Entscheidungsdatum
27.02.2018Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W153 2186047-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christoph KOROSEC als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX alias XXXX , StA. Guinea, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.01.2018, Zl. 1146167009-170342529, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Guinea, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 19.03.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Bei der niederschriftlichen Erstbefragung vom 19.03.2017 gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen an, dass er nach dem Tod seiner Eltern zum Christentum habe konvertieren müssen, da er von seinem Onkel, einem Christ, bei sich aufgenommen worden sei. Die restlichen Familienmitglieder hätten den Beschwerdeführer danach als Ungläubigen behandelt. Aus Guinea sei er letztlich geflohen, weil er mit dem Auto seiner verstorbenen Mutter einen Mann überfahren habe, der an seinen Verletzungen gestorben sei. Da dessen Eltern den Beschwerdeführer aus Rache hätten töten wollen, sei er mit Hilfe des Pastors seiner Kirchengemeinde aus seiner Heimat geflohen und über Mali, Algerien, Libyen, Italien, die Schweiz und Deutschland nach Österreich gekommen. Zu seinem Gesundheitszustand gab er an, an XXXX zu leiden.
Am 26.04.2017 leitete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) aufgrund des vom Beschwerdeführer geschilderten Reiseweges und der vorliegenden Eurodac-Treffer Konsultationsverfahren mit Italien und mit der Schweiz ein, wobei beide Länder eine Zuständigkeit zur Führung des Verfahrens des Beschwerdeführers zunächst negierten.
Nachdem der Beschwerdeführer in der Erstbefragung angab, im Juni 2000 geboren worden und demnach minderjährig zu sein, wobei für das BFA Zweifel an der behaupteten Minderjährigkeit bestanden (siehe den entsprechenden Aktenvermerk vom 27.03.2017), wurde in weiterer Folge ein Röntgen der linken Hand zur Bestimmung des Knochenalters mit dem Ergebnis "Schmeling 4, GP 31" sowie eine Altersfeststellung veranlasst, die eine Minderjährigkeit des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der Asylantragstellung ergab.
In weiterer Folge wurde mit Verfahrensanordnung des BFA vom 09.08.2017 das Geburtsdatum des Beschwerdeführers mit XXXX festgesetzt, und das Asylverfahren gem. § 28 AsylG zugelassen.
Am 07.08.2017 wurde der Beschwerdeführer einer niederschriftlichen Einvernahme durch das BFA unterzogen und gab hierbei zusammengefasst an, dass er in Österreich in medizinischer Behandlung stehe und hier einen Verwandten habe, mit dem er telefoniere bzw. den er manchmal besuche. Hinsichtlich seiner Fluchtgründe berichtigte der Beschwerdeführer, nach dem Tod seines Vaters nicht bei seinem Onkel, sondern bei einem Freund seines Vaters, der Pastor sei, gelebt zu haben. Bei jenem in der Erstbefragung geschilderten Unfall habe es sich auch nicht um das Auto seiner Mutter, sondern um jenes des besagten Pastors gehandelt.
Am 08.08.2017 langten ärztliche Schreiben den Beschwerdeführer betreffend beim BFA ein. Es handelt sich hierbei um Laborauswertungen sowie einen ärztlichen Befundbericht vom 10.04.2017, wonach beim Beschwerdeführer folgende Diagnose gestellt wurde: " XXXX ".
Mit Beschluss eines Landesgerichtes vom 17.08.2017 wurde über den Beschwerdeführer die Untersuchungshaft verhängt. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 04.09.2017 wurde der Beschwerdeführer wegen XXXX zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 7 Monaten (davon 1 Monat unbedingt und 6 Monate bedingt nachgesehen für eine Probezeit von 3 Jahren) verurteilt.
Am 20.09.2017 wurde der Beschwerdeführer erneut vor dem BFA einvernommen. Hierbei gab er an, sich körperlich und geistig in der Lage, die Einvernahme durchzuführen und führte sodann im Wesentlichen Folgendes (unkorrigiert und gekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht) aus:
...
"LA: Wo genau haben Sie sich seit Ihrer Asylantragstellung aufgehalten?
VP: In XXXX und dann im Gefängnis. Nachgefragt gebe ich an, dass ich vor meiner Festnahme und nach meiner Entlassung bei meinem Cousin gewohnt habe.
LA: Wie heißt dieser Cousin und wo wohnt dieser Cousin?
VP: XXXX , er wohnt am Handelskai, ich kenne die genaue Adresse nicht.
LA: Verfügen Sie derzeit über eine amtliche Wohnsitzadresse?
VP: Nein.
LA: Warum nicht?
VP: Sie haben mir gesagt, dass ich in Traiskirchen nicht mehr schlafen kann, da ich einen Fehler gemacht habe. Nachgefragt gebe ich an, dass mein Cousin nicht akzeptieren würde, dass ich mich bei ihm anmelde, er lebt dort mit seiner Frau und es gibt dort nicht viel Platz.
...
LA: Wie geht es Ihnen gesundheitlich? Haben Sie gröbere gesundheitliche Probleme? Sind Sie in ärztlicher Behandlung? Nehmen Sie irgendwelche Medikamente?
VP: Ich habe XXXX der Arzt hat mir gesagt, dass ich in zwei Wochen wieder kommen soll, weil es einen Befund gibt und ich dann erst Medikamente bekomme.
LA: Seit wann bestehen Ihre gesundheitlichen Probleme?
VP: Ich habe die Krankheit in Italien entdeckt.
LA: Haben Sie außer XXXX noch weitere gesundheitlichen Probleme?
VP: Nein.
...
LA: Besitzen Sie irgendwelche Dokumente, die Ihre Identität bestätigen könnten?
VP: Nein.
LA: Haben Sie sonstige Beweismittel die Sie in Vorlage bringen möchten?
VP: Nein.
LA: Welcher Volksgruppe gehören Sie an?
VP: Fulla.
LA: Welcher Religion gehören Sie an?
VP: Islam. Ich bin Christ, es ist die Religion, die mich veranlasst hat das Land zu verlassen.
LA: Wo sind Sie geboren, wo sind Sie aufgewachsen, wo haben Sie bis zu Ihrer Ausreise gelebt?
VP: Ich bin in XXXX geboren und aufgewachsen und habe dort bis zu meiner Ausreise gelebt.
LA: Von wann bis wann und wo haben Sie die Schule besucht?
VP: Ich habe 10 Jahre die Schule in XXXX besucht.
LA: Sind Sie verheiratet, haben Sie Kinder?
VP: Ich bin ledig und habe keine Kinder.
LA: Wer von Ihren Familienangehörigen befand sich zum Zeitpunkt Ihrer Ausreise in Guinea?
VP: Meine Eltern sind verstorben, ich habe keine Geschwister, meine Großeltern sind ebenfalls verstorben. Ich hatte dort nur einen Onkel, der lebte zum Zeitpunkt meiner Ausreise in XXXX , wo er derzeit lebt weiß ich nicht.
LA: Wann und woran sind Ihre Eltern verstorben?
VP: Meine Mutter ist bei meiner Geburt verstorben, ich habe sie nicht kennen gelernt. Mein Vater ist bei einem Streik 2009 verstorben, er war Mitglied der politischen Partei UFDG, er wurde vom Militär getötet.
LA: Wie haben Sie in Ihrem Herkunftsland vor Ihrer Ausreise den Lebensunterhalt bestritten?
VP: Nach dem Tod meines Vaters habe ich bei meinem Onkel gelebt. Dann bin ich dort weg und habe bei einem Freund meines Vaters gelebt. Nachgefragt gebe ich an, dass ich seit 2010 beim Freund meines Vaters lebte.
LA: Wann haben Sie beschlossen Ihr Herkunftsland zu verlassen?
VP: 2016.
LA: Wann genau haben Sie Guinea verlassen?
VP: Ich erinnere mich nicht ans Datum, aber es war 2016.
LA: Wo waren Sie die letzte Nacht vor Ihrer Ausreise?
VP: Ich habe drei Nächte vor der Ausreise bei einem Freund des Freundes meines Vaters verbracht.
LA: Was haben Sie für Ihre Ausreise bezahlt?
VP: Das weiß ich nicht, er hat für mich bezahlt. Nachgefragt gebe ich an, dass der Freund meines Vaters die Ausreise bezahlte, es war dieser Pastor.
LA: Schildern Sie bitte alle Gründe, warum Sie Ihr Herkunftsland verlassen haben.
VP: Ich habe bei diesem Pastor gelebt. Da ich früher Moslem gewesen war und jetzt Christ bin, hat mich die ganze Familie gehasst. 2016 hat er mir sein Auto geborgt und ich wusste nicht wie schnell das war. Dann war da ein Mädchen, eine Tochter von einem Militär, ich habe mit ihr einen Unfall verursacht. Wir waren Nachbarn, danach kam ihr Vater. Er und seine Familie zündeten das Haus des Pastors an. Das Mädchen starb später im Spital. Der Vater des Mädchens sagte zum Pastor, er würde mich töten wenn er mich findet. Der Pastor hat mich dann zu dem Freund geschickt, bei dem ich drei Tage genächtigt habe. Der Pastor hat alles bezahlt und ich konnte drei Tage später nach Mali fahren. Er hat mir die Ausreise nach Europa finanziert, damit ich Asyl beantragen kann.
LA: Sie haben zu Beginn der Einvernahme angegeben, Sie hätten außer Ihrem Onkel keine Familienangehörigen in Guinea. Vorher gaben Sie an, dass Sie nach der Konvertierung die ganze Familie gehasst habe. Welche Familie meinen Sie damit?
VP: Damit meine ich meinen Onkel und dessen Familie.
LA: Wann und wo genau ist der Verkehrsunfall mit dem Mädchen passiert?
VP: Ich habe den Tag vergessen, aber ich glaube es war der Tag des Finales der Champions League 2016. Nachgefragt gebe ich an, dass ich mich nicht mehr an das Monat erinnern kann. Der Unfall passierte in der Nähe des Hauses des Pastors.
LA: Schildern Sie bitte den genauen Unfallhergang.
VP: Ich bin aufs Gas gestiegen und das Auto ist einfach abgezischt.
Anmerkung: Die Frage wird wiederholt.
LA: Schildern Sie bitte so ausführlich wie möglich den genauen Unfallhergang.
VP. Ich hatte das Auto und habe geschalten und bin aufs Gas gestiegen und so ist das passiert.
LA: Hatten Sie eine Lenkerberechtigung?
VP: Nein.
LA: Was war das für ein Auto, mit dem der Unfall passierte?
VP: Ein Nissan.
LA: Was genau passierte mit dem Mädchen während des Unfalls?
VP: Sie ist dort gefallen, dann sind alle hergelaufen und der Pastor hat ein Taxi gerufen, um sie ins Spital zu bringen.
LA: Was genau haben Sie nach dem Unfall gemacht.
VP: Ich habe das Bewusstsein verloren, später hat mich der Pastor zu seinem Freund geschickt, weil sie mich gesucht haben.
LA: Wer hat Sie wann genau gesucht?
VP: Das Militär, der Vater des Mädchens.
LA: Kannten Sie das Mädchen und die Familie des Mädchens?
VP: ja, das waren Nachbarn.
LA: Wie heißt das Mädchen und der Vater?
VP: Das Mädchen hieß XXXX , der Vater heißt XXXX .
LA: Welche Funktion hatte der Vater des Mädchens beim Militär?
VP: Seine Funktion ist Militär. Er war ein Gendarm, er war Leutnant. Es gibt beim Militär zwei Arten, es gibt die Gendarmerie und die roten Barette.
LA: Haben Sie vor diesem Unfall öfter das Auto des Pastors gelenkt?
VP: Ein paar Mal hat er mir das Auto bereits gegeben und ich habe Fahren geübt als er weg war.
LA: Als Sie das Unfallauto lenkte, wusste der Pastor, dass Sie mit seinem Auto unterwegs waren?
VP: Nein, das hat er nicht gewusst.
LA: Warum ist der Unfall passiert?
VP: Ich konnte die Geschwindigkeit nicht mehr kontrollieren.
LA: Wer wohnte im Haus des Pastors?
VP: Der Pastor, sein kleiner Bruder und dessen erwachsener Sohn und ich.
LA: Wer genau befand sich im Haus des Pastors, als der Vater des Mädchens das Haus des Pastors in Brand setzte?
VP: Der jüngere Bruder und dessen Sohn, der Pastor war gerade unterwegs, um das Unfallopfer ins Spital zu bringen.
LA: Wo genau waren Sie zu diesem Zeitpunkt?
VP: Ich bin weggelaufen, ich bin aus dem Haus gelaufen, weil der Pastor mich angerufen und gesagt hat, ich solle weglaufen.
LA: Wo genau verstarb das Mädchen?
VP: Im Spital.
LA: Warum steckte der Vater des Mädchens das Haus des Pastors bereits zu einem Zeitpunkt in Brand, als der Pastor noch mit dem Mädchen unterwegs ins Spital war?
VP: Er hat es erst gemacht, als sie verstorben war.
LA: Warum wissen Sie das so genau?
VP: Weil ich drei Tage im Haus des Freundes war und mir der alles erklärt hat.
LA: Wann und von wo aus hat Sie der Pastor angerufen und gewarnt?
VP: Gegen 11:00 Uhr am Vormittag, als der Pastor mit dem Mädchen im Spital war konnte er die Bewegungen der Familie verfolgen.
LA: Was genau haben Sie nach dem Unfall bis zum Telefonat mit dem Pastor gemacht?
VP: Ich bin weggegangen aus dem Haus. Nachgefragt gebe ich an, dass ich weggegangen bin aus dem Haus.
Anmerkung: Die Frage wird erneut wiederholt.
LA: Was genau haben Sie nach dem Unfall bis zum Telefonat mit dem Pastor gemacht?
VP: Nach dem Unfall hatte ich Angst und bin weggelaufen.
LA: Wohin sind Sie direkt nach dem Unfall gelaufen?
VP: Irgendwo dorthin.
LA: Demnach sind Sie nach dem Unfall nicht mehr ins Haus des Pastors zurückgekehrt?
VP: Nein, ich bin nach dem Unfall nicht mehr ins Haus des Pastors zurückgekehrt.
LA: Wo genau hat Sie der Pastor nach dem Unfall dann telefonisch erreichen können?
VP: Ich war bei den Nachbarn da, bei einem Freund in der Nähe des Hauses.
LA: Warum wusste der Pastor, dass er sie dort erreichen würde?
VP: Er wusste nicht, dass ich dort bin. Nachgefragt gebe ich an, dass er mich auf dem Handy erreichen konnte.
LA: Warum haben Sie vorher angegeben, Sie wären nach dem Unfall ins Haus des Pastors gegangen, wo Sie der Pastor angerufen hätte?
VP: Das habe ich nicht gesagt, ich sagte ich wäre nach dem Unfall aus dem Haus gelaufen.
LA: Welches Haus haben Sie gemeint?
VP: Ich habe den Unfall nicht auf der Straße, sondern im Haus des Pastors verursacht, damit meine ich im Hof des Hauses des Pastors.
LA: Gab es durch den Brand des Hauses Verletzte?
VP: Die Tochter des Bruders des Pastors wurde verletzt.
Anmerkung: Auf Nachfrage des Dolmetschers gibt die VP gesteigert an:
VP: Ich meine den Sohn des Bruders des Pastors. Nachgefragt gebe ich an, dass der Sohn des Bruders des Pastors ein weiblicher Sohn ist, ich meine es ist eine Tochter.
LA: Was genau waren die Folgen des Brandes?
VP: Ich habe es nicht gesehen, aber mir wurde gesagt, dass das Haus zerstört wurde.
LA: Wann hatten Sie zuletzt Kontakt zum Pastor?
VP: Als ich in Traiskirchen war.
LA: Wo wohnt der Pastor jetzt mit seinem Bruder und dessen Sohn?
VP: In XXXX . Nachgefragt gebe ich an, dass ich nicht weiß, wo genau er jetzt wohnt, vielleicht bei seinen Verwandten.
LA: Hatten Sie außer den geschilderten Problemen weitere Probleme in Ihrem Herkunftsstaat?
VP: Nein.
LA: Hatten Sie jemals Probleme mit den Behörden Ihres Herkunftslandes?
VP: Nein.
LA: Waren Sie in Ihrem Herkunftsland jemals politisch aktiv?
VP: Nein.
LA: Hatten Sie in Ihrem Herkunftsland jemals Probleme aufgrund Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit?
VP: Nein.
LA: Hatten Sie in Ihrem Herkunftsland jemals Probleme aufgrund Ihrer Religion?
VP: Mein Onkel hat gesagt, nachdem ich meine Religion gewechselt habe, darf ich mit niemandem mehr sprechen und dass ich nicht mehr zur Familie gehöre.
LA: Wann genau sind Sie zum christlichen Glauben konvertiert?
VP: Als ich beim Pastor war. Nachgefragt gebe ich an, dass es im Jahr 2011 war. An das genaue Datum erinnere ich mich nicht.
LA: Wann genau sind Sie zum Pastor gezogen?
VP: Im Jahr 2010.
LA: Warum sind Sie damals zum Pastor gezogen?
VP: Weil ich bei meinem Onkel gelebt habe und er mich nicht geliebt hat. Er hat das Schulgeld für seine Kinder bezahlt und für mich nicht. Ich habe auch nicht besonders viel zu essen bekommen, weil mich seine Frau nicht gewollt hat. Dann hat der Pastor gesagt, ich soll zu ihm kommen.
LA: Was waren die Beweggründe für Ihre Konvertierung zum christlichen Glauben?
VP: Ich habe mit den Moslems gelebt und bin draufgekommen, dass das nicht die Art ist wie ich leben will. Ich habe gesehen wie die Christen leben und so wollte ich auch leben, weil ich ein gutes Herz habe.
LA: Sind Sie getauft worden?
VP: Ja.
LA: Wann und wo fand die Taufe statt?
VP: In der Kirche namens Tempel Jehovas im Bezirk Cimenterie im Jahr 2011, an das genaue Datum erinnere ich mich nicht. Nachgefragt gebe ich an, dass ich kein Zeuge Jehovas bin, sondern Christ. Jehova ist neben Kissi Kaba Keita und Zegbela Togba einer der Kirchengründer in Guinea.
LA: Schildern Sie bitte den Ablauf Ihrer Taufe.
VP: Ich bin dort hingekommen, man hat gebetet, der Pastor hat mich zu einer Christusstatue gebracht. Dann musste ich ein besonderes Gewand anziehen, dann habe ich ein Gebet gesprochen.
LA. Wer war Ihr Taufpate?
VP: Die Nachbarn da. Es ist nicht so, dass man sich das vorher überlegt. Sondern an dem Tag, an dem du hingehst, suchen die dir jemanden, der das macht.
LA: Schildern Sie bitte den wichtigsten Vorgang der Zeremonie Ihrer Taufe?
VP. Das ist das was ich beschreiben habe.
LA: Welche Kirche haben Sie in Guinea besucht?
VP: Den Tempel Jehovas.
LA: Was wissen Sie über Ihren neuen Glauben?
VP: ich habe nicht viel gelernt, aber ich weiß, dass Jesus Christus mein Gott ist, ich glaube an Gott.
LA: In welcher Form leben Sie Ihren neuen Glauben aus?
VP: Katholisch.
LA: Wie leben Sie Ihren Glauben hier in Österreich aus?
VP: In Österreich gehöre ich zu keiner Kirche. Nachgefragt gebe ich an, dass ich bete.
LA: Zu wem beten Sie?
VP: Zu Jesus Christus.
LA: Warum besuchen Sie in Österreich keine Kirche?
VP: Es gab niemanden, der mir sagte gehen wir gemeinsam, ich kenne niemanden.
LA: Haben Sie im Herkunftsland, oder hier Strafrechtsdelikte begangen?
VP: In Guinea außer den Unfall nein, hier war ich im Gefängnis.
LA: Haben Sie sämtliche Gründe, welche Sie zum Verlassen Ihres Herkunftsstaates veranlasst haben, vollständig und ausführlich geschildert?
VP: Ja.
LA: Was genau haben Sie bei einer Rückkehr nach Guinea zu befürchten?
VP: Wenn ich in mein Land zurückkehre bin ich tot.
LA: Wer würde Sie töten?
VP: Die Eltern dieses Mädchens.
LA: Haben Sie Familienangehörige oder sonstige Verwandte in Österreich? Wie oft sehen Sie diese?
VP: Ich habe diesen Cousin.
LA: Wo genau lebt die Familie Ihres Cousins?
VP: In Guinea. Nachgefragt gebe ich an, dass es nicht der Sohn von meinem Onkel ist, sondern ein entfernter Verwandter, eigentlich ist er nur einer aus meinem Dorf.
LA: Was meinen Sie mit Dorf? Sie haben gesagt, Sie hätten nur immer in XXXX gelebt?
VP: Ich meine das Dorf meiner Eltern namens XXXX .
LA: Leben Sie mit jemand in Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft?
VP: Nein.
LA: Wie bestreiten Sie hier in Österreich Ihren Lebensunterhalt?
VP: Als ich in XXXX war habe ich gearbeitet, ich habe beispielsweise Toiletten geputzt, ich habe auch im Gefängnis gearbeitet. Heute gehe ich zur Caritas.
LA: Haben Sie in Österreich Kurse oder sonstige Ausbildungen absolviert? Wie war das Ergebnis, bzw. was resultierte daraus?
VP: Ich habe in XXXX einen Deutschkurs gemacht, aber nicht abgeschlossen.
LA: Wie schätzen Sie Ihre Deutschkenntnisse ein?
VP: Es wird schon besser.
LA: Sind bzw. waren Sie in Österreich jemals Mitglied in irgendwelchen Vereinen oder Organisationen?
VP: Nein.
Anmerkung. Ihnen wird das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des BFA zu Guinea vom 08.03.2017 ausgehändigt. Weiters werden Sie darauf aufmerksam gemacht, dass Sie dazu innerhalb von drei Wochen Stellung nehmen können, anderenfalls aufgrund der Aktenlage entschieden wird.
LA: Möchten Sie zu Ihren Fluchtgründen noch etwas angeben, was Ihnen besonders wichtig erscheint?
VP: Ich habe alles gesagt.
LA: Haben Sie den Dolmetscher während der gesamten Einvernahme einwandfrei verstanden?
VP: Ja.
Anmerkung: Die gesamte Niederschrift wird wortwörtlich rückübersetzt. Im Zuge dieser Rückübersetzung besteht die Möglichkeit Korrekturen, Ergänzungen oder Richtigstellungen vorzunehmen, Einwendungen anzubringen oder gegebenenfalls rückzufragen. Mit seiner Unterschrift bestätigt die VP, dass die Angaben vollständig, verständlich und richtig wiedergegeben wurden. Die VP bestätigt zudem mit ihrer Unterschrift den Erhalt einer Kopie dieser Niederschrift.
Anmerkung: Die VP möchte nachträglich Folgendes ergänzend vorbringen:
VP: Ich möchte angeben, dass mein Vater am 28.9.2009 verstorben ist. Zudem möchte ich angeben, dass mir der Pastor das Auto am Unfalltag anvertraute, weil ich es waschen sollte. Zudem möchte ich auf die Frage, was genau ich nach dem Unfall gemacht habe ergänzend anführen, dass ich aus dem Haus gegangen und weggelaufen bin. Ändern möchte ich weiters, dass ich in Europa nicht Asyl beantragen, sondern einen Antrag auf internationalen Zivilschutz stellen wollte."
Mit Verfahrensanordnung vom 20.09.2017 wurde dem Beschwerdeführer der Verlust seines Aufenthaltsrechts im Bundesgebiet gemäß § 13 Absatz 2 AsylG wegen Straffälligkeit mitgeteilt.
Am 20.12.2017 wurde der Beschwerdeführer von der zuständigen Stelle wegen massiver Störung der Ruhe, Ordnung und Sicherheit in der Unterkunft durch Streitereien mit Körpereinsatz und generellem Nichteinhalten der Hausordnungsregeln verwarnt.
Mit Bescheid des BFA vom 11.01.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Guinea abgewiesen (Spruchpunkt II.). Dem Beschwerdeführer wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Guinea zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gem. § 13 Abs. 2 Z 1 AsylG wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 20.09.2017 verloren habe (Spruchpunkt VI.). Gem. § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 3 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.) und mitgeteilt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gem. § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VIII.).
Zusammengefasst führte das BFA aus, dass sich im Verfahren mangels Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers keine Anhaltspunkte in Bezug auf eine asylrelevanten Verfolgung ergeben hätten, zumal er die Schilderung der von ihm behaupteten Konversion zum Christentum nicht habe glaubhaft machen können und es ihm auch nicht gelungen sei, sein Vorbringen hinsichtlich eines von ihm verursachten Verkehrsunfalls mit Todesfolge glaubhaft zu machen. Eine weitere Verfolgung aus in der GFK genannten Gründen habe der Beschwerdeführer nicht vorgebracht und könne daher nicht abgeleitet werden, dass ihm in seinem Herkunftsland eine asylrelevante Verfolgung drohen würde. Beim Beschwerdeführer handle es sich um einen nunmehr volljährigen und erwerbsfähigen Mann, sodass es ihm zumutbar sei, sich in seiner Heimat den notwendigen Unterhalt zu sichern. Es sei zudem davon auszugehen, dass er mit der Hilfe seiner Familie rechnen könne. Aus der allgemeinen Situation allein würden sich keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür ergeben, dass es ausreichend wahrscheinlich sei, dass er im Falle einer Rückkehr im Sinne des § 8 Asylg 2005 bedroht wäre. Das BFA begründete seine Rückkehrentscheidung weiters damit, dass im Fall des Beschwerdeführers kein schützenswertes Privat- und Familienleben in Österreich vorliege. Zudem sei der Beschwerdeführer in Österreich bereits sechs Monate nach seiner illegalen Einreise strafrechtlich nach dem XXXX in Erscheinung getreten. Die Voraussetzungen zur Durchsetzung einer Rückkehrentscheidung würden daher vorliegen und eine Abschiebung nach Guinea sei somit zulässig.
Da der Beschwerdeführer im Bundesgebiet straffällig geworden sei, habe er sein Aufenthaltsrecht gem. § 13 Abs. 2 Z 1 AsylG ex lege verloren. Der Verlust des Aufenthaltsrechts sei ihm mit Verfahrensanordnung mitgeteilt worden. Der Beschwerdeführer verfüge auch über kein sonstiges Aufenthaltsrecht außerhalb des Asylverfahrens.
Bezüglich des auf die Dauer von 3 Jahren befristeten Einreiseverbotes führte die Behörde aus, dass die Gesamtbeurteilung des Verhaltens, der Lebensumstände sowie der familiären und privaten Anknüpfungspunkte des Beschwerdeführers im Zuge der von der Behörde vorgenommenen Abwägungsentscheidung ergeben habe, dass die Erlassung des Einreiseverbotes in der angegebenen Dauer gerechtfertigt und notwendig sei, um die vom Beschwerdeführer ausgehende erhebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu verhindern. Das ausgesprochene Einreiseverbot sei daher zur Erreichung der in Artikel 8 Absatz 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten.
Schließlich wurde festgestellt, dass im vorliegenden Fall keine besonderen Umstände hervorgetreten seien, welche die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt hätten, überwiegen würden. Aus diesem Grund betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides.
In der Beschwerde vom 12.02.2018 wurden zunächst die der Entscheidung zugrunde gelegten Länderfeststellungen als mangelhaft erachtet. Sodann wurde unter Zitierung eines Berichtes auf die schlechte Menschenrechtslage in Guinea hingewiesen und es wurden Ausführungen zur innerstaatlichen Fluchtalternative getätigt. Dem BFA wurde vorgeworfen, dass es seine Ermittlungspflicht verletzt habe, da es konkrete Fragen bezüglich relevanter Sachverhaltselemente unterlassen habe. Sofern das BFA die vermeintliche Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers auf vermeintliche Widersprüche gestützt habe, hätten diese bei einer näheren Auseinandersetzung mit dem Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers leicht aufgelöst werden können. Zum Beweis dafür werde der Antrag auf neuerliche Einvernahme des Beschwerdeführers und Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt. Darüber hinaus hätte die belangte Behörde prüfen müssen, ob der Beschwerdeführer aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Fulla einer möglichen Gruppenverfolgung ausgesetzt sei. In Guinea bestehe eindeutig eine Gruppenverfolgung von Angehörigen der Fulla durch die Mandingo-Regierung. Der Beschwerdeführer sei einer regelmäßigen Verfolgung aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit und seiner unterstellten politischen Gesinnung ausgesetzt gewesen. Geschäfte von Angehörigen der Fulla (auch jenes, in dem der Beschwerdeführer tätig gewesen sei) seien ausgeraubt und niedergebrannt worden. Bei Demonstrationen seien Fulla willkürlich von der Polizei festgenommen worden und könne dies dem Beschwerdeführer jederzeit drohen. Hätte das BFA eine umfassende rechtliche Beurteilung vorgenommen und das Verfahren nicht mit gravierenden Verfahrensfehlern belastet, hätte es zu dem Schluss kommen müssen, dass gem. § 3 Abs. 1 AsylG 2005 eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung gegeben sei. Dem Beschwerdeführer stehe auch keine innerstaatliche Fluchtalternative offen. Hinsichtlich der vom BFA ausgesprochenen Abweisung des subsidiären Schutzes sei zu sagen, dass der Beschwerdeführer keinen Kontakt mehr zu seinen Familienangehörigen und nie eine Berufsausbildung absolviert habe. Erschwerend komme hinzu, dass er sich seit vielen Jahren nicht mehr in seinem Heimatland aufgehalten habe. Der Beschwerdeführer würde daher in eine aussichtslose Lage geraten, und sei es ihm schlichtweg unmöglich, sich eine wirtschaftliche Existenz aufzubauen. Zudem sei die Sicherheitslage im gesamten Staatsgebiet Guineas überaus prekär und angespannt. Betreffend die Erlassung eines Einreiseverbotes sei der belangten Behörde vorzuwerfen, keine Beurteilung des Persönlichkeitsbildes des Beschwerdeführers vorgenommen zu haben und die vermeintlich vom Beschwerdeführer ausgehende Gefährdung nicht im erforderlichen Ausmaß geprüft zu haben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Zur Person und den Fluchtgründen des Beschwerdeführers wird festgestellt:
Die Identität des Beschwerdeführers steht nicht fest. Er ist Staatsbürger Guineas und Angehöriger der Volksgruppe der Fulla. Geboren und aufgewachsen in XXXX , hat er dort 10 Jahre lang die Schule besucht. Er ist ledig und hat keine Kinder.
Der Beschwerdeführer reiste schlepperunterstützt nach Europa und stellte am 19.03.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, wobei er zu diesem Zeitpunkt minderjährig war.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer vom Islam zum Christentum konvertiert ist.
Ebenso wenig kann festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer in Guinea eine konkrete asylrelevante Verfolgung aufgrund eines Autounfalls mit Todesfolge droht.
Nicht festgestellt werden kann, dass dem Beschwerdeführer in Guinea eine konkrete asylrelevante Verfolgung mit maßgeblicher Intensität wegen einer politischen Tätigkeit oder seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Fulla droht.
Beim Beschwerdeführer wurde folgende Diagnose gestellt: " XXXX ".
Zur Rückkehrsituation des Beschwerdeführers wird Folgendes festgestellt:
Es konnten im konkreten Fall auch keine stichhaltigen Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer Gefahr liefe, im Herkunftsstaat einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr ausgesetzt zu sein. Grundsätzlich ist die Basisversorgung der Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln in Guinea gewährleistet und es herrscht keine Hungersnot.
Der Beschwerdeführer selbst ist arbeitsfähig, sodass er im Herkunftsstaat zumindest durch einfache Arbeit das nötige Einkommen erzielen könnte, um sich eine Existenzgrundlage zu schaffen.
In seinem Heimatland leben sein Onkel und dessen Familie sowie Bekannte.
Nicht festgestellt werden kann darüber hinaus, dass der Beschwerdeführer - auch unter Berücksichtigung der bei ihm gestellten Diagnose - an dermaßen schweren physischen oder psychischen oder akut lebensbedrohlichen Erkrankungen leidet, welche eine Rückkehr nach Guinea iSd Art. 3 EMRK unzulässig machen würden.
Zum Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers wird festgestellt:
Der Beschwerdeführer verbrachte nach eigenen Angaben den Großteil seines Lebens in seinem Heimatstaat. Er hat sich bis 2016 in seiner Heimat aufgehalten.
In Österreich befinden sich keine Familienangehörigen oder Verwandten des Beschwerdeführers.
Der Beschwerdeführer hat sein Aufenthaltsrecht in Österreich verloren, da er bereits einige Monate nach seiner Asylantragstellung in Österreich strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Am 04.09.2017 wurde der Beschwerdeführer von einem Landesgericht wegen eines XXXX zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten, davon 6 Monaten bedingt nachgesehen für eine Probezeit von 3 Jahren, rechtskräftig verurteilt.
Es gibt keine Hinweise für das erfolgreiche Ablegen einer Deutsch-Sprachprüfung. Der Beschwerdeführer geht keiner regelmäßigen Beschäftigung nach.
Nicht festgestellt wird das Vorliegen einer ausgeprägten und verfestigten entscheidungserheblichen individuellen Integration des Beschwerdeführers in Österreich. Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor.
Zur Lage im Herkunftsstaat wird Folgendes festgestellt:
Zur Situation in Guinea werden folgende Feststellungen aus dem BFA-Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 08.03.2017 zitiert:
Politische Lage
Guinea ist ein Zentralstaat mit verfassungsmäßig starker Stellung des Präsidenten. Die Republik Guinea von heute ist geprägt von einem demokratischen Aufbruch nach dem kurzzeitigen Militärregime unter Moussa Dadis Camara (2008-2010). Zuvor war Guinea trotz politischer Öffnung unter dem autoritären Regime von Präsident Lansana Conté bestimmt. Die ersten freien Präsidentschaftswahlen 2010 endeten in der Stichwahl mit einem sehr knappen Ergebnis. Der teilweise erbittert geführte Wahlkampf von 2010 war Ausgangspunkt für eine Lagerbildung in der guineischen Politik ("Regierungsmehrheit" gegen "Opposition"), die in den folgenden Jahren immer wieder zu teils gewaltsamen Auseinandersetzungen führte und bis zu den Präsidentschaftswahlen 2015 anhielt (AA 12.2016a). In den ersten Präsidentschaftswahlen 2010 gewann Alpha Condé (Rassemblement du Peuple Guinéen RPG) und setzte sich erneut bei den Präsidentschaftswahlen am 11.10.2015 durch, diesmal im ersten Wahlgang (AA 12.2016a; vgl. USDOS 13.4.2016).
Die neue Verfassung trat im Mai 2010 in Kraft. Sie sieht eine fünfjährige Amtszeit des Präsidenten mit einmaliger Wiederwahlmöglichkeit vor. Der direkt vom Volk gewählte Präsident ist gleichzeitig der Chef der Exekutive (AA 12.2016a; vgl. CIA 12.1.2017). Er ernennt den Premierminister und die Minister. Der Präsident bestimmt vor allem die Außen- und Sicherheitspolitik sowie die strategischen wirtschaftlichen Entscheidungen. In ihrem organisatorischen Teil ist die Verfassung dem französischen Modell nachgebildet. Neben dem gewählten Parlament gibt es einen aus Vertretern der Spitzenverbände und gesellschaftlichen Gruppen zusammengesetzten Wirtschafts- und Sozialrat als Beratungsgremium sowie weitere Institutionen wie das Verfassungsgericht, den Nationalen Medienrat (Conseil Nationale de Communication), den Obersten Gerichtshof und den Rechnungshof (AA 12.2016a).
Wahlen auf Ebene der Gemeinden (Bürgermeister und Gemeinderäte) haben seit Inkrafttreten der neuen Verfassung nicht stattgefunden. Die Durchführung von Kommunalwahlen noch vor den Präsidentschaftswahlen im Oktober 2015 war - im Zusammenhang mit der Erstellung des Wählerverzeichnisses und der Besetzung der Wahlbüros - eine zentrale Forderung der Opposition, der jedoch nicht nachgekommen wurde. Kommunalwahlen waren für das erste Halbjahr 2016 vorgesehen, sind aber zwischenzeitlich auf Februar 2017 terminiert (AA 12.2016a).
Die Parlamentswahlen wurden bis September 2013 mehrfach verschoben (BS 2016). Die Regierungspartei Rally of the Guinean People (Rassemblement du Peuple Guinéen, RPG) von Alpha Condé erzielte dabei 53 von 114 Sitzen. Durch die "Rainbow Alliance" Koalition mit sieben kleineren Parteien, die jeweils einen Sitz haben, kam die Regierungspartei auf eine Mehrheit im Parlament. Die von Cellou Dalein Diallo geführte Oppositionspartei UFDG hält nunmehr 37 Sitze, andere Parteien halten 17 Sitze (BS 2016).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (12.2016a): Innenpolitik - Guinea, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Guinea/Innenpolitik_node.html, Zugriff 21.2.2017
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BS - Bertelsmann Stiftung (2016): Guinea Country Report, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Guinea.pdf, Zugriff 21.2.2017
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CIA - Central Intelligence Agency (12.1.2017): The World Factbook
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Guinea,
https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/gv.html, Zugriff 16.2.2017
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USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/322487/461964_de.html, Zugriff 16.2.2017
Sicherheitslage
In Guinea bestehen politische Spannungen, die sich auch zu Sicherheitsrisiken aufbauen können. In Conakry sowie im Inneren des Landes kommt es regelmäßig zu Demonstrationen, die zum Teil zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen ethnischen und politischen Gruppen und den Sicherheitskräften führen (EDA 16.2.2017; vgl. BMEIA 24.2.2017). Die Kriminalitätsrate hat sowohl in Conakry, als auch im Landesinneren stark zugenommen. Bewaffnete Raubüberfälle und Diebstähle sind häufig (BMEIA 24.2.2017; vgl. FD 21.2.2017). Aufgrund der für den Großteil der Bevölkerung sehr schwierigen wirtschaftlichen Lage gibt es in Conakry, aber auch im Landesinneren, immer wieder Akte des Vandalismus und Straßenblockaden. Auch bandenmäßige Gewaltkriminalität ist zunehmend verbreitet; nachts werden häufig Überfälle auf Passanten, Wohnhäuser und Geschäfte verübt. Die Anzahl gemeldeter Raubmorde, teilweise durch bewaffnete Täter in Uniformen, hat zugenommen. Die Sicherheitskräfte versuchen diese schwere Kriminalität ihrerseits mit Einsatz von Feuerwaffen einzudämmen, wodurch die Gefahr steigt, von verirrten Kugeln getroffen zu werden (AA 24.1.2017). Die südlichen Grenzgebiete zu Liberia, Sierra Leone und Côte d'Ivoire sind aufgrund ethnischer Spannungen gefährlich (BMEIA 24.2.2017).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (24.2.2017): Guinea: Reise- und Sicherheitshinweise,
http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/GuineaSicherheit_node.html, Zugriff 24.2.2017
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BMEIA - Europa, Integration und Äußeres (24.2.2017): Guinea, http://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/guinea/, Zugriff 24.2.2017
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EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (16.2.2017): Reisehinweise für Guinea, https://www.eda.admin.ch/content/eda/de/home/laender-reise-information/guinea/reisehinweise-guinea.html, Zugriff 16.2.2017
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FD - France Diplomatie (21.2.2017): Conseils aux voyageurs - Guinée - Sécurité,
http://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays/guinee/, Zugriff 21.2.2017
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USDOS - U.S. Department of State (5.7.2016): Investment Climate Statements for 2016 - Guinea,
http://www.ecoi.net/local_link/332417/473842_de.html, Zugriff 15.2.2017
Rechtsschutz/Justizwesen
Obwohl die Verfassung und die Gesetze die Unabhängigkeit der Justiz vorsehen, fehlt es dem Justizsystem an Unabhängigkeit und es ist unterfinanziert, ineffizient und offen korrupt. Das Justizsystem ist gekennzeichnet von zahlreichen Problemen wie z.B. geringes Budget, das Fehlen von qualifizierten Anwälten und Untersuchungsrichtern sowie einem veralteten und restriktiven Strafgesetzbuch (USDOS 13.4.2016). Die Autonomie der guineischen Justiz ist stark beeinträchtigt. Sie bietet praktisch keinen Rechtschutz für normale Bürger (BS 2016). Aufgrund des korruptionsanfälligen formalen Justizsystems vertrauen viele Bürger auf das traditionelle Rechtssystem (USDOS 13.4.2016; vgl. BS 2016). Fälle, die dort nicht zur Zufriedenheit der Beteiligten gelöst werden können, werden an das formale Justizsystem übergeben. Die Stimme der Frau hat im traditionellen Rechtssystem weniger Gewicht als jene des Mannes. Das Gesetz sieht die Unschuldsvermutung, die Unabhängigkeit der Richter, die Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz, das Recht auf einen Verteidiger und das Recht der Berufung vor; jedoch werden diese Rechte in der Praxis nicht konsistent geachtet (USDOS 13.4.2016).
Trotz der bestehenden Probleme, hat das Justizministerium begonnen, das Justizwesen wesentlich zu reorganisieren, um die Rechtsprechung zu verbessern (HRW 12.1.2017).
Quellen:
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BS - Bertelsmann Stiftung (2016): Guinea Country Report, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Guinea.pdf, Zugriff 16.2.2017
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HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/334709/476538_de.html, Zugriff 14.2.2017
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USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/322487/461964_de.html, Zugriff 16.2.2017
Sicherheitsbehörden
Die dem Verteidigungsministerium unterstellte Gendarmerie und die nationale Polizei unter dem Ministerium für Sicherheit teilen sich die nur unzulänglich definierte Verantwortung für die innere Sicherheit. Die Armee ist für die Sicherheit nach außen verantwortlich, spielt jedoch auch im Bereich der inneren Sicherheit eine Rolle. Per Gesetz sind das Militär, die Gendarmerie und die Polizei dazu befugt, Verhaftungen durchzuführen. Gesetzlich ist allerdings nur die Gendarmerie dazu ermächtigt, Verhaftungen von Angehörigen des Militärs und der Polizeikräfte durchzuführen. Es gibt auch spezielle Polizei- und Gendarmerie- Einheiten, wie das Anti-Verbrechen Büro und das Generalsekretariat des Vorsitzes, verantwortlich für besondere Einsätze im Kampf gegen Drogen und organisierte Kriminalität (USDOS 13.4.2016).
Die Polizei bleibt weiterhin unterbezahlt, inadäquat ausgerüstet und ineffizient. Es gibt mehrere Berichte über Sicherheitsdienstbehörden, die ihre Befehle ignorieren und auf übermäßige Gewalt zurückgreifen (USDOS 13.4.2016). Es gibt außerdem zahlreiche Vorwürfe über unprofessionelles Verhalten, Diebstahl und Erpressung (HRW 12.1.2017). Sicherheitskräfte folgen nur selten dem Strafgesetzbuch und verwaltungskonforme Kontrollen über die Polizei sind ineffektiv (USDOS 13.4.2016). Disziplin innerhalb der und zivile Kontrolle über die Sicherheitskräfte scheinen sich zu verbessern (HRW 12.1.2017). Mitglieder der Sicherheitskräfte sind jedoch in mehreren Vorfällen von exzessiver Gewaltanwendung (BS 2016) oder Misshandlung von Häftlingen verwickelt, als Reaktion auf Proteste und Kriminalität (HRW 12.1.2017).
Quellen:
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