Index
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1972 §32 Z1 litc;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fössl, über die Beschwerde der G in B, vertreten durch Dr. Franz Schöberl, Rechtsanwalt in Wien VII, Stiftgasse 15-17/6, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat I, vom 19. November 1999, Zl. RV/164-15/01/96, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1993, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeschrift und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides kann Folgendes entnommen werden:
Die Beschwerdeführerin betrieb als Einzelunternehmerin auf Grund eines im Jahre 1969 mit der Gemeinde Wien als Hauseigentümerin abgeschlossenen Bestandvertrages eine Farbenhandlung im von der Gemeinde Wien gemieteten Geschäftslokal. Nachdem die Gemeinde den Abbruch des Hauses beschlossen hatte und die Beschwerdeführerin hievon in Kenntnis gesetzt worden war, kam es zu Verhandlungen zwischen ihr und der Gemeinde Wien, die zum Ergebnis hatten, dass die Beschwerdeführerin gegen Zahlung eines Betrages von S 3,700.000,-- zuzüglich Umsatzsteuer im Jahre 1993 ihre Bestandrechte am Geschäftslokal aufgab; gleichzeitig beendete sie auch ihren Betrieb.
Dem Begehren der Beschwerdeführerin, den für die Aufgabe der Mietrechte am Geschäftslokal erhaltenen Betrag dem Viertelsteuersatz des § 37 Abs. 5 EStG 1988 zu unterziehen, blieb im Instanzenzug mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Erfolg versagt. In der Begründung ihres Bescheides stützte sich die belangte Behörde auf das hg. Erkenntnis vom 7. Juni 1989, Slg. N.F. Nr. 6.406/F, und vertrat die Auffassung, dass aus den in diesem Erkenntnis genannten Gründen auch die im Beschwerdefall betroffenen Einkünfte der Beschwerdeführerin nur mit dem Hälftesteuersatz des § 37 Abs. 1 EStG 1988, nicht aber mit dem Viertelsteuersatz des § 37 Abs. 5 leg. cit. zu versteuern seien. Die von der Beschwerdeführerin am Tage vor der Berufungsverhandlung erbetene, mit einer plötzlichen Erkrankung der Beschwerdeführerin begründete Verlegung der beantragten mündlichen Berufungsverhandlung sei nicht zu verfügen gewesen, weil die Beschwerdeführerin zum Vortrag ihres Standpunktes schon ausreichend Gelegenheit gehabt habe und es im Beschwerdefall ohnehin nur um die Entscheidung einer Rechtsfrage gehe.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Nach § 37 Abs. 5 EStG 1988 in seiner im Streitjahr anzuwendenden Stammfassung ermäßigt sich der Steuersatz, wenn Wirtschaftsgüter durch behördlichen Eingriff oder zur Vermeidung eines solchen nachweisbar unmittelbar drohenden Eingriffs aus dem Betriebsvermögen ausscheiden, für dabei aufgedeckte stille Reserven auf ein Viertel des Durchschnittssteuersatzes.
§ 37 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 in der nämlichen Fassung sieht die Anwendung des Hälftesteuersatzes für außerordentliche Einkünfte im Sinne des zweiten Absatzes dieses Paragraphen vor, welcher zu den außerordentlichen Einkünften auch Entschädigungen im Sinne des § 32 Z. 1 zählt (§ 37 Abs. 2 Z. 4 leg. cit.). Bei den in dieser Vorschrift wiederum angesprochenen Entschädigungen nach § 32 Z. 1 EStG 1988 handelt es sich um solche, die gewährt werden entweder für die Aufgabe von Bestandrechten, sofern der Bestandgegenstand enteignet wird oder seine Enteignung nachweisbar unmittelbar droht (§ 32 Z. 1 lit. c EStG 1988), oder für die Aufgabe von Bestandrechten, deren zwangsweise Auflösung im Hinblick auf die künftige Verwendung des Bestandgegenstandes für einen Zweck, für den Enteignungsrechte in Anspruch genommen werden könnten, nachweisbar unmittelbar droht (§ 32 Z. 1 lit. d leg. cit.).
In seinem von der belangten Behörde ins Treffen geführten, zum Einkommensteuergesetz 1972 ergangenen hg. Erkenntnis vom 7. Juni 1989, Slg. N.F. Nr. 6.406/F, hat der Gerichtshof nach Gegenüberstellung der Bestimmung des § 37 Abs. 3 EStG 1972 (der Vorgängerbestimmung des § 37 Abs. 5 EStG 1988) mit den Vorschriften der §§ 37 Abs. 2 und 32 Z. 1 lit. c und d EStG 1972 ausgesprochen, dass die im § 32 Z. 1 lit. c und d leg. cit. genannten Entschädigungen durch § 37 Abs. 3 EStG 1972 nicht erfasst werden, weshalb die für die Aufgabe eines Bestandrechtes geleistete Entschädigung mit dem Viertelsteuersatz nicht versteuert werden kann. Die Aussage dieses Erkenntnisses hat für die im hier interessierenden Umfang gleich gestalteten Regelungen des § 37 EStG 1988 in seiner Stammfassung unverändert Gültigkeit. Auch im Geltungsbereich des Einkommensteuergesetzes 1988 entziehen sich die Entschädigungen nach § 32 Z. 1 lit. c und d leg. cit. aus den gleichen Gründen einer Besteuerung nach dem Viertelsteuersatz im Sinne des § 37 Abs. 5 EStG 1988 in seiner Stammfassung. Die von der Beschwerdeführerin gesehenen Unterschiede des dem hg. Erkenntnis vom 7. Juni 1989, Slg. N.F. Nr. 6.406/F, zugrunde gelegenen Beschwerdefalles zu ihrem Fall sind rechtlich ohne Bedeutung. Dass der Abgabenpflichtige des seinerzeitigen Beschwerdefalles nur Unter-Unter-Bestandnehmer und die Bezahlung der ihm zugekommenen Entschädigungen in zwei Raten erfolgt war, ist für die rechtliche Beurteilung der hier vorliegenden Fallkonstellation ebenso ohne Belang wie der Umstand, dass es sich beim damaligen Fall um eine Präsidentenbeschwerde gehandelt hatte. Entscheidend ist, dass Entschädigungen für die Aufgabe von Bestandrechten, deren zwangsweise Beendigung im Gefolge eines Enteignungsaktes oder zu einem einen solchen rechtfertigenden Zweck droht, hinsichtlich ihrer Besteuerung im Gesetz in einer Weise geregelt sind, die es dieser speziellen Regelung zufolge rechtlich nicht erlaubt, solche Entschädigungen ungeachtet der Ähnlichkeit des ihnen zugrundeliegenden Sachverhaltes der allgemeinen Regel des § 37 Abs. 5 EStG 1988 zu unterwerfen. Der Hinweis der Beschwerdeführerin auf das im verstärkten Senat ergangene hg. Erkenntnis vom 21. September 1988, Slg. N.F. Nr. 6.353/F, kann der Beschwerde zu keinem Erfolg verhelfen, weil es in diesem Beschwerdefall gerade nicht um eine Entschädigung für die Aufgabe von Bestandrechten, sondern um die Veräußerung des im Eigentum der damaligen Abgabepflichtigen gestandenen Betriebsgrundstückes mit gleichzeitiger Betriebsaufgabe ging.
Ob es einen Verfahrensmangel begründete, dass sich die belangte Behörde weigerte, die mündliche Berufungsverhandlung über Ersuchen der Beschwerdeführerin zu verlegen, kann dahingestellt bleiben. Verfahrensmängel können zur Aufhebung eines angefochtenen Bescheides nur führen, wenn vom Beschwerdeführer ihre Relevanz dahin dargetan wird, dass bei ihrer Vermeidung die Erlassung eines anderen Bescheides möglich gewesen wäre. Dass dies der Fall wäre, wird von der Beschwerdeführerin nicht aufgezeigt und ist auch vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen. Auf der Basis des zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens in Wahrheit ohnehin nicht strittigen Sachverhaltes über die Eigenschaft der Beschwerdeführerin als Bestandnehmerin der den Abbruch des Hauses beschließenden Gemeinde Wien ist nach der dargestellten Rechtslage kein Vorbringen denkbar, welches der belangten Behörde eine andere als die von ihr getroffene Entscheidung rechtlich ermöglicht hätte. Weitere Sachverhaltsermittlungen waren nach Lage des Falles nicht geboten; auf die Tragfähigkeit einer im erstinstanzlichen Verfahren von einem Prüfungsorgan geäußerten Beurteilung kam es ebenso nicht mehr an.
Da der Inhalt der Beschwerde somit schon erkennen ließ, dass die von der Beschwerdeführerin gerügte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 3. Mai 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000130012.X00Im RIS seit
20.11.2000