TE Bvwg Erkenntnis 2018/2/21 W119 2141891-1

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Veröffentlicht am 21.02.2018
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Entscheidungsdatum

21.02.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs2
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W119 2141891-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a EIGELSBERGER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Christian SCHMAUS, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21. 11. 2016, Zl 1094400501/151754294, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 17. 1. 2018 zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte gemeinsam mit seiner Ehefrau (Zl W119 2141892) am 11. 11. 2015 Anträge auf internationalen Schutz. Es liegt ein Familienverfahren gemäß § 34 AsylG vor.

Anlässlich der am 12. 11. 2015 durchgeführten Erstbefragung nach dem AsylG führte der Beschwerdeführer zunächst aus, aus der Provinz Baghlan zu stammen. Er gehöre der Volksgruppe der Hazara an. Er habe keine Schulausbildung erhalten, er sei in der Landwirtschaft tätig gewesen. Zu seinem Fluchtgrund gab er an, dass der Vater und der Bruder seiner nunmehrigen Ehefrau gegen ihre Beziehung gewesen seien. Diese sei von ihrer Familie versteckt worden. Anlässlich einer Hochzeit hätten sie sich wieder gesehen, worauf sie geflüchtet seien.

Der Beschwerdeführer gab anlässlich seiner beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) durchgeführten Befragung am 18. 11. 2016 an, dass sein Name richtigerweise XXXX laute. Er habe seine Ehefrau im Iran geheiratet. Die Zeremonie habe in XXXX stattgefunden. Die Eltern seiner Ehefrau seien gegen die Eheschließung gewesen, weil er der Volksgruppe der Hazara angehöre.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 21. 11. 2016, Zl 1094400501/151754294, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 57 AsylG wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen, wobei gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV).

Begründend wurde zu Spruchpunkt I des Bescheides ausgeführt, dass die Angaben des Beschwerdeführers zu seiner behaupteten Eheschließung nicht glaubhaft seien. Er habe nämlich angegeben, ungefähr zwei Tage nach der Flucht in den Iran die Eheschließung vollzogen zu haben. Dies sei nicht plausibel, weil eine vernunftbegabte Person nicht am der Flucht folgenden Tag eine Hochzeit vollziehe. Zudem stehe die Vorgehensweise zur Eheschließung im Widerspruch zum Kenntnisstand der Behörde, weil eine solche nur mit dem Einverständnis der Eltern geschlossen werden könne. Weiters sei den Angaben des Beschwerdeführers zufolge die Eheschließung im Haus eines Mannes in XXXX vollzogen worden, während die Ehefrau des Beschwerdeführers anführte, die Zeremonie habe in XXXX stattgefunden. Diese beiden Orte würden sich jedoch 75 km entfernt voneinander befinden. Wenngleich eine nach der Ausreise aus Afghanistan geschlossene Lebensgemeinschaft des Beschwerdeführers mit seiner in Abrede gestellten Ehefrau nicht angezweifelt werde, sei jedoch von keinem Familienverfahren iSd § 34 AsylG auszugehen.

Mit Verfahrensanordnung vom 22. 11. 2016 wurde dem Beschwerdeführer der Verein Menschenrechte Österreich als Rechtsberater zur Seite gestellt.

Gegen den Bescheid des Bundesamtes erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 6. 12. 2018 Beschwerde.

Am 17. 1. 2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an der das Bundesamt als weitere Partei des Verfahrens entschuldigt nicht teilnahm. Im Rahmen dieser Verhandlung legte der Beschwerdeführer eine Heiratsurkunde vor. Der Beschwerdeführer gab auf die Frage, wie er diese erhalten habe, an, dass ihm gesagt worden sei, die Heiratsurkunde nicht bereits am Tag der Eheschließung zu erhalten, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt. Deshalb sei er ohne eine solche Bestätigung ausgereist. Als er sich bereits in Österreich befunden habe, habe er einen im Iran lebenden Freund angerufen, der ihm die Heiratsurkunde übermittelt habe. Zu dem Widerspruch befragt, warum er angeführt habe, die Eheschließung habe in XXXX stattgefunden, während seine Ehefrau XXXX angegeben habe, erklärte die rechtsfreundliche Vertreterin des Beschwerdeführers, dass XXXX ein Vorort von XXXX sei und - entgegen der Ansicht des Bundesamtes - nicht 75 km entfernt voneinander liegen würde.

Weiters regte der Beschwerdeführer an, seinen Namen auf XXXX abzuändern, der auch in der Heiratsurkunde so laute.

Im Anschluss an die mündliche Verhandlung wurden dem Beschwerdeführer die Länderfeststellungen zur Situation in Afghanistan übergeben, zu denen der rechtsfreundliche Vertreter der Beschwerdeführerin in einer schriftlichen Stellungnahme vom 31. 1. 2018 neuerlich auf die Richtigstellung der personenbezogenen Daten des Beschwerdeführers hinwies.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Afghanistans und am XXXX geboren. Er stellte am 11. 11. 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Beim Beschwerdeführer handelt es sich um den Ehemann der XXXX der mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag, Zl. W119 2141892-1/15E, gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt wurde und der damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Der Beschwerdeführer gehört als ihr Ehemann der Familie an und es liegt im gegenständlichen Fall ein Familienverfahren gemäß § 34 AsylG vor.

2. Beweiswürdigung: Die Feststellungen ergeben sich aus den Angaben der Ehefrau des Beschwerdeführers und seinen im Verfahren getätigten Ausführungen sowie aus den übereinstimmenden Akteninhalten der Ehefrau des Beschwerdeführers und dem Beschwerdeführer selbst.

Wenn das Bundesamt die im Iran geschlossene Ehe des Beschwerdeführers anzweifelt, so ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht eine Heiratsurkunde vorlegte, aus der die geschlossene Ehe zu ersehen ist. Diese Urkunde konnten dem Beschwerdeführer und seiner Ehefrau wegen des kurzfristigen Aufenthaltes im Iran nicht sofort ausgefolgt werden. Auch die Tatsache, dass das Bundesamt die Angaben des Beschwerdeführers zum Ort der Eheschließung mit XXXX für widersprüchlich erachtete, da die Ehefrau des Beschwerdeführers diesen mit XXXX anführte, wurde in der mündlichen Verhandlung insofern einer Klärung zugeführt, als XXXX ein Vorort von XXXX ist und somit nicht 75 km entfernt voneinander liegt.

Der Beschwerdeführer gehört als ihr Ehemann der Familie an und es liegt im gegenständlichen Fall ein Familienverfahren gemäß § 34 AsylG vor.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 1 VwGVG regelt dieses Bundesgesetz das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der BAO, des AgrVG und des DVG und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte. Entgegenstehende Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht sind, bleiben unberührt (§ 58 Abs. 2 VwGVG, in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013).

§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBL I 2013/144 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG 2005 und FPG bleiben unberührt. Gemäß §§ 16 Abs. 6 und 18 Abs. 7 BFA-VG sind die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anwendbar.

Mit 01.01.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005) und ist auf die ab diesem Zeitpunkt gestellten Anträge auf internationalen Schutz, sohin auch auf den vorliegenden, anzuwenden.

A)

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 ist "Familienangehöriger", wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.

Stellt ein Familienangehöriger iSd § 2 Abs. 1 Z 22 leg. cit. von einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser gemäß § 34 Abs. 1 AsylG 2005 als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

§ 34 Abs. 2 AsylG 2005 normiert, dass die Behörde aufgrund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen hat, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist und

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art 3 Z13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung des Asylstatus anhängig ist (§ 7).

Gemäß Abs. 4 leg. cit. hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen, und es erhalten unter den Voraussetzungen der Absätze 2 und 3 alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

Im vorliegenden Fall wurde der Ehefrau des Beschwerdeführers gemäß § 3 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt und gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 festgestellt, dass dieser damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Dem Beschwerdeführer ist daher nach § 34 Abs. 4 AsylG 2005 der gleiche Schutzumfang, d.h. der Status des Asylberechtigten nach § 3 Abs. 1 AsylG 2005, zuzuerkennen, ohne dass allfällige eigene Fluchtgründe zu beurteilen waren (vgl. dazu auch Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 2005 [2006], 499).

Aufgrund der Zuerkennung von Asyl (Spruchpunkt I.) sind die Spruchpunkte II., III. und IV. des angefochtenen Bescheides gegenstandslos geworden.

B)

Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

Die Revision ist sohin gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Schlagworte

Asylgewährung von Familienangehörigen, Familienverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W119.2141891.1.00

Zuletzt aktualisiert am

05.03.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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