TE Bvwg Erkenntnis 2018/2/21 W236 2148063-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.02.2018
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Entscheidungsdatum

21.02.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W236 2148063-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Lena BINDER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Russische Föderation, vertreten durch Rechtsanwältin Mag. Nadja LORENZ, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.01.2017, Zl. 1110233810-160960446, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 10.01.2018 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005, § 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG sowie § 52 Abs. 9 iVm § 46 FPG und § 55 Abs. 1 bis 3 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Russischen Föderation und Angehörige der awarischen Volksgruppe, reiste am 10.07.2016 legal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Im Zuge ihrer Ersteinvernahme vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 11.07.2016 gab die Beschwerdeführerin an, aus

XXXX zu stammen. Sie sei mit ihrem Ehemann, der beruflich in Österreich zu tun gehabt habe, bereits im April 2016 für drei bis vier Tage in Österreich gewesen. Sie habe daher problemlos bei der Botschaft ein weiteres Visum für die Reise nach Österreich beantragen können. Den Entschluss, aus ihrem Heimatstaat auszureisen, habe sie Ende Juni 2016 gefasst. Ihr Mann habe sie geschlagen und ihr sogar mit dem Tode gedroht, da er weitreichende Beziehungen habe, sei sie aus Russland geflohen.

3. Am 20.09.2016 (fortgesetzt am 27.09.2016) wurde die Beschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein einer Dolmetscherin für die russische Sprache niederschriftlich einvernommen und gab dabei im Wesentlichen an, dass sie aus der russischen Föderation stamme, der Volksgruppe der Awaren angehöre, Muslimin und sunnitischen Glaubens sei. Wegen ihrer Volksgruppenzugehörigkeit habe sie nie konkrete Probleme gehabt.

Zu ihrer gesundheitlichen Verfassung führte sie an, dass es ihr grundsätzlich gut gehe, sie wolle jedoch wegen ihrer psychischen Probleme mit einem Psychologen sprechen. Sie nehme auch Beruhigungsmittel ein.

Die Beschwerdeführerin habe in XXXX die Grundschule, das College und auch drei Jahre eine Universität besucht, parallel habe sie als Managerin in einem Café gearbeitet.

Zu ihren familiären Verhältnissen führte die Beschwerdeführerin an, dass ihre Eltern nach wie vor in XXXX leben würden. Sie habe einen Bruder, der verheiratet sei. Er arbeite beim Rettungsdienst und wohne auch in XXXX.

Seit Jänner 2015 sei sie traditionell mit XXXX verheiratet; ihr Mann stamme ursprünglich aus Tschetschenien. Bis zu ihrer Ausreise hätten sie gemeinsam in einer kleinen Wohnung in XXXX zusammen gelebt. Kinder hätten sie keine. Zu ihrer Ausreise führte sie an, dass sie bereits im Juni 2016 überlegt habe, aus ihrem Heimatland auszureisen. Sie habe mit einer Freundin über die Probleme mit ihrem Mann gesprochen, diese habe ihr schließlich auch das Visum besorgt. Am XXXX sei sie schließlich von Zuhause weggegangen und sei am XXXX mit dem Flugzeug von XXXX nach XXXX gereist. In ihrem Herkunftsstaat sei sie weder vorbestraft, noch habe sie jemals Probleme mit den Behörden gehabt. Sie könne jedoch nicht ausschließen, dass ihr Ehemann sich an die Polizei gewandt habe, weil er dort Freunde habe und sie über diese vielleicht schneller finden könne.

Zu ihren Fluchtgründen führte die Beschwerdeführerin an, dass sie nach der Heirat mit ihrem Mann durch Zufall herausgefunden habe, dass dieser bereits in Tschetschenien verheiratet gewesen sei und ein Kind habe. Als sie ihn darauf angesprochen habe, sei er sehr aggressiv geworden, habe die Beschwerdeführerin gewürgt und sie geschlagen und ihr gesagt, dass sie das nichts angehe und er bis zu vier Frauen haben dürfe. Schließlich habe er ihr gedroht, sie wieder zu misshandeln, wenn sie solche Fragen stelle. Nach diesem Vorfall sei er immer aggressiver geworden und habe die Beschwerdeführerin auch vergewaltigt, er habe immer wieder vom Koran gesprochen und wenn die Beschwerdeführerin etwas dagegen gesagt habe, sei sie von ihm geschlagen worden. Es sei ihr auch aufgefallen, dass er immer wieder Telefongespräche geführt habe, in denen es um Geld gegangen sei; bei Nachfragen durch die Beschwerdeführerin, habe er diese geschlagen. Im März 2016 sei die Beschwerdeführerin schließlich von zu Hause weg und zu einer Freundin gegangen. Ihren Mann habe sie wegen Körperverletzung bei der Polizei angezeigt. Die Polizisten hätten ihr schließlich gesagt, nachdem sie von ihren Misshandlungen erzählt habe, dass sie zwecks Erstellung eines medizinischen Gutachtens in ein Krankenhaus gehen solle, was die Beschwerdeführerin schließlich getan und das Gutachten zur Polizei gebracht habe. Zwei Tage danach sei sie von dem Polizisten vorgeladen worden und dieser habe ihr mitgeteilt, dass er nichts machen könne wegen Mangel an Beweisen; viele Frauen würden derartige Gutachten vorlegten, um Geld von ihren Ehemännern zu bekommen. Die Polizisten hätten ihr jedenfalls nicht geholfen. Als sie schließlich am Heimweg zu ihrer Freundin gewesen sei, habe ihr Ehemann sie mit dem Auto abgepasst, sie an den Haaren ins Auto gezerrt, sie geschlagen und ihr gedroht, dass sie sich niemals vor ihm verstecken könnte. Vor dem Besuch der Polizeistation habe ihr Mann die Adresse ihrer Freundin nicht gekannt. Schließlich sei er mit ihr in die gemeinsame Wohnung gefahren und habe ihr gedroht, dass er sie bei einer neuerlichen Flucht umbringen werde. Ab da sei ihr Leben die Hölle gewesen, er habe ihr die Schlüssel abgenommen, damit sie nicht mehr aus dem Haus gehen könne und habe ihr vermittelt, dass er sehr gute Beziehungen und Geld habe; sie wäre ein Niemand und er könne mit ihr machen, was er wolle. Ihr Mann habe ihr erlaubt, dass eine Freundin sie Zuhause habe besuchen dürfe, der sie sich schließlich auch anvertraut habe. Sie sei damals kurz vor dem Selbstmord gestanden und habe keinen Ausweg mehr gesehen, da ihr Mann so viele Leute gekannt und sie sich deshalb nicht getraut habe, wo anders hinzugehen. Schließlich habe sie ihrem Mann gesagt, dass sie am XXXX mit dieser Freundin zum Arzt gehe, diese habe sie jedoch zum Schnellzug nach XXXX gebracht.

Eine Anzeigebestätigung von der Polizei habe sie nicht bekommen, der Polizist habe ihre Anzeige entgegen genommen und gesagt, dass sich die Polizei melden werde. Sie habe lediglich einen Überweisungsschein für die Begutachtung im Krankenhaus bekommen, den sie im Krankenhaus abgegeben habe. Der Bruder ihres Mannes sei selbst Polizist gewesen, sie habe sich nicht getraut in einer anderen Ortschaft Anzeige gegen ihren Mann zu erstatten. Sie habe also nur in ihrer Wohngemeinde Anzeige bei der Polizei erstattet, dann habe ihr Mann sie gefangen und sie habe nirgendwo mehr hin gekonnt. Er habe ihr gedroht, dass er sie nach jedem Fluchtversuch finden werde, weshalb sie auch Angst gehabt habe ein Frauenhaus oder dergleichen aufzusuchen, weil dies bedeuten würde, dass sie geflohen sei. Darüber hinaus wisse sie gar nicht, ob es solche Einrichtungen in Russland überhaupt gebe. Befragt, was sie bei einer Rückkehr in die Russische Föderation befürchte, antwortete die Beschwerdeführerin, dass ihr Mann sie zum Krüppel machen werde und sie nach Tschetschenien mitnähme, wo er sie töten werde. Befragt, wie ihr Mann sie in der gesamten Russischen Föderation ausfindig machen solle, antwortete sie, dass sie sogar in Österreich Angst habe, Bekannte ihres Mannes zu treffen. Man habe das Gefühl, dass sich alle Kaukasier untereinander kennen würden, obgleich sie nicht behaupten könne, dass ihr Mann in jeder russischen Stadt Kontaktpersonen habe. Die Beschwerdeführerin habe große Angst, dass ihr Mann sie finde und schließlich töte. Auch wenn sie sich in einer anderen Stadt in Russland niederlasse, müsse sie sich registrieren, womit ihr Mann sie durch seine Kontakte bei der Polizei ausfindig machen könnte.

3.1. Die Beschwerdeführerin legte einen Befund des Krankenhauses XXXX, Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie vom 16.08.2016 vor, aus welchem die Diagnose posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) nach Missbrauch durch ihren Ehemann und eine empfohlene Medikation, Mirtazipin 15 mg, zu entnehmen ist. Weiters ist darin festgehalten, dass eine Psychotherapie empfohlen werde.

4. Das BFA bestellte daraufhin Herrn XXXX zum Sachverständigen und beauftragte diesen mit der schriftlichen Beantwortung folgender Fragen:

1. Wohnt ein gewisser XXXX, geb. am XXXX in Tschetschenien, unter der Anschrift XXXX in der Stadt XXXX in der Russischen Föderation.

1.1. Wenn ja, liegt diese Anschrift in einem Prestige-Bezirk für Besserverdienende?

2. Welchen Beruf hat der oben Genannte und hat dieser aufgrund seiner früheren oder jetzigen Tätigkeit ein Netzwerk von Kontakten oder Informationsquellen in der gesamten Russischen Föderation?

3. Arbeitet ein Bruder des oben Genannten bei der Polizei in XXXX?

4.1. In der schriftlichen Anfragebeantwortung vom 18.11.2016 führte der Sachverständige aus, dass er für die Erstellung des gegenständlichen Gutachtens Erhebungen im Innenministerium der Russischen Föderation sowie bei den Standesämtern und Meldebehörden der Städte XXXX und XXXX, und Erhebungen vor Ort in der Stadt XXXX durchgeführt und ein in den GUS Staaten tätiges konzessioniertes Detektivbüro in die besonderen Anforderungen und der Vorgehensweise eingewiesen habe.

Im Gutachtensteil führte der Sachverständige aus, dass Herr XXXX am XXXXin XXXX, das in der Russischen Föderation liege, geboren worden sei, diesem sei am XXXX ein Pass ausgestellt worden, ein Foto des eben Genannten und eine Bestätigung der Aushändigung des Reisepasses würden dem Gutachten in Kopie angeschlossen werden. Diese Person sei in XXXX gemeldet, an der gemeldeten Adresse jedoch seit über zehn Jahren nicht mehr wohnhaft. Unter der von der Asylwerberin angegebenen Adresse in der Stadt XXXX befinde sich ein Wohnblock XXXX, es befinde sich in einer Prestigelage des Stadtbezirkes XXXX; ein XXXX sei dort nicht gemeldet und auch nie gemeldet gewesen. Eine Überprüfung der Standesämter XXXX und XXXX habe ergeben, dass XXXX nicht verheiratet sei. Informationen zu dessen Beruf und dessen Bruder seien nicht abrufbar gewesen.

Folglich sei somit zusammenzufassen, dass sich die Angaben zur Person, sowie zum Geburtsdatum anhand von internen Unterlagen der Passbehörde verifizieren hätten lassen und sich die genannte Wohnadresse tatsächlich in einem Prestigebezirk der Stadt XXXX befinde, an der jedoch ein XXXX weder aktuell, noch jemals zuvor gemeldet gewesen sei.

5. In einer ergänzenden Niederschrift am 19.01.2017 wurde die Beschwerdeführerin mit dem Ergebnis der in Auftrag gegebenen Recherche konfrontiert. Die Beschwerdeführerin führte auf Nachfrage an, dass sie zu ihrer Mutter, die in Russland lebe, regelmäßigen Kontakt habe. Sie würde diese über ein Mobiltelefon anrufen. Ihre Eltern würden sich Sorgen um sie machen, ihr Mann sei mehrmals bei ihren Eltern gewesen und habe diese nach dem Aufenthaltsort der Beschwerdeführerin gefragt. Kurz nach ihrer Ausreise sei er öfter bei ihnen gewesen, dann weniger oft, im Dezember 2016 habe ihre Mutter gesagt, dass er wieder bei ihnen gewesen sei.

Konfrontiert mit dem Rechercheergebnis, dass ihr Mann nicht an der von ihr angegebenen Adresse gemeldet sei, führte die Beschwerdeführerin an, dass er die Wohnung gemietet habe, sie jedoch weder wisse von wem bzw. wie. Wenn die Vermieter dem Finanzamt keinen Namen nennen würden, sei die Wohnung schwarz gemietet und man könne sich nicht amtlich registrieren lassen. Sie sei bei ihren Eltern gemeldet gewesen.

6. Mit Bescheid vom 24.01.2017, Zl. 1110233810-160960446, wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz sowohl in Bezug auf die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 (Spruchpunkte I.) als auch bezüglich des Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation ab (Spruchpunkt II.) und erteilte der Beschwerdeführerin keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.). Begründend wird darin ausgeführt, dass in der von der Behörde beauftragten Recherche zwar die Angaben der Beschwerdeführerin zu der Person XXXX hätten verifiziert werden können, eine entsprechende Meldung an der von der Beschwerdeführerin angegebenen Adresse jedoch nicht hätte verifiziert werden können. Die Angaben der Beschwerdeführerin, dass die lokale Polizei nach erfolgter Anzeige keine weiteren Schritte unternommen habe, würden durch die Länderberichte gedeckt, wonach die Mehrheit der Frauen, die sich an die Polizei wenden würden, mit der Unterstützung unzufrieden seien. Aus dem Umstand, dass die Beschwerdeführerin vom Weg der Polizeistation zu einer Freundin von ihrem Mann in sein Auto gezerrt worden sei, müsse geschlossen werden, dass jemand bei der Polizei den Aufenthaltsort der Beschwerdeführerin an ihren Mann verraten habe. Wenn einzelne Polizisten ihre Anzeige nicht aufnehmen bzw. an ihren Mann verraten würden, müsse dies als Fehlverhalten einzelner Polizisten gewertet werden und könne nicht auf mangelnde Schutzfähigkeit oder Schutzwilligkeit aller russischen Behörden geschlossen werden. Auf die Frage, ob der Staat seiner Schutzpflicht nachkommen könne, komme es im Zusammenhang mit einer drohenden Privatverfolgung, die in keinem Zusammenhang mit einem Konventionsgrund stehe, nur an, wenn die Polizei diesen Schutz aus Konventionsgründen nicht gewähre.

Im März 2016 sei die Beschwerdeführerin von ihrem Mann Zuhause eingesperrt worden, wo er ihr zwar ihr Mobiltelefon abgenommen, die Beschwerdeführerin jedoch Zugang zum Internet gehabt habe. Es wäre ihr daher möglich gewesen, sich über Behörden oder Organisationen zu informieren, die ihr hätten helfen können. Zudem wäre es ihr möglich gewesen, sich über das Internet an andere Polizeidienststellen außerhalb XXXX zu wenden. Laut den Länderinformationen werde ein Großteil der Unterstützung und Betreuung von Prüfern häuslicher Gewalt durch gesellschaftliche Organisationen und Privatinitiativen übernommen. Der Beschwerdeführerin wäre es auch möglich gewesen, nachdem sie mit dem Zug nach XXXX gefahren sei, sich an eine Polizeidienststelle außerhalb XXXX oder eine Hilfsorganisation zu wenden. In dem Gutachten zu den Rechercheergebnissen werde festgehalten, dass eine Überprüfung, ob der Bruder ihres Mannes bei der Polizei in XXXX arbeite, nicht durchgeführt hätte werden können, da sich keine Informationen zu seinem Bruder hätten finden lassen. Ebenso hätten zu den Geschäftsbeziehungen ihres Mannes keine näheren Informationen gefunden werden können. Es sei nicht realistisch, dass ihr Ehemann sie überall in der russischen Föderation finden könne. Dass seine Informationsmöglichkeiten nicht so groß und umfassend wären, wie die Beschwerdeführerin vermute, ergebe sich auch aus der Tatsache, dass er sich noch immer bei ihren Eltern nach der Beschwerdeführerin erkundige und offensichtlich nicht wisse, dass die Beschwerdeführerin mit einem Reisevisum nach Österreich ausgereist sei. Die Angaben der Beschwerdeführerin zu den Gewalttätigkeiten und Drohungen ihres Mannes würden glaubhaft wirken und würden auch die Länderfeststellungen das Verhalten der Polizisten als allgemeines gesellschaftliches Problem bestätigen. Keinesfalls könne aber gesagt werden, dass in der Russischen Föderation Frauen als Opfer von häuslicher Gewalt systematisch durch staatliche Stellen nicht geholfen werde.

7. Gegen den Bescheid erhob die Beschwerdeführerin durch ihre Rechtsvertreterin mit Schreiben vom 03.02.2017 vollinhaltlich Beschwerde und führte im Wesentlichen nach Wiederholung des Verfahrensgangs aus, dass die Behörde verabsäumt habe, aktuelle Entwicklungen in Russland zu häuslicher Gewalt im Bescheid zu berücksichtigen. Zwar habe die Behörde im Bescheid ausgeführt, dass ein Gesetzesentwurf zur Vorbeugung häuslicher Gewalt in die Staatsduma eingebracht werden solle, in einem Artikel einer österreichischen Tagespresse vom 19.01.2017 werde jedoch aktuell zu dieser Thematik Stellung bezogen. Weitere Berichte würden ausführen, dass das Gesetz bereits in 3. Lesung von 380 der 383 Abgeordneten der Staatsduma angenommen worden sei und nur noch vom Föderationsrat und dem Präsidenten genehmigt werden müsse. Es müsse daher angesichts der neuen Entwicklungen in der Russischen Föderation davon ausgegangen werden, dass es sich im konkreten Fall nicht um Fehlverhalten einzelner Polizisten gehandelt habe, sondern es sich um einen Ausdruck der Schutzunwilligkeit des Staates handle. Die Behörde habe darüber hinaus in allen drei Einvernahmen der Beschwerdeführerin einen männlichen Organwalter als einvernehmenden Referenten bestimmt, wodurch ein Verfahrensmangel vorliege. Da die Beschwerdeführerin jedoch auch von ihrer Vergewaltigung sprach, wäre sie von einer Organwalterin einzuvernehmen gewesen, die Beschwerdeführerin sei über das Bestehen dieser Möglichkeit nicht in Kenntnis gesetzt worden. Es handle sich bei dem vorgebrachten Sachverhalt um eine Verfolgung aufgrund des Geschlechts bzw. der Zugehörigkeit zur Familie des Verfolgers und sohin zum Konventionsgrund der Zugehörigkeit zu einer "sozialen Gruppe".

8. Mit Schreiben vom 12.04.2017 wurde der Rechtsvertreterin das zum Ehemann der Beschwerdeführerin ergangene Rechercheergebnis vom 18.11.2016 übermittelt.

9. Am 10.01.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung im Beisein einer Dolmetscherin für die russische Sprache, der Beschwerdeführerin sowie deren Rechtsvertreterin statt. Das Bundesamt entsendete keinen Vertreter. In dieser Beschwerdeverhandlung wurde die Beschwerdeführerin ausführlich zu ihren Fluchtgründen und ihrer Integration in Österreich befragt wurde. Sie wiederholte im Rahmen dieser Verhandlung im Wesentlichen ihre bereits vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemachten Angaben zu ihren Fluchtgründen.

Die Beschwerdeführerin legte im Zuge dieser Verhandlung folgende Unterlagen vor:

-

Fachärztliche Stellungnahme vom 05.10.2017 des XXXX, Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie, wonach bei der Beschwerdeführerin eine posttraumatische Belastungsstörung vorliege. Die Empfehlung einer Psychotherapie sei bereits umgesetzt worden, die therapeutischen Fortschritte würden durch die häufigen Trigger Situationen in der derzeitigen Unterkunft deutlich gemindert, aus psychiatrischer Sicht scheine ein Umzug in eine frauenspezifische Einrichtung der Caritas XXXX indiziert;

-

Schreiben der Psychotherapeutin XXXX vom 08.01.2018, wonach diese die Beschwerdeführerin seit Juni 2017 regelmäßig psychotherapeutisch betreue. Sie komme in 14-tägigem Rhythmus zu ihr und sei aufgrund ihrer Gewalterfahrungen durch ihren Ehemann stark traumatisiert. Es zeige sich neben einer Posttraumatischen Belastungsstörung auch eine depressive Symptomatik. Die Beschwerdeführerin leide unter Ein- und Durchschlafstörungen, sowie Alpträumen. Weitere anhaltende Symptome einer erhöhten psychischen Sensitivität und Erregung seien ein Gefühl der Leere und Hoffnungslosigkeit. Die Klientin habe viel Schreckliches mitgemacht und sei extrem belastet;

-

Prüfungszeugnis A1- Fit Für Österreich des Österreichischen Integrations Fonds Wien vom 12.08.2017.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Aufgrund des Antrages auf internationalen Schutz vom 10.07.2016, den Einvernahmen der Beschwerdeführerin durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 11.07.2016 sowie durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 20.09.2016, am 27.09.2016 und am 19.01.2017, des Bescheides vom 24.01.2017, der dagegen erhobenen Beschwerde vom 03.02.2017, der Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungs- und Gerichtsakt, der Einsichtnahmen in das zentrale Melderegister, in das Grundversorgungs-Informationssystem, in das Strafregister sowie insbesondere auf Grundlage der vor dem Bundesverwaltungsgericht durchgeführten mündlichen Verhandlung am 10.01.2018, werden die folgenden Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

1.1. Zum Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin reiste bereits am 15.04.2016 legal mit einem Reisevisum, ausgestellt von der österreichischen Botschaft in Moskau am 02.04.2016, in das österreichische Bundesgebiet ein und hielt sich hier fünf Tage auf. Danach kehrte sie in die Russische Föderation zurück.

Die Beschwerdeführerin reiste am XXXX neuerlich legal mit einem Reisevisum, ausgestellt von der österreichischen Botschaft in Moskau am 30.06.2016 via Flugzeug nach XXXX, wo sie am 10.07.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz einbrachte. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.01.2017, Zl. 1110233810-160960446, sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten als auch bezüglich des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation abgewiesen; gleichzeitig wurde der Beschwerdeführerin kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt und gegen diese eine Rückkehrentscheidung erlassen. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde.

1.2. Zur Beschwerdeführerin:

Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige der Russischen Föderation, gehört der Volksgruppe der Awaren an, ist muslimischen Glaubens und beherrscht die russische Sprache. Ihre Identität steht nicht fest.

Sie wuchs in XXXX auf, einer Stadt in der russischen Föderation, die etwa XXXX liegt, wo sie eine mehrjährige Schulausbildung genoss und ab Jänner 2013 drei Jahre das Fach Rechtswissenschaften an der Universität XXXX studierte, ohne das Studium abzuschließen. Sie arbeitete parallel zu ihrem Studium als Managerin in einem Kaffeehaus bis Januar 2016.

In XXXX leben die Mutter, der Vater und der Bruder der Beschwerdeführerin, ihr Onkel lebt außerhalb der Stadt. Zu ihrer Mutter steht sie in telefonischem Kontakt; die Beschwerdeführerin kontaktiert diese ungefähr alle zwei Monate.

Der Beschwerdeführerin kann die Rückkehr in die Russischen Föderation zugemutet werden, sie könnte sich insbesondere bei ihrem Onkel, der nicht in XXXX lebt, niederlassen, ferner steht es dieser auch frei sich in anderen Regionen der Russischen Föderation oder in Großstädten wie St. Petersburg oder Moskau niederzulassen.

Die Beschwerdeführerin lebt aktuell in einer Flüchtlingsunterkunft im Bundesgebiet, bezieht Leistungen aus der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Sie besuchte bereits einige Deutschkurse und legte im August 2017 beim Österreichischen Integrationsfonds eine Deutschprüfung A1 ab.

Die Beschwerdeführerin steht seit Juni 2017 in psychotherapeutischer Behandlung; es wurde bei ihr eine Posttraumatische Belastungsstörung festgestellt, diesbezüglich steht sie auch in psychiatrischer Behandlung und wurden entsprechende Psychopharmaka verordnet. Lebensbedrohende Erkrankungen wurden seitens der Beschwerdeführerin nicht erwähnt und ergaben sich im Laufe des Verfahrens auch keine Hinweis auf das Vorliegen einer solchen Erkrankung. Sie leidet damit an keinen dermaßen schweren physischen oder psychischen, akut lebensbedrohlichen und zudem im Herkunftsstaat nicht behandelbaren Erkrankungen, die einer Rückführung in den Herkunftsstaat entgegenstehen.

Die Beschwerdeführerin ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

1.3. Zum Fluchtvorbringen der Beschwerdeführerin:

Die Beschwerdeführerin vollzog im Januar 2016 mit XXXX in XXXX die traditionelle Eheschließung, eine standesamtliche Heirat wurde nicht eingegangen. Nach Bekanntwerden des Umstandes, dass der Ehemann der Beschwerdeführerin bereits verheiratet war und aus dieser Ehe ein Kind entstammte, begann sich die Beziehung der Beschwerdeführerin zu ihrem Mann zu verändern. Das Verhalten des Ehemannes gegenüber der Beschwerdeführerin war ab diesem Zeitpunkt von Aggression geprägt, es kam zu mehrmaligen gewalttätigen Übergriffen und Misshandlungen, wovon die Beschwerdeführerin auch Verletzungen wie blaue Flecken davon trug. Sie entschloss sich daher eines Tages die gemeinsame Wohnung zu verlassen und nächtigte bei einer Freundin. Nach Anzeige der Gewalttätigkeiten ihres Mannes bei der örtlichen Polizei wurde sie von ihrem Ehemann nahe der Polizeistation aufgesucht und in die gemeinsame Wohnung gesperrt. Er versetzte ihr abermals Schläge, misshandelte sie und drohte ihr, sie bei einem neuerlichen Fluchtversuch zu töten. Mit Hilfe einer Freundin gelang es der Beschwerdeführerin nach einem vorgetäuschten Arztbesuch im Juli 2016 nach XXXX zu reisen, von wo sie sich schließlich mit dem Flugzeug nach Österreich begab und den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz einbrachte.

Es ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführerin aktuell in der gesamten Russischen Föderation Verfolgung durch ihren Ehemann droht und sie sich nicht in einem anderen Teil der Russischen Föderation niederlassen und die Hilfe staatlicher Behörden in Anspruch nehmen kann.

1.4. Zur maßgeblichen Situation in der Russischen Föderation:

1.4.1. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Russische Föderation (21.07.2017):

1. Politische Lage im Allgemeinen

Die Russische Föderation hat knapp 143 Millionen Einwohner (CIA 15.6.2017, vgl. GIZ 7.2017c). Die Russische Föderation ist eine föderale Republik mit präsidialem Regierungssystem. Am 12. Juni 1991 erklärte sie ihre staatliche Souveränität. Die Verfassung der Russischen Föderation wurde am 12. Dezember 1993 verabschiedet. Das russische Parlament besteht aus zwei Kammern, der Staatsduma (Volksvertretung) und dem Föderationsrat (Vertretung der Föderationssubjekte) (AA 3.2017a). Der Staatspräsident der Russischen Föderation verfügt über sehr weitreichende exekutive Vollmachten, insbesondere in der Außen- und Sicherheitspolitik. Seine Amtszeit beträgt sechs Jahre. Amtsinhaber ist seit dem 7. Mai 2012 Wladimir Putin (AA 3.2017a, vgl. EASO 3.2017). Er wurde am 4. März 2012 (mit offiziell 63,6% der Stimmen) gewählt. Es handelt sich um seine dritte Amtszeit als Staatspräsident. Dmitri Medwedjew, Staatspräsident 2008-2012, übernahm am 8. Mai 2012 erneut das Amt des Ministerpräsidenten. Seit der Wiederwahl von Staatspräsident Putin im Mai 2012 wird eine Zunahme autoritärer Tendenzen beklagt. So wurden das Versammlungsrecht und die Gesetzgebung über Nichtregierungsorganisationen erheblich verschärft, ein föderales Gesetz gegen "Propaganda nicht-traditioneller sexueller Beziehungen" erlassen, die Extremismus-Gesetzgebung verschärft sowie Hürden für die Wahlteilnahme von Parteien und Kandidaten beschlossen, welche die Wahlchancen oppositioneller Kräfte weitgehend zunichtemachen. Der Druck auf Regimekritiker und Teilnehmer von Protestaktionen wächst, oft mit strafrechtlichen Konsequenzen. Der Mord am Oppositionspolitiker Boris Nemzow hat das Misstrauen zwischen Staatsmacht und außerparlamentarischer Opposition weiter verschärft (AA 3.2017a). Mittlerweile wurden alle fünf Angeklagten im Mordfall Nemzow schuldig gesprochen. Alle fünf stammen aus Tschetschenien. Der Oppositionelle Ilja Jaschin hat das Urteil als "gerecht" bezeichnet, jedoch sei der Fall nicht aufgeklärt, solange Organisatoren und Auftraggeber frei sind. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow hat verlautbart, dass die Suche nach den Auftraggebern weiter gehen wird. Allerdings sind sich Staatsanwaltschaft und Nebenklage, die die Interessen der Nemzow-Familie vertreten, nicht einig, wen sie als potenziellen Hintermann weiter verfolgen. Die staatlichen Anklagevertreter sehen als Lenker der Tat Ruslan Muchutdinow, einen Offizier des Bataillons "Nord", der sich in die Vereinigten Arabischen Emirate abgesetzt haben soll. Nemzows Angehörige hingegen vermuten, dass die Spuren bis "zu den höchsten Amtsträgern in Tschetschenien und Russland" führen. Sie fordern die Befragung des Vizebataillonskommandeurs Ruslan Geremejew, der ein entfernter Verwandter von Tschetscheniens Oberhaupt Ramsan Kadyrow ist (Standard 29.6.2017). Ein Moskauer Gericht hat den Todesschützen von Nemzow zu 20 Jahren Straflager verurteilt. Vier Komplizen erhielten Haftstrafen zwischen 11 und 19 Jahren. Zudem belegte der Richter Juri Schitnikow die fünf Angeklagten aus dem russischen Nordkaukasus demnach mit Geldstrafen von jeweils 100.000 Rubel (knapp 1.500 Euro). Die Staatsanwaltschaft hatte für den Todesschützen lebenslange Haft beantragt, für die Mitangeklagten 17 bis 23 Jahre (Kurier 13.7.2017).

Russland ist formal eine Föderation, die aus 83 Föderationssubjekten besteht. Die im Zuge der völkerrechtswidrigen Annexion erfolgte Eingliederung der ukrainischen Krim und der Stadt Sewastopol als Föderationssubjekte Nr. 84 und 85 in den russischen Staatsverband ist international nicht anerkannt. Die Föderationssubjekte genießen unterschiedliche Autonomiegrade und werden unterschiedlich bezeichnet (Republiken, Autonome Gebiete, Autonome Kreise, Regionen, Gebiete, Föderale Städte). Die Föderationssubjekte verfügen jeweils über eine eigene Legislative und Exekutive. In der Praxis unterstehen die Regionen aber finanziell und politisch dem föderalen Zentrum (AA 3.2017a).

Die siebte Parlamentswahl in Russland hat am 18. September 2016 stattgefunden. Gewählt wurden die 450 Abgeordneten der russischen Duma. Insgesamt waren 14 Parteien angetreten, unter ihnen die oppositionellen Parteien Jabloko und Partei der Volksfreiheit (PARNAS). Die Wahlbeteiligung lag bei 47,8%. Die meisten Stimmen bei der Wahl, die auch auf der Halbinsel Krim abgehalten wurde, erhielt die von Ministerpräsident Dmitri Medwedew geführte Regierungspartei "Einiges Russland" mit gut 54%. Nach Angaben der Wahlkommission landete die Kommunistische Partei mit 13,5% auf Platz zwei, gefolgt von der nationalkonservativen LDPR mit 13,2%. Die nationalistische Partei "Gerechtes Russland" erhielt 6%. Diese vier Parteien waren auch bislang schon in der Duma vertreten und stimmten in allen wesentlichen Fragen mit der Mehrheit. Den außerparlamentarischen Oppositionsparteien gelang es nicht die Fünf-Prozent-Hürde zu überwinden. In der Duma verschiebt sich die Macht zugunsten der Regierungspartei "Einiges Russland". Die Partei erreicht im Parlament mit 343 Sitzen deutlich die Zweidrittelmehrheit, die ihr nun Verfassungsänderungen ermöglicht. Die russischen Wahlbeobachter von der NGO Golos berichteten auch in diesem Jahr über viele Verstöße gegen das Wahlrecht (GIZ 4.2017a, vgl. AA 3.2017a).

Das Verfahren am Wahltag selbst wurde offenbar korrekter durchgeführt als bei den Dumawahlen im Dezember 2011. Direkte Wahlfälschung wurde nur in Einzelfällen gemeldet, sieht man von Regionen wie Tatarstan oder Tschetschenien ab, in denen Wahlbetrug ohnehin erwartet wurde. Die Wahlbeteiligung von über 90% und die hohen Zustimmungsraten in diesen Regionen sind auch nicht geeignet, diesen Verdacht zu entkräften. Doch ist die korrekte Durchführung der Abstimmung nur ein Aspekt einer demokratischen Wahl. Ebenso relevant ist, dass alle Bewerber die gleichen Chancen bei der Zulassung zur Wahl und die gleichen Möglichkeiten haben, sich der Öffentlichkeit zu präsentieren. Der Einsatz der Administrationen hatte aber bereits im Vorfeld der Wahlen - bei der Bestellung der Wahlkommissionen, bei der Aufstellung und Registrierung der Kandidaten sowie in der Wahlkampagne - sichergestellt, dass sich kein unerwünschter Kandidat und keine missliebige Oppositionspartei durchsetzen konnte. Durch restriktives Vorgehen bei der Registrierung und durch Behinderung bei der Agitation wurden der nichtsystemischen Opposition von vornherein alle Chancen genommen. Dieses Vorgehen ist nicht neu, man hat derlei in Russland vielfach erprobt und zuletzt bei den Regionalwahlen 2014 und 2015 erfolgreich eingesetzt. Das Ergebnis der Dumawahl 2016 demonstriert also, dass die Zentrale in der Lage ist, politische Ziele mit Hilfe der regionalen und kommunalen Verwaltungen landesweit durchzusetzen. Insofern bestätigt das Wahlergebnis die Stabilität und Funktionsfähigkeit des Apparats und die Wirksamkeit der politischen Kontrolle. Dies ist eine der Voraussetzungen für die Erhaltung der politischen Stabilität (RA 7.10.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (3.2017a): Russische Föderation - Innenpolitik,

http://www.auswaertiges-amt.de/sid_167537BE2E4C25B1A754139A317E2F27/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/RussischeFoederation/Innenpolitik_node.html, Zugriff 21.6.2017

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CIA - Central Intelligence Agency (15.6.2017): The World Factbook, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/rs.html, Zugriff 21.6.2017

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EASO - European Asylum Support Office (3.2017): COI-Report Russian Federation - State Actors of Protection, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1489999668_easocoi-russia-state-actors-of-protection.pdf, Zugriff 21.6.2017

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GIZ Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (4.2017a): Russland, Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/russland/geschichte-staat/#c24819, Zugriff 21.6.2017

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GIZ Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (7.2017c): Russland, Gesellschaft, https://www.liportal.de/russland/gesellschaft/, Zugriff 11.7.2017

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Kurier.at (13.7.2017): Nemzow-Mord: 20 Jahre Straflager für Mörder,

https://kurier.at/politik/ausland/nemzow-mord-20-jahre-straflager-fuer-moerder/274.903.855, Zugriff 13.7.2017

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RA - Russland Analysen (7.10.2016): Nr. 322, Bewegung in der russischen Politik?,

http://www.laender-analysen.de/russland/pdf/RusslandAnalysen322.pdf, Zugriff 21.6.2017

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Standard (29.7.2017): Alle Angeklagten im Mordfall Nemzow schuldiggesprochen,

http://derstandard.at/2000060550142/Alle-Angeklagten-im-Mordfall-Nemzow-schuldig-gesprochen, Zugriff 30.6.2017

2. Sicherheitslage im Allgemeinen

Wie verschiedene Anschläge mit zahlreichen Todesopfern in den letzten Jahren gezeigt haben, kann es in Russland, auch außerhalb der Kaukasus-Region, jederzeit zu Attentaten kommen. Zuletzt kam es am 3.4.2017 in Sankt Petersburg zu einem Anschlag in der Metro, der Todesopfer und Verletzte forderte. Die russischen Behörden haben zuletzt ihre Warnung vor Attentaten bekräftigt und rufen zu besonderer Vorsicht auf (AA 21.7.2017b). Den Selbstmordanschlag in der St. Petersburger U-Bahn am 3.4.2017 hat nach Angaben von Experten eine Gruppe mit mutmaßlichen Verbindungen zum islamistischen Terrornetzwerk Al-Qaida für sich reklamiert. Das Imam-Schamil-Bataillon habe den Anschlag mit 15 Todesopfern nach eigenen Angaben auf Anweisung des Al-Qaida-Chefs Ayman al-Zawahiri verübt, teilte das auf die Überwachung islamistischer Internetseiten spezialisierte US-Unternehmen SITE am Dienstag mit (Standard 25.4.2017). Der Selbstmordattentäter Akbarschon Dschalilow stammte aus der kirgisischen Stadt Osch. Zehn Personen, die in den Anschlag verwickelt sein sollen, sitzen in Haft, sechs von ihnen wurden in St. Petersburg, vier in Moskau festgenommen. In russischen Medien wurde der Name eines weiteren Mannes aus der Gegend von Osch genannt, den die Ermittler für den Auftraggeber des Anschlags hielten: Siroschiddin Muchtarow, genannt Abu Salach al Usbeki. Der Angriff, sei eine Vergeltung für russische Gewalt gegen muslimische Länder wie Syrien und für das, was in der russischen Nordkaukasus-Teilrepublik Tschetschenien geschehe; die Operation sei erst der Anfang. Mit Terrorangriffen auf und in Russland hatte sich zuletzt nicht Al-Qaida, sondern der sogenannte Islamische Staat gebrüstet, so mit jüngsten Angriffen auf Sicherheitskräfte in Tschetschenien und der Stadt Astrachan. Laut offizieller Angaben sollen 4.000 Russen und 5.000 Zentralasiaten in Syrien und dem Irak für den IS oder andere Gruppen kämpfen. Verteidigungsminister Schoigu behauptete Mitte März 2016, es seien durch Russlands Luftschläge in Syrien "mehr als 2.000 Banditen" aus Russland, unter ihnen 17 Feldkommandeure getötet worden (FAZ 26.4.2017).

Russland tritt als Protagonist internationaler Terrorismusbekämpfung auf und begründet damit seinen Militäreinsatz in Syrien. Vom Beginn des zweiten Tschetschenienkriegs 1999 bis ins Jahr 2013 sah es sich mit 75 größeren Terroranschlägen auf seinem Staatsgebiet konfrontiert, die Hunderte Zivilisten das Leben kosteten. Verantwortlich dafür war eine über Tschetschenien hinausgehende Aufstandsbewegung im Nordkaukasus. Gewaltzwischenfälle am Südrand der Russischen Föderation gingen 2014 um 46% und 2015 um weitere 51% zurück. Auch im Global Terrorism Index, der die Einwirkung des Terrorismus je nach Land misst, spiegelt sich diese Entwicklung wider. Demnach stand Russland 2011 noch an neunter Stelle hinter mittelöstlichen, afrikanischen und südasiatischen Staaten, weit vor jedem westlichen Land. Im Jahr 2016 rangierte es dagegen nur noch auf Platz 30 hinter Frankreich (Platz 29), aber vor Großbritannien (Platz 34) und den USA (Platz 36). Nach der Militärintervention in Syrien Ende September 2015 erklärte der IS Russland den Jihad und übernahm die Verantwortung für den Abschuss eines russischen Passagierflugzeugs über dem Sinai mit 224 Todesopfern. Seitdem ist der Kampf gegen die Terrormiliz zu einer Parole russischer Außen- und Sicherheitspolitik geworden, auch wenn der russische Militäreinsatz in Syrien gewiss nicht nur von diesem Ziel bestimmt ist, sondern die Großmachtrolle Russlands im Mittleren Osten stärken soll. Moskau appelliert beim Thema Terrorbekämpfung an internationale Kooperation (SWP 4.2017).

Russland hat den sog. IS erst Ende Dezember 2014 auf seine Liste terroristischer Organisationen gesetzt und dabei andere islamistische Gruppierungen außer Acht gelassen, in denen seine Staatsbürger, insbesondere Tschetschenen und Dagestaner, in Syrien und im Irak ebenfalls aktiv sind - wie die Jaish al-Muhajireen-wal-Ansar, die überwiegend von Kämpfern aus dem Nordkaukasus gegründet wurde. Ausländische und russische Beobachter, darunter die kremlkritische Novaja Gazeta im Juni 2015, erhoben gegenüber den Sicherheitsbehörden Russlands den Vorwurf, der Abwanderung von Jihadisten aus dem Nordkaukasus und anderen Regionen nach Syrien tatenlos, wenn nicht gar wohlwollend zuzusehen, da sie eine Entlastung für den Anti-Terror-Einsatz im eigenen Land mit sich bringe. Tatsächlich nahmen die Terroraktivitäten in Russland selber ab (SWP 10.2015). In der zweiten Hälfte des Jahres 2014 kehrte sich diese Herangehensweise um, und Personen, die z.B. Richtung Türkei ausreisen wollten, wurden an der Ausreise gehindert. Nichtsdestotrotz geht der Abgang von gewaltbereiten Dschihadisten weiter und Experten sagen, dass die stärksten Anführer der Aufständischen, die dem IS die Treue geschworen haben, noch am Leben sind. Am 1.8.2015 wurde eine Hotline eingerichtet, mit dem Ziel, Personen zu unterstützen, deren Angehörige in Syrien sind bzw. planen, nach Syrien zu gehen. Auch Rekrutierer und Personen, die finanzielle Unterstützung für den Dschihad sammeln, werden von den Sicherheitsbehörden ins Visier genommen. Einige Experten sind der Meinung, dass das IS Rekrutierungsnetzwerk eine stabile Struktur in Russland hat und Zellen im Nordkaukasus, in der Wolga Region, Sibirien und im russischen Osten hat (ICG 14.3.2016).

Das Kaukasus-Emirat, das seit 2007 den islamistischen Untergrundkampf im Nordkaukasus koordiniert, ist seit Ende 2014 durch das Überlaufen einiger Feldkommandeure zum IS von Spaltungstendenzen erschüttert und geschwächt. Dem russischen Islamexperten Aleksej Malaschenko zufolge reisten gar Offizielle aus der Teilrepublik Dagestan nach Syrien, um IS-Kämpfer aus dem Kaukasus darin zu bestärken, ihren Jihad im Mittleren Osten und nicht in ihrer Heimat auszutragen. Der IS verstärkte 2015 seine russischsprachige Propaganda in Internet-Foren wie Furat Media, ohne dass die Behörden laut Novaja Gazeta diesem Treiben große Aufmerksamkeit widmeten. Am 23. Juni 2015 rief der IS-Sprecher Muhammad al-Adnani ein ‚Wilajat Kavkaz', eine Provinz Kaukasus, als Teil des IS-Kalifats aus. Es war ein propagandistischer Akt, der nicht bedeutet, dass der IS in dieser Region militärisch präsent ist oder sie gar kontrolliert, der aber den zunehmenden Einfluss dieser Terrormiliz auf die islamistische Szene im Nordkaukasus symbolisiert. Zuvor hatten mehr und mehr ideologische und militärische Führer des Kaukasus Emirats dem ‚Kalifen' Abu Bakr al-Baghdadi die Treue geschworen und sich von al-Qaida abgewandt. Damit bestätigte sich im islamistischen Untergrund im Nordkaukasus ein Trend, dem zuvor schon Jihad-Netzwerke in Nordafrika, Jemen, Pakistan und Afghanistan gefolgt waren. Seitdem mehren sich am Südrand der Russischen Föderation die Warnungen vor einer Bedrohung durch den sogenannten Islamischen Staat. Kurz zuvor hatten die föderalen und lokalen Sicherheitsorgane noch den Rückgang terroristischer Aktivitäten dort für sich reklamiert. Als lautester Mahner tut sich wieder einmal der tschetschenische Republikführer Ramzan Kadyrow hervor. Er rief alle muslimischen Länder dazu auf, sich im Kampf gegen den IS, den er mit Iblis-Staat - also Teufelsstaat - übersetzt, zusammenzuschließen. Für Kadyrow ist der IS ein Produkt anti-islamischer westlicher Politik, womit er sich im Einklang mit der offiziellen Sichtweise des Kremls befindet, der dem Westen regelmäßig fatale Eingriffe im Mittleren Osten vorwirft. Terroristische Aktivitäten im Nordkaukasus, die eindeutig den Überläufern zum IS zuzuschreiben sind, haben sich aber bislang nicht verstärkt. Bis September 2015 wurden nur zwei Anschläge in Dagestan der IS-Gefolgschaft zugeschrieben: die Ermordung des Imam einer Dorfmoschee und ein bewaffneter Angriff auf die Familie eines Wahrsagers. Auch im Südkaukasus mehren sich die Stimmen, die vor dem IS warnen (SWP 10.2015).

Bis ins Jahr 2015 hinein hat Russland die vom sogenannten Islamischen Staat ausgehende Gefahr eher relativiert und die Terrormiliz als einen von vielen islamistischen Akteuren abgetan, die das mit Moskau verbündete Assad-Regime, die ‚legitime Regierung Syriens', bekämpfen. In seiner jährlichen Tele-Konferenz mit der Bevölkerung am 18. April 2015 hatte Präsident Putin noch geäußert, der IS stelle keine Gefahr für Russland dar, obwohl die Sicherheitsbehörden schon zu diesem Zeitpunkt eine zunehmende Abwanderung junger Menschen nach Syrien und Irak registriert und vor den Gefahren gewarnt hatten, die von Rückkehrern aus den dortigen Kampfgebieten ausgehen könnten. Wenige Tage später bezeichnete Außenminister Lawrow den IS in einem Interview erstmals als Hauptfeind Russlands (SWP 10.2015).

Innerhalb der extremistischen Gruppierungen ist ein Ansteigen der Sympathien für den IS - v.a. auch auf Kosten des sog. Kaukasus-Emirats - festzustellen. Nicht nur die bislang auf Propaganda und Rekrutierung fokussierte Aktivität des IS im Nordkaukasus erregt die Besorgnis der russischen Sicherheitskräfte. Ein Sicherheitsrisiko stellt auch die mögliche Rückkehr von nach Syrien oder in den Irak abwandernden russischen Kämpfern dar. Laut diversen staatlichen und nichtstaatlichen Quellen kann man davon ausgehen, dass die Präsenz russischer Kämpfer in den Krisengebieten Syrien und Irak mehrere tausend Personen umfasst. Gegen IS-Kämpfer, die aus den Krisengebieten Syrien und Irak zurückkehren, wird v.a. gerichtlich vorgegangen. Zu Jahresende 2015 liefen laut Angaben des russischen Innenministeriums rund 880 Strafprozesse, die meisten davon basierend auf den relevanten Bestimmungen des russischen StGB zur Teilnahme an einer terroristischen Handlung, der Absolvierung einer Terror-Ausbildung sowie zur Organisation einer illegalen bewaffneten Gruppierung oder Teilnahme daran. Laut einer INTERFAX-Meldung vom 2.12.2015 seien in Russland bereits über 150 aus Syrien zurückgekehrte Kämpfer verurteilt worden. Laut einer APA-Meldung vom 27.7.2016 hat der Leiter des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB erläutert, das im Vorjahr geschätzte 3.000 Kämpfer nach Russland aus den Kriegsgebieten in Syrien, Irak oder Afghanistan zurückkehrt seien, wobei 220 dieser Kämpfer im besonderen Fokus der Sicherheitskräfte zur Vorbeugung von Anschlägen ständen. In einem medial verfolgten Fall griffen russische Sicherheitskräfte im August 2016 in St. Petersburg auf mutmaßlich islamistische Terroristen mit Querverbindungen zum Nordkaukasus zu. Medienberichten zufolge wurden im Verlauf des Jahres 2016 über 100 militante Kämpfer in Russland getötet, in Syrien sollen über 2.000 militante Kämpfer aus Russland bzw. dem GUS-Raum getötet worden sein (ÖB Moskau 12.2016).

Der russische Präsident Wladimir Putin setzt tschetschenische und inguschetische Kommandotruppen in Syrien ein. Bis vor kurzem wurden reguläre russische Truppen in Syrien überwiegend als Begleitcrew für die Flugzeuge eingesetzt, die im Land Luftangriffe fliegen. Von wenigen bemerkenswerten Ausnahmen abgesehen - der Einsatz von Artillerie und Spezialtruppen in der Provinz Hama sowie von Militärberatern bei den syrischen Streitkräften in Latakia - hat Moskau seine Bodeneinsätze bislang auf ein Minimum beschränkt. Somit repräsentiert der anhaltende Einsatz von tschetschenischen und inguschetischen Brigaden einen strategischen Umschwung seitens des Kremls. Russland hat nun in ganz Syrien seine eigenen, der sunnitischen Bevölkerung entstammenden Elitetruppen auf dem Boden. Diese verstärkte Präsenz erlaubt es dem sich dort langfristig eingrabenden Kreml, einen stärkeren Einfluss auf die Ereignisse im Land auszuüben. Diese Streitkräfte könnten eine entscheidende Rolle spielen, sollte es notwendig werden, gegen Handlungen des Assad-Regimes vorzugehen, die die weitergehenden Interessen Moskaus im Nahen Osten unterlaufen würden. Zugleich erlauben sie es dem Kreml, zu einem reduzierten politischen Preis seine Macht in der Region zu auszubauen (Mena Watch 10.5.2017). Welche Rolle diese Brigaden spielen sollen, und ihre Anzahl sind noch nicht sicher. Es wird geschätzt, dass zwischen 300 und 500 Tschetschenen und um die 300 Inguscheten in Syrien stationiert sind. Obwohl sie offiziell als "Militärpolizei" bezeichnet werden, dürften sie von der Eliteeinheit Speznas innerhalb der tschetschenischen Streitkräfte rekrutiert worden sein (FP 4.5.2017).

Für den Kreml hat der Einsatz der nordkaukasischen Brigaden mehrere Vorteile. Zum einen reagiert die russische Bevölkerung sehr sensibel auf Verluste der russischen Armee in Syrien. Verluste von Personen aus dem Nordkaukasus würden wohl weniger Kritik hervorrufen. Zum anderen ist der wohl noch größere Vorteil jener, dass sowohl Tschetschenen, als auch Inguscheten fast alle sunnitische Muslime sind und somit derselben islamischen Richtung angehören, wie ein Großteil der syrischen Bevölkerung. Die mehrheitlich sunnitischen Brigaden könnten bei der Bevölkerung besser ankommen, als ethnisch russische Soldaten. Außerdem ist nicht zu vernachlässigen, dass diese Einsatzkräfte schon über Erfahrung am Schlachtfeld verfügen, beispielsweise vom Kampf in der Ukraine (FP 4.5.2017).

Bis jetzt war der Einsatz der tschetschenischen und inguschetischen Bodentruppen auf Gebiete beschränkt, die für den Kreml von entscheidender Bedeutung waren. Obwohl es momentan eher unwahrscheinlich scheint, dass die Rolle der nordkaukasischen Einsatzkräfte bald ausgeweitet wird, agieren diese wohl weiterhin als die Speerspitze in Moskaus Strategie, seinen Einfluss in Syrien zu vergrößern (FP 4.5.2017).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (21.7.2017b): Reise- und Sicherheitshinweise, http://www.auswaertiges-amt.de/sid_93DF338D07240C852A755BB27CDFE343/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/RussischeFoederationSicherheit_node.html, Zugriff 21.7.2017

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FAZ (26.4.2017):"Erst der Anfang", http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/anschlag-in-st-petersburg-russland-steht-im-visier-von-terror-14989012.html, Zugriff 21.7.2017

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FP - Foreign Policy (4.5.2017): Putin has a new secret weapon in Syria: Chechens,

http://foreignpolicy.com/2017/05/04/putin-has-a-new-secret-weapon-in-syria-chechens/, Zugriff 21.7.2017

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ICG - International Crisis Group (14.3.2016): The North Caucasus Insurgency and Syria: An Exported Jihad?

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1458642687_238-the-north-caucasus-insurgency-and-syria-an-exported-jihad.pdf, S. 16-18, Zugriff 21.7.2017

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ÖB Moskau (12.2016): Asylländerbericht Russische Föderation

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Mena Watch (10.5.2017): Russland setzt auf sunnitische Soldaten in Syrien,

http://www.mena-watch.com/russland-setzt-auf-sunnitische-soldaten-in-syrien/, Zugriff 21.7.2017

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Standard (25.4.2017): Al-Kaida reklamiert Anschlag auf U-Bahn in St. Petersburg für sich,

https://derstandard.at/2000056544365/Al-Kaida-reklamiert-Anschlag-auf-U-Bahn-in-St-Petersburg?ref=rec, Zugriff 21.7.2017

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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