TE Vfgh Erkenntnis 1997/12/10 B1487/96

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Veröffentlicht am 10.12.1997
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Index

L5 Kulturrecht
L5500 Baumschutz, Landschaftsschutz, Naturschutz

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

Leitsatz

Quasi-Anlaßfallwirkung der Feststellung der Verfassungswidrigkeit des Tir NaturschutzG 1991 mit E v 05.12.97, G21/97 ua.

Spruch

Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Das Land Tirol ist schuldig, der Beschwerdeführerin zu Handen ihrer Rechtsvertreter die mit ATS 18.000,-- bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I.1. Mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 13. März 1996, Zl. U-12.867/8, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin gemäß §73 Abs2 AVG, die Tiroler Landesregierung als Naturschutzbehörde II. Instanz möge über den Antrag des J.M. auf Erteilung einer naturschutzrechtlichen Bewilligung für den Abbau von mineralischen Rohstoffen auf mehreren Grundstücken des Grundbuches Kirchdorf entscheiden, mangels Rechtsanspruch zurückgewiesen. Begründend wird i.w. ausgeführt, die Beschwerdeführerin als Standortgemeinde habe gemäß §41 Abs4 Tiroler Naturschutzgesetz 1991, LGBl. 29, Parteistellung im Sinne des §8 AVG lediglich zur Wahrnehmung ihrer Interessen in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches; sie habe jedoch keinen Rechtsanspruch darauf, daß über den Antrag des Einschreiters auf Erteilung der beantragten naturschutzrechtlichen Bewilligung entschieden werde.

2. In der auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin u.a. die Verletzung in Rechten durch Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes, nämlich des §41 Abs4 des Tiroler Naturschutzgesetzes 1991 geltend.

3. Die belangte Behörde beantragte in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.

4. Mit Erkenntnis vom 5. Dezember 1997, G21/97 ua., sprach der Verfassungsgerichtshof aus, daß das Tiroler Naturschutzgesetz 1991, LGBl. 29, verfassungswidrig war.

II.1. Gemäß Art140 Abs7 B-VG wirkt die Aufhebung eines Gesetzes auf den Anlaßfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlaßfalles so vorzugehen, als ob die als verfassungswidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrundegelegten Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte.

Dem in Art140 Abs7 B-VG genannten Anlaßfall (im engeren Sinn), anläßlich dessen das Gesetzesprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind all jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Gesetzesprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (VfSlg.10616/1985, 11711/1988).

Die nichtöffentliche Beratung im Gesetzesprüfungsverfahren fand am 5. Dezember 1997 statt. Die vorliegende Beschwerde ist beim Verfassungsgerichtshof am 6. Mai 1996 eingelangt, war also zum Zeitpunkt des Beginnes der nichtöffentlichen Beratung schon anhängig; der ihr zugrundeliegende Fall ist somit einem Anlaßfall gleichzuhalten.

Die belangte Behörde wendete bei Erlassung des angefochtenen Bescheides die als verfassungswidrig befundene Gesetzesbestimmung an. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß diese Gesetzesanwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin nachteilig war. Die Beschwerdeführerin wurde somit wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt.

Der Bescheid ist daher aufzuheben.

2. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG abgesehen.

3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von ATS 3.000,-- enthalten.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1997:B1487.1996

Dokumentnummer

JFT_10028790_96B01487_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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