Entscheidungsdatum
23.02.2018Norm
AVG §53a Abs1Spruch
W181 2180015-1/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald Perl als Einzelrichter über den auf der Honorarnote vom XXXX basierenden gebührenrechtlichen Antrag von XXXX beschlossen:
A)
I. Die gebührenrechtlichen Ansprüche werden gemäß § 17 VwGVG iVm § 53a Abs. 2 AVG mit
€ 4.000,00 (inkl. USt)
bestimmt.
II. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1) Die Antragstellerin wurde mit Beschluss GZ. XXXX vom XXXX von der Gerichtsabteilung XXXX gemäß § 52 Abs. 2 AVG iVm § 17 VwGVG als nichtamtliche Sachverständige zur Erstellung eines Gutachtens im Bereich der Länderkunde im Zusammenhang mit Fragen der Blutrache in Afghanistan bestellt. Dabei wurde die Sachverständige ersucht, nachstehende Fragen zu beantworten:
* Ist vor dem Hintergrund der afghanischen Gepflogenheiten und Sitten ("Blutrache") das oben beschriebene Szenario (Bedrohung des Beschwerdeführers durch Familienangehörige eines Verletzten wegen unterstellter Straftat) denkbar und plausibel?
* Sind im Stadtteil des Beschwerdeführers in XXXX effiziente Schutzmechanismen (Polizei- und Justizapparat) zur Verhinderung von etwaigen Gewalthandlungen durch Familienangehörige des XXXX gegen den Beschwerdeführer - auch im Falle der Durchführung eines polizeilichen Ermittlungsverfahrens bzw. eines Strafverfahrens - gegeben? Sind die Behörden bzw. Gerichte willig und fähig, in einem solchen Fall entsprechenden Schutz zu gewähren?
* Ist in Afghanistan im Allgemeinen eine Schutzfähig- und Schutzwilligkeit des Polizei- und Justizapparates vor Gewalthandlungen durch Privatpersonen vorhanden?
2) Mit Schriftsatz vom XXXX , welcher am XXXX beim Bundesverwaltungsgericht einlangte, legte die Antragstellerin das schriftlich erstellte Gutachten samt folgender Gebührennote vor:
A N T R A G
für N I C H T A M T L I C H E S A C H V E R S T Ä N D I G E
Honorarnote-Nr./Rechnungs-Nr. XXXX
Datum der Verhandlung/Beweisaufnahme/Gutachten vom: XXXX
Verhandlungsort: XXXX
Geschäftszahl/en: XXXX
Aktenstudium § 36 GebAG-
für den ersten Band € 7,60 bis € 44,90-€ 44,90
Mühewaltung § 35 Abs. 1 GebAG Teilnahme an Verhandlung(en)-
105 begonnene Stunde(n) à € 33,80-
€ 3.549,00
Mühewaltung § 34 Abs. 5 GebAG iVm § 273 ZPO-
45 begonnene Stunde(n) für Erstellung eines Gutachtens
(nur SV-Länderkunde) à € 33,80-€ 1.521,00
Sonstige Kosten § 31 Z 3, 5, 6 GebAG-
Reinschreiben von Befund und Gutachten 29.212 Seiten à € 2,00-€
600,00
Durchschrift(en) 29.212 Seiten à € 0,60-€ 17,52
Zwischensumme-€ 5.190,84
20 % Umsatzsteuer-€ 1.038,16
Gesamtsumme aufgerundet auf volle 10 Cent-€ 6.229,00
3) Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX wurde der Antragstellerin mit der Möglichkeit zur Stellungnahme innerhalb von 14 Tagen zur Kenntnis gebracht, dass sie die Warnpflicht für entstehende Gebühren über € 4.000,-- gemäß § 17 VwGVG iVm § 53a Abs. 1 AVG iVm § 25 Abs. 1a GebAG nicht eingehalten habe, da sie keinen - wie auf Grund der Warnpflicht gefordert - konkret bezifferten Kostenaufwand genannt habe.
4) In der Folge langte keine weitere Stellungnahme ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 53a Abs. 1 AVG haben nichtamtliche Sachverständige für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren im Umfang der sinngemäß anzuwendenden §§ 24 bis 37 und 43 bis 49 und 51 GebAG. Die Gebühr ist gemäß § 38 GebAG bei der Behörde geltend zu machen, die den Sachverständigen herangezogen hat.
§ 53a Abs. 2 AVG bestimmt weiters, dass die Gebühr von der Behörde, die den Sachverständigen herangezogen hat, zu bestimmen ist.
Zu A)
Gemäß § 24 GebAG umfasst die Gebühr des Sachverständigen
1. den Ersatz der notwendigen Kosten, die durch die Reise an den Ort der Befund- oder Beweisaufnahme, durch den Aufenthalt an diesem Ort und durch die Rückreise verursacht werden;
2. den Ersatz der Kosten für die Beiziehung von Hilfskräften und der sonstigen durch seine Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren verursachten notwendigen Kosten;
3. die Entschädigung für Zeitversäumnis;
4. die Gebühr für Mühewaltung einschließlich der Gebühr für die Teilnahme an einer Verhandlung und der Gebühr für Aktenstudium.
Gemäß § 17 VwGVG iVm § 53a Abs. 1 AVG iVm § 25 Abs. 1a GebAG hat der/die Sachverständige das Gericht rechtzeitig auf die voraussichtlich entstehende Gebührenhöhe hinzuweisen, wenn zu erwarten ist oder sich bei der Sachverständigentätigkeit herausstellt, dass die tatsächlich entstehende Gebühr die Höhe des Kostenvorschusses, mangels eines solchen den Wert des Streitgegenstands oder 2.000 Euro, in Verfahren vor dem Landesgericht und im Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft aber 4.000 Euro übersteigt. Unterlässt der/die Sachverständige diesen Hinweis, so entfällt insoweit der Gebührenanspruch. In dringenden Fällen können unaufschiebbare Tätigkeiten auch schon vor der Warnung oder dem Zugang einer Reaktion darauf begonnen werden.
Eine Sachverständige hat, um der Warnpflicht zu entsprechen, auf die erwartete, tatsächlich entstehende Gebühr hinzuweisen, damit sich Parteien und das Gericht ein Bild machen können, ob und wie sinnvoll der Gutachtensaufwand ist (RV 303 BlgNR 23. GP 47; LG Linz 15 R 177/97y; OLG Wien SV 2000/1, 23; OLG Graz SV 2000/3, 121; Dokalik/Weber, Das Recht der Sachverständigen und Dolmetscher, 4. Auflage, Rz. 13 zu § 25 GebAG).
Die Parteien des Verfahrens sollen konkret wissen, was die Inanspruchnahme des Rechtsschutzes voraussichtlich kosten wird, weshalb eine konkrete Bezifferung des Kostenaufwandes bzw. der Überschreitung in der Warnung der/des Sachverständigen zu erfolgen hat (OLG Linz SV 2013/3, 164; OLG Wien SV 2013/3, 165). Gleiches wird sinngemäß wohl auch zu gelten haben, wenn die Kosten von Amts wegen zu tragen sind.
Im gegenständlichen Fall wurde der zuständige Leiter der Gerichtsabteilung XXXX von der Sachverständigen telefonisch darauf hingewiesen, dass "die Kosten für das Gutachten voraussichtlich €
4.000,-- übersteigen werden". Es wurde jedoch kein - wie von § 25 Abs. 1a GebAG gefordert - konkret bezifferter Kostenaufwand genannt, weshalb die Antragstellerin ihrer Warnpflicht nicht in ausreichendem Maße nachgekommen ist und der € 4.000,-- übersteigende Gebührenanspruch gemäß § 25 Abs. 1a GebAG insoweit entfällt.
Es war daher die Gebühr der Sachverständigen mit EUR 4.000,00 (inkl. USt) zu bestimmen und das Mehrbegehren abzuweisen.
Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig. Die vorliegende Entscheidung hängt von der Lösung einer Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, da es nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts zur spezifischen Fragestellung der Notwendigkeit einer konkreten Bezifferung der zu erwartenden Kosten an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt, diesbezüglich vielmehr lediglich auf Judikatur der ordentlichen Gerichtsbarkeit abgestellt werden kann.
Schlagworte
Gebührenfestsetzung, Konkretisierung, Mehrbegehren, Mühewaltung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W181.2180015.1.00Zuletzt aktualisiert am
06.03.2018