Entscheidungsdatum
02.02.2018Index
60/02 ArbeitnehmerschutzNorm
ASchG §130 Abs5 Z1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Cordes über die Beschwerde des Herrn R. S., vertreten durch Rechtsanwalt, vom 09.02.2017, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 09.01.2017, Zl. S 10278/15, wegen Übertretung des § 90 Abs. 1 BauV iVm § 130 Abs. 5 Zi. 1 AschG nach Durchführung einer Verhandlung am 29.5.2017
zu Recht e r k a n n t:
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insoweit Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe von 1.120 Euro auf 600 Euro, und die Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen und 19 Stunden auf 1 Tag herabgesetzt wird.
II. Dementsprechend wird der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens von der Verwaltungsbehörde auf 60 Euro, das sind 10 % der verhängten Geldstrafe, reduziert.
III. Der Beschwerdeführer hat daher gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.
IV. Gemäß § 9 Abs. 7 VStG haftet die J. GmbH für die über den Beschuldigten verhängte Geldstrafe und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.
V. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Abs. 1 VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Das bekämpfte Straferkenntnis vom 09.01.2017, Zl. MBA ... – S 29423/14 lautet wie folgt:
„Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit zur Vertretung nach außen Berufener (§ 9 VSTG 1991) der Fa. J. GmbH mit Sitz in Wien, J.-straße, zu verantworten, dass diese Gewerbetreibende es unterlassen hat, am 4.7.2014 auf der Baustelle in Wien, St.-gasse, bei Arbeiten zum Ersatz von Dachziegeln für das Betreten der nicht durchbruchsicheren Dachflächen für entsprechende Schutzmaßnahmen - entweder durch Anbringung einer geeigneten Unterdachkonstruktion oder Verwendung geeigneter Lauf- und Arbeitsstege bzw. Dachleitern oder durch Bereitstellung persönlicher Schutzausrüstungen gegen Absturz (für den Arbeitnehmer E. K., geb. 1990) - zu sorgen.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 90 Abs. 1 der Bauarbeiterschutzverordnung - BauV, BGBl. Nr. 340/94, in Verbindung mit § 130 Abs. 5 Z 1 des Arbeitnehmer/innenschutzgesetzes - AschG, BGBl. Nr. 450/1994, jeweils in der geltenden Fassung.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von € 1.120,00, falls diese uneinbringlich ist,
Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen und 19 Stunden
gemäß § 130 Abs. 5 AschG 1994.
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:
€ 112,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe (mindestens jedoch € 10,00 je Übertretung).
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher € 1.232,00.
Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen.
Die J. GmbH haftet für die mit diesem Bescheid über den zur Vertretung nach außen Berufenen, Herrn R. S., verhängte Geldstrafe von € 1.120,00 und die Verfahrenskosten in der Höhe von € 112,00 sowie für sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen gemäß § 9 Abs.7 VStG zur ungeteilten Hand.“
Gegen dieses Straferkenntnis richtete sich nachstehende rechtzeitig eingebrachte Beschwerde:
„BESCHWERDE
an das sachlich zuständige Verwaltungsgericht.
1.Sachverhalt:
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde mir zur Last gelegt, dass ich es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der J. GesmbH zu verantworten hätte, dass diese es unterlassen habe, am 4.7.2014 auf der Baustelle in Wien, St.-gasse, bei Arbeiten zum Ersatz von Dachziegeln für das Betreten der nicht durch bruchsicheren Dachflächen für entsprechende Schutzmaßnahmen - entweder durch Anbringung einer geeigneten Unterdachkonstruktion oder Verwendung geeigneter Laufund Arbeitsstege bzw. Dachleitern oder durch Bereitstellung persönlicher Schutzausrüstungen gegen Absturz für den Arbeitnehmer E. K. - zu sorgen
Ich hätte damit § 90 Abs. 1 BauV iVm §130 Abs. 5 Z1 ASchG idgF verletzt und wurde über mich eine Geldstrafe von € 1120,00 im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen und 19 Stunden gemäß § 130 Abs. 5 ASchG verhängt sowie weiters einen zehnprozentigen Kostenbeitrag zu leisten.
Begründet wurde die Entscheidung im Wesentlichen damit, dass ich als handelsrechtlicher Geschäftsführer für die Übertretungen des Arbeitnehmer Schutzes gemäß § 9 VStG hafte. Bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung handle es sich um ein Ungehorsamsdelikt weshalb eine Umkehr der Beweislast eintrete. Es läge kein ausreichendes Kontrollsystem vor. Dies ergebe sich auch aus einem wegen eines weiteren Arbeitsunfalles vom 24.8.2016 noch einzuleitenden Verwaltungsstrafverfahren, weshalb mein Vorbringen als Schutzbehauptung zu werten und somit auch die subjektiven Voraussetzungen für die Strafbarkeit zweifelsfrei als erwiesen anzusehen wären.
2. Zulässgkeit und Rechtzeitigkeit der Beschwerde:
Über Rechtsmittel gegen gegenständliche Strafereknntnisse des Magistrates der Stadt Wien entscheiden die Verwaltungsgerichte.
Der angefochtene Bescheid wurde dem Vertreter des Beschwerdeführers durch persönliche Übernahme am 12.1.2017 durch den ausgewiesenen Vertreterzugestellt, die Beschwerde ist daher rechtzeitig.
3. Beschwerdepunkte:
Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Unterlassung einer Bestrafung für eine Verwaltungsübertretung verletzt, die er nicht begangen hat.
4. Beschwerdegründe:
1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wird mir zur Last gelegt, dass ich nicht entweder durch Anbringung einer geeigneten Unterdachkonstruktion oder Verwendung geeigneter Lauf- und Arbeitsstege bzw. Dachleitern oder durch Bereitstellung persönlicher Schutzausrüstungen gegen Absturz für den Arbeitnehmer E. K. gesorgt hätte. Demgemäß wird mir angelastet, dass keine der drei Alternativen zum Schutz des Arbeitnehmers ergriffen worden wäre, was die strafbare Übertretung bewirkt habe.
Dabei lässt die Erstbehörde aber völlig den Umstand unberücksichtigt, dass ich in der schriftlichen Rechtfertigung vom 31.7.2015 ausdrücklich vorgebracht habe, dass seitens der Arbeitgeberin sämtliche Behelfe und Geräte wie Dachleitern, Seile samt Absturzsicherungen etc. bereitgestellt worden sind. Damit habe ich ausdrücklich vorgebracht, dass ich meiner Sorgeverpflichtung im Sinne der dritten Alternative des rechtmäßigen Alternativverhaltens im Spruch nachgekommen bin, womit für eine Pönalisierung meines Verhaltens entsprechend dem Spruch des Straferkenntnisses kein Raum mehr besteht.
Mit dieser Rechtfertigung setzt sich die Erstbehörde in der Begründung in keiner Weise auseinander, insbesondere wird weder dargelegt, ob sie dieser Rechtfertigung Glauben schenkt oder aus welchen Gründen auch nicht: Der einzige Hinweis findet sich im letzten Absatz der Seite 4 unten, in dem - jedoch im Zusammenhang mit den subjektiven Voraussetzungen ausgeführt wird, dass die Vorbringen als Schutzbehauptungen zu qualifizieren seien. Bei der Frage, ob Schutzausrüstungen bereitgestellt worden sind, handelt es sich aber um objektive Tatbestandsmerkmale.
Straferkenntnisse sind nachvollziehbar zu begründen. Dazu ist es erforderlich darzulegen, welche Tatsachen die Behörde als erwiesen annimmt und auf Grund welcher Beweisergebnisse sie zu diesem Ergebnis gelangt. Im vorliegenden Fall ist dem Straferkenntnis nicht zu entnehmen, ob die Erstbehörde davon ausgeht, dass Schutzausrüstung bereitgestellt worden ist, noch auf Grund welcher Beweisergebnisse sie davon ausgeht, dass das nicht der Fall war, ein Umstand der die Strafbarkeit im Sinne des Spruches erst begründen kann.
Das Straferkanntnis ist daher nicht nachvollziehbar und mit einem Begründungsmangel behaftet, der eine Bestrafung ausschließt.
2. Unzutreffend ist weiters die Rechtsauffassung der belangten Behörde, wonach ich als handelsrechtlicher Geschäftsführer für derartige Ungehorsamsdelikte zu haften hätte. Die Erstbehörde legt in ihrer Begründung dar, dass eine gewisse Hierarchie hinsichtlich des Kontrollsystems zur Entlastung erforderlich wäre. Genau dieser Umstand liegt im gegenständlichen Fall vor, da für die Einhaltung sämtlicher gewerberechtliche Vorschriften, wozu im vorliegenden Fall auch der Arbeitnehmerschutz gehörte, dev eigens bestellte gewerberechtliche Geschäftsführer zuständig ist und war. Dies war auch der Grund, warum auch der gewerberechtliche Geschäftsführer für die Prüfung der Befähigung sowie die Entscheidung für die Aufnahme des Arbeitnehmers und nicht ich als handelsrechtlicher Geschäftsführer zuständig war. Meine Mithaftung für das gegenständliche Gehorsamsdelikt ist daher rechtlich nicht gedeckt.
3. Die Erstbehörde erachtet die subjektiven Voraussetzungen für die Strafbarkeit deshalb als zweifelsfrei gegeben, da aufgrund eines Vorfalls vom 24.8.2016, sohin mehr als zwei Jahre nach dem gegenständlichen Vorfall, sich ein weiterer Arbeitsunfall ereignet hätte und in den nächsten Tagen ein Verwaltungsstrafverfahren einzuleiten wäre.
Eine derartige Begründung für das Verschulden ist aus folgenden Gründen nicht stichhältig::
Zunächst ist dieser neue, mir offenbar zur Last gelegte Tatbestand weder erwiesen noch hatte ich überhaupt Gelegenheit dazu Stellung zu nehmen: Es steht weder fest, dass ich diese Übertretung, die zur Begründung des gegenständlichen Straferkenntnisses herangezogen wird, begangen habe. Weiters ist aber ein Verhalten zwei Jahre nach dem Tatzeitpunkt keinesfalls geeignet, ein Verschulden für eine Übertretung lange davor zu begründen.
Da sohin die subjektiven Voraussetzungen aus den angeführten Gründen für eine Bestrafung nicht Vorlagen, hätte die Erstbehörde das gegen mich eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einstellen müssen.
4. Bei der Bemessung der Strafe wurde von der Erstbehörde der objektive Unrechtsgehalt der Tat aufgrund des tatsächlich eingetretenen Arbeitsunfalls als überdurchschnittlich angesehen und offensichtlich aus diesem Grund nicht die Mindestgeldstrafe, sondern eine Strafe weit darüber festgesetzt. Dabei wird jedoch übersehen, dass es sich um ein Ungehorsamsdelikt handelt, daher für die Beurteilung des Verschuldens nur die Übertretung an sich, nicht jedoch die Folgen des Verhaltens pönalisiert sind. Insoweit greift daher auch nicht die Beweislastumkehr, da diesfalls nicht die abstrakte Gefährdung, sondern die Folgen eines strafbaren Verhaltens zu beurteilen wären, womit die Unschuldsvermutung im Sinne des § 8 StPO bzw. Art 48 Abs. 1 der Grundrechtecharta der EU samt Beweispflicht der Strafverfolgungsbehörde zu greifen hätte. Für die Unfallsfolgen ist nicht die Verwaltungsstrafbehörde, sondern die Strafjustiz zuständig, wobei - wie auch die Erstbehörde zutreffend feststellt - mich strafrechtlich, wenn überhaupt, nur ein geringes Verschulden an dem Arbeitsunfall getroffen hätte. Allfällige Unfallsfolgen hätten daher bei der Bemessung der Strafe zur Gänze außer Betracht gelassen werden müssen. Da damit feststeht, dass nur ein Milderungsgrund und kein Erschwernisgrund vorliegt, hätte die Erstbehörde mit der im Gesetz vorgesehenen Mindeststrafe bei richtiger rechtlicher Beurteilung das Auslangen finden müssen.
5. Die verhängte Geldstrafe ist auch der Höhe nach nicht nachvollziehbar: bei der Ausweisung der Geldstrafe sind sowohl das Verschulden, als auch die Einkommensverhältnisse zu berücksichtigen. Es ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber beim Strafrahmen von durchschnittlichen Vermögens- und Einkommensverhältnissen ausgegangen ist, so dass bei einem Überwiegen der Milderungsgründe die Mindeststrafe als angemessen anzusehen ist.
6. In diesem Zusammenhang stellte das Erstgericht weiters fest, dass erschwerend kein Umstand vorhanden war und als mildernd die bisherige verwaltungsstrafgerichtliche Unbescholtenheit gewertet worden ist. Warum bei diesem Sachverhalt nicht die Mindeststrafe verhängt worden ist, erscheint nicht nachvollziehbar. Wie die Erstbehörde selbst ausführt, werde verwaltungsstrafrechtlich nicht nur ich, sondern auch der andere handelsrechtliche und gewerberechtliche Geschäftsführer, und zwar hinsichtlich der Strafhöhe jeweils zur Gänze in Anspruch genommen, wofür auch gemäß dem Spruch des Straferkenntnisses die Gesellschaft in vollem Umfang mithaftet, weshalb sich die verhängte Strafe je nach Anzahl der mithaftenden Personen vervielfacht. Richtigerweise hätte die Erstbehörde diesen Umstand bei der Strafbemessung mitberücksichtigen und die jeweils verhängten Strafen entsprechend geringer ausmessen müssen.
Im Hinblick darauf stelle ich daher nachstehende
ANTRÄGE:
Das Verwaltungsgericht möge
1. gemäß § 44 VwGVG eine mündliche Verhandlung durchführen und sodann
2. das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufheben und das Verfahren gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 VStG einstellen;
in eventu
das Verfahren gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 letzter Satz VStG unter Erteilung einer Ermahnung einstellen;
in eventu
die Strafhöhe auf ein tat- und schuldangemessenes Maß herabsetzen
3. dem Beschwerdeführer den unten angeführten Aufwandersatz zuerkennen.“
Auf Grund dieser Beschwerde fand vor dem Verwaltungsgericht Wien eine Verhandlung statt. Im Zuge dieser ergänze der Beschwerdeführervertreter das Vorbringen wie folgt:
Zunächst wird ausgeführt, dass auch das Verfahren gegen J. S. mittlerweile von der Staatsanwaltschaft eingestellt wurde und daher die Gefahr der Doppelbestrafung nicht mehr vorliegt.
Darüber hinaus wird vorgelegt das Gutachten des Bezirksgerichtes ... zur Zahl GA ... vom 25.8.2015 und dazu ausgeführt, dass der Gutachter zu widersprüchlichen Ergebnissen kommt und verweist in diesem Zusammenhang auf S. 23 des Gutachtens, 3. Absatz und der Widerspruch bestehe darin, dass in der Folge unter Punkt 8.4. dennoch offenbar der Vorwurf gemacht wurde, dass nicht hinreichende Sicherheitsmittel eingesetzt wurden.
Eingestanden wird von Seiten des AI. dass natürlich die Errichtung von Sicherheitsmaßnahmen einen zusätzlichen Zeitaufwand bedeutet. Ausdrücklich bestritten wird, dass diese zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen nur ungesichert erfolgen können, und zwar wäre jedenfalls möglich gewesen, Sicherheitsmaßnahmen unterhalb der Dachfläche aus dem gesicherten Dachbodenbereich heraus zu treffen, welche beim erstmaligen Betreten des Daches für einen entsprechenden Durchbruchschutz hätten sorgen können. Die Bauarbeiterschutzverordnung sieht nicht nur die Dachleitern als ein mögliches Durchbrechen gegen nicht durchbruchsichere Dachflächen vor, sondern auch die Anbringung von Unterspanntafeln welche wie bereits erwähnt im gesicherten Dachbodenbereich hätten verwendet werden können, wodurch ein Durchbrechen verhindert hätte werden können und die Maßnahme nicht ungesichert getroffen hätte werden müssen.
Dazu bezugnehmend repliziert der BFV auf Punkt 8.3. des Gutachtens wonach das Einnetzen eines Dachstuhles mittels Auffangnetzes unter der Dachfläche aufgrund der bestehenden Holzkonstruktion sehr schwierig sei und dieser für den Tausch einzelner Dachziegel auf keinen Fall eine wirtschaftliche vertretbare Lösung darstellt. Bezogen auf S. 11, letzter Absatz. Im Übrigen wird noch auf die Gesamtheit des Punkt 8.3. verwiesen, in dem der Sachverständige sämtliche mögliche Sicherheitsmaßnahmen aufgezählt hat.
Der Mitarbeiter des Arbeitsinspektorates gab wahrheitserinnernd zu Protokoll wie folgt:
Ich bin vor Ort auf die Baustelle gekommen, zu diesem Zeitpunkt war die Baustelle bereits beendet, weil die Arbeiten abgeschlossen waren. Ich bin auf den Dachboden getreten, dort habe ich den Juniorchef der Firma S. angetroffen, er hat mir dann die Stelle des Unfalles gezeigt. Bei der Durchführung der Arbeiten ist der Verunfallte durchgebrochen und hat am Boden des Dachgeschoßes aufgeschlagen. Angeblich war der Verunfallte angeseilt, zum Erhebungszeitpunkt konnte ich davon nichts mehr feststellen. Wenn er angeseilt war, dann war er nicht richtig angeseilt. Ich habe den Verunfallten nicht angetroffen, aber auch keine Spuren des Sicherungsmaterials vorgefunden. Dann sind wir wieder gegangen. Es gab in diesem Zusammenhang Anfragen des Magistrates, ob der Unfall angezeigt worden ist.
Der Zeuge gibt über Befragung durch den Vertreter des AI. an:
Von der Polizei kam ein Unfallbericht, in diesem polizeilichen Unfallbericht ist auch angemerkt gewesen, dass der Verunfallte nicht angeseilt war.
Dem Zeugen werden die Fotos, Aktblatt 4, gezeigt und er bestätigt, dass diese die Unfallörtlichkeit zeigen.
Der BFV ergänzt das Vorbringen, indem er auf die Aussage des Verunfallten von AS. 27 im Strafverfahren verweist, wonach er angibt, dass er seinen Sicherheitsgurt angelegt und diesem am Kamin angehängt habe, der Sicherungsgurt war zu lang. Es wird eine Kopie der Aussage vorgelegt und als Beilage ./A zum Akt genommen wird.
Auf Grund der vom Verwaltungsgericht Wien durchgeführten Ermittlungen geht das Gericht vom vorliegenden folgenden Sachverhalt aus:
Der Beschwerdeführer vertritt seit 18.1.2000 als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit zur Vertretung nach außen Berufener (§ 9 VSTG 1991) die Fa. J. GmbH mit Sitz in Wien, J.-straße, und hat in dieser Eigenschaft hat er zu verantworten, dass diese Gewerbetreibende es unterlassen hat, am 4.7.2014 auf der Baustelle in Wien, St.-gasse, bei Arbeiten zum Ersatz von Dachziegeln für das Betreten der nicht durchbruchsicheren Dachflächen für entsprechende Schutzmaßnahmen - entweder durch Anbringung einer geeigneten Unterdachkonstruktion oder Verwendung geeigneter Lauf- und Arbeitsstege bzw. Dachleitern oder durch Bereitstellung persönlicher Schutzausrüstungen gegen Absturz (für den Arbeitnehmer E. K., geb. 1990) - zu sorgen.
Zu diesem Beweisergebnis gelangt das Verwaltungsgericht Wien auf Grund folgender Überlegungen:
In keinem Stande des Verfahrens wurde das Fehlen von Schutzmaßnahmen bestritten. Bestritten wurde jedoch das Verschulden unter Hinweis auf die Bereitstellung der Schutzeinrichtungen………………
In rechtlicher Hinsicht ist dazu auszuführen wie folgt:
Zur objektiven Tatseite ist auszuführen wie folgt:
Gemäß der gegenständlichen Rechtsvorschrift,§ 90 Abs. 1 Bauarbeiterschutzverordnung in der zum Tatzeitpunkt gültigen Fassung, BGBl. Nr. 340/1994 zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 77/2014dürfen nicht durchbruchsichere Dachflächen nur betreten werden, wenn Sicherungsmaßnahmen nach Abs. 2 bis 7 getroffen sind.
(2) Geeignete Sicherungsmaßnahmen gegen Durchbrechen sind:
1. Unterdachkonstruktionen, wie volle Schalung, Unterspanntafeln oder korrosionsbeständiges Maschendrahtgitter,
2. Lauf- und Arbeitsstege,
3. Dachleitern.
(3) Lauf- und Arbeitsstege müssen bei Dachneigungen bis 20 ° und bei einer Verlegerichtung der Eindeckungselemente parallel zum Dachsaum mit einer Breite von mindestens 25 cm verlegt sein. In den übrigen Fällen müssen sie mit einer Breite von mindestens 50 cm verlegt sein. Beträgt die Dachneigung mehr als 20 °, müssen Lauf- und Arbeitsstege gegen unbeabsichtigtes Verschieben bzw. Abrutschen gesichert sein. Sie müssen bei einer Dachneigung von mehr als 10 ° mit Trittleisten und bei einer Dachneigung von mehr als 30 ° mit Stufen versehen sein.
(4) Dachleitern dürfen ohne zusätzliche Maßnahmen gegen Durchbrechen bei Dachneigungen von 20 ° bis 75 ° verwendet werden. Bei Dachneigungen unter 20 ° dürfen sie nur verwendet werden, wenn durch geeignete Maßnahmen, wie Unterspanntafeln, ein Durchbrechen zwischen den Sprossen vermieden wird.
(5) Beträgt die Absturzhöhe ins Innere des Bauwerkes mehr als 5,00 m, ist eine der folgenden Schutzmaßnahmen gegen Absturz zu treffen:
1. Unterdachkonstruktionen nach Abs. 2 Z 1,
2. Fanggerüste nach § 59 Abs. 2 bis 5,
3. Auffangnetze nach § 10 Abs. 2,
4. die Sicherung der Arbeitnehmer durch Absturzsicherungssysteme als persönliche Schutzausrüstung, wenn geeignete Anschlagpunkte zur Verfügung stehen.
(6) Der Gefahrenbereich unterhalb von nicht durchbruchsicheren Dachflächen muß entsprechend abgesperrt und durch Warnschilder gekennzeichnet sein.
(7) Bei Ausführung von Maurer-, Verputz-, Gerüst- und ähnlichen Arbeiten auf nicht durchbruchsicheren Dachflächen, bei denen zu erwarten ist, daß durch die Art der Arbeiten größere Belastungen auftreten, müssen die Arbeitsplätze und Verkehrswege so hergestellt und gestaltet sein, als ob das Dach nicht eingedeckt wäre.
Auf Grund obiger Sachverhaltsfeststellungen war von der Erfüllung der inkriminierten Missachtung dieser Vorschriften auszugehen, weshalb das Straferkenntnis dem Grunde nach zu bestätigen war.
Der Rechtsmittelwerber hat keinerlei Vorbringen welches sich auf die Nichterfüllung des Tatbestandes in subjektiver Hinsicht bezieht, erstattet.
Das Verschulden des Rechtsmittelwerbers ist erwiesen, da weder hervorgekommen ist, noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen war, dass die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.
Zur Strafhöhe ist auszuführen wie folgt:
Gemäß der heranzuziehenden Strafsanktionsnorm, § 130 Abs. 5 Arbeitsschutzgesetz 11994 in der zum Tatzeitpunkt gültigen Fassung, BGBl. Nr. 450/1994 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 71/2013, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 166 bis 8324 €, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 333 bis 16659 € zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in
1. den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt, oder
2. die nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden bescheidmäßigen Vorschreibungen nicht einhält.
Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist die Grundlage der Bemessung der Strafe das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Gemäß Abs. 2 leg. cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfälligen Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Die Einkommens, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Das der Bestrafung zugrundeliegende Verhalten schädigt in hohem Maße das vom Gesetz geschützte Interesse am Schutz von Arbeitern auf Baustellen mit einbruchgefährdeten Decken und ist daher der Unrechtsgehalt der Tat als hoch einzustufen, zumal das Eischreiten der Behörde auf Grund eines Arbeitsunfall erfolgte.
Auf das Verschulden des Rechtsmittelwerbers, das nicht als geringfügig angesehen werden kann, wurde bereits eingegangen.
Eine Herabsetzung der Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe erschien lediglich auf Grund der erstmals im Beschwerdeverfahren bekanntgegebenen schlechten Einkommens und Vermögenslage vertretbar;
Angesichts des Umstandes, dass das nunmehr verhängte Strafausmaß lediglich
7 % der Höchststrafe beträgt, erscheint dieses durchaus angemessen und auch keinesfalls zu hoch.
Auch die Ersatzfreiheitsstrafe berücksichtigt die oben angeführten Strafzumessungsgründe mit Ausnahme der persönlichen Verhältnisse
Aus all diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die angeführte Gesetzesstelle.
Zum Ausspruch der Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche (über den Einzelfall hinausgehende) Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Ersatz von Dachziegel; Dachfläche; SchutzmaßnahmenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.042.030.2638.2017Zuletzt aktualisiert am
05.03.2018