TE Bvwg Beschluss 2018/2/23 W181 2180094-1

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Veröffentlicht am 23.02.2018
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Entscheidungsdatum

23.02.2018

Norm

AVG §53b
B-VG Art.133 Abs4
GebAG §38 Abs1
GebAG §53 Abs1
VwGVG §17
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §33 Abs1

Spruch

W181 2180094-1/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald Perl als Einzelrichter über den gebührenrechtlichen Antrag der Dolmetscherin XXXX vom 01.12.2017 beschlossen:

A)

I. Der Antrag wird gemäß § 17 VwGVG iVm § 53b AVG und § 53 Abs. 1 GebAG iVm § 38 Abs. 1 GebAG als verspätet zurückgewiesen.

II. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird gemäß § 33 VwGVG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schriftsatz vom XXXX , GZ. XXXX , beraumte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung für den 07.02.2017 an, zu welcher die Antragstellerin als Dolmetscherin geladen wurde. Darin wurde die Antragstellerin unter anderem darauf hingewiesen, dass sie ihren Gebührenanspruch am Ende des Verhandlungs- oder Vernehmungstages bzw. innerhalb von 14 Tagen nach Abschluss ihrer Tätigkeit bei sonstigem Verlust schriftlich oder mündlich, unter Aufgliederung der einzelnen Gebührenbestandteile, beim Bundesverwaltungsgericht geltend machen könne.

2. In der Folge fand am 07.02.2017 die öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, im Rahmen derer die Antragstellerin als Dolmetscherin fungierte.

3. Mit Schriftsatz vom 01.12.2017 übermittelte die Antragstellerin die gegenständliche Honorarnote betreffend ihre Teilnahme als Dolmetscherin an der mündlichen Verhandlung vom 07.02.2017.

4. Das Bundesverwaltungsgericht hielt der Antragstellerin sodann mit Schreiben vom XXXX mit der Möglichkeit zur Stellungnahme binnen 14 Tagen vor, dass sich ihr dem Bundesverwaltungsgericht am 01.12.2017 übermittelter Antrag für Dolmetscher nach der Aktenlage als verspätet darstelle, da die vierzehntägige Frist zur Geltendmachung der Gebühr mit Ablauf des 21.02.2017 geendet habe.

5. Mit Schriftsatz vom XXXX nahm die Dolmetscherin zur Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung und brachte zusammengefasst vor, dass ihr infolge von mehrfach durchgeführten zahnärztlichen Eingriffen, die monatelange medizinische Unterstützung gefordert hätten, die Einreichtermine für die Honorarnoten entgangen seien.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Gemäß § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG, die Bestimmungen des Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 53b AVG haben nichtamtliche Dolmetscherinnen und Dolmetscher für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren, die durch Verordnung der Bundesregierung in Pauschalbeträgen (nach Tarifen) festzusetzen sind. Soweit keine solchen Pauschalbeträge (Tarife) festgesetzt sind, sind auf den Umfang der Gebühr die §§ 24 bis 34, 36 und 37 Abs. 2 GebAG mit den in § 53 Abs. 1 GebAG genannten Besonderheiten und § 54 GebAG sinngemäß anzuwenden. Die Gebühr ist gemäß § 38 GebAG bei der Behörde geltend zu machen, die den Sachverständigen (hier: die Dolmetscherin) herangezogen hat.

Zu A)

I.

Gemäß § 53 Abs. 1 Z 2 GebAG gelten für den Umfang, die Geltendmachung und die Bestimmung der Gebühr der Dolmetscherinnen und Dolmetscher die §§ 24 bis 34, 36, 37 Abs. 2, 38 bis 42 und 52 GebAG mit folgenden Besonderheiten sinngemäß: § 38 Abs. 1 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Gebühr für die Tätigkeit an einem Verhandlungs- oder Vernehmungstag jeweils an dessen Ende geltend gemacht werden kann.

Gemäß § 38 Abs. 1 GebAG hat der Sachverständige den Anspruch auf seine Gebühr binnen 14 Tagen nach Abschluss seiner Tätigkeit bei sonstigem Verlust schriftlich oder mündlich, unter Aufgliederung der einzelnen Gebührenbestandteile, bei dem Gericht, vor dem die Beweisaufnahme stattgefunden hat oder stattfinden sollte, geltend zu machen.

Für die Fristenberechnung sind folgende Bestimmungen des AVG maßgeblich:

Gemäß § 32 Abs. 1 AVG wird bei der Berechnung von Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, der Tag nicht mitgerechnet, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Frist richten soll.

Gemäß § 33 Abs. 1 AVG werden Beginn und Lauf einer Frist durch Samstage, Sonntage oder gesetzliche Feiertage nicht behindert. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist gemäß Abs. 2 leg. cit. der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.

Im gegenständlichen Fall fand die öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 07.02.2017 statt. Die vierzehntägige Frist zur Geltendmachung der Dolmetschergebühr gemäß § 38 Abs. 1 GebAG endete daher mit Ablauf des 21.02.2017.

Der am 01.12.2017 eingelangte Antrag für Dolmetscher wurde somit über neun Monate zu spät beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht und war daher als verspätet zurückzuweisen.

II.

Hinsichtlich des mit Schreiben vom XXXX übermittelten Vorbringens, dass der Antragstellerin infolge von mehrfach durchgeführten zahnärztlichen Eingriffen, die monatelange medizinische Unterstützung gefordert hätten, die Fristen für die Einbringung Honorarnoten entgangen seien, ist folgendes festzuhalten:

§ 33 VwGVG normiert:

"(1) Wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

(2) - (4a) [...]

(5) Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat.

(6) Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrags findet keine Wiedereinsetzung statt."

Die Bestimmung über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 33 VwGVG entspricht weitgehend den Bestimmungen der §§ 71 bis 72 AVG mit den entsprechenden Anpassungen auf Grund der Einführung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz (vgl. RV 2009 BlgNR. 24. GP, 7).

§ 71 Abs 2 AVG - genauso wie § 33 VwGVG - spricht zwar explizit von einem "Antrag auf Wiedereinsetzung", weshalb die Wiedereinsetzungswerberin ihr Begehren daher grundsätzlich als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bezeichnen hat. Eine fehlende oder falsche Bezeichnung des Schriftsatzes schadet jedoch nicht, wenn sich der Wunsch auf Wiedereinsetzung, wie im gegenständlichen Fall aus seinem Inhalt ableiten lässt (vgl. VwGH 25. 1. 1966, 540/65; Hengstschläger/Leeb, AVG (2014) Rz. 110 zu § 71).

Das Bundesverwaltungsgericht geht daher aufgrund des Inhaltes des Schriftsatzes vom XXXX - unbeschadet einer nicht ausdrücklichen Bezeichnung als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - davon aus, dass die Dolmetscherin mit diesem einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stellen wollte. Trotz der Berücksichtigung des Vorbringens im Hinblick auf einen Wiedereinsetzungsgrund ist dieser aus folgenden Gründen abzuweisen:

Im Zusammenhang mit dem Vorbringen von gesundheitlichen Gründen reichen reine Behauptungen betreffend das Vorliegen des Wiedereinsetzungsgrundes jedoch nicht aus. Die Partei, welche die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt, hat alle Umstände, die den Wiedereinsetzungsantrag begründen, glaubhaft darzulegen und bereits im Antrag taugliche Bescheinigungsmittel zu ihrer Glaubhaftmachung anzuführen (VwGH 21. 3. 1997, 97/02/0093; 25. 2. 2003, 2002/10/2002).

Eine Erkrankung stellt für sich allein keinen Grund für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dar, sondern nur dann, wenn die Dispositionsfähigkeit der Partei auf Grund der Krankheit beeinträchtigt ist (vgl. etwa VwGH 25.10.1990, 98/06/0064).

Für die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand reicht es aus, wenn die Partei durch die Erkrankung so weit gehandicapt war, dass ihr das Unterlassen jener Schritte, die für die Wahrung der Frist erforderlich gewesen wären, nicht mehr als ein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden vorgeworfen werden kann.

Es reicht aber nicht aus, wenn die Partei gehindert war, die fristwahrende Handlung selbst zu setzen bzw. sich selbst die notwendigen Informationen zu besorgen. Die Partei muss durch die Erkrankung auch daran gehindert gewesen sein, die Versäumung der Frist durch andere geeignete Dispositionen, insbesondere durch Beauftragung eines Vertreters, abzuwenden (vgl. VwGH 26. 3. 2001, 2000/20/0336; 22. 7. 2004, 2004/20/0122; 29. 11. 2007, 2007/21/0308; Hengstschläger/Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensrecht, Rz 79 zu § 71 AVG).

Im gegenständlichen Fall ist nicht davon auszugehen, dass zahnmedizinische Behandlungen die Dispositionsfähigkeit der Antragstellerin über elf Monate hinweg dermaßen eingeschränkt haben, dass sie an der Einbringung einer Honorarnote bzw. an der Beauftragung eines Vertreters zur Einbringung der Honorarnote gehindert war, besonders vor dem Hintergrund, dass die von der Antragstellerin übermittelte ärztliche Bestätigung lediglich bescheinigt, dass sie seit dem XXXX Patientin in der betreffenden zahnärztlichen Ordination ist.

Aus diesem Grund rechtfertigt das Vorbringen der Antragstellerin keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 33 VwGVG, weshalb der Antrag auf Wiedereinsetzung abzuweisen war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die im gegenständlichen Fall anzuwendenden Normen sind derart klar, dass sie keiner weiteren Auslegung bedürfen.

Schlagworte

Antragsfristen, Beschwerdefrist, Dolmetschgebühren,
Gesundheitszustand, materiell - rechtliche Ausschlussfrist,
Sorgfaltspflicht, unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis,
Verschulden, verspäteter Antrag, Wiedereinsetzungsantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W181.2180094.1.00

Zuletzt aktualisiert am

06.03.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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