TE Vwgh Erkenntnis 2000/5/3 99/03/0333

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Veröffentlicht am 03.05.2000
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/03 Sonstiges Verkehrsrecht;

Norm

GGSt §22 Abs1 Z6;
GGSt §33 Abs3 Z3;
GGSt §40;
GGSt §42 Abs1 Z1;
GGSt §42 Abs2 Z25;
VStG §44a Z2;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2000/03/0098

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde der M K in M, vertreten durch Dr. Markus Orgler und Dr. Josef Pfurtscheller, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Anichstraße 29, gegen die in einer gemeinsamen Ausfertigung zusammengefassten Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol (Kammer- und Einzelmitglied) vom 2. Juni 1999, Zl. uvs-2/1-12/1994, betreffend Übertretungen des Gefahrgutbeförderungsgesetzes-Straße, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I. Hinsichtlich der Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 18. November 1998, Zlen. 95/03/0027, 98/03/0301, verwiesen.

Mit den nunmehr angefochtenen (Ersatz-)Bescheiden wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 22. Februar 1993, Zl. IIb 2-V-9410/1-1993 - neuerlich - abgewiesen.

Mit dem zuletzt genannten Bescheid wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe

"es zu verantworten, daß der Kraftwagenzug T und T, auf dem Gefahrengut, und zwar 4 Fässer der ADR-Klasse 3 Ziff. 31c, 2 kg der ADR-Klasse 8 Ziff. 39b und 1 Karton der ADR-Klasse 5.2 Ziff. 52 geladen war, am 12.06.1991 um 23.30 Uhr auf der A 13 Brenner Autobahn zum Zollamtsplatz Brennerpaß gelenkt wurde, wobei 1) die Berufungswerberin als Halterin des angeführten Fahrzeuges nicht dafür gesorgt habe, daß dieses nur verwendet wird, wenn die Voraussetzungen gemäß § 10 des GSSt erfüllt sind, indem das Fahrzeug nicht im Sinne des § 15 GGSt überprüft war und seine Verkehrs-, Betriebs- und Beförderungssicherheit festgestellt worden war, 2) die Berufungswerberin als Halterin des genannten Fahrzeuges das Lenken der Beförderungseinheit dem S A überlassen habe, obwohl die Voraussetzungen des § 40 GGSt über die Unterweisung und Ausbildung des Lenkers von diesem nicht erfüllt wurde, und 3) die Berufungswerberin als Beförderer ein gefährliches Gut befördert habe, obwohl der Lenker von den schriftlichen Weisungen für das Verhalten bei Unfällen oder bei Zwischenfällen nicht ausreichend in Kenntnis gesetzt worden ist. Dadurch habe sie Verwaltungsübertretungen zu 1) nach § 33 Abs. 1 i. V.m. § 10 Abs. 1 Ziff. 6 GGSt, zu 2) nach § 33 Abs. 3 Ziff. 3 i. V.m. § 40 GGSt und zu 3) nach § 22 Abs. 1 Ziff. 6 GGSt begangen, weswegen über sie in Anwendung des Strafrahmens zu 1) § 42 Abs. 2 Ziff. 20 GGSt, zu 2) § 42 Abs. 2 Ziff. 25 GGSt und zu 3) § 42 Abs. 1 Ziff. 1 GGSt Geldstrafen in der Höhe von zu 2) (richtig: zu 1)) S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 16 Tage und 16 Stunden), zu

2) S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 16 Tage und 16 Stunden) und zu 3) S 15.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 25 Tage) verhängt wurden."

II. Über die gegen diese Bescheide erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einer Vorlage des Verwaltungsstrafverfahrens erwogen:

1. Gemäß § 3 Abs. 1 Z. 7 GGSt gilt für dieses Bundesgesetz als "Halter" derjenige, der ein Kraftfahrzeug oder einen Anhänger für eigene Rechnung in Gebrauch hat und die Verfügungsgewalt besitzt, die ein solcher Gebrauch voraussetzt. "Beförderer" ist gemäß § 23 Abs. 1 Z. 10 leg.cit. derjenige, der ein gefährliches Gut aufgrund einer vertraglichen oder sonstigen Verpflichtung gegenüber dem Versender oder Absender zur Beförderung übernimmt oder auf eigene Rechnung befördert. Nach § 33 Abs. 7 leg.cit. gilt der Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges als "Halter", wenn Zweifel darüber bestehen, wer als "Halter" eines im § 1 Abs. 1 angeführten Fahrzeuges anzusehen ist.

2. Dem Beschwerdevorbringen, der Spruch des angefochtenen Bescheides werde den Bestimmtheitserfordernissen des § 44a VStG nicht gerecht, ist entgegenzuhalten, dass sich schon aus dem eingangs genannten hg. Erkenntnis vom 18. November 1998 ergibt, dass der Spruchpunkt 1 betreffend die Verwaltungsübertretung nach § 42 Abs. 2 Z. 20 GGSt mit § 44a VStG im Einklang steht. Aber auch hinsichtlich der in Spruchpunkt 2 angeführten Verwaltungsübertretung gemäß § 42 Abs. 2 Z. 25 und der in Spruchpunkt 3 genannten Verwaltungsübertretung gemäß § 42 Abs. 1 Z. 1 GGSt sind die Bedenken der Beschwerde, die Anführung der von diesen Normen erfassten Tatbestände des § 33 Abs. 3 Z. 3 iVm § 40 GGSt (Spruchpunkt 2) und des § 22 Abs. 1 Z. 6 GGSt (Spruchpunkt 3) erscheine im Lichte des § 44a (Z. 2) VStG - infolge eines Weiterverweises der genannten Tatbestände auf Normen des ADR - als nicht ausreichend, nicht stichhältig, konkretisieren doch die besagten Tatbestände für sich genommen - ohne auf andere Normen weiterzuverweisen - im Sinn des § 44a Z. 2 VStG die Verwaltungsvorschriften, die hier durch die Tat verletzt worden sind. Daher ist das Vorbringen der Beschwerde betreffend die im Rahmen des ADR eingeschlagene Regelungstechnik ebenfalls nicht zielführend.

3. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, die belangte Behörde hätte sich im Hinblick auf § 1 Abs. 2 VStG damit auseinander zu setzen gehabt, ob zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht das GGSt, sondern das Gefahrgutbeförderungsgesetz - GGBG, BGBl. I Nr. 145/1998, als die für die Beschwerdeführerin günstigere Regelung zur Anwendung hätte kommen müssen, übersieht, dass es bei der Beurteilung der Frage des günstigeren Rechtes nach § 1 Abs. 2 VStG nicht auf den Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Bescheides, sondern auf das zur Zeit der Tat bzw. das zur Zeit der Fällung des Bescheides erster Instanz geltende Recht ankommt. Weder zum Zeitpunkt der Tat noch zur Zeit der Fällung des Bescheides erster Instanz stand aber das GGBG in Kraft. Vor diesem Hintergrund gehen auch die (weiteren) Beschwerdeausführungen zum GGBG fehl.

4. Der Verwaltungsgerichtshof teilt auch nicht das Bedenken der Beschwerde, es sei völlig unentwirrbar, welcher Teil der Begründung des Erkenntnisses vom Einzelmitglied und welcher Teil von der Kammer des UVS stamme, weshalb die belangte Behörde bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides unrichtig zusammengesetzt bzw. zur Erlassung nicht zuständig gewesen sei. Vielmehr lässt sich der angefochtene Bescheid dahin deuten, dass die Begründung gleichermaßen dem von der Kammer sowie dem vom Einzelmitglied der belangten Behörde stammenden Spruchteil zuzuordnen ist.

5. Die Rüge, es sei entgegen dem § 9 VStG nicht festgestellt worden, in welcher Weise die Beschwerdeführerin mit der Firma K - die im angefochtenen Bescheid regelmäßig genannt werde - in Verbindung stehe, geht fehl. Weder hat die Beschwerdeführerin vorgebracht, dass zum Tatzeitpunkt ein "verantwortlicher Beauftragter" im Sinn des § 9 Abs. 3 VStG bestellt gewesen sei, noch ergibt sich dafür aus den vorgelegten Verwaltungsstrafakten ein Anhaltspunkt.

6. Entgegen der Beschwerde kann der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der ihm diesbezüglich zukommenden Überprüfungsbefugnis (siehe das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) auch nicht erkennen, dass die Beweiswürdigung unschlüssig wäre, die den maßgeblichen Feststellungen der belangten Behörde zu Grunde liegt, die Beschwerdeführerin sei Zulassungsbesitzerin des Lastkraftwagens und des Anhängers gewesen, aus denen der in Rede stehende Kraftwagenzug bestanden habe, und der Gefahrenguttransport sei weiters zum Tatzeitpunkt mit diesem Kraftwagenzug in ihrem Auftrag und auf ihre Rechnung durchgeführt worden. Diese Beweiswürdigung kann sich (unbestritten) darauf stützen, dass in dem der Anzeige in Kopie angeschlossenen "Internationalem Frachtbrief" als "Transporteur":

"K, M" genannt wird, dass die Beschwerdeführerin in dem ebenfalls der Anzeige in Kopie beigeschlossenen Zulassungsschein als (damalige) Zulassungsbesitzerin sowohl des Lastkraftwagens als auch seines Anhängers aufscheint, und dass die Beschwerdeführerin bei der mündlichen Verhandlung am 2. Juni 1999 angegeben hat, dass ihr Unternehmen sowohl den Treibstoff als auch Reparatur- und Servicearbeiten für den genannten Kraftwagenzug bezahlt und auch den Lenker zum Tatzeitpunkt, den Arbeitnehmer ihres Unternehmens S A, entlohnt habe. Darüber hinaus widerspricht es nicht der Lebenserfahrung, dass die belangte Behörde dem erstmals in ihrer Berufung gegen den Erstbescheid erstatteten, völlig unsubstantiiert gelassenen Vorbringen der Beschwerdeführerin, der Kraftwagenzug hätte sich zum Tatzeitpunkt nicht in ihrer "Verfügungsmacht" befunden, weshalb sie nicht dessen Halterin gewesen sei, geringeren Glauben geschenkt hat als ihrer bisherigen, dieses Vorbringen nicht einschließenden Verantwortung.

Wenn die Behörde auf dem Boden dieser Feststellungen die Auffassung vertreten hat, dass die Beschwerdeführerin als Halterin der bei der ihr vorgeworfenen Tat verwendeten Fahrzeuge anzusehen ist, begegnet dies ebenfalls keinen Bedenken, zumal - wenn Zweifel darüber bestehen, wer als Halter eines im § 1 Abs. 1 GGSt angeführten Fahrzeugs anzusehen ist - nach § 33 Abs. 7 leg. cit. der Zulassungsbesitzer des Fahrzeugs als "Halter" gilt. Auch die behördliche Beurteilung, die Beschwerdeführerin sei als Beförderer im Sinne des § 33 Abs. 1 Z. 10 GGSt anzusehen, ist vor diesem Hintergrund unbedenklich. Daher ist die Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe bezüglich der von ihr getroffenen Beurteilung den Sachverhalt nicht hinreichend festgestellt, nicht zielführend. Ebenso versagt der Einwand, die belangte Behörde habe die schon früher beantragte Einvernahme des S A als Zeugen nicht vorgenommen, zumal die Beschwerdeführerin bei der mündlichen Verhandlung am 2. Juni 1999 selbst angab, dass dieser Zeuge "höchstens" darüber etwas sagen könnte, was er (damals) "geladen hatte". Der in der Beschwerde angesprochene Beweisantrag der Beschwerdeführerin auf "Einvernahme eines informierten Vertreters der Firma S" lässt nicht erkennen, welche konkrete Person hätte einvernommen werden sollen, weshalb diesem Antrag schon deshalb keine Eignung als Beweisantrag (auf Einvernahme eines Zeugen) zukam. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, hinsichtlich des Tatvorwurfs seien "alle bezughabenden Unterlagen skartiert" worden, weil die gesetzlichen Aufbewahrungsfristen schon abgelaufen seien, kehrt sich insofern gegen sie, als es in Anbetracht des aus dem Jahr 1993 stammenden Erstbescheides und der dagegen ergriffenen Rechtsmittel an ihr gelegen wäre, solche Unterlagen weiterhin aufzubewahren, um diese in dem auf Grund der von ihr ergriffenen Rechtsmittel weiter geführten Verwaltungsstrafverfahren (zur Untermauerung ihres Standpunktes) vorlegen zu können. Ebenso wenig zielführend ist auf dem Boden des Gesagten der Vorwurf, die belangte Behörde habe die Begründung des angefochtenen Bescheides mit Blick auf das Ergebnis ihrer rechtlichen Beurteilung nicht nachvollziehbar gestaltet.

7. Der Beschwerdeführerin kann auch nicht gefolgt werden, wenn sie geltend macht, die belangte Behörde habe gegen das Verbot der reformatio in peius verstoßen. Nach § 51 Abs. 6 VStG war die belangte Behörde gehalten, auf Grund einer von der Beschwerdeführerin gegen den Erstbescheid erhobenen Berufung im angefochtenen Bescheid keine höhere Strafe zu verhängen als im Erstbescheid. Da die Behörde bezüglich der Strafbemessung nicht von der Beurteilung im Erstbescheid aus dem Jahr 1993 abgewichen ist, hat sie das besagte Verbot nicht verletzt.

8. Die Beschwerde bekämpft auch die Strafbemessung. Der Ausführungen der belangten Behörde über die Strafbemessung seien "einfach falsch". Es sei "völlig unerfindlich" und von den Feststellungen überhaupt nicht gedeckt, inwiefern die Sorglosigkeit der Beschwerdeführerin beispiellos sei und inwiefern sie sich nicht einmal in den Grundzügen von den gesetzlichen Bestimmungen Kenntnis verschafft habe. Auch ergebe sich der typische Unrechtsgehalt einer Übertretung schon aus dem Straftatbestand und könne bei der Strafbemessung nicht nochmals erschwerend herangezogen werden, zumal es überhaupt für alle Delikte nach dem GGSt typisch sei, dass das Leben von Menschen bedroht und die Umwelt gefährdet werde. Schließlich habe die belangte Behörde nicht mildernd berücksichtigt, dass die Tat schon mehr als acht Jahre zurückliege und das Unternehmen der Beschwerdeführerin den Unternehmenszweck Beförderung aufgegeben habe und es daher nur mehr einer milden Strafe bedürfe, um general- und spezialpräventive Zwecke zu erfüllen, zumal die Behörde selbst zugestehe, dass nie einschlägige Beanstandungen vorgelegen seien.

Mit diesem Vorbringen bringt die Beschwerde nichts vor, was einen Ermessensfehler der Behörde bei der Handhabung des § 19 VStG aufzeigen könnte, zumal der Strafrahmen betreffend die in den Spruchpunkten 1 und 2 genannten Verwaltungsübertretungen bis

S 50.000,-- und bezüglich der in Spruchpunkt 3 genannten Verwaltungsübertretung bis S 600.000,-- reicht, die verhängten Verwaltungsstrafen sich somit im unteren Bereich der genannten Strafrahmen bewegen und auch die von der Beschwerde vorgebrachten Umstände nicht die Verhängung einer (jeweils) geringeren Strafe verlangen.

9. Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

10. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 3. Mai 2000

Schlagworte

Mängel im Spruch unvollständige Angabe der verletzten Verwaltungsvorschrift

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999030333.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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