TE Vwgh Erkenntnis 2000/5/3 98/01/0292

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Veröffentlicht am 03.05.2000
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft;

Norm

StbG 1985 §10 Abs1 Z6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Rigler, Dr. Schick und Dr. Pelant als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des SJ in W, geboren am 9. April 1961, vertreten durch Dr. Helmut Krenn, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stephansplatz 10, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 4. Mai 1998, Zl. MA 61/IV-J 163//97, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Wiener Landesregierung vom 4. Mai 1998 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 2. Februar 1996 auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG 1985 abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer, welcher jugoslawischer Staatsangehöriger, seit 1987 mit seinem Wohnsitz ununterbrochen in Österreich gemeldet, ebenso lange mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet sowie derzeit als Techniker beschäftigt sei, sei bisher zweimal gerichtlich verurteilt worden, nämlich

1. vom Landesgericht für Strafsachen Wien mit Urteil vom 22. September 1988 wegen des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z. 2 i.V.m.. § 164 Abs. 2 und 3 StGB zu einer unter Ausspruch einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in Höhe von 8 Monaten; sowie

2. vom Bezirksgericht Donaustadt mit Urteil vom 11. März 1993 wegen des Vergehens des versuchten Diebstahles nach den §§ 15, 127 StGB zu einer Geldstrafe in Höhe von 60 Tagessätzen zu je S 130,--, somit insgesamt S 7.800,--, bzw. im Nichteinbringungsfall zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 30 Tagen;

Darüber hinaus sei der Beschwerdeführer seit 1991 mehrmals verwaltungsbehördlich bestraft worden, nämlich

1. vom Magistrat der Stadt Wien mit Strafverfügung vom 16. Oktober 1991 wegen Übertretung des Bazillenausscheidergesetzes sowie wegen unbefugter Gewerbeausübung zu einer Geldstrafe in Höhe von insgesamt S 3.000,--;

2. vom Magistrat der Stadt Wien mit Strafverfügung vom 13. Jänner 1992 wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes sowie wegen unbefugter Gewerbeausübung zu einer Geldstrafe in Höhe von insgesamt

S 7.000,--;

3. von der Bundespolizeidirektion Wien mit Straferkenntnis vom 9. November 1994 wegen Missachtung des Vorranges, erheblicher Überschreitung der im Ortsgebiet zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50km/h um 50 km/h, sowie Nichteinhaltung der Mindestprofiltiefe der Hinterreifen nach den § 52 Z. 24, § 20 Abs. 2 StVO 1960 und § 102 Abs. 1 KFG 1967 i.V.m.. § 4 Abs. 4 KDV zu einer Geldstrafe in Höhe von insgesamt S 3.400,--;

4. von der Bundespolizeidirektion Wien mit Straferkenntnis vom 6. Februar 1996 wegen erheblicher Überschreitung der im Ortsgebiet zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 60 km/h nach § 20 Abs. 2 StVO 1960 zu einer Geldstrafe in Höhe von S 4.000,--; sowie

5. von der Bezirkshauptmannschaft Oberwart mit Strafverfügung vom 17. Jänner 1996 wegen erheblicher Überschreitung der auf Autobahnen zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 62 km/h mit einer Geldstrafe in Höhe von S 2.800,--.

Des Weiteren schienen seit 1992 zahlreiche Vormerkungen wegen weiterer Verkehrsdelikte auf. Die Bundespolizeidirektion Wien habe schließlich mit Bescheid vom 18. Februar 1996 gemäß § 73 Abs. 3 KFG 1967 dem Beschwerdeführer die Lenkerberechtigung auf die Dauer von zwei Wochen entzogen.

Im Lichte der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei das Gesamtbild des Staatsbürgerschaftswerbers insbesondere angesichts der wiederholten Verwaltungsübertretungen im Straßenverkehrsbereich, insbesondere wegen des wiederholten erheblichen Überschreitens der im Ortsgebiet bzw. auf Autobahnen zulässigen Höchstgeschwindigkeit, ungünstig. Für die diesbezügliche negative Verhaltensprognose sei ausschließlich von Relevanz, dass es sich um Rechtsbrüche handle, die den Schluss gerechtfertigt erscheinen ließen, der Beschwerdeführer werde auch in Zukunft derartige Schutzvorschriften, wie sie § 20 StVO 1960 darstellt, missachten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ist das StbG 1985 i.d.F. vor der Novelle BGBl. I Nr. 124/1998 maßgeblich.

§ 10 Abs. 1 Z. 6 sowie § 11a StbG 1985 lauten (auszugsweise):

"§ 10. (1) Die Staatsbürgerschaft kann einem Fremden verliehen werden, wenn

...

6. er nach seinem bisherigen Verhalten Gewähr dafür bietet, dass er zur Republik Österreich bejahend eingestellt ist und keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit bildet;

...

§ 11a. Einem Fremden ist unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 2 bis 8 und Abs. 2 die Staatsbürgerschaft zu verleihen, wenn

1.

sein Ehegatte Staatsbürger ist,

2.

die Ehe weder von Tisch und Bett noch sonst ohne Auflösung des Ehebandes gerichtlich geschieden ist,

              3.              er nicht infolge Entziehung der Staatsbürgerschaft nach § 33 Fremder ist und

              4. a)              die Ehe seit mindestens einem Jahr aufrecht ist und er seinen Hauptwohnsitz seit mindestens vier Jahren ununterbrochen im Gebiet der Republik hat oder bei einer Ehedauer von mindestens zwei Jahren ein solcher Wohnsitz seit mindestens drei Jahren besteht oder

              b)              die Ehe seit mindestens fünf Jahren aufrecht und sein Ehegatte seit mindestens zehn Jahren ununterbrochen Staatsbürger ist."

Im Beschwerdefall ist ausschließlich strittig, ob der beantragten Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft ein Verleihungshindernis im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 6 (zweiter Fall) StbG entgegensteht. Eine Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft wäre in einem solchen Fall auch an Ehegatten österreichischer Staatsbürger ausgeschlossen.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde. Auf der Grundlage dieser unbestrittenen Feststellungen erweist sich die Beschwerde aber als unbegründet.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Staatsbürgerschaftsbehörde bei der Prüfung der Frage, ob ein Verleihungshindernis nach § 10 Abs. 1 Z. 6 (zweiter Fall) StbG 1985 vorliegt, vom Gesamtverhalten des Einbürgerungswerbers, das wesentlich durch das sich aus der Art, Schwere und Häufigkeit der von ihm begangenen Straftaten ergebende Charakterbild bestimmt wird, auszugehen. Hier stellt der Gesetzgeber nicht auf formelle Gesichtspunkte ab, sondern ist es lediglich maßgebend, ob es sich um Rechtsbrüche handelt, die den Schluss rechtfertigen, der Betreffende werde auch in Zukunft wesentliche, zum Schutz vor Gefahren für das Leben, die Gesundheit, die Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung erlassenen Rechtsvorschriften missachten; aus der Art, der Schwere und der Häufigkeit solcher Verstöße kommt die negative Einstellung des Betreffenden gegenüber den zur Hintanhaltung von Gefahren für Leben, Gesundheit und Sicherheit der Allgemeinheit erlassenen Gesetzen in deutlicher Weise zum Ausdruck. Dies gilt - entgegen dem Beschwerdevorbringen - auch hinsichtlich von Verstößen gegen Schutznormen, die der Ordnung und Sicherheit des Straßenverkehrs dienen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 21. April 1999, Zl. 98/01/0335). Übertretungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit in erheblichem Ausmaß hat der Verwaltungsgerichtshof als schwer wiegende Verstöße gegen derartige Schutznormen gewertet (vgl. zur erheblichen Überschreitung z.B. das hg. Erkenntnis vom 3. September 1997, Zl. 96/01/1207, zur Überschreitung im Ortsgebiet z.B. das hg. Erkenntnis vom 21. April 1999, Zl. 98/01/0335).

Der Beschwerdeführer verkennt weiters, dass nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bei der auf dem Gesamtverhalten beruhenden Beurteilung der Persönlichkeit des Verleihungswerbers auch getilgte Verurteilungen zu berücksichtigen sind (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 3. September 1997, Zl. 96/01/0810, und Zl. 97/01/0123).

Zu Recht verweist die belangte Behörde darauf, dass es sich bei sämtlichen der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Überschreitungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um solche erheblicher Natur gehandelt hat, nämlich eine Überschreitung der im Ortsgebiet zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 50 km/h, eine solche von 50 km/h um 60 km/h, sowie eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen von 130 km/h um 62 km/h.

Wenn die belangte Behörde aus dem diesen Bestrafungen zu Grunde liegenden Verhalten des Beschwerdeführers schließt, dass dieser eine besondere Sorglosigkeit hinsichtlich der aus Überschreitungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit für andere Personen resultierenden Gefahren erkennen lässt, und vor dem Hintergrund der den strafgerichtlichen Verurteilungen zugrundeliegenden Taten sowie den den übrigen verwaltungsbehördlichen Bestrafungen zugrundeliegenden Verwaltungsübertretungen des Beschwerdeführers verneint, dass dieser - im Entscheidungszeitpunkt - auf Grund seines bisherigen Verhaltens keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit bildet, so kann dies nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Obwohl sich die belangte Behörde in ihrer Begründung, warum das Verhalten des Beschwerdeführers die Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 6 (zweiter Fall) StbG 1985 nicht erfüllt, knapp gehalten hat, ist der Beschwerde auch unter dem Blickwinkel der gerügten Verletzung von Verfahrensvorschriften kein Erfolg beschieden, weil aus dem angefochtenen Bescheid klar hervorgeht, auf welches Fehlverhalten des Beschwerdeführers die belangte Behörde ihre Beurteilung von dessen Persönlichkeit gestützt hat, und auf der Grundlage der oben dargestellten Rechtslage sowie des Beschwerdevorbringens nicht ersichtlich ist, dass die belangte Behörde bei ausführlicher Begründung zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 3. Mai 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1998010292.X00

Im RIS seit

26.02.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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