Index
62 Arbeitsmarktverwaltung;Norm
AlVG 1977 §49 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gall, Dr. Stöberl und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des AB in Wien, vertreten durch Dr. Alfred Nemetschke, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Parkring 2, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 13. August 1999, Zl. LGSW/Abt. 10-AlV/1218/56/1998-86, betreffend Unterlassung einer Kontrollmeldung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Versicherungsdienste Wien vom 26. März 1999 wurde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer gemäß § 49 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) für den Zeitraum vom 1. März 1999 bis 21. März 1999 kein Arbeitslosengeld bzw. keine Notstandshilfe erhalte. Nach der Begründung habe er am 1. März 1999 die vorgeschriebene Kontrollmeldung nicht eingehalten und sich erst am 22. März 1999 wieder beim Arbeitsmarktservice gemeldet.
Der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge gegeben. In der Begründung wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer in einem Entschuldigungsschreiben vom 3. März 1999 angegeben habe, am 1. März 1999 einen Kreislaufschwächeanfall erlitten zu haben. Im Zuge des Berufungsverfahrens sei er ersucht worden, ein ärztliches Attest über den Kreislaufschwächeanfall vorzulegen. Daraufhin habe er eine am 29. Juni 1999 ausgestellte ärztliche Bestätigung vorgelegt, in der mitgeteilt werde, dass der Beschwerdeführer über gelegentlich auftretenden Schwindel und Kopfschmerzen nach Einnahme des Medikamentes Pantoloc klage, welche aber von selbst wieder abklängen, so z.B. nach seinen eigenen Angaben am 1. März 1999. In seiner Stellungnahme habe der Beschwerdeführer ausgeführt, dass ein Arzt eine Bestätigung darüber, dass er am 1. März 1999 einen Kreislaufschwächeanfall gehabt habe, nicht ausstellen könne, da es sich hiebei um keine diagnostizierbare Krankheit handle, sondern um die Nebenwirkungen eines Medikamentes. Die belangte Behörde sei zur Ansicht gekommen, dass die Angaben des Beschwerdeführers unglaubwürdig erschienen und dass kein triftiger Entschuldigungsgrund für das Versäumen der Kontrollmeldung vorliege. Dem vorgelegten Schreiben der Ärztin könne nicht entnommen werden, dass diese einen Kreislaufschwächeanfall am 1. März 1999 bestätige, sie gebe lediglich die Angaben des Beschwerdeführers wieder. Die belangte Behörde teile nicht die Meinung, dass ein Arzt nicht ins Haus kommen würde, wenn es sich lediglich um eine "Nebenwirkung des Medikamentes" handle. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung würden "Ärzte bzw. Ärztenotdienste sehr wohl bei Vorliegen von körperlichen Beeinträchtigungen Hausbesuche machen, egal durch welche Umstände diese hervor gerufen wurden". Es werde auch in den Gebrauchsanweisungen für Medikamente immer wieder darauf hingewiesen, dass man sich bei Auftreten einer der möglichen Nebenwirkungen an einen Arzt wenden solle. Den Angaben des Beschwerdeführers könne "mangels eines immer wieder geforderten aber nicht erbrachten Nachweises" kein Glauben geschenkt werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
§ 49 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG), BGBl. Nr. 609/1977, in der Fassung BGBl. Nr. 411/1996 lautet:
"Kontrollmeldungen"
§ 49. (1) Zur Sicherung des Anspruches auf den Bezug von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe hat sich der Arbeitslose monatlich mindestens einmal bei der nach seinem Wohnort zuständigen regionalen Geschäftsstelle unter Vorweisung der Meldekarte persönlich zu melden. Je nach der Situation auf dem Arbeitsmarkt kann die regionale Geschäftsstelle die Einhaltung von Kontrollmeldungen gänzlich nachsehen, die Zahl der einzuhaltenden Kontrollmeldungen herabsetzen oder öftere Kontrollmeldungen vorschreiben, wenn der begründete Verdacht besteht, dass das Arbeitslosengeld bzw. die Notstandshilfe nicht gebührt. Die näheren Bestimmungen über die Kontrollmeldungen trifft die Landesgeschäftsstelle. Die Landesgeschäftsstelle kann auch andere Stellen als Meldestellen bezeichnen.
(2) Ein Arbeitsloser, der trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine Kontrollmeldung unterlässt, ohne sich mit triftigen Gründen zu entschuldigen, verliert vom Tage der versäumten Kontrollmeldung an bis zur Geltendmachung des Fortbezuges den Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe. Liegen zwischen dem Tag der versäumten Kontrollmeldung und der Geltendmachung mehr als 62 Tage, so erhält er für den übersteigenden Zeitraum kein Arbeitslosengeld bzw. keine Notstandshilfe. Der Zeitraum des Anspruchsverlustes verkürzt sich um die Tage einer arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigung, die er in diesem Zeitraum ausgeübt hat. Ist die Frage strittig, ob ein triftiger Grund für die Unterlassung der Kontrollmeldung vorliegt, so ist der Regionalbeirat anzuhören."
Der Beschwerdeführer macht unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend, dass die Vorschreibungen von Kontrollmeldungen in seinem Fall sinnlos wären, weil es für ihn als 55-jährigen herzkranken Menschen auf dem freien Arbeitsmarkt keine geeigneten offenen Stellen mehr gebe. Die Behörde hätte daher gemäß § 49 Abs. 1 AlVG die Einhaltung von Kontrollmeldungen gänzlich nachsehen müssen. Die - dennoch - vorgeschriebenen Kontrollmeldetermine widersprächen daher dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Verbotes des "Rechtsmissbrauches des Instrumentes der Kontrollmeldung". Eine Unterlassung einer Kontrollmeldung durch den Arbeitslosen könne daher mangels rechtmäßiger Vorschreibung des Kontrollmeldetermines gar keinen Verlust des Anspruches auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe begründen.
Dem vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht beizutreten. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers kann von einem die Rechtsunwirksamkeit der im § 49 Abs. 1 erster Satz AlVG normierten Verpflichtung zu monatlich einmal vorzunehmenden Kontrollmeldungen nach sich ziehenden "Rechtsmissbrauch" nicht die Rede sein, wenn die regionale Geschäftsstelle von der im Gesetz eröffneten Möglichkeit, die Einhaltung der Kontrollmeldungen gänzlich nachzusehen, keinen Gebrauch gemacht hat. Die Frage, ob im Falle einer schikanösen Vorschreibung von Kontrollmeldungen diese vom Arbeitslosen nicht befolgt werden müssen, braucht daher hier nicht geprüft zu werden, da ein solcher Fall nicht gegeben ist.
Als Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer, dass die belangte Behörde die Beweisführung für die von ihm behauptete Kreislaufschwäche vom "unmöglich zu erbringenden Beweismittel" einer ärztlichen Bestätigung abhängig gemacht habe. Da der Beschwerdeführer am Tag der Kreislaufschwäche keinen Arzt verständigt habe, könne eine solche Bestätigung nicht beigebracht werden. Darüber hinaus hätte die Verständigung eines Arztes keinen Sinn gemacht, weil der Beschwerdeführer "auf Grund langer Erfahrung über die mit der Einnahme des Medikamentes verbundenen Nebenwirkungen Bescheid wusste und auch wusste, dass diese Nebenwirkungen wieder abklingen, wenn er sich für einige Stunden hinlegt". Der Arzt hätte auch keinen Hausbesuch gemacht, wenn er bereits über die Einnahme des Medikamentes informiert und vom Beschwerdeführer darauf hingewiesen worden sei, dass diese Beschwerden bereits des Öfteren nach Einnahme des Medikamentes aufgetreten seien, nach einigen Stunden absoluter Ruhe aber wieder von selbst abklängen. Er hätte weder eine Diagnose zu erstellen gehabt, die dem Beschwerdeführer nicht auch selbst bekannt sei, noch hätte er eine dem Beschwerdeführer nicht ohnehin bekannte Therapie verordnen können.
Mit diesen Ausführungen bekämpft der Beschwerdeführer die Beweiswürdigung der belangten Behörde. Diese unterliegt der verwaltungsgerichtlichen Prüfung nur insoweit, als es sich um die Frage handelt, ob der Sachverhalt genügend ermittelt ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053). Auf dem Boden dieser Rechtslage begegnet die Beweiswürdigung der belangten Behörde aber keinen Bedenken. Dass bei Eintritt der vom Beschwerdeführer behaupteten gravierenden gesundheitlichen Beeinträchtigung nach Einnahme eines Medikamentes in der Regel ein Arzt verständigt wird, widerspricht keineswegs der Lebenserfahrung, zumal wenn - wie im vorliegenden Fall - in der (vom Beschwerdeführer selbst vorgelegten) Gebrauchsinformation des Medikamentes darauf hingewiesen wird, dass erste Anzeichen von Nebenwirkungen sofort dem Arzt zu melden seien. Hätte der Beschwerdeführer aber einen Arzt verständigt, wäre er zur Beibringung der von ihm verlangten ärztlichen Bestätigung sehr wohl in der Lage gewesen. Dass er die Verständigung des Arztes unterlassen hat, ist umso weniger verständlich, als er - wie aus den Verwaltungsakten hervorgeht - aus Anlass früherer gleich gelagerter Fälle damit rechnen musste, dass die belangte Behörde auch im vorliegenden Fall zum Nachweis des behaupteten Entschuldigungsgrundes die Beibringung einer derartigen ärztlichen Bestätigung verlangen würde.
Wenn der Beschwerdeführer meint, dass - entgegen dem ausdrücklichen Hinweis auf der Gebrauchsinformation - die Verständigung des Arztes nicht notwendig und sinnvoll gewesen sei und dass der Arzt im Falle seiner Verständigung keinen Hausbesuch durchgeführt hätte, so handelt es sich um bloße, einer fachlichen Untermauerung entbehrende Vermutungen, die nicht geeignet sind, die insgesamt als nicht unschlüssig zu erkennende Beweiswürdigung der belangten Behörde zu entkräften.
Zu den vom Beschwerdeführer ferner vermissten amtswegigen Ermittlungen über allfällige Nebenwirkungen des von ihm eingenommenen Medikamentes bestand für die belangte Behörde keine Veranlassung, hat sie doch die Möglichkeit des Auftretens solcher Nebenwirkungen nicht generell ausgeschlossen.
Auf das Vorbringen des Beschwerdeführers im ergänzenden Schriftsatz vom 14. März 2000 konnte zufolge des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren herrschenden Neuerungsverbotes nicht eingegangen werden.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Entscheidung des Berichters über den neuerlichen Antrag des Beschwerdeführers vom 14. März 2000, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 3. Mai 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1999030354.X00Im RIS seit
18.10.2001