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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art133 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und die Hofräte Dr. Schick und Dr. Grünstäudl als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision des A Z in B, vertreten durch Dr. Richard Benda, Dr. Christoph Benda und Mag. Stefan Benda, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Pestalozzistraße 3, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Oktober 2017, Zl. W228 2152265-1/3E, betreffend Hilfeleistung nach dem Verbrechensopfergesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Sozialministeriumservice-Landesstelle Steiermark), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit (im fortgesetzten Verfahren nach dem Erkenntnis VwGH 22.1.2013, 2009/11/0228 ergangenem) Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. November 2016 wurden dem Revisionswerber verschiedene Arten von Hilfeleistungen nach dem Verbrechensopfergesetz (VOG) - dem Grunde nach - zuerkannt, darunter (Spruchpunkt VII.) die Zuerkennung von Hilfeleistungen in Form der Pflegezulage gemäß § 6 VOG ab dem 1. Jänner 2009.
2 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 30. Jänner 2017 wurde die Pflegezulage (§ 2 Z 7 VOG) des Revisionswerbers der Höhe nach gemäß § 6 VOG (in Anwendung des in dieser Bestimmung verwiesenen § 18 Kriegsopferversorgungsgesetz 1957) festgelegt.
Außerdem wurde ausgesprochen, dass (abgesehen von dem von der Pensionsversicherung geleisteten Pflegegeld) gemäß § 10 Abs. 4 VOG
ein der Höhe nach bestimmter "Ruhensbetrag ... in Abzug zu
bringen" sei.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet ab.
Gleichzeitig wurde gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.
In der Begründung wurde auf § 10 Abs. 4 VOG hingewiesen, der ein Ruhen der Pflegezulage während einer mit voller Verpflegung verbundenen Heilbehandlung und, hinsichtlich der Ausnahmen von diesem Ruhen, die sinngemäße Anwendung des § 12 Abs. 1 Heeresversorgungsgesetz (HVG) anordnet.
Dazu wurde ausgeführt, dass beim Revisionswerber in näher bezeichneten Zeiträumen der Jahre 2009 bis 2016 "ein stationärer Aufenthalt" (nach dem Akt: in einer Krankenanstalt) vorgelegen sei, in welchen sein Anspruch auf Pflegezulage gemäß § 10 Abs. 4 VOG ruhe, weil gegenständlich keiner der beiden Ausnahmetatbestände des § 12 Abs. 1 Z 1 und 2 HVG erfüllt sei:
Der Revisionswerber habe weder den Nachweis über ein Werk- oder Dienstverhältnis mit einer der Pflichtversicherung unterliegenden Pflegeperson iSd § 12 Abs. 1 Z 1 HVG erbracht, noch den stationären Aufenthalt einer als Begleitperson tätigen Pflegeperson iSd Z 2 leg. cit. behauptet.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Diesem Erfordernis wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. VwGH 25.3.2014, Ra 2014/04/0001 und 18.2.2015, Ra 2015/08/0008).
7 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:
8 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, es fehle Rechtsprechung zur Frage, ob eine Person wie der Revisionswerber, der aufgrund seiner psychischen Probleme nach den Angaben der Ärzte tagsüber eine Vertrauensperson "um sich haben müsse" und einer solchen die Weitergabe des Pflegegeldes als Entlohnung ausdrücklich zugesagt habe, ebenfalls unter § 12 Abs. 1 Z 1 oder 2 HVG zu subsumieren oder von dieser Bestimmung in analoger Anwendung erfasst sei.
9 Das Verbrechensopfergesetz - VOG, BGBl. Nr. 288/1972 in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 69/2017 lautet auszugsweise:
"§ 2. Als Hilfeleistungen sind vorgesehen:
...
7. Pflegezulagen, ...
...
§ 10. ...
(4) Hilfe nach § 2 Z 7 ruht während einer mit voller Verpflegung verbundenen Heilbehandlung ab dem Tag, der auf den Beginn der Heilbehandlung folgt. § 12 Abs. 1 des Heeresversorgungsgesetzes ist sinngemäß anzuwenden.
..."
10 § 12 Abs. 1 des Heeresversorgungsgesetzes in der hier (gemäß § 44 Abs. 2 Heeresentschädigungsgesetz, BGBl. I Nr. 162/2015) maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 57/2015, lautet:
"§ 12. (1) Der Anspruch auf Pflegezulage (§ 27) oder Blindenzulage (§ 28) ruht während einer mit voller Verpflegung verbundenen Heilbehandlung ab dem Tag, der auf den Beginn der Heilbehandlung folgt. Eine Pflegezulage (§ 27) oder Blindenzulage (§ 28) ist auf Antrag weiter zu leisten
1. für die Dauer von höchstens drei Monaten der mit voller Verpflegung verbundenen Heilbehandlung in dem Umfang, in dem pflegebedingte Aufwendungen nachgewiesen werden, die sich aus einem der Pflichtversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz unterliegenden Dienstverhältnis (Vollversicherung oder Teilversicherung in der Unfallversicherung) eines Pflege- oder Blindenzulagenbeziehers mit einer Pflegeperson oder der Erfüllung des Tatbestandes gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG ergeben. Eine Pflegezulage oder Blindenzulage ist jedoch über diesen Zeitraum hinaus weiter zu leisten, wenn damit für den Beschädigten eine besondere Härte vermieden wird;
2. während der mit voller Verpflegung verbundenen
Heilbehandlung, wenn und solange auch die Pflegeperson als Begleitperson stationär aufgenommen wurde, weil der Aufenthalt ohne diese nicht möglich wäre oder bei Kindern, unmündigen Minderjährigen oder geistig Behinderten in deren Interesse erforderlich ist."
11 Soweit das Vorbringen der Revision dahin zu verstehen ist, es liege gegenständlich ein Fall des § 12 Abs. 1 Z 1 HVG vor, weil der Revisionswerber einer Pflegeperson für diese Tätigkeit eine Entlohnung zugesagt habe, ist auf den klaren Wortlaut der letztgenannten Bestimmung hinzuweisen, nach der pflegebedingte Aufwendungen "nachgewiesen" werden müssen. Dies hat der Revisionswerber nach den nicht als unschlüssig zu erkennenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts, die in der Revision nicht konkret bestritten werden (und, soweit ersichtlich, auch mit der Aktenlage übereinstimmen), unterlassen. Es sind daher keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die diesbezügliche Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre und insoweit eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorläge (vgl. etwa VwGH 21.7.2016, Ra 2016/11/0090, mwN).
12 Auch das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 12 Abs. 1 Z 2 HVG (stationäre Aufnahme auch der Pflegeperson) wird im Zulässigkeitsvorbringen der Revision nicht konkret behauptet.
13 Soweit die Revision jedoch meint, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ergebe sich aus der fehlenden Rechtsprechung zur Frage, ob über die beiden Tatbestände des § 12 Abs. 1 Z 1 und 2 HVG hinausgehend eine Ausnahme vom Ruhen der Pflegezulage in Härtefällen bestehe, so steht einer solchen Annahme die eindeutige Rechtslage entgegen (vgl. zur Verneinung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung trotz Fehlens einer Rechtsprechung bei eindeutiger Rechtslage etwa VwGH 26.2.2015, Ra 2015/11/0008, mwN, und VwGH 11.12.2017, Ra 2015/11/0102). So zeigt schon der klare Wortlaut des § 12 Abs. 1 HVG, dass das Vorliegen eines Härtefalls nicht einen zusätzlichen Tatbestand neben den Z 1 und 2 leg. cit. darstellt. Der Umstand, dass der Fall der besonderen Härte bereits im letzten Satz der Z 1 leg. cit. geregelt ist und dieser eine Verwirklichung des im ersten Satz dieser Bestimmung geregelten Tatbestands voraussetzt, lässt auch für die Annahme einer im Wege der Analogie zu schließenden Lücke keinen Raum.
14 Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 8. Februar 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017110292.L00Im RIS seit
02.03.2018Zuletzt aktualisiert am
08.03.2018