TE Bvwg Beschluss 2018/2/21 W140 2149363-1

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Veröffentlicht am 21.02.2018
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Entscheidungsdatum

21.02.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §35

Spruch

W140 2149363-1/12E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Alice HÖLLER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.02.2017, Zl. 1093286010, beschlossen:

A)

I. Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.

II. Dem Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz gemäß § 35 VwGVG wird nicht Folge gegeben.

III. Dem Antrag des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl auf Kostenersatz gemäß § 35 VwGVG wird nicht Folge gegeben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) wurde am 05.07.2016 vom XXXX rechtskräftig zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 4 Monaten unter Setzung einer dreijährigen Probezeit verurteilt.

Der BF wurde zudem am 13.10.2016 vom Landesgericht XXXX zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten verurteilt, wobei 6 Monate davon unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurden.

Der BF wurde am 01.02.2017 in der JA XXXX in Untersuchungshaft genommen.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) ordnete mit Bescheid vom 24.02.2017, Zl. 1093286010/170203316, dem BF zugestellt durch persönliche Übernahme am selben Tag, über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung an, wobei die Rechtsfolgen des Bescheides nach Erlassung des BF aus der Gerichtshaft eintreten sollen.

Der BF erhob mit Schriftsatz vom 07.03.2017, hg. eingelangt am 08.03.2015, Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 24.02.2017.

Die belangte Behörde erstattete am 09.03.2017 eine Stellungnahme in der es die Beschwerdeabweisung, die Feststellung, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen, sowie Kostenersatz beantragte.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 24.02.2017 wurde der BF zu einer zehnmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt.

Mit Schreiben des BFA vom 14.02.2018 wurde mitgeteilt, dass die Entscheidung über den Schubhaftbescheid nicht mehr zweckmäßig sei und der Bescheid als obsolet anzusehen sei.

Laut Haftauskunft vom 19.01.2018 wird der BF bis 30.03.2018 seine Haftstrafe verbüßen. Die Termine für eine bedingte Entlassung nach § 46 StGB sind bereits verstrichen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Über den BF wurde am 01.02.2017 die Untersuchungshaft verhängt.

Das BFA ordnete mit Bescheid vom 24.02.2017, Zl. 1093286010/170203316, dem BF zugestellt durch persönliche Übernahme am selben Tag, über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung an, wobei die Rechtsfolgen des Bescheides nach Erlassung des BF aus der Gerichtshaft eintreten sollen.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 24.02.2017 wurde der BF zu einer zehnmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt. Der BF befindet sich bis 30.03.2018 in Haft. Die Termine für eine bedingte Entlassung gemäß § 46 StGB sind bereits verstrichen.

Die belangte Behörde teilte mit Schreiben vom 14.02.2018 mit, dass der Schubhaftbescheid vom 24.02.2017 als obsolet und nicht mehr zweckmäßig zu erachten ist.

Der Schubhaftbescheid wurde bis dato nicht in Vollzug gesetzt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen beruhen zweifelsfrei auf dem vorliegenden Verwaltungsakt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A) Einstellung des Verfahrens

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht. Neben dem Fall der Zurückziehung der Beschwerde oder "des Untergangs" des Beschwerdeführers kann analog zu § 33 VwGG eine Einstellung des Verfahrens auch bei materieller Klaglosstellung des Beschwerdeführers wegen Wegfall des Rechtsschutzinteresses in Betracht kommen (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], § 28 VwGVG, Anm. 5).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist gemäß § 33 Abs. 1 VwGG eine Beschwerde mit Beschluss für gegenstandslos geworden zu erklären, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde. Gegenstandslosigkeit wird - neben formeller Klaglosstellung - angenommen, wenn durch Änderung maßgeblicher Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Art das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung wegfällt. Dabei ist zu beachten, dass die gesetzlichen Bestimmungen über die Verwaltungsgerichtsbarkeit einer Partei nicht den Anspruch auf die verwaltungsgerichtliche Feststellung der Gesetzmäßigkeit von Bescheiden an sich gewähren, sondern nur einen Anspruch auf Aufhebung gesetzwidriger Bescheide, die in die Rechtssphäre der Partei eingreifen (BVwG 19.02.2016, W227 2109943-1; vgl. zum Aussetzungsbescheid nach Fortsetzung des Verfahrens VwGH 12.03.2014, 2013/17/0787; vgl. auch VwGH 26.3.2007, 2006/10/0234; vgl. auch VwGH 5.11.2014, Ro 2014/10/0084; 24.6.2015, Ra 2015/10/0027).

Zur Einstellung des Verfahrens kommt es somit auch, wenn der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben wurde (vgl. zu § 66 AVG die bei Hengstschläger/Leeb, AVG § 66 Rz 56 zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).

Gemäß § 76 Abs. 4 FPG gelten nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen. Da der Bescheid vom 24.02.2017, der mit der Entlassung des Beschwerdeführers aus der Strafhaft bedingt war, aufgrund der Haftstrafe des Beschwerdeführers und einer somit nicht absehbaren zeitnahen Entlassung nicht in Vollzug gesetzt werden konnte, teilte die belangte Behörde mit Schreiben vom 14.02.2018 mit, dass der Schubhaftbescheid vom 24.02.2017 als obsolet und nicht mehr zweckmäßig zu erachten ist.

Da der Beschwerdegegenstand folglich während des Beschwerdeverfahrens ex lege wegfiel und der BF dadurch klaglos gestellt ist, ist die Beschwerde als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

Lediglich die belangte Behörde stellte einen Antrag auf Kostenersatz.

Nach VwSlg. 4060/1956 sind Änderungen der Rechtslage auf verfahrensrechtlichem Gebiet jedenfalls vom Zeitpunkt ihres Inkrafttretens zu beachten, auch wenn sich das Verfahren (und damit die in der Sache ergehende Entscheidung) auf Sachverhalte bezieht, die davor verwirklicht wurden (Hengstschläger/Leeb, AVG § 59 Rz 84).

Gemäß § 22a Abs. 1 a BFA-VG in der am 19.06.2015 in Kraft getretenen Fassung BGBl. I 70/2015 gelten für Beschwerden gegen Schubhaftbescheide die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.

In der Literatur wurde zu § 79a AVG vertreten, dass es bei Gegenstandslosigkeit der Maßnahmenbeschwerde und der formlosen Einstellung des Beschwerdeverfahrens keine obsiegende Partei iSd § 79a AVG und damit auch keinen Kostenersatz gibt (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 67a AVG Rz 68). Dieser Auffassung schloss sich der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis VwSlg. 17.649 A/2009 an. Gleiches hat für die diesbezüglich gleichlautende Bestimmung des § 35 VwGVG zu gelten.

Es war daher kein Kostenersatz zuzusprechen.

4. Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 1 iVm Abs. 4 VwGVG entfallen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt:

Weder mangelt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die in den Punkten 2 und 3 widergegebene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes), noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Diese ist auch nicht uneinheitlich. Soweit die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu einer früheren Rechtslage ergangen ist, ist sie auf die geltende Rechtslage übertragbar.

Schlagworte

Gegenstandslosigkeit, Kostentragung, Schubhaftbeschwerde,
Verfahrenseinstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W140.2149363.1.00

Zuletzt aktualisiert am

05.03.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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