

a) im Sommer/Herbst 1993 durch Schläge mit der Hand sowie mit einer Hacke gegen deren Kopf, wobei die Tat eine schwere Körperverletzung der Genannten, nämlich einen Bruch des linken Mittelfingers, sowie Bewusstlosigkeit zur Folge hatte;

b) über den vorangeführten Übergriff hinaus von 2. Oktober 1991 bis 31. Mai 2009 in nahezu wöchentlichen Angriffen durch Schläge mit der flachen Hand und der Faust, wodurch sie Hämatome am Körper erlitt;

2) im Sommer/Herbst 1993

a) durch Fesseln an den Armen und Beinen widerrechtlich die persönliche Freiheit entzogen und

b) durch gefährliche Drohung mit zumindest einer Verletzung der Freiheit eines Angehörigen, nämlich durch die Ankündigung „Wenn Du schreist, siehst Du Deinen Sohn nie wieder“, zu einer Unterlassung, nämlich der Abstandnahme von Schreien aufgrund der zu A/2/a dargestellten Tat, genötigt;

3) „zu nicht näher bekannten Zeitpunkten zwischen 17. Februar 1999 und 31. Mai 2009 an nicht näher bekannten Orten des Bundesgebiets“ jeweils in wiederholten Angriffen

a) durch gefährliche Drohung mit zumindest einer Verletzung der Freiheit von Angehörigen, nämlich durch die Ankündigung, sie werde die Kinder nie mehr sehen, sollte sie zur Polizei gehen, zu einer Unterlassung, nämlich zur Abstandnahme von der Verständigung der Polizei aufgrund der vorgeschilderten Übergriffe, genötigt;

b) durch die Ankündigung, sie umzubringen, mit zumindest einer Verletzung am Körper gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen;

4) am 21. Februar 2016 durch die Ankündigung, wenn er ohne Familie sei, werde es ihr Bruder auch sein, mit zumindest einer Verletzung eines Angehörigen gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen;

(B) seine am 17. Februar 1999 geborene Tochter Mirlinde T***** ab einem nicht näher bekannten Zeitpunkt bis zum 31. Mai 2009 in wöchentlichen Angriffen durch Schläge mit der flachen Hand, einem Gürtel, einem Gartenschlauch, einem Schuh, einem Nudelholz oder einer Rute, wodurch die Genannte teilweise mehrere Stunden sichtbare Rötungen und Schmerzen erlitt, vorsätzlich am Körper verletzt und dies versucht;

(C) seinen Sohn Jetmir T*****

2) etwa im Jahr 2012 durch gefährliche Drohung mit zumindest einer Verletzung am Körper, nämlich durch die durch Vorweisen eines Messers bestärkte Aufforderung, er solle sich ja nicht noch einmal zwischen den Angeklagten und Ganimete T***** stellen, zu einer Unterlassung, nämlich der Abstandnahme von der Einmischung in die elterlichen Auseinandersetzungen, genötigt;

(D) von 1. Juni 2009 bis November 2014 mit einer Unterbrechung zwischen 9. Juli 2013 und Anfang Februar 2014 gegen nachgenannte Personen eine längere Zeit hindurch fortgesetzt Gewalt ausgeübt, und zwar:

1) gegen seine damalige Ehefrau Ganimete T*****, indem er sie

a) vorsätzlich am Körper verletzte und dies versuchte, und zwar:

I) am 11. Februar 2013 durch Schläge mit einem Nudelholz, wobei die Tat eine schwere Körperverletzung, nämlich einen Bruch einer großen Zehe sowie Hämatome zur Folge hatte;

II) über den vorangeführten Übergriff hinaus in nahezu wöchentlichen Angriffen durch Schläge mit der flachen Hand und der Faust, wodurch sie Hämatome am Körper erlitt;

b) in den Jahren 2012 und 2013 in wiederholten Angriffen durch gefährliche Drohung mit zumindest einer Verletzung am Vermögen, nämlich durch die Ankündigung, er werde das Haus abbrennen, wenn sie sich scheiden lasse, zu einer Unterlassung, nämlich zur Abstandnahme von der Einleitung eines Scheidungsverfahrens, nötigte;

c) gefährlich bedrohte und dies versuchte, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, und zwar:

I) zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt in den Jahren 2012/2013 durch die Ankündigung, er werde erst ihren Sohn und dann sie umbringen, mit zumindest einer Verletzung am Körper sowie der Verletzung eines Angehörigen;

II) am 11. Februar 2013 durch Vorhalten eines Messers mit zumindest einer Verletzung am Körper, wobei es infolge Einschreitens der gemeinsamen Tochter Mirlinde T***** beim Versuch blieb;

III) über die vorangeführten Übergriffe hinaus in wiederholten Angriffen durch die Ankündigung, sie umzubringen, mit zumindest einer Verletzung am Körper;

2) gegen seine am 17. Februar 1999 geborene, sohin bis zum 16. Februar 2013 unmündige Tochter Mirlinde T*****, indem er sie

a) zwischen Mitte Februar 2014 und November 2014 durch Verdrehen ihres Armes, Schläge gegen den Rücken und Reißen an ihren Haaren vorsätzlich am Körper misshandelte;

b) zwischen 1. Juni 2009 und November 2014 über den zu D/2/a dargestellten Übergriff hinaus in etwa wöchentlichen Angriffen durch Schläge mit der flachen Hand, der Faust, einem Gürtel, einem Schuh oder einem Nudelholz sowie durch Reißen an den Haaren, Stöße und Würgen vorsätzlich am Körper teils verletzte, teils misshandelte;

c) gefährlich bedrohte, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, und zwar:

I) am 6. Juli 2013 durch drohendes Vorweisen eines 20 Zentimeter langen Küchenmessers mit zumindest einer Verletzung am Körper;

II) am 21. Februar 2016 durch die Ankündigung, den Bruder ihrer Mutter umzubringen, mit zumindest einer Verletzung eines Angehörigen;

III) zwischen Mitte Februar 2014 und November 2014 durch die durch Würgen bestärkte Ankündigung: „Weißt du, dass ich dich umbringe“ sowie durch die in ihrer Gegenwart an Ganimete T***** gerichtete Ankündigung: „Du kannst deiner Tochter schon einen Sarg bestellen“, mit dem Tod.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 3, 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.

Nichtigkeit aus § 281 Abs 1 Z 3 StPO liegt ausschließlich bei in der Hauptverhandlung erfolgter Verletzung oder Missachtung einer der in dieser Gesetzesstelle

taxativ aufgezählten – oder in (nach Inkrafttreten der StPO erlassenen) Nebengesetzen enthaltenen, ausdrücklich bei sonstiger Nichtigkeit zu beobachtenden – Bestimmungen vor (RIS-Justiz RS0099118, RS0099088; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 193).

Eine solche spricht die Verfahrensrüge (Z 3) nicht an, indem sie (bloß) kritisiert, dass dem Beschwerdeführer in der Anklageschrift unter den Punkten A/1/a und b, A/2/a und b, A/3/a, B und C/2 als Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB, der Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 15 StGB, der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB und der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB subsumiertes Verhalten angelastet wurde, obwohl in den Ladungen zu den am 12. und 17. Oktober 2016 durchgeführten kontradiktorischen Vernehmungen (der Zeugen Ganimete, Mirlinde, Jetmir und Endrit T*****) nur auf §§ 107 und 107b Abs 1 und 3 StGB verwiesen und als Thema „die fortgesetzte Gewaltausübung zum Nachteil von Ganimete, Mirlinde, Jetmir und Endrit T***** genannt“ worden war, der den angeführten Anklagepunkten zugrunde liegende Sachverhalt daher von diesen Ladungen nicht umfasst gewesen sei, zumal die diesbezüglichen Anschuldigungen „erst anlässlich der Zeugenbefragungen auftauchten“.

Nur der Vollständigkeit halber bleibt daher anzumerken, dass die angesprochenen Vernehmungen nach den darüber aufgenommenen Protokollen in Anwesenheit des Angeklagten und seines Verteidigers erfolgten (ON 19 bis 22). Diese hatten daher – anders als in dem Verfahren, das der in der Rüge angeführten Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zum AZ 15 Os 123/12w zugrunde lag – die Möglichkeit, die Zeugen (soweit diese nicht ohnehin von ihrem Recht auf Aussagebefreiung Gebrauch machten; vgl zu Jetmir T***** ON 21 und zu Endrit T***** ON 22) zu allfällig erst bei dieser Gelegenheit erhobenen (neuen) Tatvorwürfen zu befragen und deren Glaubwürdigkeit auch insoweit in Zweifel zu ziehen. Eine erneute Vernehmung der Zeugen (etwa mangels ausreichender Gelegenheit zur Vorbereitung seiner diesbezüglichen Verteidigung iSd Art 6 Abs 3 lit b MRK) hat der Beschwerdeführer nicht beantragt, vielmehr in der Hauptverhandlung dem zusammenfassenden Vortrag des gesamten Akteninhalts, sohin auch der – zuvor schon gemäß § 252 Abs 1 Z 2a StPO verlesenen (ON 37 S 5) – Protokolle über die genannten kontradiktorischen Vernehmungen durch den Vorsitzenden (§ 252 Abs 2a StPO) ausdrücklich zugestimmt (ON 37 S 13; vgl RIS-Justiz RS0127712 sowie zum Ganzen Ratz, WK-StPO § 281 Rz 232 f), womit auch insoweit ein aus Z 3 (oder 4) beachtlicher Verfahrensfehler nicht vorliegt.

Die weitere Verfahrensrüge (Z 3) behauptet einen Verstoß gegen das Individualisierungsgebot des § 260 Abs 1 Z 1 StPO, weil im Referat der entscheidenden Tatsachen im Erkenntnis zum Schuldspruch A/3 weder die Tatzeit noch der Tatort genau bezeichnet worden sei. Sie macht jedoch nicht deutlich, weshalb – neben der detaillierten Darstellung des Täterverhaltens samt der namentlichen Bezeichnung des Opfers – konkretere als die vorliegenden Angaben (US 2) zur Individualisierung der Taten erforderlich sein sollten (RIS-Justiz RS0117498, RS0098557; vgl auch Lendl, WK-StPO § 260 Rz 13 f und Ratz, WK-StPO § 281 Rz 290). Daraus resultierende Zweifel würden im Übrigen ohnedies zu Gunsten eines allenfalls neuerlich Angeklagten für die Annahme von Tatidentität und damit für das Vorliegen des Verfolgungshindernisses des ne-bis-in-idem streiten (RIS-Justiz

RS0120226).

Entgegen der unsubstantiierten Kritik der Mängelrüge (Z 5) zum Schuldspruch A/3/a sind weder die
– von der Beschwerde unvollständig und sinnentstellt zitierten (vgl dazu RIS-Justiz RS0119370) – Feststellungen zur subjektiven Tatseite (US 7 f), noch die diesbezügliche – im Übrigen sowohl den Gesetzen logischen Denkens als auch grundlegenden Erfahrungssätzen entsprechende (vgl dazu RIS-Justiz RS0116882), im Rechtsmittel gleichfalls nur partiell wiedergegebene – Begründung (US 19 f) undeutlich im Sinn der Z 5 erster Fall.

Feststellungen sind nur insoweit mit Mängelrüge bekämpfbar, als sie entscheidende Tatsachen betreffen (RIS-Justiz RS0117499).

Solche spricht die Rüge mit dem (nominell erhobenen; vgl aber RIS-Justiz RS0099431 sowie im Übrigen ON 20 S 12) Einwand aktenwidriger Begründung (Z 5 fünfter Fall) der Urteilsannahme, nach der der Angeklagte gegen Mirlinde T***** (unter anderem) fortgesetzte Gewalt ausübte, indem er ihr – neben solchen mit der flachen Hand auch – Schläge mit der Faust versetzte (US 11; D/2/b), nicht an (zum tatbildlichen Begriff der Misshandlung vgl Schwaighofer in WK2 StGB § 107b Rz 14 ff; Winkler, SbgK § 107b Rz 34 ff; RIS-Justiz RS0092867).

Die zu D/2/c/I behauptete Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) liegt nicht vor. Denn die – ein weiteres Mal nur unvollständig wiedergegebene – Passage aus der Aussage der Mirlinde T*****, nach der ihr Vater das Messer, das er ihr zuvor gegen den Hals gehalten hatte, weglegte, als er realisierte, „was er da macht“, schon deshalb nicht in erörterungsbedürftigem Widerspruch zur Urteilsannahme, nach der er erst von seiner Tochter abließ, als seine Frau ihn anschrie und ihn dazu aufforderte, oder zur – ersichtlich angesprochenen – Feststellung der subjektiven Tatseite (US 13), weil die Zeugin im Rahmen der Schilderung des Vorfalls außerdem deponierte, dass ihre Mutter mit dem Angeklagten deshalb „sehr stark gestritten hat“ (ON 20 S 3).

Soweit die Mängelrüge offenbar unzureichende Begründung (Z 5 vierter Fall) der Konstatierungen zum Schuldspruch C/2 mit der Begründung behauptet, der Zeuge Jetmir T***** habe sein Aussagebefreiungsrecht als Sohn des Angeklagten (§ 156 Abs 1 Z 1 StPO) in Anspruch genommen, weshalb insoweit – wie auch zum Anklagepunkt C/1 – ein Freispruch erfolgen hätte müssen, geht sie erneut prozessordnungswidrig nicht von der Gesamtheit der Entscheidungsgründe aus. Sie übergeht nämlich die entsprechenden Ausführungen der Tatrichter, die die kritisierten Urteilsannahmen zum objektiven Sachverhalt – logisch und empirisch einwandfrei – auf die für glaubwürdig erachteten Depositionen der Zeugin Ganimete T***** stützten (US 15 iVm US 14).

Die – die rechtliche Beurteilung der von den Schuldsprüchen D/1 und 2 umfassten Taten nach den jeweiligen Anknüpfungstatbeständen (§§ 83 Abs 1 und Abs 2, 15; 83 Abs 1, 84 Abs 1; § 105 Abs 1 und § 107 Abs 1 StGB) des § 107b StGB anstrebende – Subsumtionsrüge (Z 10, nominell auch Z 9 lit a) führt an sich zutreffend aus, dass die Subsumtion nach § 107b StGB bei jeder der zusammengefassten strafbaren Handlungen einen auf die Fortsetzung der Gewaltausübung über einen längeren Tatzeitraum gerichteten Vorsatz des Täters erfordert (Winkler, SbgK § 107b Rz 112; vgl auch Schwaighofer in WK² StGB § 107b Rz 27; Fabrizy, StGB12 § 107b Rz 6). Soweit sie aber in diesem Sinn „ausreichende Feststellungen über die innere Tatseite hinsichtlich des Fortsetzungsvorsatzes“ vermisst, ignoriert sie die gerade dazu getroffenen Urteilsannahmen (US 11, 13 f) und verfehlt damit den Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS-Justiz RS0099810). Welcher darüber hinausgehender Konstatierungen es für die vorgenommene rechtliche Beurteilung bedurft hätte, erklärt sie nicht.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und die (implizierte) Beschwerde (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Hinsichtlich Letzterer wird zu beachten sein, dass das Erstgericht zu Unrecht eine diesbezügliche Entscheidungskompetenz in Anspruch genommen hat (RIS-Justiz RS0111521, insb 11 Os 73/15t).

Bleibt anzumerken, dass die undifferenzierte Subsumtion des vom Schuldspruch A/1/b umfassten, „in nahezu wöchentlichen“ Angriffen von 2. Oktober 1991 bis zum 31. Mai 2009 gesetzten Täterverhaltens nach § 83 Abs 1 StGB in der zum Urteilszeitpunkt geltenden Fassung BGBl I 2015/154 verfehlt war.

Zwar ist die Bestimmung in dieser Fassung mit Blick auf die unverändert gebliebene Mindest- und Höchst(freiheits-)strafe und die durch Anhebung der Obergrenze der (zur Freiheitsstrafe alternativ angedrohten) Geldstrafe von 360 auf 720 Tagessätze sogar erweiterte Möglichkeit, von dieser anstelle der schwereren Sanktion Gebrauch zu machen, im Vergleich zu § 83 Abs 1 StGB idF BGBl 1996/762 nicht ungünstiger (RIS-Justiz RS0131471).

Bis zum Inkrafttreten des Strafrechtsänderungsgesetzes 1996 (BGBl 1996/763) am 1. März 1997 sah § 83 Abs 1 StGB (idF BGBl 1974/60) aber eine Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten (statt wie zum Urteilszeitpunkt bis zu einem Jahr) oder eine Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen vor, womit für die vor diesem Zeitpunkt begangenen Körperverletzungen das damit günstigere Tatzeitrecht zur Anwendung kommen hätte müssen (§ 61 StGB).

Einer amtswegigen Wahrnehmung (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) dieses ungerügt gebliebenen Subsumtionsfehlers (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO) bedurfte es nicht, weil dieser nicht den anzuwendenden Strafrahmen betrifft und allfällige Auswirkungen auf den Bestand von Strafzumessungsgründen in Erledigung der Berufung korrigierbar sind (RIS-Justiz RS0090885). Bei der Entscheidung über die Berufung besteht insoweit auch keine (dem Berufungswerber zum Nachteil gereichende) Bindung an den Ausspruch über das anzuwendende Strafgesetz nach § 295 Abs 1 erster Satz StPO (RIS-Justiz RS0118870).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Schlagworte

Strafrecht;

Textnummer

E120819

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0140OS00106.17W.0213.000

Im RIS seit

08.03.2018

Zuletzt aktualisiert am

08.03.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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