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22/02 Zivilprozessordnung;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Rigler, Dr. Pelant und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des VN in W, geboren am 15. April 1973, vertreten durch Dr. Johannes Leon, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Reichsratsstraße 5, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 3. November 1998, Zl. 205.033/0-IV/10/98, betreffend Zurückweisung einer Berufung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 12. August 1998 wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 Asylgesetz 1997 - AsylG, BGBl. I Nr. 76, ab (Spruchpunkt I.); zugleich sprach es aus, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Bundesrepublik Jugoslawien gemäß § 8 AsylG nicht zulässig sei (Spruchpunkt II.). Es ordnete die Zustellung dieses Bescheides zu eigenen Handen des Beschwerdeführers an.
Laut der im Akt erliegenden Kopie des Rückscheins wurde der Bescheid am 19. August 1998 vom Beschwerdeführer persönlich übernommen. Der Kopie des Rückscheins ist weiter zu entnehmen, dass am selben Tag (19. August 1998) ein erster Zustellversuch vorgenommen worden war, bei dem der Zusteller den Beschwerdeführer nicht angetroffen und eine Ankündigung eines zweiten Zustellversuches an der Abgabestelle zurückgelassen hatte.
Gegen den genannten Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 3. September 1998 (Datum der Postaufgabe) Berufung. Mit Bescheid vom 3. November 1998 wies der unabhängige Bundesasylsenat (die belangte Behörde) diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 iVm § 63 Abs. 5 AVG als verspätet zurück. Dabei ging die belangte Behörde - dem zitierten Rückschein folgend - davon aus, dass der Beschwerdeführer die Postsendung mit dem erstinstanzlichen Bescheid am 19. August 1998 tatsächlich übernommen habe (am Postamt), und zwar ungeachtet dessen, dass wegen des zunächst gescheiterten ersten Zustellversuchs seitens des Zustellers für den 20. August 1998 ein zweiter Zustellversuch vorgesehen gewesen sei. Da die Berufungsfrist mit der tatsächlichen Behändigung des Schriftstückes zu laufen begonnen habe, sei die am 3. September 1998 zur Post gegebene Berufung verspätet.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor (den erstinstanzlichen Akt nur in Kopie), sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe erst am Morgen des 20. August 1998 den Bescheid des Bundesasylamtes am Postamt übernommen und dabei irrtümlich die Übernahme mit 19. August 1998 bestätigt. Hätte die belangte Behörde nicht nur in einem reinen Aktenverfahren entschieden, sondern ihn (den Beschwerdeführer) und den zuständigen Postbeamten einvernommen, wäre der "wahre Sachverhalt" hervorgekommen.
Der zurückweisenden Entscheidung der belangten Behörde ging ein Vorhalt an den Beschwerdeführer voraus. Darin wurde diesem Folgendes mitgeteilt:
"Aus den Unterlagen über die Zustellung des Bescheides (am 19.08.1998) und der Aufgabe der Berufung (am 03.09.1998) ergibt sich, dass die Berufung verspätet eingebracht wurde.
Dies wird Ihnen zunächst mit der Maßgabe vorgehalten, dass es Ihnen freisteht, entgegenstehende Beweise bis zum 1. Oktober hier Amts einlangend einzureichen.
Sollten von Ihnen keine entgegenstehende Beweise eingebracht werden, wird mit entsprechender bescheidmäßiger Erledigung der verspäteten Berufung vorzugehen sein."
Der Beschwerdeführer antwortete auf diesen Vorhalt vom 23. September 1998 mit Schreiben vom 5. Oktober 1998. Darin führte er aus, dass die behördliche Annahme einer Verspätung seiner Berufung nicht den Tatsachen entspreche. Wörtlich heißt es in seiner Stellungnahme:
"Auf dem vorliegenden Briefumschlag gibt es zwar einen Poststempel vom 19.08.1998, aber ebenso einen Poststempel 'angekündigt am ...', zu dem der Postbote händisch das Datum
20.8.98 hinzugefügt hat.
Beweis: Kopie des Briefumschlages beiliegend
Aus dem Zustellgesetz ergibt sich, dass der Lauf der Frist mit dem Tag beginnt, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. (§ 17 Abs. 3 ZustG).
In meinem Fall hat somit der Lauf der Berufungsfrist mit 20.08.98 begonnen und war die Berufung somit fristgerecht eingebracht."
Auf der erwähnten, der Stellungnahme angeschlossenen Kopie (der Rückseite) des Briefumschlages findet sich neben einem mit 19. August 1998 datierten Poststempel des Zustellpostamtes folgender Vermerk:
"Angekündigt für 20.8.98
hinterlegt am "
Mit Erwähnung des § 17 Abs. 3 ZustG deutete der Beschwerdeführer in seiner eben wiedergegebenen Stellungnahme eine postamtliche Hinterlegung des erstinstanzlichen Bescheides an. Damit ging er völlig am tatsächlichen Zustellvorgang vorbei, was im Ergebnis auch in der Beschwerde eingeräumt wird; darin erklärt der Beschwerdeführer ausdrücklich, dass keine Hinterlegung stattgefunden habe. Davon ausgehend stellt sich das nunmehrige Beschwerdevorbringen als eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung dar (§ 41 Abs. 1 VwGG); dass der Bescheid des Bundesasylamtes entgegen der Datierung erst am Morgen des 20. August 1998 am Postamt übernommen worden sei, ist in der Stellungnahme vom 5. Oktober 1998, die sich mit dem Hinweis auf zwei Poststempel und auf die Bestimmung des § 17 Abs. 3 ZustG begnügt, mit keinem Wort zur Sprache gebracht worden. Es ist nicht zu sehen, warum dem Beschwerdeführer auf Grund des Vorhalts der belangten Behörde zum damaligen Zeitpunkt ein derartiges, in seiner Sphäre liegende Umstände betreffendes Vorbringen nicht möglich gewesen sein sollte. Es kann der belangten Behörde aber auch nicht mit Erfolg vorgeworfen werden, sie hätte weitere Ermittlungsschritte setzen müssen: Der Rückschein als Zustellnachweis ist eine öffentliche Urkunde im Sinn des § 47 AVG iVm § 292 ZPO und hat als solche die Vermutung der Richtigkeit (und Vollständigkeit) für sich. Gemäß § 292 Abs. 2 ZPO ist der Gegenbeweis zulässig. Behauptet jemand, es lägen Zustellmängel vor, so hat er diese Behauptung entsprechend zu begründen und Beweise anzuführen, die die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen geeignet erscheinen lassen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. April 1996, Zl. 95/21/0129). Die oben wiedergegebene Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 5. Oktober 1998 vermochte die Beweiskraft des Rückscheins nicht zu erschüttern. Ihr letztlich einziges Argument, dass sich auf dem Briefkuvert der Vermerk "angekündigt am 20.8.98" befunden habe, ist insofern unrichtig, als der Vermerk richtig "angekündigt für 20.8.98" - so die beigeschlossene Kopie des Kuverts - lautete. Aus diesem, die Vornahme eines zweiten Zustellversuchs für den 20. August 1998 in Aussicht stellenden Aufdruck kann aber keinesfalls mit Grund abgeleitet werden, dass die tatsächliche Behändigung der Postsendung - entgegen dem Rückschein - möglicherweise erst am 20. August 1998 erfolgt sei. Wenn die belangte Behörde in der Folge keine weiteren Ermittlungen pflegte, so kann ihr das mithin nicht als Verfahrensmangel angelastet werden. Das in diese Richtung zielende Beschwerdevorbringen erweist sich demnach gleichfalls als verfehlt, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 3. Mai 2000
Schlagworte
BeweismittelEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1999010179.X00Im RIS seit
20.11.2000