Index
41/02 Staatsbürgerschaft;Norm
StbG 1985 §27 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Rigler, Dr. Schick und Dr. Pelant als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des IK in W, vertreten durch Dr. Elisabeth Rech, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Lugeck 7/21, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 31. März 1998, Zl. MA 61/III - K 34/95, betreffend Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 31. März 1998 stellte die Wiener Landesregierung gemäß den §§ 39 und 42 Abs. 3 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 30/1998, von Amts wegen fest, dass der in Wien wohnhafte Beschwerdeführer durch seinen Erwerb der kroatischen Staatsangehörigkeit spätestens mit 30. August 1994 die österreichische Staatsbürgerschaft gemäß § 27 Abs. 1 StbG verloren habe.
In der Begründung führte die Wiener Landesregierung nach kurzer Wiedergabe der maßgeblichen Vorschriften des StbG aus, der in der bosnischen Stadt Tolisa geborene Beschwerdeführer sei ursprünglich jugoslawischer Staatsangehöriger gewesen und habe von seiner Geburt an bis zu seiner Übersiedlung nach Österreich im Jahre 1986 in Tolisa gelebt. Er gehöre offenkundig der kroatischen Volksgruppe an und sei seit der völkerrechtlichen Anerkennung der selbstständigen Republik Bosnien und Herzegowina als deren Staatsangehöriger anzusehen gewesen. Mit Wirkung vom 23. August 1993 sei dem Beschwerdeführer von der Wiener Landesregierung die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen worden. Da hiemit ein Verlust der Staatsangehörigkeit von Bosnien-Herzegowina nicht verbunden gewesen sei, sei der Beschwerdeführer anlässlich der Aushändigung des Bescheides über die Verleihung niederschriftlich belehrt worden, dass er alles zu unternehmen habe, was für das Ausscheiden aus seinem früheren Staatsverband erforderlich sei, weil ihm andernfalls die österreichische Staatsbürgerschaft entzogen werden müsse. In diesem Zusammenhang sei der Beschwerdeführer von der Wiener Landesregierung 1995 eingeladen worden, den Nachweis über das Ausscheiden aus dem bisherigen Staatsverband zu erbringen. Daraufhin habe er einen von der kroatischen Botschaft in Wien am 20. September 1994 ausgestellten Reisepass vorgelegt und angegeben, dass er zwischenzeitig die kroatische Staatsangehörigkeit erworben habe. Auf die diesbezügliche Anfrage des Amtes der Wiener Landesregierung habe die österreichische Botschaft in Zagreb mit Schreiben vom 23. Jänner 1998 bekannt gegeben, dass der Beschwerdeführer laut Auskunft der zuständigen kroatischen Behörde mit Bescheid des Innenministeriums der Republik Kroatien gemäß Art. 16 Abs. 1 des kroatischen Staatsangehörigkeitsgesetzes von 1991 in den kroatischen Staatsverband aufgenommen worden sei, wobei eine Erklärung der Partei über die Angehörigkeit dem (gemeint offenkundig: zum) kroatischen Volk erforderlich gewesen sei. Nach dieser Gesetzesstelle könne ein Angehöriger der kroatischen Nation, der keinen Wohnsitz in der Republik Kroatien hat, die kroatische Staatsangehörigkeit erwerben, wenn aus seinem Verhalten zu schließen ist, dass er die Rechtsordnung und Gebräuche in der Republik Kroatien achtet und die kroatische Kultur annimmt, und wenn er eine schriftliche Erklärung abgebe, dass er sich als kroatischer Staatsangehöriger betrachtet. Dieses Ermittlungsergebnis sei dem Beschwerdeführer mit nachweislich zugestelltem Schreiben vom 4. Februar 1998 zur Kenntnis gebracht und ihm Gelegenheit gegeben worden, innerhalb von vier Wochen nach dessen Zustellung hiezu schriftlich Stellung zu nehmen. Er habe jedoch hievon keinen Gebrauch gemacht. Er habe lediglich am 13. Februar 1998 vorgesprochen und eine Kopie des Bescheides des Innenministeriums der Republik Kroatien vom 30. August 1994 über seine Aufnahme in den kroatischen Staatsverband vorgelegt, der auch zu entnehmen gewesen sei, dass er den Bescheid am 24. Jänner 1995 übernommen hatte.
Nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens sei als erwiesen anzusehen, dass der Beschwerdeführer die kroatische Staatsangehörigkeit freiwillig, auf Grund einer hierauf gerichteten Erklärung, erworben habe. Da ihm die Beibehaltung der österreichischen Staatsbürgerschaft nicht bewilligt worden sei, habe er mit diesem Erwerb den Tatbestand nach § 27 Abs. 1 StbG verwirklicht.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des StbG lauten in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 124/1998 (auszugsweise):
"§ 27. (1) Die Staatsbürgerschaft verliert, wer auf Grund seines Antrages, seiner Erklärung oder seiner ausdrücklichen Zustimmung eine fremde Staatsangehörigkeit erwirbt, sofern ihm nicht vorher die Beibehaltung der Staatsbürgerschaft bewilligt worden ist.
...
§ 42.
...
(3) Ein Feststellungsbescheid kann von Amts wegen erlassen werden, wenn ein öffentliches Interesse an der Feststellung besteht."
Unbestritten ist im vorliegenden Fall, dass dem Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerschaft mit Wirkung vom 23. August 1993 verliehen worden war, dass er später die kroatische Staatsangehörigkeit erworben hat sowie, dass ihm die Beibehaltung der österreichischen Staatsbürgerschaft für den Fall des Erwerbs einer anderen Staatsangehörigkeit nicht bewilligt worden war. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass nach Art. 16 des Gesetzes über die kroatische Staatsangehörigkeit eine Erklärung erforderlich ist, dass sich der Erwerber als kroatischer Staatsangehöriger betrachte, und stellt in der Beschwerde auch nicht in Abrede, eine solche Erklärung abgegeben zu haben. Ferner bestreitet der Beschwerdeführer auch nicht, selbst einen Bescheid des kroatischen Innenministeriums vom 30. August 1994 der belangten Behörde vorgelegt zu haben, aus dem sich seine Aufnahme in den kroatischen Staatsverband ergibt. Er bringt weiters nicht vor, dass die Bedeutung, die die belangte Behörde den von ihm vorgelegten Bescheid beigemessen hat, unrichtig sei.
Soweit der Beschwerdeführer - erstmals in der Beschwerde - vorbringt, es sei ihm von der kroatischen Botschaft in Wien nahe gelegt worden, vorerst die Ausstellung eines kroatischen Reisepasses zu beantragen, um klären zu können, welche kroatische oder bosnisch-herzegowinische Behörde überhaupt zur Entgegennahme seiner Erklärung bezüglich des Ausscheidens aus dem nicht mehr existenten jugoslawischen Staatsbürgerschaftsverband zuständig wäre, ist ihm zunächst zu entgegnen, dass es auf seine Motivation für die Erlangung eines kroatischen Reisepasses im vorliegenden Fall nicht ankommt.
Soweit der Beschwerdeführer weiters - ebenfalls erstmals in der Beschwerde - vorbringt, er erfülle nach Art. 16 des kroatischen Gesetzes gar nicht die Voraussetzungen für die "Gewährung" der kroatischen Staatsangehörigkeit, weil in Art. 16 dieses Gesetzes ein Hinweis auf seinen "Art. 8 Abs. 1 Z. 2" enthalten sei, der als Voraussetzung für die Gewährung der kroatischen Staatsangehörigkeit verlange, dass der Beschwerdeführer die Entlassung aus der fremden Staatsangehörigkeit erhalten habe oder den Nachweis erbringe, dass er die Entlassung erhalten werde, wenn ihm die kroatische Staatsangehörigkeit gewährt wird, weshalb der Beschwerdeführer bei Abgabe der von ihm verlangten Erklärung zur Erreichung des Reisepasses davon ausgehen habe müssen, dass ihm niemals die kroatische Staatsbürgerschaft gewährt werden würde, weil er diese Kriterien nicht erfülle, zeigt er eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf. Entgegen seinem Vorbringen sieht Art. 16 des kroatischen Gesetzes (eine Kopie des Gesetzeswortlautes in deutscher Übersetzung liegt im vorgelegten Verwaltungsakt ein; im Wesentlichen gleich lautend die Wiedergabe des Gesetzestextes bei Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Kroatien, S. 6ff) vor, dass ein Angehöriger der kroatischen Nation, der keinen Wohnsitz in der Republik Kroatien hat, die kroatische Staatsangehörigkeit erwerben kann, wenn er die Voraussetzungen des Art. 8 Abs. 1 Z. 5 dieses Gesetzes erfüllt und eine schriftliche Erklärung abgibt, dass er sich als kroatischer Staatsangehöriger betrachtet. Art. 16 leg. cit. verweist somit nicht, wie der Beschwerdeführer vorbringt, auf die Z. 2 des Art. 8, sondern auf dessen Z. 5. Diese Z. 5. sieht aber vor, dass durch Einbürgerung die kroatische Staatsangehörigkeit ein Fremder erwerben kann, der einen Antrag auf Gewährung der kroatischen Staatsangehörigkeit gestellt hat, wenn er die Voraussetzung erfüllt, dass man aus seinem Verhalten schließen kann, dass er die Rechtsordnung und die Gebräuche in der Republik Kroatien achtet und die kroatische Kultur annimmt. Die vom Beschwerdeführer dargestellte Voraussetzung des Art. 8 Z. 2 leg. cit. ist hingegen für einen Erwerb nach Art. 16 leg. cit. ganz offenkundig nicht relevant.
Da der Beschwerdeführer aber auch nach seinem eigenen Vorbringen zur Erlangung eines kroatischen Reisepasses die in Art. 16 leg. cit. vorgesehene Erklärung abgab, kann die rechtliche Folgerung der belangten Behörde, er habe damit den Verlusttatbestand nach § 27 Abs. 1 StbG verwirklicht, nicht als rechtswidrig erkannt werden. Dass der Beschwerdeführer gegen seinen Willen die erwähnte Erklärung abgegeben hätte, wird von ihm weder behauptet, noch finden sich dafür im Verwaltungsakt Hinweise.
Soweit der Beschwerdeführer schließlich rügt, die Feststellung des Verlustes der Staatsbürgerschaft spätestens mit 30. August 1994 sei durch die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nicht gedeckt gewesen, zeigt er eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ebenfalls nicht auf. Nach Art. 24a Abs. 2 des kroatischen Gesetzes erwirbt man die durch Abgabe einer Erklärung erworbene kroatische Staatsangehörigkeit mit dem Tag der Abgabe der Erklärung. Angesichts dieses Umstandes konnte die belangte Behörde davon ausgehen, dass der vom Beschwerdeführer selbst vorgelegte, mit 30. August 1994 datierte Bescheid des kroatischen Innenministeriums über die Aufnahme des Beschwerdeführers in den kroatischen Staatsverband nicht vor der in Art. 16 des kroatischen Gesetzes vorgesehenen Erklärung ergangen ist, weshalb sich auch die Feststellung des Verlustzeitpunktes - mangels entgegengesetzten sachverhaltsbezogenen Vorbringens des Beschwerdeführers - als unbedenklich erweist.
Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 3. Mai 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1998010237.X00Im RIS seit
20.11.2000