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E000 EU- Recht allgemein;Norm
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Gall und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des A M in N, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Ernst Stolz, Dr. Sepp Manhart und Dr. Meinrad Einsle, Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, Römerstraße 19, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 18. Oktober 1999, Zl. 1-0531/99/K1, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 28. Juni 1999 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 8. April 1999 als Fahrer eines Lastkraftwagens, mit welchem im Rahmen der gewerbsmäßigen Güterbeförderung eine Transitfahrt durchgeführt worden sei, im Hoheitsgebiet Österreichs kein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung über die Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt (Ökokarte) mitgeführt. Die Transitfahrt sei von der deutschen Grenze (Einreise über Zollamt Hörbranz) zur schweizer Grenze (versuchte Ausreise beim Zollamt Lustenau um 10.45 Uhr) mit einem nach dem Kennzeichen bestimmten Sattelzug, zulässiges Gesamtgewicht über 7,5 Tonnen, erfolgt. Der Beschwerdeführer habe hiedurch die Rechtsvorschriften des § 23 Abs. 1 Z. 7 des Güterbeförderungsgesetzes in Verbindung mit Art. 3 Z. 1 Abs. 1 der Verwaltungsvereinbarung BGBl. Nr. 879/1992 verletzt, weshalb über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von S 20.000,-- (und eine Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.
Mit dem nun angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 18. Oktober 1999 wurde der vom Beschwerdeführer dagegen erhobenen Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die Tatumschreibung zu lauten habe wie folgt:
"Sie haben sich am 8. 4. 1999 um 10.45 Uhr als Lenker des Sattelkraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen (zulässiges Gesamtgewicht über 7,5 t) beim Zollamt Lustenau nach einer Transitfahrt durch Österreich zur Ausreise in die Schweiz gestellt (die Einreise von Deutschland nach Österreich erfolgte beim ehemaligen Autobahnzollamt Hörbranz), ohne die nachstehend aufgeführten Unterlagen mitzuführen und diese auf Verlangen den Aufsichtsbehörde zur Prüfung vorzulegen:
a) entweder ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine Ökokarte für die betreffende Fahrt,
b) oder einen Umweltdatenträger (ecotag), der eine automatische Entwertung der Ökopunkte für die betreffende Fahrt ermöglicht,
c) oder geeignete Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich um eine ökopunktebefreite Fahrt handelt,
d) oder geeignete Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handelt und dass im Falle einer Ausstattung des Fahrzeuges mit einem Umweltdatenträger dieser für diesen Zweck eingestellt ist.
Die Übertretungsnorm hat wie folgt zu lauten:
"§ 23 Abs. 1 Z. 8 Güterbeförderungsgesetz in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission."
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsstrafakten vor und beantragt in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 23 Abs. 1 Z. 8 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 (in der Fassung BGBl. I Nr. 17/1998) begeht eine Verwaltungsübertretung wer unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist.
Gemäß Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission hat der Fahrer eines Lastkraftwagens im Hoheitsgebiet Österreichs die nachstehend angeführten Unterlagen mitzuführen und diese auf Verlangen den Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorzulegen, entweder:
a) ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt; oder
b) ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglicht und als "Umweltdatenträger" ("ecotag") bezeichnet wird; oder
c) die in Art. 13 aufgeführten geeigneten Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich um eine Fahrt gemäß Anhang C handelt, für die keine Ökopunkte benötigt werden; oder
d) geeignete Unterlagen aus denen hervorgeht, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handelt und, wenn das Fahrzeug mit einem Umweltdatenträger ausgestattet ist, dass dieser für diesen Zweck eingestellt ist.
Art. 2 Abs. 1 Unterabsatz 1 der genannten Verordnung ordnet an, dass, soweit das Fahrzeug keinen Umweltdatenträger benützt die erforderliche Anzahl von Ökopunkten auf die Ökokarte aufgeklebt und entwertet wird. Die Ökopunkte sind durch Unterschrift so zu entwerten, dass sich der Schriftzug sowohl auf die Ökopunkte als auch auf das die Ökopunkte tragende Blatt erstreckt. An Stelle einer Unterschrift kann auch ein Stempel verwendet werden.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, als Lenker eines LKW eine Transitfahrt durch Österreich durchgeführt zu haben, rügt jedoch, dass die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist eine Auswechslung der Tat vorgenommen habe. Darüber hinaus treffe ihn kein Verschulden. Der Beschwerdeführer, ein deutscher Staatsangehöriger, sei bei einem deutschen Unternehmen angestellt und bis zur gegenständlichen Fahrt vorwiegend damit betraut gewesen, Waren innerhalb Deutschlands auszuliefern. Die gegenständliche Fahrt sei seine erste Transitfahrt durch Österreich gewesen; er habe die Bestimmung über die Entrichtung von Ökopunkten bei Transitfahrten nicht gekannt, habe "nicht im entferntesten vermutet, dass eine derartige Bestimmung existieren könnte", weil es sich um eine nur für Österreich geltende Vorschrift handle, und "sohin" könne von ihm als deutschem Staatsangehörigen nicht verlangt werden, dass er sich nach dieser österreichischen, ihm gänzlich unbekannten Bestimmung erkundige, sodass ihn die Unkenntnis des Gesetzes entschuldige. Jedenfalls seien aber die Voraussetzungen des § 21 VStG für ein Absehen von der Strafe erfüllt.
Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer jedoch nicht durchzudringen: Sowohl mit dem Straferkenntnis I. Instanz als auch mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer das wesentliche Tatbestandselement vorgehalten, dass er eine Transitfahrt durch das Hoheitsgebiet Österreichs durchgeführt hat, für die die Entrichtung von Ökopunkten erforderlich war, ohne dass der Beschwerdeführer jedoch ein ordnungsgemäß ausgefülltes Formular oder eine österreichische Bestätigung über die Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt mitgeführt habe. Wenn die belangte Behörde den Spruch des Straferkenntnisses dahin modifizierte, dass sie die im vorliegenden Fall anzuwendende, vom Beschwerdeführer übertretene Norm anführte und das Tatgeschehen entsprechend dem Wortlaut dieser Norm präzisierte, war sie hiezu nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet. Im Übrigen ist dem Beschwerdeführer vorzuhalten, dass diese Präzisierung nicht erst mit dem angefochtenen Bescheid vorgenommen wurde, sondern bereits Gegenstand des Schreibens der belangten Behörde vom 13. September 1999 war, mit dem dem Beschwerdeführer Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt wurde. Die Zustellung dieses Schreibens erfolgte am 16. September 1999, im Hinblick auf den Tattag 8. April 1999 somit noch innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist.
Aber auch mit seinem Vorbringen, mangels Kenntnis der betreffenden Vorschrift treffe den Beschwerdeführer kein Verschulden, vermag er nicht durchzudringen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 14. Dezember 1990, Zl. 90/18/0184, vom 27. Februar 1998, Zl. 97/06/0232, vom 18. November 1998, Zl. 98/03/0202, sowie vom heutigen Tag, Zl. 2000/03/0010) besteht für einen ausländischen Kraftfahrer die Verpflichtung, sich über die Rechtsvorschriften, die er bei der Teilnahme am Straßenverkehr in Österreich zu beachten hat, ausreichend zu unterrichten. Dazu gehört es auch, sich als Lenker eines Lastkraftwagens ausreichend über die Rechtsvorschriften betreffend eine Transitfahrt durch Österreich zu informieren, wenn eine solche durchzuführen ist. Daran vermag auch das gegenständliche Beschwerdevorbringen nichts zu ändern. Insbesondere verhilft auch die Behauptung, dass es für den Beschwerdeführer die erste Transitfahrt durch Österreich war, seinem Standpunkt nicht zum Erfolg, denn gerade vor einer erstmaligen Fahrt kann erwartet werden, dass sich der Lenker eines Kraftfahrzeuges, im besonderen Fall eines Lastkraftwagens im grenzüberschreitenden Güterverkehr, eingehend und umfassend über die bestehenden Rechtsvorschriften Kenntnis verschafft, auch wenn sie - wie der Beschwerdeführer vorbringt - für Österreich spezifisch sind, zumal die übertretene Gebotsnorm eine solche des europäischen Gemeinschaftsrechts ist, die als EG-Verordnung in allen Mitgliedstaaten unmittelbare Geltung hat.
Der Beschwerdeführer irrt aber auch, wenn er meint, die belangte Behörde habe zu Unrecht nicht von der Möglichkeit des § 21 VStG Gebrauch gemacht. Danach kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigen geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten. Eine Anwendung dieser Bestimmung kommt daher nur in Frage, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist, dies etwa dann, wenn besondere Umstände bei der Begehung der Tat, wie z. B. verminderte Zurechnungsfähigkeit, Unbesonnenheit oder drückende Notlage etc. diesen Schluss rechtfertigen. (vgl. schon das hg. Erkenntnis vom 5. September 1986, Zl. 86/18/0167, aber auch das hg. Erkenntnis vom 21. September 1994, Zl. 94/03/0091, uva.). Derartige besondere Umstände liegen jedoch weder nach dem Beschwerdevorbringen noch nach dem Inhalt der Verwaltungsstrafakten vor.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden, weil die Schriftsätze der Parteien und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsstrafverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Nur ergänzend sei darauf verwiesen, daß die Sache des Beschwerdeführers ohnehin von der belangten Behörde in einem dem Art. 6 Abs. 1 EMRK entsprechenden Verfahren (die belangte Behörde hat am 15. Oktober 1999 auch eine mündliche Verhandlung durchgeführt) geprüft wurde.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 3. Mai 2000
Schlagworte
Gemeinschaftsrecht Verordnung Strafverfahren EURallg5/2 Gemeinschaftsrecht Verordnung unmittelbare Anwendung EURallg5/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1999030473.X00Im RIS seit
20.11.2000