Entscheidungsdatum
26.02.2018Norm
BDG 1979 §123Spruch
W146 2185360-1/2E
Im NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Stefan HUBER als Einzelrichter über die Beschwerde des BezInsp XXXX , vertreten durch: Rechtsanwalt Mag. Dr. Martin DERCSALY, gegen den Bescheid der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Justiz, Senat 2, vom XXXX , Zl. XXXX , betreffend Einleitung eines Disziplinarverfahrens zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 123 BDG 1979 iVm § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer steht als Justizwachebeamter der Justizanstalt XXXX in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis.
2. Mit Bescheid vom 24.11.2017 leitete die belangte Behörde gemäß § 123 Abs. 1 BDG 1979 ein Disziplinarverfahren gegen den Beschwerdeführer ein. Der Spruch dieses Einleitungsbeschlusses lautet wie folgt:
"Gegen den genannten Disziplinarbeschuldigten richtet sich der Verdacht, er sei im Zeitraum April 2014 bis zumindest August 2017 als Vorgesetzter seinen Mitarbeitern Insp XXXX , Insp XXXX und RevInsp XXXX nicht mit Achtung begegnet und habe das gute Funktionieren der dienstlichen Zusammenarbeit beeinträchtigt sowie Arbeitsbedingungen geschaffen, die deren menschliche Würde verletzen oder dies bezwecken oder sonst diskriminierend sind, indem er Insp XXXX laufend mit den Bezeichnungen "Tschusch", "blader Jugo", "Mini", "Klimmzugschwuchtel" und "Raskachl" bedachte und Insp XXXX als "Hobbit", "Ozwickta," und "kleiner Brauner" bezeichnete, zur Erteilung von Arbeitsaufträgen an die genannten Mitarbeiter die Wortfolgen "schleichts eich do", "verschwinds", "schleichts eich auf eure Arbeitsplätze", "Abmarsch", "gemma" und "schwing deinen Arsch hierher" verwendete sowie über diese Mitarbeiter in Anwesenheit anderer MitarbeiterInnen äußerte "fünf Trotteln, mit denen ich nichts anzufangen weiß", und hiedurch seine Dienstpflichten gemäß § 43a BDG 1979 gröblich verletzt und solcherart Dienstpflichtverletzungen nach § 91 BDG 1979 begangen."
Begründend wurde ausgeführt, dass am 15.11.2017 bei der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres die gegen den Disziplinarbeschuldigten gerichtete Disziplinaranzeige des Bundesministeriums für Justiz, Generaldirektion, vom 14.11.2017 eingelangt sei. Diese umfasse den Vorwurf des vom Disziplinarbeschuldigten im Zeitraum 2014 bis zumindest August 1017 gegenüber den dienstjüngeren Bediensteten der Justizanstalt XXXX Insp XXXX , Insp XXXX und RevInsp XXXX durch respektlose Verhaltensweisen im Dienst ausgeübten Mobbings (Bossings). Laut dieser Disziplinaranzeige habe die Dienstbehörde von den inkriminierten Verhalten erstmals durch den mit einem Bericht der Leitung der Justizanstalt XXXX am 26.5.2017 vorgelegten Aktenvermerk des Insp XXXX Kenntnis erlangt. Konkretisiert würden die Vorwürfe gegenüber BI XXXX durch das Gespräch des Leiters der Abteilung Personalangelegenheiten im Strafvollzug, MR Mag. XXXX , MA, mit XXXX am 8.6.2017.
Der für die Beschlussfassung auf Einleitung eines Disziplinarverfahrens hinreichend konkrete Verdacht gründe sich auf die im Wesentlichen übereinstimmenden Angaben der Zeugen Insp XXXX , XXXX , BezInsp XXXX , Insp XXXX , RevInsp XXXX , BezInsp XXXX , AbtInsp XXXX und RevInsp XXXX . Diese Auskunftspersonen würden übereinstimmend (zusammengefasst) von der regelmäßigen Verwendung der Bezeichnungen "Tschusch", "blader Jugo", "Mini", "Klimmzugschwuchtel" und "Raskachl" für XXXX und der Bezeichnungen "Hobbit", "Ozwickta" und "kleiner Brauner" für XXXX durch den Disziplinarbeschuldigten berichten. Darüber hinaus hätten die genannten Zeugen den Umgangston des Disziplinarbeschuldigten vor allem gegenüber seinen dienstjüngeren MitarbeiterInnen nicht bloß nach der Tonlage, sondern auch mit Blick auf die Verwendung der Anmerkungen "schleichts eich do", "verschwinds", "schleichts eich auf eure Arbeitsplätze", "Abmarsch", "gemma" und "schwing deinen Arsch hierher" im Zusammenhang mit der Erteilung von Arbeitsaufträgen als respektlos, entwertend und erniedrigend berichtet. In Anbetracht des Grads der Übereinstimmung der Belastungsangaben und deren Detaillierung setze die Annahme wissentlicher Falschbelastungen des Disziplinarbeschuldigten durch die Zeugen nach den Denkgesetzen der Logik deren geradezu verschwörerische Abreden im Vorfeld ihrer Vernehmung voraus. Für die vom Disziplinarbeschuldigten vertretenen Ansicht, wonach die Zeugen von Personalvertretern dazu instrumentalisiert worden seien, mittels der falschen Vorwürfe seine Karriereaussichten zu zerstören, fehle es jedoch an nachvollziehbaren Anhaltspunkten.
Unzweifelhaft habe der Disziplinarbeschuldigte durch seinen über Jahre hinweg fortgesetzten respektlosen und entwertenden Umgang mit seinen (dienstjüngeren) MitarbeiterInnen, insbesondere mit Insp XXXX Insp XXXX und RevInsp XXXX , eine konfliktbelastete Kommunikation am Arbeitsplatz geschaffen, bei der die angegriffenen Personen unterlegen gewesen wären. Dieses Verhalten sei - im Fall des Schuldbeweises - als Verletzung der dem Disziplinarbeschuldigten gemäß § 43a BDG obliegenden Pflichten, als Vorgesetzter seinen MitarbeiterInnen mit Achtung zu begegnen und zu einem guten Funktionieren der dienstlichen Zusammenarbeit beizutragen, im Umgang mit MitarbeiterInnen Verhaltensweisen oder das Schaffen von Arbeitsbedingungen zu unterlassen, die deren menschliche Würde verletzen oder dies bezweckend oder diskriminierend seien (Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten, 214).
Da gemäß § 91 BDG 1979 derjenige Beamte, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletze, im Disziplinarweg zur Verantwortung zu ziehen sei, sei gegen BezInsp XXXX wegen der im Spruch angeführten Handlungen ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Ein Einstellungsgrund gemäß § 118 Abs. 1 Z. 1-4 BDG liege nicht vor.
3. Dagegen erhob der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers fristgerecht eine Beschwerde.
Darin wird ausgeführt, dass ein hinreichender Tatverdacht, der die Einleitung eines Disziplinarverfahrens rechtfertigen könnte, zur unabdingbaren Voraussetzung habe, dass fundamentale rechtsstaatliche Verfahrensvorschriften - wie etwa das Prinzip der Waffengleichheit - eingehalten würden. Die Disziplinaranzeige vom 14.11.2017, auf die sich der bekämpfte Einleitungsbeschluss gründe, zeige jedoch, dass von Waffengleichheit im gegenständlichen Fall keine Rede sein könne. Denn sie lege offen, dass bloß Insp XXXX , nicht aber auch der Disziplinarbeschuldigte vom Anzeigenleger und Leiter der Abteilung Personalangelegenheiten im Strafvollzug, MR Mag. XXXX , MA, persönlich einvernommen bzw. befragt worden sei. Es könne aber im Sinne der gebotenen Waffengleichheit nicht angehen, dass nur eine Konfliktpartei, nicht aber auch die andere Konfliktpartei von jenem Organ, dass über die Erstattung einer Disziplinaranzeige zu entscheiden habe, persönlich einvernommen bzw. befragt werde, während die andere und disziplinär verfolgte Konfliktpartei nicht die Möglichkeit habe, diesem Organ den maßgeblichen Sachverhalt durch persönliches Vorbringen bzw. Beantworten von Fragen darzustellen. Dadurch habe der Beschwerdeführer einen wesentlichen Nachteil im Verfahren erlitten, wodurch Art. 6 Abs. 1 EMRK verletzt worden sei.
Noch bemerkenswerter erscheine, dass zwar in der Disziplinaranzeige vom 14.11.2017, auf welche sich der bekämpfte Einleitungsbeschluss gründe, auf den Bericht der Anstaltsleiterin der Justizanstalt XXXX vom 26.5.2017 Bezug genommen werde, der bekämpfte Einleitungsbeschluss den oben genannten Bericht der Anstaltsleiterin aber gänzlich unbeachtet lasse. Das vollständige Übergehen des oben genannten Berichts habe zur Folge, dass der bekämpfte Einleitungsbeschlusses nicht würdige, dass die Anstaltsleiterin darin unter anderem festhalte, "dass sich offensichtlich aufgrund des Wegfalls sämtlicher Zwischenvorgesetzten im Exekutivbereich zwei Lager in der Justizanstalt XXXX bilden und zwar für und gegen Bezirksinspektor XXXX ", sowie weiter konstatiere: "Da die Diskussionen sich in keiner Weise mehr auf der Sachebene, sondern vorrangig auf der emotional-persönlichen Ebene bewegen, ist eine anstaltsinterne Lösung kaum mehr möglich." Damit beschreibe die Anstaltsleiterin die in der Justizanstalt XXXX vorherrschende Situation zutreffend. Bei gebotener sachgerechter und vollständiger Würdigung auch dieses - wichtigen - Beweismittels hätte die belangte Behörde erkennen müssen, dass sich in der Justizanstalt XXXX tatsächlich zwei Lager, nämlich für und wider den Disziplinarbeschuldigten - gebildet hätten, was wiederum zur Folge habe, dass die belangte Behörde mit großer Sorgfalt zu erwägen gehabt hätte, welchem dieser Lager die einvernommenen Zeugen angehören würden. So habe die belangte Behörde übersehen, dass alle Zeugen, auf welche sich der bekämpfte Einleitungsbeschluss gründe, dem Lager angehören würde, das dem Disziplinarbeschuldigten feindselig gegenüberstehe.
Bei gebotener sorgfältiger Erhebung des wahren Sachverhaltes hätte die belangte Behörde im bekämpften Einleitungsbeschlusses keinesfalls Verwunderung über die im hohen Maße übereinstimmenden Belastungsangaben zeigen dürfen, sondern hätte vielmehr damit rechnen müssen, ausschließlich verabredete Aussagen erhalten zu haben.
Der bekämpfte Einleitungsbeschluss sehe es als eine durch den Disziplinarbeschuldigten begangene Dienstpflichtverletzung § 43a iVm § 91 BDG 1979 an, dass der Disziplinarbeschuldigte Arbeitsaufträge mit den Worten "Abmarsch" und "gemma" verbunden habe. Durch die Verwendung vorgenannter Worte könne der Disziplinarbeschuldigte das Gebot des achtvollen Umgangs gemäß § 43a BDG aber denkunmöglich missachtet haben, weil diese Worte in einem hierarchischen und nach militärischem Muster strukturierten Wachkörper gebräuchlich und zulässig seien.
4. Mit Schriftsatz vom 31.01.2018 (eingelangt beim BVwG am 07.02.2018) legte die belangte Behörde den Verwaltungsakt dem BVwG zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zum Beschuldigten
Der Beschwerdeführer steht als Justizwachebeamter der Justizanstalt XXXX in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis.
1.2. Zum Sachverhalt
Es liegen hinreichende Verdachtsgründe für die Einleitung eines Disziplinarverfahrens vor; der Sachverhalt ist für das Verfahrensstadium ausreichend geklärt.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus den Akten des Verwaltungsverfahrens, die in Punkt I (Verfahrensgang) dargestellt sind. Insoweit der Sachverhalt durch den Beschwerdeführer bestritten wird, ist darauf hinzuweisen, dass einerseits Zeugenaussagen vorliegen, die die Anschuldigungen stützen und andererseits die von der Verteidigung angeführten Argumente nicht ausreichen, um bereits in diesem Stadium des Verfahrens den Verdacht von Dienstpflichtverletzungen auszuräumen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
§ 43a Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 - BDG 1979 lautet:
"§ 43a. Beamtinnen und Beamte haben als Vorgesetzte ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und als Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter ihren Vorgesetzten sowie einander mit Achtung zu begegnen und zu einem guten Funktionieren der dienstlichen Zusammenarbeit beizutragen. Sie haben im Umgang mit ihren Vorgesetzten, Kolleginnen und Kollegen sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Verhaltensweisen oder das Schaffen von Arbeitsbedingungen zu unterlassen, die deren menschliche Würde verletzen oder dies bezwecken oder sonst diskriminierend sind."
§ 91 BDG 1979 lautet:
"§ 91. Der Beamte, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, ist nach diesem Abschnitt zur Verantwortung zu ziehen."
§ 118 BDG 1979 lautet:
"§ 118. (1) Das Disziplinarverfahren ist mit Bescheid einzustellen, wenn
1. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Dienstpflichtverletzung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit ausschließen,
2. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Dienstpflichtverletzung darstellt,
3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen, oder
4. die Schuld des Beschuldigten gering ist, die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat und überdies eine Bestrafung nicht geboten ist, um den Beschuldigten von der Verletzung der Dienstpflichten abzuhalten oder der Verletzung von Dienstpflichten durch andere Beamte entgegenzuwirken.
(2) Das Disziplinarverfahren gilt als eingestellt, wenn das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis des Beschuldigten endet.
(3) Die Dienstbehörde ist von der Einstellung des Disziplinarverfahrens unverzüglich zu verständigen."
§ 123 BDG 1979 lautet:
"§ 123. (1) Der Senatsvorsitzende hat nach Einlangen der Disziplinaranzeige den Disziplinarsenat zur Entscheidung darüber einzuberufen, ob ein Disziplinarverfahren durchzuführen ist. Notwendige Ermittlungen sind von der Dienstbehörde im Auftrag des Senatsvorsitzenden durchzuführen.
(2) Hat die Disziplinarkommission die Durchführung eines Disziplinarverfahrens beschlossen, so ist dieser Einleitungsbeschluss der oder dem Beschuldigten, der Disziplinaranwältin oder dem Disziplinaranwalt und der Dienstbehörde zuzustellen. Im Einleitungsbeschluss sind die Anschuldigungspunkte bestimmt anzuführen und die Zusammensetzung des Senates einschließlich der Ersatzmitglieder bekanntzugeben.
(3) Sind in anderen Rechtsvorschriften an die Einleitung des Disziplinarverfahrens Rechtsfolgen geknüpft, so treten diese nur im Falle des Beschlusses der Disziplinarkommission, ein Disziplinarverfahren durchzuführen, und im Falle der (vorläufigen) Suspendierung ein."
Zur Auslegung:
Wie der Verwaltungsgerichtshof zur Rechtslage des BDG 1979 und des LDG 1984 in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat (Hinweis E 9.9.1997, 95/09/0243, sowie E 16.9.1998, 96/09/0320), ist die dem Einleitungsbeschluss in einem Disziplinarverfahren zukommende rechtliche Bedeutung in erster Linie darin gelegen, dem wegen einer Dienstpflichtverletzung beschuldigten Beamten gegenüber klarzustellen, hinsichtlich welcher Dienstpflichtverletzung ein Disziplinarverfahren innerhalb der Verjährungsfrist eingeleitet wurde. Der Bescheid, durch den das Disziplinarverfahren eingeleitet wird, und der für dessen weiteren Gang eine Prozessvoraussetzung bildet, dient zugleich dem Schutz des Beschuldigten, der ihm entnehmen kann, nach welcher Richtung er sich vergangen und inwiefern er pflichtwidrig gehandelt haben soll. Der Einleitungsbeschluss begrenzt regelmäßig den Umfang des vor der Disziplinarkommission stattfindenden Verfahrens: Es darf keine Disziplinarstrafe wegen eines Verhaltens ausgesprochen werden, das nicht Gegenstand des durch den Einleitungsbeschluss in seinem Umfang bestimmten Disziplinarverfahrens ist. Um dieser Umgrenzungsfunktion gerecht zu werden, muss das dem Disziplinarbeschuldigten als Dienstpflichtverletzung vorgeworfene Verhalten im Einleitungsbeschluss derart beschrieben werden, dass unverwechselbar feststeht, welcher konkrete Vorgang den Gegenstand des Disziplinarverfahrens bildet. Die angelastete Tat muss daher nach Ort, Zeit und Tatumständen so gekennzeichnet werden, dass keine Unklarheit darüber möglich ist, welches dem Disziplinarbeschuldigten zur Last gelegte Verhalten auf der Grundlage des Einleitungsbeschlusses als Prozessgegenstand im anschließenden Disziplinarverfahren behandelt werden darf. Solcherart muss sich daher der Tatvorwurf von anderen gleichartigen Handlungen oder Unterlassungen, die dem Disziplinarbeschuldigten angelastet werden können, genügend unterscheiden lassen (VwGH 18.12.2012, Zl. 2011/09/0124).
In seiner Entscheidung vom 17.02.2015, Zl. 2014/09/0007, hat der VwGH zum Einleitungsbeschluss weiter Folgendes ausgeführt: Für die Einleitung des Disziplinarverfahrens reicht es aus, wenn im Umfang der Disziplinaranzeige und auf deren Grundlage genügende Verdachtsgründe gegen den Beamten vorliegen, welche die Annahme einer konkreten Dienstpflichtverletzung rechtfertigen. Es muss die Disziplinarbehörde bei Fällung eines Einleitungsbeschlusses noch nicht völlige Klarheit darüber haben, ob der Beamte eine Dienstpflichtverletzung begangen hat; dies ist erst in dem der Einleitung des Verfahrens nachfolgenden Ermittlungsverfahren aufzuklären. In dieser Phase des Verfahrens ist aber jedenfalls zu klären, ob die Voraussetzungen für die Einleitung gegeben sind oder ob keine genügenden Verdachtsgründe vorliegen und hingegen allenfalls offenkundige Gründe für eine Einstellung des Disziplinarverfahrens gegeben sind (§ 118 Abs. 1 BDG 1979). Stellt sich nämlich nach Erlassung eines Einleitungsbeschlusses nach § 123 Abs. 2 BDG 1979 idF der Dienstrechts-Novelle 2011 heraus, dass die Voraussetzungen für die Einstellung des Disziplinarverfahren nach § 118 Abs. 1 BDG 1979 vorliegen, so darf das Disziplinarverfahren nicht mehr gemäß § 118 Abs. 1 BDG 1979 eingestellt werden, in einem solchen Fall ist der Beschuldigte hingegen von den gegen ihn erhobenen Vorwürfen freizusprechen (vor der Dienstrechts-Novelle 2011 trat diese Wirkung erst nach dem Verhandlungsbeschluss ein:
vgl. E 18. Februar 1998, 95/09/0112; E 18. Dezember 2012, 2010/09/0180, dessen Funktion nunmehr vom Einleitungsbeschluss übernommen wird).
Die Begründung des Einleitungsbeschlusses ist auf die Zusammenfassung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens und die Darlegung der für die getroffene Entscheidung im jeweiligen Gegenstand maßgeblichen Gründe beschränkt; beim Einleitungsbeschluss geht es um die Frage, ob in Bezug auf einen konkret umschriebenen Sachverhalt ein hinreichender Verdacht für das Vorliegen einer schuldhaften Dienstpflichtverletzung gegeben ist, oder ob allenfalls (offenkundige) Gründe für die sofortige Verfügung der Einstellung des Disziplinarverfahrens vorliegen (VwGH 01.07.1998, Zl. 97/09/0095 mit Hinweis auf E 25.6.1992, 91/09/0190).
Nur offenkundige Gründe für eine sofortige Verfügung der Einstellung des Disziplinarverfahrens gem. § 118 Abs. 1 BDG 1979 stehen der Einleitung des Disziplinarverfahrens entgegen (VwGH 25.06.1992, Zl. 92/09/0056).
Beurteilung des konkreten Sachverhalts:
Die Beschwerde richtet sich gegen den Beschluss der Disziplinarkommission zu den im Spruch angeführten Vorwürfen ein Disziplinarverfahren gegen den Beschwerdeführer einzuleiten.
Die Disziplinarkommission hat nicht - positiv - zu prüfen, ob eine schuldhafte Dienstpflichtverletzung begangen wurde, sondern - negativ - zu erheben, ob nicht ein Grund für die Einstellung des Verfahrens vorliegt, der eine Bestrafung ausschließt. Es handelt sich dabei um eine Entscheidung im Verdachtsbereich (Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten, 4. Auflage, 567).
Gemäß der zitierten ständigen Rechtsprechung des VwGH sind in dieser Phase des Disziplinarverfahrens nur offenkundige Einstellungsgründe gemäß § 118 BDG zu beachten.
Die belangte Behörde hat nachvollziehbar und für eine Überprüfung ausreichend begründet die im Verdachtsbereich zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen dargestellt.
Zum Beschwerdevorbringen, im gegenständlichen Fall sei die ‚Waffengleichheit' nicht gegeben, da bloß Insp XXXX , nicht aber auch der Disziplinarbeschuldigte vom Anzeigenleger persönlich einvernommen worden sei, ist auszuführen:
Insp XXXX wurde in gegenständlicher Angelegenheit zweimal, der Beschwerdeführer dreimal einvernommen:
Insp XXXX am 8.6.2017 vom Leiter der Abteilung Personalangelegenheiten im Strafvollzug, MR Mag. XXXX , MA, und am 14.6.2017 von der Generaldirektion für den Strafvollzug im Bundesministerium für Justiz.
Der Beschwerdeführer am 21.10.2016 und am 25.4.2017 von der Anstaltsleitung und am 10.8.2017 von der Generaldirektion für den Strafvollzug im Bundesministerium für Justiz; weiters gab er eine Sachverhaltsdarstellung und ein Gedächtnisprotokoll zum Akt.
Das Beschwerdevorbringen einer Verletzung der ‚Waffengleichheit' im gegenständlichen Verfahren ist daher nicht nachvollziehbar, wurden doch beide Personen einvernommen und hatte der Beschwerdeführer reichlich Gelegenheit auf die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zu entgegnen und seine Sicht des Sachverhalts darzulegen.
Darüber hinaus lässt das Beschwerdevorbringen die Ausführungen vermissen, zu welchem anderen Ergebnis die belangte Behörde bei einer Einvernahme des Beschwerdeführers durch den Leiter der Abteilung Personalangelegenheiten im Strafvollzug gekommen wäre.
Die Beschwerde moniert weiters, dass der Bericht der Anstaltsleiterin der Justizanstalt XXXX vom 26.5.2017 im Einleitungsbeschluss gänzlich unbeachtet geblieben wäre.
Hiezu ist zunächst auszuführen, dass zum Zeitpunkt der Verfassung dieses Berichts der Beschwerdeführer bereits einvernommen worden war, Insp XXXX aber noch nicht. Auch dies zeigt die Wahrung der Parteirechte des Beschwerdeführers.
Weiters zeigt der Bericht, dass es mehrere Gespräche sowohl mit dem Beschwerdeführer als auch mit Insp XXXX , als auch eine Teildienststellenversammlung zum Thema "Situation im Wachzimmer" gegeben habe.
Darüber hinaus zeigt der Bericht, dass gegen den Beschwerdeführer auch ein anderer Vorwurf erhoben wurde, welchem jedoch aufgrund fehlender Zeugenaussagen nicht weiter nachgegangen wurde.
Die Beschwerde führt aus, dass der Bericht der Anstaltsleiterin davon spreche, dass es in der Justizanstalt XXXX zwei Lager, nämlich "für und gegen Bezirksinspektor XXXX ", gebe. Dazu bleibt auszuführen, dass eine Lagerbildung den Beschwerdeführer betreffend ein weiteres Indiz dafür darstellt, dass mit dem Verhalten des Beschwerdeführers Teile der Belegschaft der Justizanstalt nicht einverstanden sind; denn sonst wäre es wohl kaum zu einer Lagerbildung gekommen. Die Hypothese des Beschwerdeführers, es handle sich um eine Intrige, unter anderem auch der Personalvertretung, um seine Karrierechancen zu vermindern, erscheint im Hinblick auf die Zeugenaussagen als wenig stichhaltig. Ebenso die Vermutung, die Zeugen hätten sich zu diesem Zweck abgesprochen.
Wie die Anstaltsleiterin in ihrem Bericht selbst ausführt, versehe der Beschwerdeführer seine Arbeit einwandfrei, über seine Umgangsformen gebe es aber immer wieder Beschwerden.
Zusammenfassend kann somit festgehalten werden, dass auch der Bericht der Anstaltsleiterin nicht dazu angetan ist, die Verdachtsmomente gegen den Beschwerdeführer auszuräumen.
Zu den Beschwerdeausführungen, wonach der Beschwerdeführer Arbeitsaufträge mit den Worten "Abmarsch" und "gemma" verbunden habe und diese Worte in einem hierarchisch und nach militärischem Muster strukturierten Wachkörper gebräuchlich und zulässig seien, bleibt noch festzuhalten, dass dies möglicherweise diese beiden Begriffe umfasst, aber wohl kaum die anderen ihm zur Last gelegten Begriffe wie "schleichts eich do", verschwinds", "schleichts eich auf eure Arbeitsplätze" und "schwing deinen Arsch hierher".
Zusammengefasst haben sich keine konkreten Anhaltspunkte für das offenkundige Vorliegen von Einstellungsgründen gemäß § 118 Abs. 1 BDG 1979 ergeben. Der von der belangten Behörde verfügte Einleitungsbeschluss betreffend Vorliegen von Dienstpflichtverletzungen im Verdachtsbereich ist daher zu Recht erfolgt.
Ob der Beamte tatsächlich eine Dienstpflichtverletzung begangen hat, ist erst in dem der Einleitung des Verfahrens nachfolgenden Ermittlungsverfahren aufzuklären.
Zur Nichtdurchführung einer mündlichen Verhandlung:
Der Verwaltungsgerichtshof hat zum Disziplinarrecht ausgeführt, dass das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG auf Antrag eine mündliche Verhandlung durchzuführen hat, welche der Erörterung der Sach- und Rechtslage sowie der Erhebung der Beweise dient. Als Ausnahme von dieser Regel kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Antrages gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG von der Durchführung einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Die Akten lassen dann im Sinne des § 24 Abs. 4 VwGVG erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, wenn von vornherein absehbar ist, dass die mündliche Erörterung nichts zur Ermittlung der materiellen Wahrheit beitragen kann, wenn also die in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dargestellten Voraussetzungen hinsichtlich der Klärung des Sachverhaltes gegeben sind und auch keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, deren Erörterung in einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erforderlich wäre (siehe hiezu VwGH 28.05.2014, Ra 2014/20/0017). Besteht die Rechtssache in der Beurteilung, ob ein ausreichend konkreter Verdacht im Hinblick auf die Begehung bestimmter Dienstpflichtverletzungen in sachverhaltsmäßiger und tatbestandmäßiger Hinsicht gegeben ist und in der Formulierung dieses Verdachtes in Form eines konkreten Vorwurfes, so ist eine abschließende Beurteilung der Schuld und Strafe im Hinblick auf die vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen nicht vorzunehmen. Vor diesem Hintergrund und im Hinblick auf den Verfahrensgegenstand von Einleitungsbeschlüssen nach § 123 BDG, für welche noch keine abschließende Klarheit hinsichtlich Schuld und Strafe, sondern nur ein sachverhaltsmäßig und rechtlich ausreichend konkreter Verdacht bestehen muss, kann die Unterlassung der Durchführung der beantragten Verhandlungen in den Verfahren nicht als rechtswidrig erkannt werden (VwGH 13.12.2016, Ra 2016/09/0102).
Es war daher die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in gegenständlicher Angelegenheit nicht angezeigt.
Zu B)
Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die dargestellte Rechtsprechung wird verwiesen.
Schlagworte
achtungsvoller Umgang, Dienstpflichtverletzung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W146.2185360.1.00Zuletzt aktualisiert am
07.03.2018