Entscheidungsdatum
09.01.2018Index
83 Naturschutz UmweltschutzNorm
AWG 2002 §37 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien erkennt durch seine Richterin Mag. Bachert-Sedlak über die Beschwerde des I. Dipl.-Ing. A. K. sowie II. der S. GmbH, beide vertreten durch Rechtsanwälte GmbH, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk vom 3.11.2016, Zahl: MBA … - S 35835/16, wegen zwei Verwaltungsübertretungen gemäß 1.) § 37 Abs. 1 AWG und 2.) § 2 Z 2 iVm Anlage 1 Z 2 Altfahrzeugeverordnung, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung
zu Recht:
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insoweit Folge gegeben, als jeweils in Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung gemäß § 20 VStG die verhängte Geldstrafe zu Spruchpunkt 1) von EUR 4200 auf EUR 2100 und die für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Woche, 3 Tagen und 12 Stunden auf 17 Stunden sowie die verhängte Geldstrafe zu Spruchpunkt 2) von EUR 2100 auf EUR 1050 und die für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen und 6 Stunden auf 42 Stunden herabgesetzt werden. Im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
Dementsprechend wird der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens bei der belangten Behörde gemäß § 64 Abs. 2 VStG mit EUR 315 festgesetzt, das sind 10% der verhängten Geldstrafen.
II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG haben die Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.
III. Die S. GmbH haftet für die über Dipl.-Ing. A. K. verhängten Geldstrafen in Höhe von EUR 3150 und die Verfahrenskosten in Höhe von EUR 315 sowie für sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen gemäß § 9 Abs. 7 VStG zur ungeteilten Hand.
IV. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Das angefochtene Straferkenntnis richtet sich gegen den Erstbeschwerdeführer und hat folgenden Inhalt:
„Sie haben als abfallrechtlicher Geschäftsführer der S. GmbH (FN ...) mit Sitz in Wien, zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Betreiberin der genehmigten Abfallbehandlungsanlage in Wien, C.-gasse und als gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätige Gesellschaft, am 05.07.2016 nicht verhindert hat, dass
1.) ohne für diese genehmigungspflichtige Änderung vorab eine Genehmigung gemäß § 37 Abs. 1 AWG 2002 erwirkt zu haben, an dieser Behandlungsanlage Änderungen vorgenommen wurden und in der geänderten Form betrieben wurde als im Lagerbereich J in zwei nicht flüssigkeitsdichten, ca. 40 m3 großen Containern ein roter Nissan und weißer Chrysler, welche beide augenscheinlich nicht schadstoffentfrachtet waren und der Abfallart SN 35203 „Fahrzeuge, Arbeitsmaschinen und -teile mit umweltrelevanten Mengen an gefährlichen Anteilen oder Inhaltsstoffen“ zuzuordnen sind, lagerten obwohl die Lagerung dieser Abfallart gemäß Bescheid des Landeshauptmanns von Wien vom 20.01.2011, MA22-1500/2010 nur auf der flüssigkeitsdicht ausgeführten Freifläche F und in flüssigkeitsdichten Containern auf der Freifläche H genehmigt ist;
2.) die unter 1.) genannten Altfahrzeuge entgegen Anlage 1 Z 2 der Altfahrzeugeverordnung, wonach Altfahrzeuge nur in geeigneten Bereichen mit undurchlässiger Oberfläche, Auffangeinrichtungen und Abscheidern für auslaufende Flüssigkeiten und fettlösenden Reinigungsmittel gelagert werden dürfen, in zwei nicht flüssigkeitsdichten Containern auf nicht flüssigkeitsdichtem Boden ohne Mineralölabscheider gelagert waren.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
Ad. 1.) § 37 Abs. 1 AWG 2002
Ad. 2.) § 2 Z 2 iVm. Anlage 1 Z 2 Altfahrzeugeverordnung
Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:
ad 1.) Geldstrafe von € 4.200,00, falls diese uneinbringlich ist,
Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Woche, 3 Tagen und 12 Stunden
ad 2.) Geldstrafe von € 2.100,00, falls diese uneinbringlich ist,
Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen und 6 Stunden
Summe der Geldstrafen: € 6.300,00
Summe der Ersatzfreiheitsstrafen: 2 Wochen, 1 Tag und 18 Stunden
Ad. 1.) gemäß § 79 Abs. 1 Z 9 zweiter Strafsatz AWG 2002
Ad. 2.) gemäß § 79 Abs. 2 Z 1 zweiter Strafsatz AWG 2002
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:
ad 1.) € 420,00,
ad 2.) € 210,00
Summe der Strafkosten: € 630,00
als Beitrag zu den Kosten der Strafverfahren, d.s. 10% der Strafen
(mindestens jedoch € 10,00 je Übertretung).
Die zu zahlenden Gesamtbeträge (Strafen/Kosten) betragen daher
ad 1.) € 4.620,00,
ad 2.) € 2.310,00
Summe der Strafen und Strafkosten: € 6.930,00
Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen.
Die S. GmbH haftet für die mit diesem Bescheid über den verantwortlichen Beauftragten, Herr Dipl.Ing. A. K. verhängte Geldstrafe von 1.) € 4.200,00 und 2.) € 2.100,00 sowie die Verfahrenskosten in der Höhe von 1.) € 420,00 und 2.) € 210,00 sowie für sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen gemäß § 9 Abs.7 VStG zur ungeteilten Hand.“
Dagegen richtet sich die frist- und formgerecht eingebrachte Beschwerde, welche in Einem vom Erstbeschwerdeführer sowie der haftenden Gesellschaft als Zweitbeschwerdeführerin erhoben wurde. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass dem Erstbeschwerdeführer die angelasteten Übertretungen subjektiv nicht vorzuwerfen seien, da ein wirksames Kontrollsystem bestanden habe, weshalb ihn keinerlei Verschulden treffe. Der Erstbeschwerdeführer habe mehrere Standorte zu betreuen, weshalb es ihm nicht möglich sei, jede Abfalllieferung am gegenständlichen Standort persönlich zu kontrollieren. Mindestens einmal jährlich erfolgten Schulungen und würden die Mitarbeiter nach einer internen Arbeitsanweisung instruiert. Der angelieferte Abfall sei durch einen Disponenten einer Sichtkontrolle zu unterziehen und danach entweder über die Gleiswaage oder über die Brückenwaage zu verwiegen und damit im Warenwirtschaftssystem zu erfassen. Danach sei der Abfall abzuladen, um gelagert zu werden. Die beiden gegenständlichen Altfahrzeuge seien nicht eingewogen und sohin auch nicht im Warenwirtschaftssystem erfasst worden. Deren Lagerung auf der Freilagerfläche J stelle daher einen klaren Verstoß gegen diese Anweisungen dar. Es handle sich hierbei nicht um ein bloßes Fehlverhalten von Mitarbeitern, sondern um geschäftsschädigende Handlungen. Da darüber hinaus sämtlichen Mitarbeitern am Standort bekannt gewesen sei, dass eine behördliche Revisionsverhandlung zum Tatzeitpunkt stattfinden werde, seien alle ausdrücklich angewiesen worden, auf die konsensgemäße Lagerung der Abfälle zu achten. Die Lagerung der beiden Altfahrzeuge auf der Freilagerfläche J zeige, dass bewusst den Interessen der beiden Beschwerdeführer geschadet werden sollte. Dem Erstbeschwerdeführer sei zu keiner Zeit erkennbar gewesen, dass sich die beiden Altfahrzeuge auf dem Schrottplatz befunden hätten. Im Zuge seiner Platzrunde am 4.7.2016 habe er sich auch erkundigt, ob die auf der Freilagerfläche J abgestellten Container leer seien, was ihm bestätigt worden sei. Es handle sich sohin nicht um ein bloßes Fehlverhalten von Mitarbeitern, sondern augenscheinlich um einen vorsätzlichen Richtlinien- bzw. Anweisungsverstoß. Leider habe bis heute nicht eruiert werden können, welche Mitarbeiter tatsächlich für die konsenswidrige Lagerung der Altfahrzeuge verantwortlich seien. Am gegenständlichen Standort seien zwei Abfallbeauftragte einmal pro Woche damit befasst, die Lagerbestandslisten zu überprüfen. Darüber hinaus werde vom zuständigen Platzleiter am Standort gelagerter Abfall zumindest einmal täglich kontrolliert. Sollten der Platzleiter oder die Abfallbeauftragten konsenswidrige Lagerungen vorfinden, seien sie befugt, die konsensgemäße Herstellung der Lagerung zu veranlassen sowie die Vorgesetzten darüber in Kenntnis zu setzen, die wiederum disziplinär gegen die Mitarbeiter vorgehen könnten. Der Erstbeschwerdeführer habe daher im Zusammenarbeit mit der Zweitbeschwerdeführerin innerhalb des Unternehmens ein ausreichend dichtes und zulänglich organisiertes Netz von Aufsichtspersonen eingerichtet, welches wiederum vom Erstbeschwerdeführer überwacht werde. Hinzu kämen in regelmäßigen Abständen persönliche Kontrollen vor Ort durch den Erstbeschwerdeführer. Es sei darüber hinaus festzuhalten, dass der Erstbeschwerdeführer die Effizienz seiner Kontrollmaßnahmen ex ante zu beurteilen habe. Er durfte darauf vertrauen, dass diese Maßnahmen zur lückenlosen Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften ausreichen würden. Er hätte zudem zu jeder Zeit auch darauf vertrauen dürfen, dass die Mitarbeiter nicht vorsätzlich gegen abfallrechtliche Vorschriften oder die internen Richtlinien verstoßen würden. Der beanstandete Sachverhalt sei auf ein Fehlverhalten von Mitarbeitern zurückzuführen, das nur als Sabotage gewertet werden könne. Solle dies nicht dazu führen, dass das Opfer derartiger strafgesetzwidriger Handlungen als Täter einer Verwaltungsübertretung qualifiziert werde, könne der scheinbare Widerspruch zwischen den beiden Rechtsmaterien nur dadurch aufgelöst werden, dass ihm aus verwaltungsstrafrechtlicher Sicht fehlendes Verschulden zugestanden werde. Aus gegebenem Anlass habe mittlerweile eine neuerliche Unterweisung stattgefunden. Darüber hinaus seien Inspektionsspiegel angeschafft worden, durch welche es möglich sei, jeden Container auf dessen Inhalt zu prüfen. In den internen Richtlinien sei festgelegt worden, dass eine beauftragte Person mindestens einmal pro Woche unter Zuhilfenahme dieser Spiegel den Inhalt sämtlicher Container überprüfen müsse, wobei bei Zuwiderhandeln disziplinäre Folgen drohen würden. Zusammenfassend sei daher festzuhalten, dass ein umfassendes und wirksames Regel- und Kontrollsystem eingerichtet worden sei, das ständig evaluiert und anlassbezogen adaptiert werde. Das vorsätzliche Handeln einzelner Mitarbeiter könne keinesfalls als Versagen des Kontrollsystems angesehen werden. Zur Strafbemessung wurde ausgeführt, dass zusätzlich zu den von der Behörde berücksichtigten Milderungsgründe der Unbescholtenheit sowie der raschen Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes, noch weitere Milderungsgründe zu beachten gewesen wären, weshalb eine außerordentliche Milderung der Strafe gemäß § 20 VStG vorzunehmen gewesen wäre.
Das Verwaltungsgericht Wien nahm Einsicht in den Akt der belangten Behörde sowie die Beschwerde und führte am 27.11.2017 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher die belangte Behörde nicht teilnahm.
Der Erstbeschwerdeführer hielt nach Befragung der Zeugin Mag. V. sein Vorbringen, dass die beiden Container, in welchen die beiden Altfahrzeuge gelagert wurden, flüssigkeitsdicht gewesen seien, nicht aufrecht und gab Folgendes zu Protokoll, wobei sein Vorbringen auch zum Vorbringen der Zweitbeschwerdeführerin erhoben wurde:
„Ich bin seit etwa 15 Jahren in der Funktion als abfallrechtlicher Geschäftsführer in verschiedenen Unternehmen tätig. Ich war zum Tatzeitpunkt abfallrechtlicher Geschäftsführer der 2. Bf und bin es nach wie vor. Nachdem die gegenständliche Revision angekündigt wurde, war ich bereits am Vortag in der Betriebsanlage und bin den Platz abgegangen. So war ich auch beim Leercontainerpool, dabei handelte es sich zum Tatzeitpunkt um etwa 35 leere Container, welche auf unbefestigtem Untergrund gestanden sind. Ich habe mich erkundigt, ob diese Container auch leer seien, was mir bejaht wurde. Ich hätte niemals daran gedacht, dass darin alte Autos gelagert sein könnten.
Über Befragen durch die VL:
Ich habe diesbezüglich den Platzleiter befragt und außerdem Einsicht in die Lagerbestandsliste genommen, aus welchen ersichtlich ist, wo welche Abfälle gelagert werden. So kann ich auch erkennen, ob die Abfälle korrekt gelagert werden. Da die beiden Fahrzeuge aber nicht in den Lagerbestandslisten aufgeschienen sind, sind sie mir auch nicht abgegangen.
Die 2. Bf übernimmt etwa 10.000 Altfahrzeuge pro Jahr. Daher gibt es ein Kontrollsystem, welches etwa die Übernahme, das Wiegen oder die Platzzuordnung dieser Fahrzeuge regelt. Dies gilt auch für alle anderen übernommenen Abfälle. Es ist richtig, dass die beiden gegenständlichen Fahrzeuge durchs gesamte Radar gerutscht sind. So waren sie auch nicht in den ersten leeren Containern, sondern in der zweiten Reihe.
Im Unternehmen gibt es laufend Schulungen. Bei einem Neueintritt gibt es eine Erstschulung, danach wird regelmäßig geschult. Auch stehen den Arbeitnehmern sämtliche relevante Unterlagen zur Verfügung. Es gibt zwei Abfallbeauftragte, welche überprüfen, ob etwa die Platzordnung eingehalten wird. Auch gibt es einen Platzleiter. Wenn ich feststelle, dass ein Abfall nicht ordnungsgemäß gelagert ist, greift unser disziplinäres Reglement, wonach ich dem Vorgesetzten die Vorwürfe zur Kenntnis bringe und dieser dann Instrumente wie eine Abmahnung bis zu einer Entlassung anwenden kann.
Alle Mitarbeiter sind angewiesen, dass alle Fahrzeuge, die in die Betriebsanlage kommen, über die Brückenwaage fahren müssen. In diesem Fall sind dann auch im Warenwirtschaftssystem die Abfälle verdatet. Gegenständlich ist es aber möglich, die Betriebsanlage auch ohne die Benützung der Brückenwaage zu betreten bzw. zu befahren. Dies stellt aber einen Richtlinienverstoß dar, der sanktioniert wird.
Über Befragen durch die VL, welche Sanktionen hier vorgesehen sind:
Von der Abmahnung bis zur Entlassung. Über Nachfragen, welche Sanktion denn nun vorgesehen sei, da die Bandbreite zwischen Abmahnung und Entlassung enorm ist: Das kommt immer auf den Einzelfall an.
Über Befragung durch die BfV, wie oft die Platzrunden stattfinden und in welchen Abständen die Einhaltung der Vorschriften kontrolliert werden:
Die Abfallbeauftragten überprüfen die BA mind. einmal im Monat komplett, der Platzleiter und sein Stellvertreter überprüfen regelmäßig, man kann sagen Tag täglich. Ich selbst mache etwa einmal pro Woche persönlich Platzrunden am gegenständlichen Standort und kontrolliere gleichzeitig die Lagerbestandslisten.
Wir haben aus dem gegenständlichen Vorfall gelernt und überprüfen nunmehr mittels Teleskopspiegel die Container.
Im konkreten Fall gab es auch disziplinäre Maßnahmen.
Bis heute ist unklar wer für die Vorwürfe verantwortlich ist, die LKW-Fahrer wurden schriftlich abgemahnt, ebenso der zuständige Disponent. Außerdem fanden neuerlich Schulungen statt.
Über Befragen durch die VL, wie sich der 1. Bf dann den Vorfall erklären kann:
Das kann nur absichtlich, möglicherweise mit Bereicherungsabsicht passiert sein. Ich kann mir nicht erklären, wie ein oder mehrere LKWs mit den gegenständlichen Altfahrzeugen ohne die Brückenwaage benützt zu haben, in die gegenständliche Betriebsanlage gekommen sind.
Über Befragung der VL, wie dann die einfahrenden Fahrzeuge kontrolliert werden:
Alle LKW-Fahrer sind angewiesen über die Brückenwaage zu fahren. Wenn der Platzleiter gegenteiliges Verhalten wahrnimmt, schreitet er ein und leitet auf die Brückenwaage um.“
Die Beschwerdeführervertreterin wies darauf hin, dass es noch zu keiner verwaltungsstrafrechtlichen Bestrafung des Erstbeschwerdeführers im Bereich des AWG gekommen sei, seit dieser abfallrechtlicher Geschäftsführer bei der Zweitbeschwerdeführerin sei, was zeige, dass das bestehende Regel- und Kontrollsystem ausgezeichnet funktioniere.
Der Erstbeschwerdeführer ergänzte, dort seit etwa 2008 abfallrechtlicher Geschäftsführer zu sein.
Dipl.-Ing. F. gab nach Wahrheitserinnerung und nach Belehrung über die Entschlagungsmöglichkeit als Zeuge befragt Folgendes an:
„Ich bin handelsrechtlicher Geschäftsführer der 2. Bf und damit der direkte Vorgesetzte des 1. Bf.
Über Befragung der BfV, welche disziplinären Folgen vorgesehen sind, wenn an der Brückenwaage vorbeigefahren wird, sowie wie das disziplinäre System aufgebaut ist:
Welche disziplinäre Folge beim Ignorieren der Brückenwaage greift, kommt auf die Schwere des Vergehens an, die geringste Folge ist die Abmahnung. Dann folgt die Kündigung, bei schweren Vergehen, die Entlassung.
Über Nachfragen durch die VL, worin der Unterschied besteht, in der Schwere des Vergehens, wenn alle Mitarbeiter verpflichtet sind die Brückenwaage zu benützen:
Tut das jemand in der Absicht das Unternehmen zu bestehlen, ist das ein besonders schweres Vergehen.
Über Befragen durch die VL, wie das festgestellt wird: augenscheinlich.
Wenn wie im gegenständlichen Fall die Autos offenbar in böser Absicht gar nicht ins Warenwirtschaftssystem eingetragen werden, ist das für uns auch ganz schwer zu erkennen.
Über Befragen durch die VL, wie sichergestellt wird, dass die Waren ins System eingetragen werden:
Grundsätzlich ist jede Warenbewegung über die Brückenwaage zu erfassen. Diesbezüglich besteht eine Anweisung. Diese wird den Mitarbeitern über Schulungen zur Kenntnis gebracht.
Über Befragen durch den 1. Bf, wie es passieren kann, dass jemand unbemerkt an der Waage vorbeifahren kann:
Alle unsere anderen Standorte können nur direkt über die Waage befahren werden. Am gegenständlichen Standort besteht allerdings die Möglichkeit an der Waage vorbeizufahren. Dies deshalb, weil auch noch zwei weitere Firmen am Standort ansässig sind.
Über Befragen durch die VL, ob es jemanden gibt, der diese Zufahrten kontrolliert bzw. aufpasst, dass genau so etwas nicht passiert:
Dies ist nicht umsetzbar, da eine zusätzliche Kontrolle einen Verkehrsstau auf der Zufahrtsstraße verursachen würde. Es gibt niemanden der dafür abgestellt ist, diese Zufahrten zu kontrollieren. Wenn etwa der Platzleiter gegenteiliges Verhalten erkennt, weist er selbstverständlich an, die Waage zu benutzen.“
Die Beschwerdeführervertreterin brachte vor, dass es bis zu den gegenständlichen Vorfällen keine Beanstandungen gegeben habe, weshalb der Erstbeschwerdeführer berechtigt davon ausgehen habe können, dass das von ihm installierte Regel- und Kontrollsystem auch eingehalten werde. Dadurch würden auch die Vorschriften eingehalten. Mittlerweile seien alle Mitarbeiter neuerlich angewiesen worden, die Brückenwaage zu benutzen. Es sei aber richtig, dass niemand explizit dafür abgestellt sei, die Einhaltung dieser Anweisung zu kontrollieren, auch dies bis heute nicht. Es sei vielmehr so, dass jeder Mitarbeiter selbst dafür verantwortlich sei, dass jedes Fahrzeug über die Waage fahre.
Die Beschwerdeführervertreterin erläuterte weiters, dass die disziplinären Folgen hierarchisch geregelt seien. Zu oberst stehe der handelsrechtliche Geschäftsführer. Diesem unterstellt sei der Standortleiter, welcher die Disziplinarmaßnahmen nach unten weiter zu vertreten habe. Der Erstbeschwerdeführer habe ihm aufgefallene Mängel dem Standortleiter zu melden, damit diese disziplinär verfolgt werden könnten.
Sa. Ko. gab nach Wahrheitserinnerung und nach Belehrung über die Entschlagungsmöglichkeit als Zeugin befragt Folgendes an:
„Ich bin Leiterin der Abteilung Rechts- und Qualitätsmanagement der 2. Bf.
Über Befragung der BfV:
Jeder LKW-Fahrer ist verpflichtet auf die Waage zu fahren.
Über Befragung durch die VL, wie dies sichergestellt wird:
Das wissen alle LKW-Fahrer von Anfang an. Das ist an allen Standorten Usus.
Über Befragen durch die VL, wie dies kontrolliert wird:
Wir haben jährlich eine Sicherheitsunterweisung, wo die internen Regelungen besprochen werden. Jeder Mitarbeiter hat auch Zugang zu diesen Regelungen.“
Der Erstbeschwerdeführer warf ein, dass die Mitarbeiter dies auch unterschriftlich zur Kenntnis nehmen würden.
Über Befragen durch die BfV, was geschieht wenn ich oder ein Dritter wahrnimmt, dass ein LKW an der Waage vorbeifährt:
„Der LKW-Fahrer wird gefragt, ob er nur Leercontainer hat, die er tauschen muss. Wenn er nur tauschen muss, kann er ohne Waage direkt nach hinten fahren, um zu tauschen. Dann würde der LKW-Fahrer aber zur Werkstätte fahren.
Über Befragung durch die VL, wie die Angaben der LKW-Fahrer überprüft werden:
Fährt ein LKW mit Leercontainern zum Tauschen in die BA ein, ohne die Waage benutzt zu haben, muss er über die Gleiswaage. An dieser ist ersichtlich, ob er wirklich leer ist oder nicht. Zum Lagerplatz J gelangt man nur über die Gleiswaage. Ich weiß nicht, ob die Gleiswaage ans Warenwirtschaftssystem automatisch angeschlossen ist.“
Der Erstbeschwerdeführer dazu: „Ich weiß auch nicht, ob die Gleiswaage automatisch Daten ans Warenwirtschaftssystem liefert. Ich glaube allerdings nicht, da auch die LKWs der Fremdfirmen dort drüberfahren müssen.“
Die Zeugin weiter:
„Es ist mir unerklärlich, wie ein LKW ohne Waage zum Lagerplatz J gelangen konnte. Es kann sein, dass etwa in der Mittagspause es niemand sieht, wenn jemand mit böser Absicht an der Brückenwaage vorbei zum Lagerplatz J fährt.
Jeder Mitarbeiter bekommt, wenn er im Unternehmen beginnt, eine Erstunterweisung, auch werden ihm sämtliche Dokumente ausgehändigt. Darüber hinaus findet einmal jährlich eine interne Schulung statt, bei welcher auch arbeitsplatzbezogen die relevanten Vorschriften besprochen werden.
Als Konsequenz aus den Vorfällen ist es nunmehr so, dass die LKW-Fahrer auch schon einen Auftragszettel brauchen, um den Standort zu verlassen. Damit ist die Ware bevor sie überhaupt noch da ist, schon im System erfasst und zwar bezogen auf den jeweiligen LKW (verbunden mit dem Kennzeichen). Ich glaube nicht, dass dies am 5.7.2016 auch schon so war. Der Unterschied ist der, dass nunmehr ein elektronisch verbundener Auftragsschein existiert, zuvor gab es lediglich handschriftliche „Laufzettel“. Diese wurden allerdings nicht erfasst und waren somit auch nicht zu kontrollieren.“
Der Erstbeschwerdeführer ergänzte, dass nunmehr auch die LKWs über GPS erfasst und somit kontrolliert werden könnten. Nunmehr müsste es auch möglich sein, den Weg des LKW mit den beiden gegenständlichen Fahrzeugen, nachzuvollziehen.
Ing. L. gab nach Wahrheitserinnerung und nach Belehrung über die Entschlagungsmöglichkeit als Zeuge befragt Folgendes an:
„Ich bin Prokurist der Zweitbeschwerdeführerin und Standortleiter der Standorte …. Mein Büro ist in ….
Über Befragung der BfV:
Für disziplinäre Maßnahmen am Standort bin ich zuständig. Für das Büro bin ich alleine zuständig, für den Platz auch der Platzleiter, wenn ich etwa nicht da bin, ansonsten würde er mir Verfehlungen melden. Im gegenständlichen Fall hat es drei schriftliche Abmahnungen als Konsequenz gegeben, weil gegen interne Richtlinien verstoßen worden ist, und zwar weil nicht verwogen wurde. Es wurden zwei LKW-Fahrer und der Disponent abgemahnt und zwar schriftlich. Wir konnten herausfinden, welche zwei LKW-Fahrer gegenständlich betroffen waren, wissen aber bis dato nicht, wer den Auftrag dazu gegeben hat. Es ist richtig, dass seit etwa zwei bis drei Monaten alle LKWs mit einem GPS ausgestattet sind. Jetzt können sämtliche Daten, etwa wo der LKW ist oder welches Gewicht er gerade hat, elektronisch ausgelesen werden. Dies darf der Geschäftsführer mit zwei Prokuristen und der IT. Das Auftragssystem, welches die vorige Zeugin bereits beschrieben hat, existiert seit Herbst letzten Jahres. Die Lieferscheine sind nunmehr bereits im System verdatet, bevor die Ware überhaupt noch angeliefert ist. Ein Fall wie der gegenständliche ist nunmehr aus meiner Sicht unmöglich geworden, auch im Zusammenhalt mit dem GPS.“
In ihren Schlussausführungen gab die Beschwerdeführervertreterin an, dass für den Erstbeschwerdeführer ein Fall wie der gegenständliche nicht vorhersehbar gewesen sei. Er habe alles unternommen um ex ante davon ausgehen zu dürfen, dass das Regel- und Kontrollsystem funktioniere. Dieses sei nach dem gegenständlichen Vorfall wie in der heutigen mündlichen Verhandlung gezeigt, noch strenger gemacht und adaptiert worden, um solche Vorkommnisse nunmehr ausschließen zu können.
Das Verwaltungsgericht Wien sieht folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt als erwiesen an:
Der Erstbeschwerdeführer, Dipl. Ing. A. K., ist seit 16.10.2008 abfallrechtlicher Geschäftsführer der S. GmbH, welche in Wien, C.-gasse, eine genehmigte Abfallbehandlungsanlage betreibt. Die S. GmbH ist zur Sammlung und Behandlung von Abfällen berechtigt und damit gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig.
Am 5.7.2016 fand eine abfalltechnische Revision dieser Abfallbehandlungsanlage durch das Amt der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 22, statt. Im Zuge dieser Revision wurde festgestellt, dass im Lagerbereich J in zwei nicht flüssigkeitsdichten, etwa 40 m³ großen Containern zwei Fahrzeuge, nämlich ein roter Nissan sowie ein weißer Chrysler, welche beide nicht schadstoffentfrachtet waren, lagerten. Der Boden des Lagerbereich J ist nicht flüssigkeitsdicht und verfügt über keinen Mineralölabscheider. Die Lagerung solcher Abfallarten auf der Betriebsanlage ist dem Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 22 vom 20.1.2011, Zl. MA22-1500/2010, entsprechend auf den flüssigkeitsdicht ausgeführten Freiflächen F und H genehmigt.
Die beiden Fahrzeuge wurden am 6.7.2016 auf die Dichtbetonfläche der Freilagerfläche H verbracht.
Ein wirksames Regel- und Kontrollsystem konnte nicht festgestellt werden.
Zu diesen Feststellungen gelangte das Gericht auf Grund nachstehender Beweiswürdigung:
Dass anlässlich der Kontrolle am 5.7.2016 die beiden Fahrzeuge in zwei nicht flüssigkeitsdichten Containern auf der nicht flüssigkeitsdichten Freifläche J vorgefunden wurden, wurde von den beiden Beschwerdeführern nicht bestritten, nachdem der Erstbeschwerdeführer im Rahmen seiner Einvernahme vor dem erkennenden Gericht sein Vorbringen, dass es sich nicht um undichte Container gehandelt habe, zurückgezogen hat. Die objektive Tatseite wurde sohin nicht bestritten, jedoch auf das bestehende Regel- und Kontrollsystem hingewiesen.
Ein wirksames Regel- und Kontrollsystem konnte aus folgenden Erwägungen nicht festgestellt werden:
Ein wirksames Regel- und Kontrollsystem muss so beschaffen sein, dass es die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lässt; und zwar auch dann, wenn die Verstöße ohne Wissen und Willen des verantwortlichen Organs begangen worden sind (stRsp VwGH 30.6.1981, 3489/80; 30.3.1982, 81/11/0080).
Für die Darstellung eines wirksamen Kontrollsystems ist es nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erforderlich, unter anderem aufzuzeigen, welche Maßnahmen im Einzelnen der unmittelbar Übergeordnete im Rahmen des Kontrollsystems zu ergreifen verpflichtet war, um durchzusetzen, dass jeder in dieses Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter die (arbeitnehmerschutzrechtlichen) Vorschriften auch tatsächlich befolgt und welche Maßnahmen schließlich der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnungsbefugte vorgesehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, d.h. sicherzustellen, dass die auf die jeweils übergeordneten Ebenen erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung (arbeitnehmerschutzrechtlicher) Vorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchieebene gelangen und dort doch tatsächlich befolgt werden. Das entsprechende Kontrollsystem hat aber auch für den Fall eigenmächtiger Handlungen von Arbeitnehmern gegen (Arbeitnehmerschutz)Vorschriften Platz zu greifen. Es kann daher kein Vertrauen darauf geben, dass die eingewiesenen, laufend geschulten und ordnungsgemäß ausgerüsteten Arbeitnehmer die (Arbeitnehmerschutz)Vorschriften einhalten (VwGH 27.12.2011, 2010/02/0242 mwN).
Die beiden Beschwerdeführer haben in der Beschwerde und in der Einvernahme des Erstbeschwerdeführers ausgeführt, dass es sich im gegenständlichen Fall nicht bloß um ein Fehlverhalten von Mitarbeitern gehandelt haben muss, sondern um geschäftsschädigendes Verhalten. Es sei unerklärlich, wie ein oder mehrere LKWs mit den gegenständlichen Altfahrzeugen ohne die Brückenwaage benützt zu haben, in die Betriebsanlage einfahren konnten. Wäre die Brückenwaage benutzt worden, wären die Abfälle auch automatisch im Warenwirtschaftssystem verdatet worden. Unter Hinweis auf das bestehende Kontrollsystem wies der Erstbeschwerdeführer in seiner Aussage im Rahmen der mündlichen Verhandlung darauf hin, dass es neben Erstschulungen bei Neueintritt ins Unternehmen auch laufend Schulungen gebe. Auch sei ein disziplinäres Reglement etabliert. Alle Mitarbeiter seien angewiesen, dass alle Fahrzeuge, die in die Betriebsanlage kommen, über die Brückenwaage fahren müssen, ein Zuwiderhandeln stelle einen Richtlinienverstoß dar, der auch sanktioniert werde, und zwar mit einer Abmahnung bis hin zu einer Entlassung.
Bei seiner Einvernahme verwies der Erstbeschwerdeführer jedoch auf die konkrete Frage, wie die einfahrenden Fahrzeuge im Hinblick auf die Benützung der Brückenwaage kontrolliert werden, bloß auf die Anweisung aller LKW-Fahrer, über die Brückenwaage fahren zu müssen und gestand zu, dass die beiden gegenständlichen Fahrzeuge offenbar „durchs gesamte Radar gerutscht“ seien. Auch der als Zeuge befragte handelsrechtliche Geschäftsführer der Zweitbeschwerdeführerin verwies zunächst auf Schulungen und die strikte Anweisung, dass jede Warenbewegung über die Brückenwaage zu erfassen sei, gestand jedoch auf genaueres Nachfragen zu, dass niemand dafür abgestellt sei, die Zufahrten über die Brückenwaage zu kontrollieren. Es sei vielmehr so, dass jeder Mitarbeiter selbst dafür verantwortlich sei, dass jedes Fahrzeug über die Waage fährt. Die als Zeugin einvernommene Leiterin der Abteilung Rechts- und Qualitätsmanagement der Zweitbeschwerdeführerin äußerte zudem die Möglichkeit, dass etwa in der Mittagspause es niemand sehen würde, wenn ein LKW ohne die Brückenwaage zu benutzen, in die Betriebsanlage einfährt.
Die Verwirklichung der beiden gegenständlichen Delikte zeigt bereits, dass das etablierte Kontrollsystem gegenständlich nicht als ausreichend angesehen werden kann, insbesondere auch deshalb, weil sich der Erstbeschwerdeführer offenbar darauf verlassen hat, dass die LKW-Fahrer seiner Anweisung, stets die Brückenwaage bei Einfahrt in die Betriebsanlage zu benutzen, Folge leisten würden, ohne jedoch diesbezügliche Kontrollmaßnahmen vorgesehen zu haben, was auch die eben zitierten Aussagen im Rahmen der mündlichen Verhandlung belegten. Auch die Beschwerdeführervertreterin erklärte, dass niemand explizit dafür abgestellt sei, die Einhaltung dieser Anweisung zu kontrollieren, sohin jeder Mitarbeiter selbst dafür verantwortlich sei, dass jedes Fahrzeug über die Waage fährt. Damit griff das gegenständliche Kontrollsystem aber gerade für den gegenständlichen Fall eigenmächtiger Handlungen von Arbeitnehmern gegen Vorschriften, nämlich bei jeder Einfahrt die Brückenwaage zu benutzen, nicht Platz, weil der Erstbeschwerdeführer lediglich darauf vertraut hat, dass die geschulten LKW-Fahrer seiner Anweisung die Brückenwaage zu benutzen, Folge leisten würden, ohne diese Anweisung jedoch zu kontrollieren.
Dass das Kontrollsystem auch deshalb nicht als wirksam bezeichnet werden kann, zeigen nicht zuletzt auch die aufgrund der gegenständlichen Vorfälle getroffenen Maßnahmen im Sinne einer Verbesserung des Regel- und Kontrollsystems bei der Zweitbeschwerdeführerin, wie etwa die Anschaffung der Teleskopspiegel, um die Inhalte der Container leichter kontrollieren zu können, oder die Einführung der elektronischen Auftragsscheine, die es ermöglicht, die Waren bevor sie überhaupt noch in der Betriebsanlage eintreffen, bereits elektronisch im System zu erfassen, oder auch die Ausstattung der LKWs mit GPS, um deren Wege oder auch deren Gewichte überprüfen zu können.
Aus den dargelegten Gründen konnte daher ein wirksames Regel- und Kontrollsystem nicht festgestellt werden.
Die übrigen Feststellungen gründen sich auf den unbestritten gebliebenen und unbedenklichen Akteninhalt, der nicht in Zweifel zu ziehen war. Insbesondere ergaben sich weder aus der Beschwerde noch aus dem sonstigen Vorbringen im behördlichen Verfahren irgendwelche Anhaltspunkte, die es erlaubt hätten, die Richtigkeit des Akteninhalts in Frage zu ziehen.
Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:
Gemäß § 37 Abs. 1 AWG 2002 bedarf die Errichtung, der Betrieb und die wesentliche Änderung von ortsfesten Behandlungsanlagen der Genehmigung der Behörde. Die Genehmigungspflicht gilt auch für ein Sanierungskonzept gemäß § 57 Abs. 4.
Gemäß § 2 Z 2 der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über die Abfallvermeidung, Sammlung und Behandlung von Altfahrzeugen (Altfahrzeugeverordnung), StF. BGBl. II Nr. 407/2002, idgF, bezeichnet der Begriff „Altfahrzeug“ Fahrzeuge, die im Sinne von § 2 Abs. 1 AWG 2002, , als Abfall gelten; Oldtimer gelten nicht als Altfahrzeuge im Sinne dieser Verordnung.
Gemäß Anlage 1 Z 2.1. dieser Verordnung dürfen Altfahrzeuge nur in geeigneten Bereichen mit undurchlässiger Oberfläche, Auffangeinrichtungen und Abscheidern für auslaufende Flüssigkeiten und fettlösende Reinigungsmittel gelagert werden.
Gemäß Z 2.2. leg.cit. ist bei Lagerung im Freien das auf der Lagerfläche anfallende Niederschlagswasser über einen Abscheider entsprechend den geltenden wasserrechtlichen Bestimmungen zu reinigen.
Gemäß § 79 Abs. 1 Z 9 AWG 2002 begeht – sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist – eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 850 € bis 41 200 € zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 4 200 € bedroht, wer eine Behandlungsanlage errichtet, betreibt oder ändert, ohne im Besitz der nach § 37 erforderlichen Genehmigung zu sein.
Gemäß § 79 Abs. 2 Z 1 AWG 2002 begeht – sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist – eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 450 € bis 8 400 € zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 2 100 € bedroht, wer den Vorschriften einer Verordnung gemäß § 4, § 5 Abs. 2, § 13a Abs. 1a, § 14 Abs. 1 oder 2b oder § 23 Abs. 1 oder 2, ausgenommen Aufzeichnungs-, Aufbewahrungs-, Vorlage-, Nachweis- und Meldepflichten, zuwiderhandelt.
Die objektiven Tatbestände der gegenständlichen Verwaltungsübertretungen blieben unbestritten, nachdem die beiden Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung ihr Vorbringen betreffend die Dichtheit der Container nicht mehr aufrecht hielten. Es steht somit fest, dass die beiden Altfahrzeuge entgegen dem Genehmigungsbescheid nicht auf der vorgesehenen Freifläche, sondern auf der ungeeigneten Freifläche J gelagert waren. Die beiden Altfahrzeuge sind als gefährlicher Abfall einzustufen und der Schlüsselnummer 35203 „Fahrzeuge, Arbeitsmaschinen und -teile, mit umweltrelevanten Mengen an gefährlichen Anteilen oder Inhaltsstoffen (zB Starterbatterien, Bremsflüssigkeit, Motoröl)“ zuzuordnen. Damit war die jeweilige objektive Tatseite der vorgeworfenen Delikte erfüllt.
Bei den verfahrensgegenständlichen Verwaltungsübertretungen handelt es sich um Ungehorsamsdelikte, weil zum Tatbestand weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört und die Verwaltungsvorschriften über das zur Strafbarkeit erforderliche Verschulden nichts bestimmen. In einem solchen Fall ist gemäß § 5 Abs. 1 VStG Fahrlässigkeit anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Dies bedeutet, dass der Beschuldigte initiativ alles darzulegen hat, was für seine Entlastung spricht.
Da – wie bereits in der Beweiswürdigung dargelegt wurde - kein wirksames Kontrollsystem vorhanden war, sind die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen dem Erstbeschwerdeführer als abfallrechtlichen Geschäftsführer auch subjektiv vorzuwerfen. Dem Erstbeschwerdeführer ist es nicht gelungen, sein fehlendes Verschulden durch Errichtung eines wirksamen Regel- und Kontrollsystems glaubhaft zu machen. Es war daher von fahrlässiger Begehung auszugehen.
Der Erstbeschwerdeführer hat daher die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen in objektiver wie auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten.
Zur Strafbemessung:
Gemäß § 10 VStG richtet sich die Strafart und der Strafsatz nach den Verwaltungsvorschriften, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist. In Anbetracht der Bestimmungen des § 79 Abs. 1 und 2 AWG 2002 war von einem bis zu EUR 41200 bzw. EUR 8400 reichenden gesetzlichen Strafrahmen auszugehen. Das Ausmaß der Ersatzfreiheitsstrafe richtet sich nach § 16 Abs. 3 VStG und beträgt zwei Wochen.
Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Gemäß Abs. 2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Unter Berücksichtigung der Eigenheiten des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen.
Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Gemäß § 16 Abs. 2 letzter Satz VStG ist die Ersatzfreiheitsstrafe ohne Bedachtnahme auf § 12 VStG nach den Regeln der Strafbemessung festzusetzen.
Übertretungen betreffend Spruchpunkt 1.) des Straferkenntnisses sind gemäß § 79 Abs. 1 AWG 2002 für denjenigen, der gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, mit einer Mindeststrafe von EUR 4200 bis EUR 41200 bedroht.
Übertretungen betreffend Spruchpunkt 2.) des Straferkenntnisses sind gemäß § 79 Abs. 2 AWG 2002 für denjenigen, der gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, mit einer Mindeststrafe von EUR 2100 bis EUR 8400 bedroht.
Die vorliegenden Übertretungen schädigten in nicht unerheblichem Maße die durch die Strafdrohungen als schutzwürdig erkannten öffentlichen Interessen an der ordnungs- bzw. konsensgemäßen Lagerung von Altfahrzeugen sowie am konsensgemäßen Betrieb einer Abfallbehandlungsanlage, weshalb der objektive Unrechtsgehalt der Übertretungen, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, nicht als geringfügig zu bewerten war, sondern an sich schon als bedeutend.
Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.
Für das beträchtliche Überwiegen der Milderungsgründe gegenüber den Erschwerungsgründen kommt es nicht auf die Zahl der Milderungs- und Erschwerungsgründe, sondern ausschließlich auf deren Bedeutung im Rahmen des konkreten Sachverhaltes an (VwGH 15.12.1989 Slg 13088 A, 89/09/0100; 27.2.1992, 92/02/0095).
Auf die Anwendung der Bestimmung des § 20 VStG besteht nach der Rechtsprechung des VwGH ein Rechtsanspruch (VwGH 31.1.1990, 89/03/0027, VwGH 27.5.1992, 92/02/0158; ebenso VwGH 20.1.1993, 92/02/0280; 28.5.1993, 93/02/0092). § 20 VStG räumt der Behörde trotz der Verwendung des Wortes „kann“ kein Ermessen ein (VwGH 31.1.1990, 89/03/0027, ebenso VwGH 30.10.1991, 91/09/0124; 30.10.1991, 91/09/0086; 21.5.1992, 92/09/0015; 2.9.1992, 92/02/0150).
Die Strafe konnte in Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung gemäß § 20 VStG aus folgenden Gründen herabgesetzt werden:
Nach dem glaubhaften und schlüssigen Vorbringen des Erstbeschwerdeführers im Zusammenhalt mit den Aussagen der in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen kann von einem großen Bestreben des Erstbeschwerdeführers, ein ausreichendes Regel- und Kontrollsystem zu etablieren, wobei er aber auf die Einhaltung seiner Anweisungen durch die Mitarbeiter vertraut hat, ausgegangen werden. Es bestand sohin ein offensichtliches Bemühen um ein rechtskonformes Handeln. Darüber hinaus wurde die rechtswidrige Lagerung der beanstandeten Altfahrzeuge bereits an dem der Kontrolle darauffolgenden Tag, sohin sehr rasch, beseitigt, indem die beiden Altfahrzeuge konsensgemäß auf die dafür genehmigten Freifläche verbracht wurden. Mildernd war weiters die nach der Aktenlage zur angelasteten Tatzeit bestandene verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Erstbeschwerdeführers. Erschwerend war kein Umstand. Somit überwiegen die Milderungsgründe beträchtlich und konnte eine außerordentliche Strafmilderung gemäß § 20 VStG vorgenommen werden.
Weiters war bei der Strafbemessung auf Folgendes Bedacht zu nehmen:
Der Erstbeschwerdeführer war sichtlich bemüht, rechtskonform zu handeln, weshalb von einem im Vergleich mit dem typisierten Unrechts- und Verschuldensgehalt der Strafnorm geringen Verschulden in Form von leichter Fahrlässigkeit auszugehen war.
Die wirtschaftliche Lage des Erstbeschwerdeführers war entsprechend seiner Angaben in der mündlichen Verhandlung als überdurchschnittlich zu werten.
Gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG hat die Behörde von der Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind.
Gemäß § 45 Abs. 1 zweiter Satz VStG kann die Behörde, anstatt die Einstellung zu verfügen, dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.
Im gegenständlichen Fall sind die gesetzlichen Voraussetzungen für ein Absehen von der Fortführung des Strafverfahrens und eine Einstellung gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG sowie eine Ermahnung gemäß § 45 Abs. 1 zweiter Satz VStG schon deshalb nicht erfüllt, da die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Übertretungen keinesfalls als gering anzusehen waren.
Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe sowie die für die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen vorgesehenen Strafrahmen erscheinen die nunmehr verhängten Strafen angemessen. Sie erscheinen auch aus general- und spezialpräventiven Erwägungen erforderlich, um die Begehung derartiger Übertretungen in Hinkunft hintanzuhalten.
Die gemäß § 16 Abs. 2 letzter Satz VStG zu bestimmenden Ersatzfreiheitsstrafen wurden ohne Bedachtnahme auf § 12 VStG nach den Regeln der Strafbemessung festgesetzt und erscheinen ebenfalls angemessen.
Die Auferlegung des Beitrages zu den Kosten des Verfahrens der belangten Behörde gründet sich auf die im Spruch genannte Gesetzesstelle. Der Haftungsausspruch stützt sich auf § 9 Abs. 7 VStG.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Verwaltungsgericht Wien hat sich an der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes orientiert und eine entsprechende Beweiswürdigung vorgenommen. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Behandlungsanlage; Änderungen; keine Genehmigung; Kfz; Flüssigkeiten; Mineralölabscheider; außerordentliche StrafmilderungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.001.004.15512.2016Zuletzt aktualisiert am
06.03.2018